Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 19.07.2012


BPatG 19.07.2012 - 25 W (pat) 83/11

Markenbeschwerdeverfahren – "Bremer Bonbon Manufaktur (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
19.07.2012
Aktenzeichen:
25 W (pat) 83/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 049 218.2

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 19. Juli 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Grote-Bittner und des Richters Metternich

beschlossen.

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Mai 2010 und vom 23. Mai 2011 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Das nachfolgend abgebildete Zeichen

Abbildung

2

ist am 19. August 2009 als Wort-/Bildmarke zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister angemeldet worden, und zwar für die folgenden Waren und Dienstleistungen der Klassen 30, 41 und 43:

3

Klasse 30:

4

Süßwaren, Zuckerwaren, Bonbons, Nougatstangen, Zuckerstangen, Konditorwaren;

5

Klasse 41:

6

Durchführung von Bonbon-Seminaren;

7

Klasse 43:

8

Dienstleistungen zur Beherbergung und Verpflegung von Gästen.

9

Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter der Nummer 30 2009 049 218.2 geführte Anmeldung nach Beanstandung durch zwei Beschlüsse vom 21. Mai 2010 und vom 23. Mai 2011 zurückgewiesen.

10

Die Markenstelle ist der Auffassung, dass das angemeldete Zeichen keine Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG aufweise. Es bestehe zum einen aus den untereinander geschriebenen Wortelementen "Bremer", was die adjektivische Form einer geografischen Herkunftsangabe darstelle, "Bonbon", was eine Süßigkeit bezeichne, und "Manufaktur", was sich über die Bezeichnung eines gewerblichen Großbetriebes hinaus zu einem gebräuchlichen Firmenschlagwort entwickelt habe. Die Wortfolge "Bremer Bonbon Manufaktur" gebe daher lediglich einen beschreibenden Hinweis auf eine in Bremen angesiedelte Herstellungs- und/oder Vertriebsstätte von Bonbons bzw. auf den Ort, wo die beanspruchten Dienstleistungen erbracht würden. Auch in seiner Gesamtheit weise das angemeldete Zeichen keine Unterscheidungskraft auf, da der Verkehr in der bildlichen Ausgestaltung bzw. in dem von ihr mitbestimmten Gesamteindruck keine betriebliche Herkunftskennzeichnung erkennen werde. Die Wort- und Bildbestandteile des angemeldeten Zeichens seien aufeinander bezogen und vermittelten lediglich einen wörtlichen und bildlichen Hinweis auf die geographische Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Die von der Anmelderin genannten eingetragenen Marken führten zu keiner anderen Beurteilung.

11

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

12

Sie ist der Auffassung, dass der Eintragung des angemeldeten Zeichens keine Schutzhindernisse entgegenstünden. Das angemeldete Zeichen bestehe aus einer Kombination von drei Elementen, welche ungewöhnlich sei und die Einprägsamkeit des Zeichens sowie dessen markenmäßige Unterscheidungskraft begründe. Insoweit habe die Markenstelle den Gesamteindruck des angemeldeten Zeichens nicht hinreichend gewürdigt. Innerhalb dieses Gesamteindrucks sei auch zu berücksichtigen, dass die in dem Zeichen enthaltene bildliche Darstellung der "Bremer Stadtmusikanten" lediglich als mittelbare geographische Angabe gewertet werden dürfe und einer beschreibenden Angabe nicht gleichgesetzt werden könne. Mit der Eintragung des angemeldeten Zeichens würden auch keine Allgemeininteressen beeinträchtigt.

13

Die Anmelderin beantragt (sinngemäß),

14

die Beschlüsse der Prüfungsstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Mai 2010 und vom 23. Mai 2011 aufzuheben.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

16

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Entgegen der Auffassung der Markenstelle steht der Eintragung des angemeldeten Zeichens das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht entgegen. Da auch das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht gegeben ist, waren die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.

17

1. Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 17 - FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, Tz. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 86 - Postkantoor). Sind bei aus Wort- und Bild- oder sonstigen grafischen Elementen bestehenden Kombinationsmarken Wortelemente als solche im vorgenannten Sinne nicht unterscheidungskräftig, so kann die Schutzfähigkeit einer solchen Marke allerdings durch ihre bildlichen Ausgestaltungen und Zusätze begründet werden, sofern sich die bildliche Gestaltung nicht in rein dekorativen Hervorhebungsmitteln erschöpft oder ausschließlich die sachbezogenen Aussagen der anderen Markenteile illustriert, sondern eigene charakteristische Merkmale aufweist (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 8, Rdn. 154 m. w. N.).

18

Ausgehend von diesen Grundsätzen verfügt das angemeldete Zeichen über eine zwar als nur minimal zu erachtende, aber für die Begründung der Schutzfähigkeit bereits ausreichende Unterscheidungskraft. Dies kann allerdings, wie die Markenstelle insoweit zutreffend festgestellt hat, nicht aus den Wortelementen "Bremer Bonbon Manufaktur" abgeleitet werden. Denn diese erschöpfen sich in einer ausschließlich beschreibenden Sachaussage hinsichtlich der Art der beanspruchten Waren und Dienstleistungen und des Ortes, wo diese produziert bzw. erbracht werden. Für die Frage der Unterscheidungskraft kommt es jedoch nicht auf die Schutzfähigkeit der einzelnen Wort- und Bildelemente des betreffenden Zeichens an, sondern auf das Zeichen in seiner Gesamtheit. Im vorliegenden Fall bestehen die weiteren, grafischen Elemente des angemeldeten Zeichens aus einer rechteckigen emblemartigen Form mit violettem Grund, in die über der vorgenannten Wortkombination eine stilisierte, künstlerisch leicht verfremdete Abbildung der "Bremer Stadtmusikanten" eingefügt ist. In ihrem Gesamteindruck stellt sich diese konkrete grafische Ausgestaltung als bereits hinreichend charakteristisch dar, um von den angesprochenen Verkehrskreisen als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden.

19

In der konkreten Kombination aller Bestandteile kommt dem angemeldeten Zeichen damit eine zumindest geringfügige Unterscheidungskraft zu. Damit genießt die Markeninhaberin allerdings auch nur Schutz hinsichtlich dieser konkreten Gestaltung, nicht aber in Bezug auf die einzelnen Bestandteile, nämlich die vorgenannte Wortkombination als solche, erst recht nicht auf einzelne Wortbestandteile als solche und auch nicht auf die jeweils einzelnen grafischen Elemente wie die Farbe Violett und auch nicht die stilisierte, als solche ebenfalls einen geographischen Bezug aufweisende Abbildung der "Bremer Stadtmusikanten", wie sie in das angemeldete Zeichen eingefügt wurde.

20

2. Aus den vorgenannten Gründen besteht das angemeldete Zeichen auch nicht ausschließlich aus Angaben, die geeignet wären, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen oder Merkmale dieser Waren und Dienstleistungen zu beschreiben, so dass auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht erfüllt ist.

21

3. Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung getroffen werden. Die Anmelderin hat ihren Terminsantrag nach § 69 Nr. 1 MarkenG nur hilfsweise gestellt. Es waren auch keine tatsächlichen oder rechtlichen Fragen entscheidungserheblich, aufgrund derer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 69 Nr. 3 MarkenG erforderlich gewesen wäre.