Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 13.11.2014


BPatG 13.11.2014 - 25 W (pat) 81/12

Markenbeschwerdeverfahren – „Sammy’s/Sammy’s Super Toasties/Sammy’s Super Sandwich“ – keine Glaubhaftmachung der rechterhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke 1 – keine Verwechslungsgefahr mit Widerspruchsmarke 2, großer Warenabstand mit Tendenz zur Warenferne


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
13.11.2014
Aktenzeichen:
25 W (pat) 81/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 307 50 580

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) am 13. November 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll und der Richterinnen Kirschneck und Grote-Bittner

beschlossen:

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 1. August 2007 angemeldete Wortmarke

2

Sammy´s

3

ist am 12. Oktober 2007 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister unter der Nummer 307 50 580 für die Waren der Klasse 30 „Popcorn, Süßwaren, Gebäck“ eingetragen und teilweise, nach Verzichtserklärung des Markeninhabers vom 11. Dezember 2007 in Bezug auf die Ware „Gebäck“ insoweit gelöscht worden.

4

Nach der Veröffentlichung der Eintragung am 16. November 2007 hat hiergegen die Widersprechende als Inhaberin der am 23. August 1996 angemeldeten und am 2. Dezember 1996 unter der Nr. 396 36 868 eingetragenen Wortmarke

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Sammy´s Super Toasties

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(im Folgenden: Widerspruchsmarke zu 1.) geschützt für die Waren der Klasse 30 „Brot- und Backwaren“

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sowie der am 26. April 2001 angemeldeten und am 18. Juni 2001 unter der Nr. 301 26 766 eingetragenen Wortmarke

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Sammy´s Super Sandwich

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(im Folgenden Widerspruchsmarke zu 2.), die ebenfalls für die Waren der Klasse 30 „Brot- und Backwaren“ geschützt ist, Widerspruch erhoben.

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Mit Schriftsatz vom 10. Juli 2008 hat der Inhaber der angegriffenen Marke die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarken bestritten, woraufhin die Widersprechende zur Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarken diverse Benutzungsunterlagen vorgelegt hat. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

11

Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat in einem ersten Beschluss den Widerspruch aus der Widerspruchsmarke zu 1. zurückgewiesen und auf den Widerspruch aus der Widerspruchsmarke zu 2. unter Zurückweisung dieses Widerspruchs im Übrigen hinsichtlich der Waren „Süßwaren“ die teilweise Löschung der angegriffenen Marke, nämlich in Bezug auf die Waren „Popcorn“, angeordnet. Die hiergegen von der Widersprechenden eingelegte Erinnerung hat die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluss vom 10. Mai 2012 zurückgewiesen.

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Aus Sicht der Markenstelle ist die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke zu 1. nicht glaubhaft gemacht worden, so dass schon aus diesem Grunde der Widerspruch bzw. die Erinnerung zurückzuweisen seien. Sämtlich im Verfahrensverlauf vorgelegten Benutzungsunterlagen beträfen die Widerspruchsmarke zu 2. oder die Dachmarke „HARRY“, wobei Letztere nicht Verfahrensgegenstand sei. In Bezug auf die Widerspruchsmarke zu 2. sei der Widersprechenden nach Auffassung der Erstprüferin eine rechtserhaltende Benutzung nur für die Waren „Weißbrot“ zuzugestehen, die ohne weiteres unter den Warenoberbegriff „Brot“ fielen. Zwischen diesen Produkten und den Waren „Popcorn“ der angegriffenen Marke seien hinreichende Berührungspunkte für eine zumindest mittlere Warenähnlichkeit gegeben. Ausgehend hiervon und von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu 2. stünden sich identische Wortmarken gegenüber, da die Widerspruchsmarke zu 2. durch den Bestandteil „Sammy´s“ geprägt werde, so dass in Bezug auf diese Vergleichsmarken Verwechslungsgefahr gegeben sei.

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Nach Ansicht des Erinnerungsprüfers ist eine Verwechslungsgefahr der Vergleichsmarken ausgeschlossen, soweit die Vergleichswaren „abgepacktes, geschnittenes Sandwichbrot“ auf Seiten der Widerspruchsmarke zu 2. und „Süßwaren“ auf Seiten der angegriffenen Marke zu berücksichtigen seien, da insoweit keine Warenähnlichkeit gegeben sei. Nur in Bezug auf diese Produkte, nicht aber für die weitergehenden Oberbegriffe „Brot- und Backwaren“, könne nämlich eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke zu 2. anerkannt werden.

