Entscheidungsdatum: 26.06.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2012 005 723.3
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 26. Juni 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Hermann
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 18 des Deutschen Patent- und Markenamtes die Anmeldung der für die Waren und Dienstleistungen
Klasse 18: Taschen und Koffer, insbesondere Lunch-, Picknick- und Brotzeittaschen und -koffer aus Leder
Klasse 21: Isolierbehälter und -gefäße aus Edelstahl für Getränke und Nahrungsmittel, insbesondere Isolierflaschen, -tassen und -becher; Flachmänner aus Edelstahl; Brot-, Vorrats- und Frischhaltedosen aus Edelstahl; tragbare Thermo- und Kühltaschen und -boxen (nicht elektrisch)
Klasse 35: Dienstleistungen des Einzel- und Großhandels, auch über das Internet, in den Bereichen Taschen, Koffer, Lederwaren und Haushaltswaren
angemeldeten Wortmarke 30 2012 005 723
Henkelmann
für die Waren und Dienstleistungen
Klasse 21: Isolierbehälter und -gefäße aus Edelstahl für Getränke und Nahrungsmittel, insbesondere Isolierflaschen, -tassen und -becher; Flachmänner aus Edelstahl; Brot-, Vorrats- und Frischhaltedosen aus Edelstahl; tragbare Thermo- und Kühltaschen und -boxen (nicht elektrisch)
Klasse 35: Dienstleistungen des Einzel- und Großhandels, auch über das Internet, in den Bereichen Haushaltswaren
zurückgewiesen, weil der Eintragung des angemeldeten Wort-/Bildzeichens als Marke in Bezug auf diese ebenfalls angemeldeten Waren und Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegenstehe. Ungeachtet einer bereits gegebenen beschreibenden Verwendung des vorliegenden Wortes werde der Verkehr dieses bereits aufgrund seines allgemein verständlichen, beschreibenden Gehalts nicht als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen auffassen. Ein „Henkelmann“ sei ein Behälter aus Blech (teilweise emailliert), in dem arbeitende Menschen ihr zu Hause vorbereitetes Essen verpacken, um es zum Arbeitsplatz, zur Schule etc. zu transportieren und ohne Umfüllen mit heißem Wasser oder Wasserdampf aufwärmen zu können. Der Henkelmann habe sich zu dem Aufbewahrungsgerät für das Essen der Arbeiter schlechthin entwickelt. Auch gehörten entsprechende Henkeltöpfe zum Essenstransport seit vielen Jahrzehnten zur persönlichen Standardausrüstung von Soldaten. Im Hinblick auf die zurückgewiesenen beanspruchten Waren und Dienstleistungen habe der Begriff „Henkelmann“ unmittelbar beschreibenden Charakter, denn er weise lediglich werbetypisch darauf hin, dass es sich bei den so gekennzeichneten Waren um „Henkelmänner“ handelt oder Dienstleistungen in diesem Zusammenhang angeboten würden. Die wesentlichen Eigenschaften der Gefäße seien, dass diese einen Henkel haben und Nahrungsmittel warm oder kalt hielten. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG seien solche Kennzeichnungen nicht eintragbar, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können, für welche die Eintragung beantragt wird, weil solche von jedermann, insbesondere von den Mitbewerbern des Anmelders, frei verwendet werden können. Die Zurückweisung einer Anmeldung nach dieser Bestimmung setze nicht voraus, dass das fragliche Zeichen bereits als beschreibende Angabe verwendet werde. Es reiche vielmehr aus, dass es für eine solche Verwendung geeignet sei. Wie dem Auszug aus dem Duden (Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Band 4, 3. Auflage, 1999 - Anlage 1) zu entnehmen sei, war schon damals das Wort Henkelmann der umgangssprachliche Ausdruck für ein „Gefäß zum Transportieren einer warmen Mahlzeit, das aus mehreren kleinen zylindrischen Schüsseln besteht, die übereinander gesetzt und in ein Tragegestell eingehängt werden“.
