Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 28.07.2011


BPatG 28.07.2011 - 25 W(pat) 30/10

Markenbeschwerdeverfahren - Löschungsverfahren -"smiledesign" - keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
28.07.2011
Aktenzeichen:
25 W(pat) 30/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Löschungsverfahren S 100/09

gegen die Marke 306 13 325

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 28. Juli 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, des Richters Metternich und der Vorsitzenden Richterin am Landgericht Grote-Bittner

beschlossen:

Die Beschwerde des Markeninhabers wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 2. März 2006 angemeldete Wortmarke

2

smiledesign

3

ist am 28. Juli 2006 für die Waren der

4

Klasse 5: medizinische und zahnmedizinische Erzeugnisse, soweit in Klasse 05 enthalten;

5

Klasse 10: chirurgische Implantate (aus künstlichen Materialien); Zahnprothesen aus Vollkeramik; Zahnprothesen, nämlich Keramikinlays und Veneers;

6

Klasse 14: Zahnschmuck;

7

Klasse 44: Dienstleistungen eines Zahnarztes, nämlich Prophylaxe, Bleaching, Implantologie, Paradontologie, Zahnersatz;

8

unter der Nummer 306 13 325 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister eingetragen worden.

9

Die Antragsteller haben mit Schriftsatz vom 25. März 2009 die Löschung dieser Marke gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG mit der Begründung beantragt, dass diese entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 MarkenG eingetragen worden sei. Der Antragsgegner hat der Löschung innerhalb der Frist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG widersprochen.

10

Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Löschung der Marke angeordnet, da die angegriffene Marke entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG eingetragen worden sei und die Schutzhindernisse auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung bestehen würden.

11

Die angemeldete Wortkombination "smiledesign" habe zum Eintragungszeitpunkt aus Angaben bestanden, die zur Bezeichnung der angegriffenen Waren und Dienstleistungen dienen könnten, und enthalte auch jetzt noch solche Angaben, so dass die Wortfolge weiterhin freizuhalten sei. Die Bezeichnung "smiledesign" setze sich aus den beiden englischsprachigen Wörtern "smile" und "design", die beide Eingang in den Sprachschatz der deutschen Sprache gefunden hätten, zusammen. Der Begriff "smile" sei, vornehmlich in Abwandlungen wie "Keep Smiling", "Smiley" im deutschen Sprachgebrauch zu finden, und der Begriff "Design" stehe für eine formgerechte und funktionale Gestaltung. Mit der Bezeichnung "smiledesign", was wörtlich genommen "Gestaltung des Lächelns" bedeute, verbinde der in Bezug auf die geschützten Waren und Dienstleistungen angesprochene Verkehrskreis, insbesondere Zahnärzte und Zahntechniker, ohne Weiteres eine produktbezogene Aussage in dem Sinne, dass durch deren Anwendung ein "ästhetisches Lächeln" bewirkt werden könne. Der Begriff "smile design" sei zudem bereits vor dem maßgeblichen Tag der Markeneintragung (28. Juni 2006), in einer zahnärztlichen Fachzeitschrift im Zusammenhang mit ästhetischer Zahnmedizin verwendet worden. Wegen ihres im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhaltes sei die Bezeichnung "smiledesign" auch nicht unterscheidungskräftig.

12

Hiergegen hat der Markeninhaber Beschwerde erhoben, die er nicht begründet hat.

13

In dem Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt hatte er vorgetragen, dass die Bezeichnung "smiledesign" in der Bundesrepublik zumindest bis Ende 2006 eine reine Phantasiebezeichnung gewesen sei und ihr daher eine Unterscheidungskraft zum Zeitpunkt ihrer Eintragung nicht abgesprochen werden könne. Mit den von den Löschungsantragstellern vorgelegten Unterlagen könne nicht der Nachweis dafür geführt werden, dass zum Zeitpunkt der Markeneintragung die Bezeichnung in der Bundesrepublik Deutschland verwendet worden sei. Die vorgelegten Belege beträfen nämlich zum einen andere Länder und zum anderen spätere Zeiträume.

14

Der Markeninhaber beantragt sinngemäß,

15

den Beschluss der Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. April 2010 aufzuheben und den Antrag auf Löschung der Marke 306 13 325 zurückzuweisen.

16

Die Löschungsantragsteller haben im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt und sich auch nicht zur Sache geäußert.

