Entscheidungsdatum: 10.05.2016
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2013 031 741.6
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 10. Mai 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener und des Richters am Amtsgericht Dr. Nielsen
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I.
Die Wortfolge
The Earl of Grey
ist am 15. Mai 2013 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister für folgende Waren angemeldet worden:
Klasse 5:
Tee und teeähnliche Erzeugnisse (Kräutertees und Früchtetees) für medizinische Zwecke, auch vitaminisiert und/oder aromatisiert und/oder instantisiert und/oder mineralisiert;
Klasse 30:
Tee und teeähnliche Erzeugnisse (Kräutertees und Früchtetees) für Genusszwecke, auch vitaminisiert und/oder aromatisiert und/oder instantisiert und/oder mineralisiert; Tee-Extrakte; Eistee; Getränke mit oder auf der Basis von Tee/Kräutertee/Früchtetee (auch in trinkfertiger Form und/oder Beimischung von Fruchtgetränken und/oder Fruchtsäften); Zubereitungen, überwiegend bestehend aus Tee-Extrakten und/oder Extrakten aus teeähnlichen Erzeugnissen in pulverisierter und/oder granulierter und/oder instantisierter Form, auch aromatisiert und/oder vitaminisiert und/oder mineralisiert und/oder mit Gewürzen und/oder Milchbestandteilen und/oder weiteren Zutaten; Getränkepulver und Fertiggetränke (soweit in Klasse 30 enthalten), insbesondere auf der Basis von Tee, Tee-Extrakten, Kaffee, Kaffee-Extrakten, Kaffee-Ersatzmitteln, Kaffee-Ersatzmittelextrakten, Kakao, Malz, Zucker, Zuckerersatzmitteln, Zichorie und/oder anderen geschmackgebenden Zutaten (jeweils einzeln und/oder in Kombination miteinander); Kakao; Kakaoextrakte für Nahrungs- und Genusszwecke; Kakao-Erzeugnisse; Schokoladenpulver (auch in Mischung mit Milchpulver), insbesondere als Trinkschokoladenpulver; Kaffee; Kaffee-Ersatzmittel; Zuckerwaren; Schokoladenwaren; Back- und Konditorwaren; Zucker; Kandiszucker;
Klasse 32:
Alkoholfreie Getränke; Getränke unter Beimischung von Tee/Kräutertee/Früchtetee; Energie-Getränke (Energy-Drinks); Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Mineralwässer und andere kohlensäurehaltige Wässer; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Instantgetränkepulver zur Herstellung alkoholfreier Getränke; Extrakte und Essenzen zur Herstellung alkoholfreier Getränke.
Mit Beschluss vom 11. April 2014 hat die Markenstelle für Klasse 30 des DPMA die unter der Nummer 30 2013 031 741.6 geführte Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
Zur Begründung führt die Markenstelle aus, dass die angesprochenen Verkehrskreise die angemeldete Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Waren nur als Sachhinweis auffassen würden. Die angemeldete Bezeichnung sei eine ohne weiteres erkennbare Variante des Begriffs „Earl Grey“, mit dem ein mit Bergamotte aromatisierter Tee bezeichnet werde. Die sprachregelgerechten, ergänzenden Zusätze „The“ und „of“ führten lediglich zu einer Personalisierung im Sinne von „Der Earl von Grey“. Eine Personalisierung mit konkret beschreibendem Warenbezug sei den Verkehrskreisen bekannt. Aus der Voreintragung vergleichbarer Marken könne kein Eintragungsanspruch hergeleitet werden. Die Markenstelle habe bei ihrer Entscheidung kein Ermessen. Entscheidend sei allein, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen eines absoluten Schutzhindernisses gegeben seien.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Es treffe zu, dass „Earl Grey“ einen mit Bergamottöl aromatisierten schwarzen Tee bezeichne, so dass für diesen Begriff ein Freihaltebedürfnis bestehe. Die Bezeichnung sei dem Teeexperten ebenso bekannt wie dem Verbraucher. Es hätten sich aber im allgemeinen Sprachgebrauch keine Varianten entwickelt, die sich von dem Begriff „Earl Grey“ ableiten würden. So würde der Verbraucher nicht den Begriff „The Earl of Grey“ verwenden, um einen „Earl Grey Tee“ zu bestellen. Der Abwandlung eines beschreibenden Begriffs komme schon dann Unterscheidungskraft zu, wenn der Verkehr in dieser Abwandlung lediglich eine inhaltliche Bezugnahme sehe. Bei Fachbegriffen würden die Abwandlungen besonders auffallen. Der Begriff „The Earl of Grey“ sei eine spielerische Abwandlung bzw. Verfremdung mit einem lediglich thematischen Bezug, was die Bezeichnung unterscheidungskräftig mache. Zudem erkenne der Verbraucher die schriftbildlichen und klanglichen Unterschiede zwischen den Begriffen „Earl Grey“ und „The Earl of Grey“. Entsprechende Abwandlungen, die vom Verbraucher auch als solche erkannt würden, seien bereits für die Ware Tee als Marke eingetragen worden, wie beispielsweise: „Royal Grey“, „Mr. Grey“, „Lady Grey“, „Princess Grey“, „Duchess Grey“, „Earl Green“ oder „Earls Tea“. Im Übrigen würden in der Eintragungspraxis des DPMA auch Marken mit einem personalisierten beschreibenden Bezug eingetragen wie „Mr. Café“ für Kaffee oder „Mr. Popcorn“ für Popcorn.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. April 2014 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Der angemeldeten Wortfolge fehlt im Hinblick auf die beanspruchten Waren der Klassen 5, 30 und 32 die erforderliche Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850 Rn. 17 - FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 -Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.). Hier wird der Verkehr in der angemeldeten Wortkombination lediglich einen beschreibenden Hinweis auf den Geschmack bzw. auf die Zutaten der beanspruchten Waren sehen.
