Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 05.10.2011


BPatG 05.10.2011 - 26 W (pat) 22/11

Markenbeschwerdeverfahren – "KID FLEX" – keine Unterscheidungskraft – Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
05.10.2011
Aktenzeichen:
26 W (pat) 22/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 307 50 404.2

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 5. Oktober 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie des Richters Reker und der Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

In zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamtes die Anmeldung der Wortmarke 307 50 404.2

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KID FLEX

3

für die Waren

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„Klasse 20:

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Lattenroste für Betten, nicht aus Metall; Möbel, Spiegel, Bilderrahmen; Matratzen; Bettzeug (ausgenommen Bettwäsche)“

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mit der Begründung zurückgewiesen, dass dem Zeichen jegliche Unterscheidungskraft fehle, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Unter Vorlage von Belegen hat sie ausgeführt, das angemeldete Markenwort setze sich aus den Elementen „KID“, der ursprünglich englischen, inzwischen jedoch in den deutschen Sprachgebrauch eingegangenen Bezeichnung für „Kind, Jugendlicher“ und der Abkürzung „FLEX“ für „flexibel“ zusammen. Sein Bedeutungsinhalt erschöpfe sich in der beschreibenden Sachaussage, dass die so gekennzeichneten Waren für Kinder bestimmt seien und entweder in ihrem Material flexibel seien oder die Bedürfnisse der Kinder betreffend flexibel einsetzbar seien, weil sie beispielsweise in der Größe anpassbar, ausziehbar oder mitwachsend seien.

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Gegen diese Entscheidung wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Sie vertritt die Auffassung, zwischen den beiden Wortbestandteilen des angemeldeten Zeichens bestehe kein unmittelbarer Zusammenhang. Es handele sich um eine heterogene Wortkombination, nicht um eine unmittelbar beschreibende Sachangabe.

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Die Anmelderin beantragt,

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die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. März 2009 und 1. Februar 2011 aufzuheben.

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Ergänzend wird auf die beigezogene Akte des Deutschen Patent- und Markenamtes Az. 307 50 404.2 Bezug genommen.

II.

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Die gemäß § 66 Abs. 1, 2 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat die Markenstelle dargelegt, weshalb dem Anmeldezeichen das für eine Eintragung erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft fehlt, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

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Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, 235, Rdn. 45 - Standbeutel; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 62 - Libertel). Die Eintragung als Marke kommt nur in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f., Rdn. 51 - Arsenal Football Club; BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rdn. 18 - FUSSBALL WM 2006, m. w. N.). Ist dies nicht der Fall, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. EuGH GRUR 2008, 608, 610, Rdn. 59 - EUROHYPO; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 26 - SAT.2; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 60 - Libertel). Die erforderliche Unterscheidungskraft ist zum einen solchen Angaben und Zeichen abzusprechen, die einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt aufweisen. Aber auch anderen Angaben kann die Unterscheidungskraft fehlen, etwa wenn sie sich auf Umstände beziehen, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850, Rdn. 28 - FUSSBALL WM 2006; BGH GRUR 2001, 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

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Wird die Wortkombination „KID FLEX“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren der Klasse 20 verwendet, kombiniert sie eine Bestimmungs- mit einer Beschaffenheitsangabe dieser Waren: Die Bedeutung der Abkürzung „FLEX“ i. S. v. „flexibel“ (vgl. Duden, Das Wörterbuch der Abkürzungen, 5. Aufl. 2005, Stw. „flex.“) ist auch in der gewählten Schreibweise in Kapitälchen und ohne Punkt im Inland allgemein bekannt (vgl. BPatG PAVIS PROMA 33 W (pat) 38/07 - Gigaflex; HABM PAVIS PROMA R0133/08-2 - FLEXDISC). Das ursprünglich der englischen Sprache entstammende Nomen „kid“ ist in seiner Bedeutung „Kind, Jugendliche, Jugendlicher“ inzwischen in den Deutschen Sprachgebrauch eingegangen (vgl. DUDEN, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 (CD-Rom); BPatG PAVIS PROMA 25 W (pat) 120/09 - Kids Kiosk). Wird die Wortkombination „KID FLEX“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren der Klasse 20 verwendet, kommt ihr die im Inland allgemein verständliche Bedeutung „für Kinder und Jugendliche bestimmt, flexibel“ zu.