17

Im Verfahren vor der Markenabteilung hatten sie vorgetragen, dass der eingetragenen Bezeichnung jegliche Unterscheidungskraft fehle, da es sich bei "smile design" um ein aus dem Angloamerikanischen stammenden, feststehenden Begriff handele, der das ästhetische Zusammenspiel von Zähnen, Zahnfleisch und deren Gesamteindruck beschreibe. Der Durchschnittsverbraucher sehe in dem Zeichen ohne Weiteres eine beschreibende Bedeutung im Sinne eines Gesamtkonzeptes für ein "schönes Lächeln". Mit diesem Verständnis werde die Bezeichnung "smile design" in der Fachpresse umfangreich behandelt. Auch in Deutschland werde dieser Begriff bereits seit Anfang 2003 verwendet, z. B. von führenden deutschen Fachgesellschaften wie der Deutschen Gesellschaft für kosmetische Zahnheilkunde. Zum Beleg hierfür verweisen sie auf einen deutschsprachigen Artikel der Zeitschrift "cosmetic dentistry" von April 2004, in dem der Begriff "smile design" erwähnt ist.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung, die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

19

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

20

1. Zunächst ist festzustellen, dass die Voraussetzung für die Durchführung des Löschungsverfahrens mit inhaltlicher Prüfung nach § 54 Abs. 2 Satz 3 MarkenG erfüllt ist, nachdem der Markeninhaber dem Löschungsantrag rechtzeitig innerhalb der Zweimonatsfrist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG widersprochen hat.

21

Die Markenabteilung hat zu Recht auf den Löschungsantrag der Antragsteller die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, da ein Löschungsgrund i. S. d. § 50 Abs. 1 MarkenG gegeben ist.

22

Der Senat teilt die Auffassung der Markenabteilung, dass der angegriffenen Marke die erforderliche Unterscheidungskraft im Zeitpunkt der Eintragung gefehlt hat und das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auch weiterhin besteht. Ob darüber hinaus auch das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben ist, kann dabei offen bleiben.

23

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 "Henkel"; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 18 "FUSSBALL WM 2006"). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Produkten lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH GRUR 2006, 850, Tz. 19 "FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 86 "Postkantoor"). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (vgl. BGH - FUSSBALL WM 2006 a .a. O.).

24

Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 23, 24). Von den beanspruchten Waren der Klassen 5 und 10 sowie den Dienstleistungen der Klasse 44 werden in erster Linie Zahnärzte und -techniker angesprochen, die Waren der Klasse 5 sind zudem auch an die allgemeinen Verkehrskreise gerichtet.

25

Ausgehend davon wird der inländische Verkehr in der angemeldeten Wortkombination "smiledesign" im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen Hinweis auf wesentliche Merkmale der dargebotenen Waren und Dienstleistungen bzw. auf deren Bestimmung erkennen.

26

Bei der angemeldeten Bezeichnung "smiledesign" handelt es sich um eine sprach- und werbeübliche Aneinanderreihung zweier beschreibender Begriffe - auch wenn ihre Zusammensetzung sprachlich nicht korrekt gebildet ist - zu einer ohne weiteres und auf der Hand liegenden verständlichen, schlagwortartigen Sachaussage und damit entgegen der Auffassung des Markeninhabers nicht um einen Phantasiebegriff. Der Verkehr ist daran gewöhnt, mit neuen schlagwortartigen Begriffen aus der englischen Sprache konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen in einprägsamer und schlagwortartiger Form übermittelt werden, ohne hierin einen betrieblichen Herkunftshinweis zu erkennen oder zu sehen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 89). Zwar ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass sich selbst zwei Sachangaben durch ihre Zusammenstellung zu einer Marke verbinden. Voraussetzung hierfür wäre aber, dass ein merklicher und schutzbegründender Unterschied zwischen der Kombination und der bloßen Summe ihrer Bestandteile besteht (vgl. EuGH GRUR 2006, 680, Tz. 39 - 41 Biomild). Die eingetragene Bezeichnung weist jedoch keine solche ungewöhnliche Struktur oder weitere Besonderheit syntaktischer oder semantischer Art auf, die von einem rein sachbezogenen Aussagegehalt wegführen könnte.

27

Die Marke setzt sich erkennbar aus zwei Substantiven aus der englischen Sprache, nämlich "smile" und "design", zusammen. Auch wenn die Bezeichnung in einem Wort zusammen- und einheitlich in kleinen Buchstaben geschrieben ist, wird der Verkehr regelmäßig die zwei ihm gut bekannten englischen Wörter erkennen, zumal sich nur auf diese Weise eine verständliche Bedeutung des Wortzeichens ergibt. Beide Begriffe gehören zum allgemeinen Wortschatz des inländischen Verkehrs, wobei der Begriff "design" inzwischen Bestandteil der deutschen Sprache ist und keiner Übersetzung bedarf (s. Anglizismen-Wörterbuch, Carstensen/Busse, 2001, S. 353). Das Wort "smile" bedeutet "Lächeln" (s. Muret-Sanders, Langenscheidt, Großwörterbuch Englisch, 2010) und hat in diesem Sinne Eingang in den Sprachgebrauch des deutschen Alltags gefunden (vornehmlich in Abwandlung wie z. B. keep smiling, Smilies). Die Wortkombination "smiledesign" wird somit von den angesprochenen Verkehrskreise ohne Weiteres als "Design des Lächelns" verstanden.