14

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde.

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Zur Beschwerdebegründung führt sie aus, dass entgegen der Auffassung der Markenstelle eine Verwechslungsgefahr der Vergleichsmarken auch in Bezug auf die „Süßwaren“ der jüngeren Marke zu bejahen sei. Da „feine Backwaren“ unter den Oberbegriff „Süßwaren“ fielen, sei aufgrund ähnlicher Beschaffenheit - nämlich versehen mit einem erhöhten Zuckergehalt -, identischer betrieblicher Herkunft, identischer Vertriebswege und der Eigenart als einander ergänzende bzw. konkurrierende Waren hochgradige Warenähnlichkeit dieser Produkte zu den Widerspruchswaren „Brot- und Backwaren“ gegeben. Es sei auf Seiten der Widerspruchsmarke zu 2. nämlich nicht nur die Ware „abgepacktes, geschnittenes Sandwichbrot“ zu berücksichtigen, sondern nach der erweiterten Minimallösung die geschützten Waren „Brot- und Backwaren“. Zudem sei infolge langer und umfangreicher Benutzung der Widerspruchsmarke zu 2. in Deutschland von einer erhöhten Kennzeichnungskraft dieser älteren Marke auszugehen. Seit 1993 und damit seit nunmehr 20 Jahren werde diese Widerspruchsmarke erfolgreich auf dem deutschen Markt benutzt, wobei die Umsätze mit den Weißbrotprodukten regelmäßig mehrere Millionen Euro – bei dem Toastbrot-Verpackungen über 20 Millionen Packungen pro Jahr - betragen würden. Außerdem werde die Marke umfangreich beworben, wie bereits im Patentamtsverfahren mit eidesstattlicher Versicherung glaubhaft gemacht worden sei. Ausgehend hiervon und aufgrund des allein die Widerspruchsmarke zu 2. prägenden und kennzeichnungskräftigen Wortelements „Sammy´s“, das mit der jüngeren Marke übereinstimme, sei bei insoweit gegebener klanglicher Identität der Vergleichszeichen Verwechslungsgefahr zu bejahen. Ergänzend trägt die Widersprechende mit Schriftsatz vom 23. Januar 2013 zur rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke zu 2. unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung ihrer Mitarbeiterin A. vom 2. Januar 2013 vor, dass die Marke seit 1999, dabei seit 2002 für verpacktes Weizenbrot mit in Deutschland erzielten Umsätzen zwischen 12,9 Millionen Euro und 16 Millionen Euro, in den Jahren 2008 bis November 2012 bei um die 20 Millionen verkauften Verpackungen verwendet werde und in diesem Zeitraum die Marketingaufwendungen zwischen 124.000 Euro bis 389.000 Euro im Jahre 2012 betragen haben. Dies wie auch der im Tagesspiegel vom 13. Juli 2012 erschienene Zeitungsartikel belege, dass die Widerspruchsmarke zu 2. über eine erhöhte Kennzeichnungskraft verfüge.

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Der Senat hat die Beteiligten mit Ladungsverfügung vom 27./30. September 2013 darauf hingewiesen, dass auf Seiten der Widerspruchsmarke allenfalls der Warenbereich „Toastbrot“ anzuerkennen sei. Ausgehend hiervon wiesen die Vergleichswaren „Toastbrot“ einerseits und „Süßwaren“ andererseits, sofern überhaupt eine Warenähnlichkeit gegeben sei, einen sehr deutlichen Warenabstand auf, so dass eine Verwechslungsgefahr nicht zu bejahen sein dürfte.

17

Nach durchgeführter mündlicher Verhandlung hat der Senat mit dem am 6. Februar 2014 an Verkündung statt zugestelltem Beschluss die mündliche Verhandlung wieder eröffnet und die Beteiligten unter Übersendung von Rechercheunterlagen darauf hingewiesen, dass entgegen der bisher im Ladungszusatz vertretenen Auffassung, der Warenbegriff „Süßwaren“ wohl weit auszulegen sei und u. a. auch feine Backwaren umfassen dürfte, die sich von Brot und Kleingebäck im Wesentlich nur durch einen erhöhten Anteil an zugesetztem Fett und/oder Zucker unterscheiden, ansonsten aber in Bezug auf die stoffliche Beschaffenheit enge Berührungspunkte aufweisen dürften. Zugleich hat der Senat eine gütliche Beilegung angeregt, dass der Inhaber der angegriffenen Marke den weiten (Ober-) Begriff der Süßwaren in einer Weise beschränkt, wie z. B. Zuckerwaren bzw. Bonbons, wodurch diese Waren einen deutlichen Abstand zur Ware „Toastbrot“ der Widerspruchsmarke aufweisen würden.

