Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 02.02.2011


BPatG 02.02.2011 - 26 W (pat) 18/10

Markenbeschwerdeverfahren – "meineautowelt" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
02.02.2011
Aktenzeichen:
26 W (pat) 18/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 065 969.6

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 2. Februar 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie des Richters Reker und der Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 7. Juli 2009 und 5. November 2009 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren und Dienstleistungen

„Klasse 9: USB-Sticks;

Klasse 35: Bannerexchange, nämlich Vermietung von Werbeflächen im Internet; Dienstleistungen einer Multimedia-Agentur, nämlich Planung und Gestaltung von Werbemaßnahmen; Franchising, nämlich Vermittlung von wirtschaftlichem Know-how; Marketing; Marktforschung; Meinungsforschung, Merchandising; Öffentlichkeitsarbeit; organisatorisches Projektmanagement im EDV-Bereich; Rundfunkwerbung; Sponsoring in Form von Werbung; Verbreiten von Werbeanzeigen; Vermietung und Vermittlung von Werbeflächen, auch im Internet; Werbung; Werbung durch Werbeschriften, Werbung im Internet für Dritte,

Klasse 38: Auskünfte über Telekommunikation, Bereitstellen von Internetzugängen“

zurückgewiesen worden ist.

Gründe

I.

1

In zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamtes die Eintragung der u. a. für die Waren und Dienstleistungen

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„Klasse 9: USB-Sticks;

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Klasse 35: Bannerexchange, nämlich Vermietung von Werbeflächen im Internet; Dienstleistungen einer Multimedia-Agentur, nämlich Planung und Gestaltung von Werbemaßnahmen; Franchising, nämlich Vermittlung von wirtschaftlichem Know-how; Marketing; Marktforschung; Meinungsforschung, Merchandising; Öffentlichkeitsarbeit; organisatorisches Projektmanagement im EDV-Bereich; Rundfunkwerbung; Sponsoring in Form von Werbung; Verbreiten von Werbeanzeigen; Vermietung und Vermittlung von Werbeflächen, auch im Internet; Werbung; Werbung durch Werbeschriften, Werbung im Internet für Dritte,

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Klasse 38: Auskünfte über Telekommunikation, Bereitstellen von Internetzugängen“

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angemeldeten Wortmarke 30 2008 065 969.6/38

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meineautowelt

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mit der Begründung zurückgewiesen, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehle, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen stelle „meineautowelt“ ausschließlich einen beschreibenden Hinweis darauf dar, dass es sich um speziell auf den jeweiligen Kunden zugeschnittene Produkte handele, die mit der Welt der Autos in dem einen oder anderen konkreten Zusammenhang stünden. Der Begriff „Welt“ stehe als Synonym für bestimmte Gewohnheiten, Vorlieben und Interessen einer Person. In der Werbung werde „Welt“ auch als üblicher Ausdruck für ein großes, umfassendes Waren- und Dienstleistungssortiment verwendet. Der vorangestellte Wortbestandteil „Auto“ diene zur Bestimmung des Waren- und Dienstleistungssortiments.

8

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde. Er vertritt die Auffassung, dass das angemeldete Zeichen insbesondere die im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibe. Durch die Voranstellung des Wortes „meine“ stelle das Markenwort einen subjektiven Bezug zum jeweiligen Verbraucher oder Nutzer her. Der aus dem Griechischen stammende Wortbestandteil „auto“ beziehe sich nicht nur auf Kraftfahrzeuge, sondern werde in seiner eigentlichen Bedeutung „selbst“ verwendet. „meineautowelt“ sei daher unterscheidungskräftig und nicht freihaltebedürftig. Im Beschwerdeverfahren hat der Anmelder das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis auf die im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen beschränkt.

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Der Anmelder beantragt nunmehr,

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die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 7. Juli 2009 und 5. November 2009 teilweise insoweit aufzuheben, als die Anmeldung für die Waren und Dienstleistungen

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„Klasse 9: USB-Sticks;

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Klasse 35: Bannerexchange, nämlich Vermietung von Werbeflächen im Internet; Dienstleistungen einer Multimedia-Agentur, nämlich Planung und Gestaltung von Werbemaßnahmen; Franchising, nämlich Vermittlung von wirtschaftlichem Know-how; Marketing; Marktforschung; Meinungsforschung, Merchandising; Öffentlichkeitsarbeit; organisatorisches Projektmanagement im EDV-Bereich; Rundfunkwerbung; Sponsoring in Form von Werbung; Verbreiten von Werbeanzeigen; Vermietung und Vermittlung von Werbeflächen, auch im Internet; Werbung; Werbung durch Werbeschriften, Werbung im Internet für Dritte,

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Klasse 38: Auskünfte über Telekommunikation, Bereitstellen von Internetzugängen“

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zurückgewiesen worden ist.

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Ergänzend wird auf den Inhalt der Akte des Deutschen Patent- und Markenamtes 30 2008 065 969.6 / 38 Bezug genommen.

II.