Bei der angemeldeten Wortkombination handelt es sich um die Aneinanderreihung der ohne weiteres erkennbaren und verständlichen vier englischen Wörter „The“, „Earl“, „of“ und „Grey“. Wie auch die Anmelderin einräumt, wird mit „Earl Grey“ seit dem 19. Jh. eine bestimmte Sorte Tee bezeichnet, die ein typisches Bergamotte-Aroma aufweist. Der Tee wurde nach dem 2. Earl Grey bzw. Earl of Grey benannt, der als britischer Premierminister ein Preismonopol auf Tee aufgehoben hatte. Die Teesorte findet breiten Absatz. Sie wird nicht nur von Fachhändlern, sondern auch von Discountern wie A… oder L… angeboten. Für den Verkehr ist die angemeldete Wortfolge mit Rücksicht auf die Zugehörigkeit der Wörter zum englischen Grundwortschatz bzw. angesichts der überaus bekannten Teesorte „Earl Grey“ und wegen der sprachlichen Nähe zur deutschen Satzbildung („The Earl of Grey“ – „Der Graf von Grey/Grau“) ohne weiteres in seiner Bedeutung verständlich. Der Verkehr wird daher die angemeldete Wortfolge allein als einen Hinweis darauf verstehen, dass die so bezeichneten Waren Earl-Grey-Tee oder Teebestandteile enthalten oder einen solchen Teegeschmack aufweisen.
Soweit die Markenanmelderin vorträgt, dass die angemeldete Wortfolge „The Earl of Grey“ in ihrer Gesamtheit mit allen Einzelelementen zur Bezeichnung dieser Teesorte nicht gebräuchlich sei, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Zwar hat sich die Wortfolge bei der Recherche des Senats in Deutschland nur bei einer Konzernschwester der Anmelderin nachweisen lassen. Jedoch benutzen einzelne inländische Anbieter für verschiedene, wohl mit Bergamotte-Aroma versehene Teesorten, u. a. auch für „Rooibostee“, statt der Bezeichnung „Earl Grey“ auch die Abwandlung „Earl of Grey“ (siehe hierzu die als Anlage 4 zum Senatshinweis vom 14./15. Januar 2016, Bl. 62/66 d.A., beigefügten Unterlagen). Zudem wird der Verkehr in beiden Wortfolgen einen bzw. denselben Namen erkennen. Die angemeldete Wortfolge weicht vom üblichen Sprachgebrauch für die Gattungsbezeichnung „Earl Grey“ nur durch den Artikel „the“ und die Präposition „of“ ab. Berücksichtigt man auch den abweichenden Sprachgebrauch „Earl of Grey“ statt „Earl Grey“, beschränkt sich die Abweichung letztlich nur noch auf den Artikel „The“. Unabhängig davon, ob dieser Artikel überhaupt kennzeichenrechtlich relevant ist, kann damit werbemäßig hervorgehoben werden, dass es sich um „Den“ i.S.v. den „einzig Wahren“ oder den „besten“ „Earl Grey“-Tee handelt (vgl. dazu die aktuelle VW-Werbung für Kraftfahrzeuge mit der Wortfolge „Das Auto“). Sofern der Artikel „The“ für den Verkehr nicht relevant sein sollte, würde die angemeldete Wortfolge für wesentliche Teile der beanspruchten Waren sogar als bloße „Gattungsbezeichnung“ angesehen werden müssen, so dass dann sogar das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu bejahen wäre.