Die beantragten Waren der Klasse 21 Isolierbehälter und -gefäße aus Edelstahl für Getränke und Nahrungsmittel, insbesondere Isolierflaschen, -tassen und -becher; Flachmänner aus Edelstahl; Brot-, Vorrats- und Frischhaltedosen aus Edelstahl; tragbare Thermo- und Kühltaschen und -boxen (nicht elektrisch) könnten solche Henkelmänner sein, oder den traditionellen Henkelmännern zumindest in Funktion und Aussehen sehr angenähert sein, sodass der Begriff Henkelmann für sie unmittelbar beschreibend sei und nicht zugunsten eines Wettbewerbers monopolisiert werden dürfe. Das Anmeldezeichen sei somit für diese Waren von der Eintragung ausgeschlossen. Entsprechendes gelte für die Dienstleistungen des Einzel- und Großhandels, auch über das Internet, in dem Bereich Haushaltswaren; auch insoweit fehle dem Anmeldezeichen jegliche Unterscheidungskraft. Diese Einzel- und Großhandelsdienstleistungen könnten sich auf Henkelmänner beziehen oder auf Waren, die Bestandteile von Henkelmännern sein können. Zwischen den Einzelhandels- und Großhandelsdienstleistungen im Bereich der Haushaltswaren und der angemeldeten Bezeichnung bestehe daher ein enger sachlicher beschreibender Bezug.
Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Anmelders, der meint, das Wort sei in Vergessenheit geraten und allein durch seine Verwendung wieder belebt worden. Im Übrigen habe der klassische Henkelmann keine Isolierfunktion aufgewiesen. Der Anmelder beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 18 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 24. Oktober 2012 und 10. Januar 2013 im Umfang der Zurückweisung aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt einschließlich der Akte des Deutschen Patent- und Markenamtes Bezug genommen.
II.
Die nach § 66 MarkenG zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke für die noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen steht, wie von der Markenstelle zutreffend ausgeführt, das Fehlen der nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderlichen Unterscheidungskraft entgegen; darüber hinaus ist „Henkelmann“ beschreibend i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
Dies ist stets der Fall, wenn einer Wortmarke ein für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst um einen verständlichen Ausdruck der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, der vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solcher und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH WRP 1999, 1169, 1171 „FOR YOU“; WRP 1999, 1167, 1168 „YES“; WRP 2000, 741 „LOGO“; BGH WRP 2001, 35 „RATIONAL SOFTWARE CORPORATION“). Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, 235, Rdn. 45 - Standbeutel; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 62 - LIBERTEL). Die Eintragung als Marke kommt nur in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (BGH GRUR 2006, 850 - FUSSBALL WM 2006 m. w. N.). Ist dies nicht der Fall, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. EuGH GRUR 2008, 608, 610, Rdn. 59 - EUROHYPO, EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 60 - LIBERTEL). Die erforderliche Unterscheidungskraft ist solchen Angaben und Zeichen abzusprechen, die einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt aufweisen. Aber auch anderen Angaben kann die Unterscheidungskraft fehlen, etwa wenn sie sich auf Umstände beziehen, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850, Rdnr. 28 - FUSSBALL WM 2006). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren und Dienstleistungen abzustellen ist. Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Insoweit ist es grundsätzlich irrelevant, ob es sich bei einer angemeldeten Wortmarke um eine sprachliche Neuschöpfung handelt oder ob ihre Verwendung bereits nachweisbar ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 ff., Rdn. 19 - BIOMILD; BGH GRUR 2005, 417, 418 f. - BerlinCard; BPatG 30 W (pat) 84/06 - open-xchange; BPatG 26 W (pat) 175/01 - Travel Point).
Die Unterscheidungskraft kann aber auch dann fehlen, wenn das beanspruchte Zeichen zwar nichts über Merkmale und Eigenschaften der betreffenden Waren und Dienstleistungen selbst aussagt, aber eine Information über wesentliche Umstände im Zusammenhang mit dem Angebot der Waren und Dienstleistungen enthält, so dass die angesprochenen Verkehrskreise darin im Hinblick auf den möglichen Inhalt oder Gegenstand der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen eine Sachinformation und keinen betrieblichen Herkunftshinweis sehen (vgl. dazu EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor; GRUR 2004, 680 - Biomild; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; vgl. BGH MarkenR 2009, 163, 163 Tz. 9 - STREETBALL; GRUR 2008, 1093, 1094 Tz. 15 - Marlene-Dietrich-Bildnis; GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006). Maßgebend ist daher allein, ob der Verkehr der angemeldeten Bezeichnung einen Sachhinweis auf den möglichen Inhalt und Gegenstand der jeweiligen Waren und Dienstleistungen entnimmt oder nicht.
