Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 18.09.2012


BPatG 18.09.2012 - 25 W (pat) 93/11

Markenbeschwerdeverfahren – "BioJäger (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
18.09.2012
Aktenzeichen:
25 W (pat) 93/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 029 085.7

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 18. September 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Grote-Bittner und des Richters Metternich

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelder wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das nachfolgend abgebildete Zeichen

Abbildung

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2

ist am 30. April 2009 als Wort-Bildmarke zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister angemeldet worden.

3

Die Anmelder hatten ursprünglich Schutz hinsichtlich der nachfolgend genannten Waren der

4

Klasse 5

5

„biologische Mittel zum Vergrämen von Tieren in Haus und Garten (Maulwürfe, Wühlmäuse, Waschbären, Marder)“

6

beansprucht.

7

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter der Nummer 30 2009 029 085.7 geführte Anmeldung nach entsprechender Beanstandung mit zwei Beschlüssen vom 15. April 2010 und vom 23. Juni 2011, von denen der Letztgenannte im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen.

8

Die Markenstelle ist der Auffassung, dass dem angemeldeten Zeichen jegliche Unterscheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle. Die Wortkombination „Biojäger“ sei sprachüblich aus Worten der deutschen Alltagssprache zusammengesetzt. In Bezug auf die vorgenannten Waren sei diese Wortkombination für den Verkehr ohne weiteres verständlich als Sachangabe über deren Zweck und Wirkungsweise, nämlich dahingehend, dass diese Waren auf biologische, also natürliche Weise und nicht mit chemischen Mitteln Schädlinge verjagen bzw. vertreiben würden. Eine gewisse begriffliche Unschärfe und auch die grafische Ausgestaltung des angemeldeten Zeichens änderten an dieser Beurteilung nichts, dass diese Wortkombination als betrieblicher Herkunftshinweis ungeeignet sei. Zudem werde der Begriff „Biojäger“ bereits beschreibend verwendet. Ob auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllt sei, könne offen bleiben.

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Dagegen richtet sich die von den Anmeldern erhobene Beschwerde.

10

Sie beanspruchen nach einem eingehenden Senatshinweis zu den Erfolgsaussichten der Beschwerde vom 20./21. August 2012 (Bl. 13 ff. d.A.) gemäß Schriftsatz vom 30. August 2012 (Bl. 21 d.A.) nunmehr noch Schutz in Bezug auf die nachfolgend genannten Waren der

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Klasse 5:

12

„Substanzen auf biologischer Grundlage zum Vergrämen von Tieren in Haus und Garten (Maulwürfe, Wühlmäuse, Waschbären, Marder)“.

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Aus Sicht der Anmelder stehen der Eintragung des angemeldeten Zeichens keine Schutzhindernisse entgegen. Es sei für die Frage der Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens irrelevant, ob der Verkehr den Begriff „Biojäger“ in dem von der Markenstelle angenommenen Sinn verstehe. Vielmehr hätte die Markenstelle prüfen müssen, ob die Kombination der Begriffe „Bio“ und „Jäger“ einen fantasievollen neuen Begriff ergebe. Dies sei der Fall. Zudem werde der Begriff „Biojäger“ nur für „wirkliche“ biologische Jäger, sog. „Nützlinge“ verwendet, nicht aber für die beanspruchten Waren. Jedenfalls mit der vorgenannten Änderung des Warenverzeichnisses könnten keine Schutzhindernisse mehr gegeben sein, da das Warenverzeichnis dahingehend konkretisiert worden sei, dass Markenschutz nicht in Bezug auf die vorgenannten „Nützlinge“, sondern hinsichtlich Substanzen biologischer Herkunft (z.B. Knoblauch) beansprucht werde. Ferner beträfen die von der Markenstelle als vergleichbar bezeichneten Anmeldungen andere Zeichen und andere Waren. So sei der Begriff „Ideenjäger“ als Dienstleistung auf dem Gebiet des Suchens von Ideen nicht schutzfähig, während mit den vorliegend beanspruchten Waren aber keineswegs „Bios“ (in Entsprechung zu „Ökos“) gejagt würden.

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Die Anmelder haben keine expliziten Sachanträge und auch keine Verfahrensanträge gestellt.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelder und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

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Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist auch ansonsten zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass die Beschwerdeführer keinen konkreten Sachantrag gestellt haben, da dies keine Zulässigkeitsvoraussetzung ist (siehe dazu auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 66 Rdn. 42). Die Beschwerde richtet sich im Übrigen erkennbar gegen die Zurückweisung der Anmeldung, soweit dies die aktuell noch beanspruchten Waren betrifft. Insoweit begehren die Anmelder die Aufhebung der entsprechenden Patentamtsbeschlüsse.

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Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Der angemeldeten Marke fehlt auch in Bezug auf die zuletzt gemäß Schriftsatz der Anmelder vom 30. August 2012 noch in eingeschränktem Umfang beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

1.