18

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt.

19

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat mit Schriftsatz vom 29. Juli 2014 das Warenverzeichnis auf die Waren „Süßwaren, nämlich Zuckerwaren“ beschränkt.

20

Die Widersprechende hat sich im Weiteren inhaltlich nicht geäußert und mit Schriftsatz vom 10. September 2014 um eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren gebeten.

21

Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

22

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. März 2011 und vom 10. Mai 2012 aufzuheben, soweit die Widersprüche aus den Marken 396 36 868 und 301 26 766 zurückgewiesen worden sind, und wegen der genannten Widersprüche die Löschung der angegriffenen Marke in Bezug auf „Süßwaren, nämlich Zuckerwaren“ anzuordnen.

23

Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,

24

die Beschwerde zurückzuweisen.

25

Er meint, dass mit der Warenbeschränkung auf „Süßwaren, nämlich Zuckerwaren“ ein deutlicher Warenabstand hergestellt sei.

26

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

27

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, insbesondere gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthaft. In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg.

28

1. Soweit der Widerspruch auf der Widerspruchsmarke zu 1. gestützt ist, ist die Beschwerde unbegründet, da die Widersprechende auf die in zulässiger Weise erhobene Nichtbenutzungseinrede des Inhabers der angegriffenen Marke eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke zu 1. gemäß § 26 Abs. 1 MarkenG im maßgeblichen Benutzungszeitraum weder vor der Markenstelle noch im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens glaubhaft gemacht hat. Die Markenstelle hat daher den nach § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erhobenen Widerspruch aus dieser Widerspruchsmarke zu Recht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG mangels berücksichtigungsfähiger Waren nach § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG zurückgewiesen.

29

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt mit Schriftsatz vom 10. Juli 2008 die Benutzung der Widerspruchsmarken bestritten. Die Nichtbenutzungseinrede erstreckt sich mangels Differenzierung auf beide Benutzungszeiträume des § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 43 Rn. 26 m. w. N.). Da die am 2. Dezember 1996 eingetragene Widerspruchsmarke 396 36 868 zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am 16. November 2007 auch bereits mehr als fünf Jahre eingetragen war, oblag es der Widersprechenden somit, eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke zu 1. sowohl in den letzten fünf Jahren vor der Veröffentlichung der angegriffenen Marke, § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, als auch in den letzten fünf Jahren vor der Entscheidung über den Widerspruch, § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, nach Art, Zeit, Ort und Umfang glaubhaft zu machen. Mithin hatte die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke zu 1. für die Zeiträume vom 16. November 2002 bis 16. November 2007 und vom 13. November 2009 bis 13. November 2014 glaubhaft zu machen. Dies ist aber nicht geschehen.

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2. Auch die Beschwerde der Widersprechenden gestützt auf die Widerspruchsmarke zu 2. ist unbegründet.

31

Denn soweit nunmehr nach zuletzt erklärter Beschränkung des Warenverzeichnisses durch den Inhaber der jüngeren Marke auf die Waren „Süßwaren, nämlich Zuckerwaren“ allein diese noch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, besteht zwischen der Widerspruchsmarke zu 2. und der jüngeren Marke jedenfalls nunmehr keine Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, so dass auch insoweit - im jetzt noch beschwerdegegenständlichen Umfang - der Widerspruch aus der Widerspruchsmarke zu 2. gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen worden ist.

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Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. hierzu z.B. EuGH GRUR 2010, 933, Rn. 32 - BARBARA BECKER; GRUR 2010, 1098, Rn. 44 - Calvin Klein/HABM; BGH GRUR 2012, 64, Rn. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040, Rn. 25 - pjur/pure; GRUR 2013, 833, Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der relevanten Vergleichsprodukte (Waren und/oder Dienstleistungen), die Identität oder Ähnlichkeit der Kollisionsmarken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. dazu EuGH GRUR 2008, 343, Rn. 48 - Il Ponte Finanziaria Spa/HABM; BGH GRUR 2012, 64, Rn. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040, Rn. 25 - pjur/pure; vgl. auch Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 9 Rn. 41 ff m. w. N.). Darüber hinaus können für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren relevant sein, wie u. a. etwa die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.