16

Die gemäß § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde erweist sich nach Beschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses als begründet. Eine Eintragung der Wortmarke „meineautowelt“ für die im Tenor genannten, nunmehr noch allein beanspruchten Waren und Dienstleistungen steht weder das in der Markenstelle angenommene Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, noch besteht insoweit ein Freihaltebedürfnis, § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

17

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rdn. 45 - Standbeutel; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 62 - Libertel). Die Eintragung als Marke kommt nur in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f., Rdn. 51 - Arsenal Football Club; BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rdn. 18 - FUSSBALL WM 2006 m. w. N.). Ist dies nicht der Fall, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen mit seiner Eintragung in das Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. EuGH GRUR 2006, 608, 610, Rdn. 59 - EUROHYPO; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 26 - SAT.2; EUGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 60 - Libertel). Da die Frage der Unterscheidungskraft stets konkret für die jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu beurteilen ist, vermag eine Marke für bestimmte Waren und Dienstleistungen unterscheidungskräftig zu sein, während ihr für andere die Unterscheidungskraft fehlt (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 677, Rdn. 73 bis 78 - Postkantoor; GRUR 2007, 425, 426, Rdn. 32 - MT&C/BMW). Um das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu überwinden, reicht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft aus (vgl. z. B. BGH GRUR 2006, 850, Rdn. 28 - FUSSBALL WM 2006).

18

Für die nunmehr allein noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen „USB-Sticks; Bannerexchange, nämlich Vermietung von Werbeflächen im Internet; Dienstleistungen einer Multimedia-Agentur, nämlich Planung und Gestaltung von Werbemaßnahmen; Franchising, nämlich Vermittlung von wirtschaftlichem Know-how; Marketing; Marktforschung; Meinungsforschung, Merchandising; Öffentlichkeitsarbeit; organisatorisches Projektmanagement im EDV-Bereich; Rundfunkwerbung; Sponsoring in Form von Werbung; Verbreiten von Werbeanzeigen; Vermietung und Vermittlung von Werbeflächen, auch im Internet; Werbung; Werbung durch Werbeschriften, Werbung im Internet für Dritte, Auskünfte über Telekommunikation, Bereitstellen von Internetzugängen“ kann der angemeldeten Wortmarke das hiernach erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Als geläufige Werbeaussage, die zum Ausdruck bringt, dass entsprechend der jeweils individuellen Vorstellungswelt der angesprochenen Person im Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen ein auf die jeweiligen persönlichen Ansprüche zugeschnittenes Waren- und Dienstleistungsangebot erbracht wird, beschreibt „meineautowelt“ weder die Art, Bestimmung, Beschaffenheit oder sonstige Merkmale dieser mit Ausnahme der Ware „USB-Sticks“ vornehmlich an Geschäftskunden gerichteten Dienstleistungen, noch weist sie einen engen sachlichen beschreibenden Bezug zu ihnen auf.

19

Die technischen Dienstleistungen der Klasse 38 „Auskünfte über Telekommunikation“ und „Bereitstellung von Internetzugängen“ (vgl. BGH GRUR 2009, 949 - 952 - My World, Rdz. 21) können zwar zum Auffinden einer gewünschten Fernseh- oder Hörfunksendung oder zur Einrichtung eines Internetportals mit dem Titel „meineautowelt“, zugleich aber auch bei der Suche nach jeder anderen Telekommunikationsdienstleistung und zur Einrichtung eines jeden anderen Portals in Anspruch genommen werden. Auf diesem Dienstleistungssektor besteht keine Gewohnheit des Verkehrs, inhaltsbeschreibende Angaben zur Beschreibung der Dienstleistungen zu verwenden, und auch keine sonstigen Anhaltspunkte, die den Verkehr veranlassen könnten, die Wortfolge in einem beschreibenden Sinn aufzufassen.

20

Auch im Bereich der Werbung werden Dienstleistungen nicht inhaltsbezogen beschrieben. Üblich ist insoweit nur eine Bezeichnung nach Art des Mediums oder der Branchen, auf die die Werbeleistungen bezogen sind (vgl. BGH GRUR 2009, 949 - 952 - My World, Rdz. 24). Für die im Tenor genannten Dienstleistungen der Klasse 35 ist „meineautowelt“ daher nicht gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG schutzfähig.

21

Weil USB-Sticks den angesprochenen Endverbrauchern ebenfalls nicht themenspezifisch angeboten werden (vgl. PAVIS PROMA, BPatG 26 W (pat) 110/09 - WER KENNT WEN), ist davon auszugehen, dass der Verbraucher „meineautowelt“ auch im Zusammenhang mit dieser Ware als Herkunftshinweis auffassen wird.

22

Soweit das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG verneint wurde, stehen einer Eintragung der angemeldeten Marke auch keine weiteren Schutzhindernisse entgegen; das Zeichen ist insoweit in Ermangelung eines unmittelbar beschreibenden Begriffsgehalts insbesondere nicht freihaltebedürftig im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

23

Aus diesen Gründen hat die Beschwerde nach Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses Erfolg.