18

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u.a. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 17 - FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, Tz. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 86 – Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u.a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006 a.a.O.).

19

Bei der Beurteilung der Frage, ob das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt, ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen an (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 8, Rdn. 29, 30). Im vorliegenden Fall richten sich die beanspruchten Waren der Klasse 5 an die Verbraucher von Substanzen zum Vertreiben (Vergrämen) von Tieren, die in Haus und Garten Schäden verursachen können, aber auch an Fachkreise, die im Handel mit solchen Substanzen oder beim Einsatz solcher Substanzen  tätig sind.

20

Die vorgenannten Verkehrskreise werden in dem angemeldeten Zeichen in Bezug auf die mit Schriftsatz vom 30. August 2012 beanspruchten Waren

21

„Substanzen auf biologischer Grundlage zum Vergrämen von Tieren in Haus und Garten (Maulwürfe, Wühlmäuse, Waschbären, Marder)“,

22

wobei diese Fassung eine zulässige Einschränkung des ursprünglichen Warenverzeichnisses darstellt und daher nunmehr Beschwerdegegenstand ist, keinen betrieblichen Herkunftshinweis erblicken.

23

Bei dem - vorliegend grafisch ausgestalteten - Zeichenwort „Biojäger“ handelt es sich um eine sprachüblich gebildete Wortkombination, die sich ohne weiteres erkennbar aus den Bestandteilen „Bio“ als Präfix und „Jäger“ als Bestimmungswort zusammensetzt. Der Präfix „Bio“ kennzeichnet u.a. Natur oder Naturgemäßes, d.h. ohne synthetische Zusätze Erzeugtes, insbesondere im Gegensatz zur Chemie (vgl. Duden, Bedeutungswörterbuch, 4. Aufl., 2010, S. 233; den Anmeldern als Anlage 1 zum Senatshinweis vom 20./21. August 2012 übersendet, Bl. 16 d.A.). Im maßgeblichen Zusammenhang mit den hier konkret beanspruchten Waren ist von einer beschreibenden Sachangabe auszugehen, die sich als solche dem Verkehr ohne weiteres, insbesondere ohne eine mehrere Gedankenschritte erfordernde analysierende Betrachtungsweise, sondern spontan erschließt und sich insoweit geradezu aufdrängt.  Der Verkehr wird diesen Begriff, wenn er ihm im Zusammenhang mit den nunmehr beanspruchten Substanzen begegnet, als beschreibenden Sachhinweis auffassen. Denn dieser Begriff kann sich bei unbefangener Betrachtungsweise letztlich auf jedes Mittel - sei es ein lebendes Tier, sei es eine Substanz oder ein sonstiger Stoff - beziehen, welches ohne chemische, synthetische Zusätze naturgemäß erzeugt wird und damit die im Warenverzeichnis genannten Schädlinge auf eine naturgemäße Weise vergrämen, d.h. „verjagen“ kann. Der den Anmeldern in Anlage 2 zum Senatshinweis vom 20./21. August 2012 übermittelte Beleg (Bl. 17 d.A.) hat lediglich gezeigt, dass - in einem bestimmten Bereich - der Begriff „Biojäger“ bereits benutzt wird, ohne dass das o.g. Verkehrsverständnis deswegen nur auf diesen Bereich beschränkt werden kann.

24

Die Beschwerde musste nach alledem erfolglos bleiben.

2.

25

Auch die grafische Ausgestaltung der angemeldeten Marke wirkt nicht schutzbegründend. Zwar können schutzunfähige Wortbestandteile durch eine besondere bildliche Ausgestaltung einen schutzbegründenden „Überschuss“ erreichen. Jedoch sind dabei an den bildlichen „Überschuss“ um so größere Anforderungen zu stellen, je deutlicher der beschreibende Charakter der fraglichen Angabe selbst hervortritt (vgl. BGH GRUR 1998, 394, 396 „Motorrad Active Line“; BGH GRUR 1997, 634 „Turbo II“; BGH GRUR 2001, 1153 „antiKALK“). Die farbliche und grafische Ausgestaltung der angemeldeten Marke hält sich vorliegend aber im Rahmen des Werbeüblichen und weist jedenfalls keinen „bildlichen Überschuss“ auf, der angesichts des - wie oben ausgeführt - beschreibenden Wortbestandteils kennzeichnend wirken könnte. Auch der Zeichenbestandteil ® vermag als Hinweis auf eine eingetragene Marke nichts zur Individualisierung des angemeldeten Zeichens beizutragen.

3.

26

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war nicht erforderlich. Die Anmelderin hat einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 69 Nr. 1 MarkenG nicht gestellt. Es waren auch keine tatsächlichen oder rechtlichen Fragen entscheidungserheblich, die der Erörterung in einer mündlichen Verhandlung gemäß § 69 Nr. 3 MarkenG bedurft hätten.