Sämtliche mit der Markenanmeldung beanspruchte Waren sind solche, die Tee oder Teebestandteile enthalten oder Teegeschmack aufweisen können. Es werden insbesondere nicht nur Tee und Teemischgetränke angeboten, die ein „Earl Grey“-mäßiges Teearoma aufweisen, sondern auch „Earl Grey Kuchen“, „Earl Grey Brot“, „Earl Grey Bonbons“, „Earl Grey Schokolade“, „Earl Grey Kakao bzw. Earl Grey Kakao Mischgetränke“, „Earl Grey Marmelade“, „Earl Grey Sirup“, „Earl Grey Zucker“ und „Earl Grey Kandiszucker“. Der Senat hat die Anmelderin mit Verfügungen vom 14./15. Januar 2016 und 16./17. März 2016 entsprechende Rechercheunterlagen übersandt (siehe dazu Bl. 50/66 und Bl. 75/127 d.A.).
Von den in der Anmeldung beanspruchten Waren werden derzeit allein Kaffee und Kaffee-Ersatzmittel nicht mit „Earl Grey Geschmack“ oder mit aufgebrühtem Earl Grey Tee als Zutat angeboten. Das aktuelle Angebot im Bereich von Kaffee und Kaffee-Ersatzmittel gibt aber im Hinblick auf die Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens für die genannten Waren zu keiner anderen Beurteilung Anlass. Speziell Kaffee wird verstärkt auch in aromatisierter Form angeboten. Die Auswahl an Geschmacksrichtungen ist mittlerweile vielfältig. So findet sich Kaffee mit dem Geschmack von Karamell, Vanille, Chili, Eierlikör, Bananen, Erdbeeren, Spekulatius, Tiramisu und ähnlichem. Es wird insbesondere auch Kaffee mit Orangengeschmack angeboten, so dass eine Aromatisierung mit der Bitterorange (eine andere Bezeichnung für die Bergamotte) nicht fern liegt. Der Verkehr wird daher bei einem mit „The Earl of Grey“ bezeichneten Kaffee – unabhängig vom tatsächlichen Geschmack des Kaffees – davon ausgehen, dass der Kaffee in der Art des Earl Grey Tees mit Bitterorangenöl aromatisiert ist. Dasselbe gilt grundsätzlich auch für Getreidekaffee bzw. Kaffee-Ersatzmittel. Auch Getreidekaffee wird aromatisiert angeboten, wenn auch hinsichtlich der Geschmacksrichtungen derzeit nicht dieselbe Vielfalt aufgefunden werden kann wie bei Kaffee. Nachdem der Verkehr aber grundsätzlich auch an aromatisierten Kaffee-Ersatz gewöhnt ist, gilt entsprechend der Beurteilung bei Kaffee, dass der Verkehr bei Wahrnehmung der Wortfolge „The Earl of Grey“ lediglich ein Produkt mit „Earl Grey Geschmack“ erwartet, mag diese Geschmacksrichtung auch (derzeit) ungewöhnlich erscheinen. Hinzu kommt, dass den aus Kaffee und Kaffee-Ersatzmitteln zubereiteten Heißgetränken Sirup zugesetzt werden kann. Die Zugabe von Sirup wird insbesondere in Cafés und Kaffeehausketten angeboten. Sirupe werden auch in der Geschmacksrichtung „Earl Grey“ hergestellt, so dass bei einem entsprechenden Angebot im Kaffeehaus der Verkehr lediglich einen Kaffee mit „Earl Grey Geschmack“ erwarten wird. Der Verkehr wird daher auch bezüglich Kaffee und Kaffee-Ersatzmitteln die angemeldete Wortfolge lediglich als einen Hinweis auf den Geschmack des Kaffees und nicht als Herkunftshinweis verstehen.
Ein Eingehen auf die von der Anmelderin genannten Voreintragungen von Wortfolgen für die Ware Tee bzw. von personifizierten Wortfolgen war nicht veranlasst, weil zum einen aus nicht mit Gründen versehenen Eintragungen anderer Marken keine weitergehenden Informationen im Hinblick auf die Beurteilung der konkreten Anmeldung entnommen werden können (vgl. dazu BGH GRUR 2013, 522 Rn. 20 – Deutschlands schönste Seiten). Zum anderen darf nicht von einer den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Entscheidung abgesehen werden (BGH GRUR 2014, 376 Rn. 19 - grill meister; GRUR 2012, 276 Rn. 18 - Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.).
Nach alledem war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.
III.
Der Senat hat ohne mündliche Verhandlung entschieden, da weder von der Anmelderin ein Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt worden ist (§ 69 Nr. 1 MarkenG) noch der Senat eine mündliche Verhandlung für sachdienlich erachtet hat (§ 69 Nr. 3 MarkenG).