Im Übrigen ist für die Annahme des Schutzhindernisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG kein lexikalischer oder sonstiger Nachweis erforderlich, dass die Angabe bereits im Verkehr geläufig sei oder verwendet würde (vgl. Ströbele in Ströbele/ Hacker MarkenG 10. Aufl. § 8 Rdn. 107). Dementsprechend ist es auch unerheblich, ob die angemeldete Bezeichnung bereits im Internet durch eine Suchmaschine feststellbar ist, was umso mehr gilt, als der Verkehr daran gewöhnt ist, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen und Abbildungen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen lediglich in einprägsamer Form übermittelt werden sollen. Ebenso ist bekannt, dass sich Neubildungen häufig nicht an grammatikalischen Regeln oder korrektem Sprachstil orientieren. Für den Durchschnittsverbraucher, der erfahrungsgemäß Kennzeichen so aufnimmt, wie sie ihm entgegentreten, besteht in der Regel kein Anlass für semantische Differenzierung und linguistische Bewertungen der Bezeichnung. Vielmehr wird er auch bisher noch nicht verwendete, für ihn aber verständliche Sachaussagen durchaus als solche und damit nicht als betriebliche Herkunftshinweise auffassen (vgl. Ströbele a. a. O.).
Die angemeldete Bezeichnung weist für die weiter beanspruchten Waren und Dienstleistungen einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalt auf, wie die Markenstelle überzeugend ausgeführt und belegt hat. Das große Wörterbuch Duden 1999 erwähnt den Begriff Henkelmann ebenso wie PONS Die deutsche Rechtschreibung 2009 in der unstreitigen Bedeutung „tragbarer Essensbehälter“. In Wikipedia findet sich ferner der zutreffende Hinweis, dass das Wort heute eher ungebräuchlich sei. Dies führt indessen entgegen der Ansicht des Anmelders nicht zu der Annahme, dem maßgeblichen Durchschnittsverbraucher sei die Bedeutung des Wortes unbekannt (geworden). Das Gegenteil ist der Fall; dem Verbraucher ist der Begriff als tragbarer Essensbehälter verständlich, so dass er im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen nicht unterscheidungskräftig ist. Insoweit ist auch ohne Belang, dass der historische Behälter mit der Bezeichnung „Henkelmann“ keine moderne Isolierwirkung aufweisen konnte. Denn die Beschreibungseignung liegt für tragbare Essensbehälter auf der Hand, seien sie isolierend, elektrisch beheizbar oder schlichte Picknickdosen ohne weitere Funktion.
Das Zeichen ist auch freihaltebedürftig i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, wie die Markenstelle ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, da es geeignet ist, Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu beschreiben. Insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit eines unverfälschten Wettbewerbs gebietet es das Allgemeininteresse, dass bestimmte Zeichen von allen Wettbewerbern frei verwendet werden können. Solche Zeichen oder Angaben dürfen deshalb nicht aufgrund einer Eintragung nur für ein Unternehmen monopolisiert werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Rn. 25 - Chiemsee; EuGH GRUR 2004, 146, Rn. 31 - DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674, Rn. 54, 56 - Postkantoor; GRUR 2004, 680, Rn. 35, 36 - BIOMILD; vgl. auch Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rn. 265 m. w. N.). Zur Versagung des Schutzes ist es ausreichend, dass die angemeldete Marke in einer ihrer möglichen Bedeutungen ein Merkmal der betreffenden Waren beschreibt (EuGH MarkenR 2008, 160, 162, Rn. 35 - Hairtransfer). Unerheblich ist, ob die fragliche Marke in ihrer beschreibenden Bedeutung bereits im Verkehr bekannt ist oder beschreibend verwendet wird. Vielmehr reicht es aus, dass sie zu diesem Zweck verwendet werden kann (st. Rspr.; EuGH GRUR 2010, 534, Nr. 52 - PRANAHAUS). Es spielt darüber hinaus keine Rolle, ob Konkurrenten ein Interesse an der Verwendung des fraglichen Zeichens haben könnten oder ob andere Zeichen, die gebräuchlicher als das angemeldete sind, zur Bezeichnung derselben Merkmale der im Eintragungsantrag genannten Waren oder Dienstleistungen existieren. Dass eine Angabe neuartig oder ungewohnt ist, schließt ihre Eignung, zur Beschreibung dienen zu können, ebenfalls nicht aus. Das gilt umso mehr, als der Verkehr daran gewöhnt ist, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen und Abbildungen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen lediglich in einprägsamer Form übermittelt werden sollen (vgl. Ströbele a. a. O.; Fezer, Markenrecht, 4. Aufl. 2009, § 8, Rn. 379). Umgekehrt ist eine Beschreibungseignung nicht deshalb in Frage zu stellen, weil die Verwendung eines Begriffs aktuell eher unüblich geworden sein mag.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.