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Ausgehend hiervon ist bei durchschnittlicher oder auch unterstellter leicht überdurchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu 2. ein relevanter Warenabstand der Vergleichsprodukte, nämlich den auf Seiten der älteren Marke allein zu berücksichtigenden Waren „Toastbrot“ und den „Süßwaren, nämlich Zuckerwaren“ der jüngeren Marke, gegeben, dass eine Verwechslungsgefahr der Vergleichsmarken ausgeschlossen werden kann, selbst wenn in der älteren Marke „Sammy´s Super Sandwich“ allein „Sammy´s“ als die Widerspruchsmarke zu 2. allein prägender Wortbestandteil angesehen würde und der jüngeren Marke „Sammy´s“ gegenüber zu stellen wäre.

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Die Widerspruchsmarke zu 2. hat aufgrund des Bestandteils „Sammy´s“ eine originär durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Von der Widersprechenden sind keine Gesichtspunkte vorgetragen und glaubhaft gemacht, die eine deutliche Steigerung der Kennzeichnungskraft rechtfertigen könnten. Ein konkreter Vortrag hierfür maßgeblicher Umstände neben Intensität, geografischer Verbreitung der Widerspruchsmarke und aufgewendeter Werbemittel, zu denen die Widersprechende allein vorgetragen und Glaubhaftmachungsmittel vorgelegt hat, nämlich insbesondere die von der Widerspruchsmarke zu 2. gehaltenen Marktanteile und die dadurch erreichte Bekanntheit in den beteiligten Verkehrskreisen fehlt. Im allgemeinen lassen aber auch am ehesten objektive Statistiken oder demoskopische Befragungen zuverlässige Schlüsse auf die Verkehrsbekanntheit einer Marke zu (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 9 Rn. 160). Ein demoskopisches Gutachten hat die Widersprechende nicht vorgelegt. Gleichwohl kann zu Gunsten der Widersprechenden eine leicht überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft unterstellt werden.

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Eine relevante Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren kann angenommen werden, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder anderer, für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe, so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder gegebenenfalls wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 9 Rn. 59, vgl z. B. BGH GRUR 2004, 241, 243 – GeDIOS/GEDIOS; GRUR 2007, 321 Rn. 20 - COHIBA; GRUR 2008, 714, Rn. 29, 32 – idw; GRUR 2014, 488, Rn. 14 DESPERADOS/DESPARDO). Hiervon ausgehend ist ein relevanter Warenabstand der Vergleichsprodukte gegeben.

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Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit sind auf Seiten der Widerspruchsmarke zu 2. die Waren "Toastbrot" zu berücksichtigen.

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Der Inhaber der angegriffenen Marke hat im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt mit Schriftsatz vom 10. Juli 2008 die Benutzung der Widerspruchsmarken bestritten. Die Nichtbenutzungseinrede erstreckt sich – wie auch bei der Widerspruchsmarke zu 1. - mangels Differenzierung auf beide Benutzungszeiträume des § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 43 Rn. 26 m. w. N.). Da die am 18. Juni 2001 eingetragene Widerspruchsmarke 301 26 766 zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am 16. November 2007 auch bereits mehr als fünf Jahre eingetragen war, oblag es der Widersprechenden somit, eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke zu 2. sowohl in den letzten fünf Jahren vor der Veröffentlichung der angegriffenen Marke, § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, als auch in den letzten fünf Jahren vor der Entscheidung über den Widerspruch, § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, nach Art, Zeit, Ort und Umfang glaubhaft zu machen. Mithin hatte die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke zu 2. für die Zeiträume vom 16. November 2002 bis 16. November 2007 und vom 13. November 2009 bis 13. November 2014 glaubhaft zu machen. Eine ausreichende Glaubhaftmachung ist nur in Bezug auf die Ware „Toastbrot“ anzuerkennen.