28

Mit "Design" in seiner ursprünglichen Bedeutung wird eine äußere Gestaltung, Entwurf oder Formgebung beschrieben, wobei der Begriff in der deutschen Sprache seit einigen Jahrzehnten noch eine Sinnerweiterung erfahren hat. Mit dem Terminus "Design", der inzwischen in vielen verschiedenen Lebensbereichen verwendet wird, soll allgemein ein Erscheinungsbild im Sinne eines außergewöhnlich gestalteten bzw. ästhetisch guten Aussehens beschrieben und damit teilweise auch Individualität oder Exklusivität zum Ausdruck gebracht werden. So werden beispielsweise ausgefallene Wohnaccessoires, Geschenke etc. als Designartikel bezeichnet oder im Zusammenhang mit einer besonderen Gestaltung oder sog. "Look" von elektronischen Artikeln und Möbeln wird von einem individuellen "Design" gesprochen. In dieser Bedeutung von einem schönen Aussehen oder einer besonderen ästhetischen Gestaltung gibt der Begriff "Design" in der angegriffenen Marke im Zusammenhang mit den geschützten Waren und Dienstleistungen aus der Zahnmedizin/Zahntechnik einen Hinweis auf wesentliche Merkmale der dargebotenen Waren und Dienstleistungen bzw. auf deren Bestimmung in dem Sinne, dass mit diesen im Rahmen einer zahnmedizinischen Behandlung ein  ästhetisch gelungenes und damit schönes Aussehen der Zähne und des Zahnfleisches erzielt werden kann oder soll. Dieses Verständnis hat der Verkehr dabei ohne Weiteres, d. h. es bedarf hierfür keines besonderen Interpretationsaufwandes. Die angesprochenen Fachkreise der Zahnmediziner und -techniker, deren berufliche Aufgabe ist, für gesunde Zähne und dabei auch für ein ästhetisch ansprechendes Bild der Zähne ihrer Patienten zu sorgen, werden in der Bezeichnung "smiledesign" daher sogleich erkennen, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klasse 5, 10 und 44 dazu dienen sollen, ein solches Aussehen zu erreichen. Aber auch der allgemeine inländische Verbraucher wird diesen sachbezogenen Hinweis des Wortzeichens erfassen, da er wegen der zunehmenden Bedeutung kosmetischer oder ästhetischer Gesichtspunkte in der Medizin (siehe Schönheitsoperationen), wobei seit einigen Jahrzehnten ebenso im Rahmen der zahnmedizinischen Behandlung auf das äußere Erscheinungsbild geachtet wird, dafür sensibilisiert ist, dass in Bezug auf Waren und Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit zahnmedizinischen Behandlungen stehen, Aspekte der Ästhetik angesprochen werden. Durch den weiteren Wortbestandteil "smile" in der Bezeichnung "smiledesign" wird dieser Hinweis auf die Bestimmung und die wesentlichen Merkmale der angebotenen Waren und Dienstleistungen noch verstärkt. Denn beim Lächeln werden regelmäßig die Zähne sichtbar.

29

Ob es sich bei der Marke zum Eintragungszeitpunkt um eine in der Bundesrepublik Deutschland noch nicht verwendete Wortkombination und damit womöglich um eine Wortneuschöpfung handelt, wie der Markeninhaber behauptet, ist fraglich, kann aber letztlich dahinstehen. Denn die Neuheit einer Wortbildung ist weder eine unabdingbare Voraussetzung für deren Eintragungsfähigkeit noch begründet sie für sich gesehen eine hinreichende Unterscheidungskraft (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 117). Daher ist für die Annahme des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG - entgegen der Auffassung des Markeninhabers - auch kein lexikalischer oder sonstiger Hinweis erforderlich, dass die Angabe oder das Zeichen bereits im Verkehr geläufig ist oder verwendet wird. Dementsprechend ist auch unerheblich, ob die Bezeichnung bereits im Internet durch eine Suchmaschine feststellbar ist oder nicht (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O.).

30

2. Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG sind nicht gegeben.

31

3. Einer mündlichen Verhandlung bedurfte es nicht. Der Markeninhaber hat keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt (§ 69 Nr. 1 MarkenG). Der Senat hat eine mündliche Verhandlung auch nicht aus anderen Gründen für erforderlich gehalten, zumal auch keine Tat- oder Rechtsfragen klärungs- oder in mündlicher Verhandlung erörterungsbedürftig erscheinen.