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Dem steht nicht entgegen, dass die wörtliche Übersetzung dieser Bedeutung ins Englische „for kids, flexible“ lautet. Das Ergebnis einer Internetrecherche belegt, dass im inländischen Verkehr nicht nur der Plural „kids“, sondern auch der Singular „kid“ in Wortkombinationen und Domainnamen wie beispielsweise „Fit Kid“ oder „kid.de“ als Sachhinweis i. S. v. „Kinder und Jugendliche betreffend, für Kinder und Jugendliche bestimmt“ verwendet wird (vgl. http://www.fitkid-aktion.de/; http://www.kid.de)  Insbesondere innerhalb von Warenkennzeichnungen für Kindermöbel und Matratzen stellt „Kid“ einen gebräuchlichen Wortbestandteil dar (vgl. Stuhl „Morph Kid“ http://www.zeitraum-moebel.de/ger/produkt.php?Produkt=MORPHKID&Seite=1: „Circus Theme Kid Möbel“ http://www.wandtattooblog.de/2011/04/circus-theme-kid-moebel/; Matratze „baumberger coco kid jugendmatratze“, http://www.webbett.de/baumberger/baum-berger-coco-kid-jugendmatratze.htm; Matratze „Kid Air 1000“ der Anmelderin http://www.huelsta.de/de_de/product_de_de/schlafsysteme/matratzen/kid-air-1000/index.html; Matratze „TIM KID Sovo“ http://www.diegrossenkinder-kutschen.de/rund-ums-kinderzimmer/moebel/tim-kid-sovo-die-4tlg-matratze.html) und wird auch insoweit ausschließlich als Sachhinweis auf die Eignung dieser Produkte für Kinder und Jugendliche verstanden.

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Auch für den Wortbestandteil „FLEX“ lassen sich in Verbindung mit Möbeln, Lattenrosten, Matratzen, Bilderrahmen und Spiegeln entsprechende Nachweise für eine tatsächliche Verwendung dieser Bezeichnung als Sachhinweis auf deren Flexibilität erbringen (vgl. „Stuhl Flex“ zur Bezeichnung eines Freischwingers, http://www.jumbo-discount.de/speisen/stuhl/stuhl-flex_3_39.html Koffermatratze „Flex“ http://www.magazin.com/Artikel/82050/Koffermatratze-Flex.html „alu-Flex-System“ für ein Regalsystem http://www.planungswelten.de/onlineshop-Online-Shop-Moebel-alu-flex-Shop-25.html: Lattenrost, „Standard Flex K“ http://www.ottoversand.at/article/51132372/Lattenrost-Beco-Standard-Flex-K.html; Bilderrahmen „Flex“ http://emform.de/po-/po-selected/924/bilderrahmen-flex?c=11; Spiegel flex http://www.cqfd-international.com/v2/deutsch/cqfd-selbstklebende-dekorative-plat-ten-neuheiten-2011-selbstklebende-platten-spiegel-flex-silber-reflektierend-416.htm).

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„KID FLEX“ werden daher die angesprochenen Fachkreise und Kunden von Einrichtungshäusern ausschließlich als Sachhinweis darauf verstehen, dass die beanspruchten „Lattenroste, Möbel, Matratzen und Polsterauflagen (Bettzeug (ausgenommen Bettwäsche))“ durch ihre flexible Ausgestaltung für Kinder geeignet und bestimmt sind. „Spiegel“ können ein Zubehörteil für flexible Kindermöbel darstellen, mit flexibler Befestigung für den Pkw der Beobachtung von Kindern auf dem Rücksitz dienen oder für Kinder aus flexiblem Material hergestellt sein. „Bilderrahmen“ werden in flexibler Bauart, z. B. mehrteilig und speziell für Kinder, Kinderbilder oder Gipsabdrücke von Kinderhänden und -füßen angeboten.

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Auch Markenneubildungen, die von vornherein sprachüblich gebildet sind und, wie „KID FLEX“, ausschließlich sachbezogene Angaben enthalten, fehlt das notwendige Mindestmaß an Unterscheidungskraft (vgl. BGH GRUR 2005, 578, 580 - LOKMAUS; BPatGE 37, 44; - VHS; BPatG GRUR 2007, 1078, 1079 - MP3 Surround.; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., Rn. 90 zu § 8). Einen Hinweis auf einen bestimmten Hersteller wird daher der angesprochene Verkehr „KID FLEX“ nicht entnehmen, sofern das Zeichen zur Kennzeichnung der beanspruchten Waren verwendet wird.

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Da es auch Wettbewerbern der Anmelderin unbenommen bleiben muss, „KID FLEX“ als Sachhinweis auf flexibel ausgestaltete und für Kinder und Jugendliche geeignete und bestimmte Waren der beanspruchten Art zu verwenden, ist die für diese Waren merkmalsbeschreibende Wortkombination zugleich freihaltebedürftig i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

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Aus diesen Gründen war die Beschwerde zurückzuweisen.