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Nach den vorgelegten Benutzungsunterlagen ist die Widerspruchsmarke zu 2. für „abgepacktes, geschnittenes Sandwichbrot“ in den Jahren von November 2002 bis November 2007 sowie November 2009 bis November 2014 marken- und funktionsmäßig benutzt worden, wie die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen vom 4. März 2008 und vom 2. Januar 2013 mit entsprechenden Produktabbildungen hinreichend belegen. Soweit die Abbildungen ausnahmslos das Produkt „abgepacktes, geschnittenes Sandwichbrot“ zeigen, ist im Rahmen der Integrationsfrage nach der sogenannten "erweiterten Minimallösung" die Benutzung der Ware für „Toastbrot“ insgesamt anzunehmen, (s. zur Intergrationsfrage Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 26, Rn. 254ff). Denn es ist einerseits nicht gerechtfertigt, für die konkret benutzten Waren den sehr weiten, breit gefächerten und verschiedenste Bereiche (z. B. auch Schwarzbrot, süßes Kleingebäck, Waffelgebäck) umfassenden Oberbegriff der Klasse 30 „Brot- und Backwaren“ zugrunde zu legen. Andererseits ist der Schutz der Widerspruchsmarke nicht nur auf das konkret benutzte Einzelprodukt „abgepacktes, geschnittenes Sandwichbrot“ zu begrenzen, weil dies die Widersprechende in ihrer wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit ungebührlich einschränken würde (vgl. hierzu Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 26, Rn. 260). „Abgepacktes, geschnittenes Sandwichbrot“ ist der Untergruppe „Toastbrot“ des Oberbegriffs „Brot“ zuzuordnen, wobei zur Abgrenzung innerhalb dieser immer noch verhältnismäßig weiten Produktgruppe – es gibt ca. 300 Brotsorten in Deutschland - nach Maßgabe der „erweiterten Minimallösung“ eine Beschränkung in der Zweckbestimmung der benutzten Widerspruchsmarke, nämlich für „Toastbrot“, angezeigt ist.

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Die Vergleichswaren „Toastbrot“ einerseits und „Süßwaren, nämlich Zuckerwaren“ weisen schon von ihrer Beschaffenheit her deutliche Unterschiede auf. „Toastbrot“ ist ein feinporiges Röst(weiß)brot, das im Wesentlichen aus Weizenmehl mit einer Beimengung u. a. von Wasser, Milch, Fett hergestellt wird, während „Zuckerwaren“ - wie der Begriff selbst schon zum Ausdruck bringt – hauptsächlich bzw. in sehr hohem Maße aus verkehrsüblichen Zuckerarten, Süßungsmitteln bestehen, teilweise mit Zusätzen, z. B. mit geruchs- oder geschmacksgebenden Zutaten, versehen sind und in unterschiedlichen Konsistenzen angeboten werden. „Zuckerwaren“ sind z. B. Bonbons, Lutscher (= Bonbons am Stil), die im Wesentlichen durch Einkochen einer Zuckerlösung hergestellt werden, oder „Zuckerwatte“, die allein aus Kristallzucker besteht und ihre luftige, gesponnene Konsistenz durch eine besonderen Herstellungsprozess erlangt, wie auch „Schaumzuckerware“. Auch hinsichtlich des Verwendungszwecks - Nahrungsmittel einerseits, bloße Nascherei andererseits - sind weitere, deutliche Unterschiede zwischen den vorgenannten Vergleichswaren gegeben. Sie weisen üblicherweise auch keine gemeinsame betriebliche Herkunft auf. Der Umstand, dass es Überschneidungen bei den Verkaufsstätten und den Endverbrauchern als Endabnehmer wegen der Eigenschaft der Vergleichswaren als Lebensmittel im weitesten Sinne gibt, rechtfertigt für sich genommen nicht die Bejahung einer relevanten Warenähnlichkeit. Angesichts des umfangreichen Warenangebots, wie es im Lebensmitteleinzelhandel üblich ist, ist zu berücksichtigen, dass eine sinnvolle Warenabgrenzung in diesem Warenbereich nicht mehr möglich wäre. Die gegebenen Unterschiede bei Beschaffenheit und Verwendungszweck der Vergleichswaren stehen im Vordergrund, so dass insoweit auch dann, wenn die Widerspruchsmarke zu 2. allein durch den ersten Wortbestandteil „Sammy´s“ isoliert geprägt würde und der jüngeren Marke „Sammy´s“ gegenüber zu stellen wäre, der Gedanke an eine gemeinsame betriebliche Herkunft nicht mehr nahe liegt. Sofern eine Warenähnlichkeit der Vergleichsprodukte überhaupt angenommen werden kann, ist der Warenabstand deutlich ausgeprägt mit einer Tendenz zur Warenferne, so dass auch im Falle identischer Vergleichszeichen eine Verwechslungsgefahr nur bei einer weit überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in Betracht käme, die hier – wie bereits ausgeführt – nicht gegeben ist (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 9, Rdn. 56).

40

3. Gründe für eine Auferlegung von Kosten nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG sind nicht gegeben.

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4. Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung getroffen werden, nachdem die Beteiligten sich nach bereits durchgeführter mündlichen Verhandlung mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt haben.