Entscheidungsdatum: 09.04.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2012 002 672.9
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 9. April 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Grote-Bittner und des Richters Metternich
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I.
Angemeldet als Wortmarke ist die Bezeichnung
KraftProtz
für die nachfolgend genannten Waren der Klassen 5 und 31:
Klasse 5: Nahrungsergänzungsmittel für Menschen und Tiere;
Klasse 31: Samenkörner sowie land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Sämereien, natürliche Pflanzen und Blumen; Futtermittel; Malz.
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts, besetzt mit einem Beamten des gehobenen Dienstes, hat diese unter der Nummer 30 2012 002 672.9 geführte Anmeldung nach entsprechender Beanstandung mit Beschluss vom 19. Juni 2012 zurückgewiesen.
Aus Sicht der Markenstelle fehlt der angemeldeten Wortmarke jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG); ferner sei auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllt. Das sprachüblich gebildete Substantiv „Kraftprotz“ stehe laut dem Duden für „jemanden, der seine Körperkraft großspurig, in prahlerischer Weise herausstellt“ sowie für ein „Kraftpaket, Muskelpaket“. Diese Bedeutung sei auch durch eine Internetrecherche bestätigt worden, die ergeben habe, dass mit „Kraftprotz“ ein Mensch oder Tier bezeichnet werde, dessen äußeres Erscheinungsbild durch viele Muskeln geprägt sei. Diese ursprünglich eher abwertende Bedeutung sei inzwischen durch die Werbebranche dahingehend erweitert worden, dass mit dem Begriff „Kraftprotz“ Waren bezeichnet würden, die sich durch besonders nahrhafte oder besonders wirkungsvolle, den Körper von Mensch und Tier stärkende Inhaltsstoffe auszeichneten. In Bezug auf die angemeldeten Waren sähe der angesprochene Verkehrskreis in der angemeldeten Bezeichnung „KraftProtz“ daher lediglich einen Hinweis auf den Inhalt der Waren, nämlich besonders nahrhafte und wirkungsvolle Inhaltsstoffe. In diesem Zusammenhang stelle die angemeldete Bezeichnung auch ein Werbeversprechen dahingehend dar, dass sich die so gekennzeichneten Waren hinsichtlich ihrer Inhaltsstoffe und Wirkungsweise von denjenigen anderer Anbieter abheben würden, ohne einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft dieser Waren zu geben. Ferner beinhalte die Bezeichnung „Kraftprotz“ einen Hinweis auf die Bestimmung bzw. den Zweck der Waren, nämlich von „Kraftprotzen“ verzehrt zu werden oder durch den Verzehr den Muskelaufbau zu fördern, um ein „Kraftprotz“ zu werden.
Die Binnengroßschreibung der angemeldeten Bezeichnung „KraftProtz“ stelle lediglich ein übliches Gestaltungsmerkmal dar und könne zur Schutzfähigkeit nichts beitragen. Auf aus ihrer Sicht vergleichbare Voreintragungen könne sich die Anmelderin nicht berufen.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Sie ist der Auffassung, dass die angemeldete Bezeichnung i.V.m. den beanspruchten Waren der Klassen 5 und 31 schutzfähig sei. Die Markenstelle habe eine lediglich formularhafte Begründung vorgelegt, ohne sich mit der angemeldeten Bezeichnung i.V.m. den beanspruchten Waren konkret auseinanderzusetzen. Das Wort „Kraftprotz“ stelle zwar ein geläufiges Wort der deutschen Sprache dar, habe aber unter keinem Gesichtspunkt eine beschreibende Bedeutung in Bezug auf diese Waren und werde insoweit auch nicht als werbeübliche Anpreisung verwendet. Vielmehr habe dieses Wort vielerlei Bedeutungen, so dass die angemeldete Bezeichnung allenfalls als sprechende Marke angesehen werden könne. Auch wenn das Wort „Kraftprotz“ im Zusammenhang mit ähnlichen Produkten oder Bestandteilen der beanspruchten Waren verwendet werde, so erfolge dies mit zusätzlichen beschreibenden Begriffen wie „Zellschutz, sportliche Energie, Muskelaufbau“ etc.. Hieraus folge, dass die angemeldete Bezeichnung nicht geeignet sei, irgendwelche Eigenschaften oder Wirkungsweisen der beanspruchten Waren unmittelbar zu beschreiben, denn es seien stets zusätzliche, direkt beschreibende Begriffe notwendig, um die angemeldete Bezeichnung im Hinblick auf das jeweils konkrete Produkt ausfüllen zu können. In Alleinstellung sei die angemeldete Bezeichnung deshalb zu unbestimmt, um als beschreibende Angabe dienen zu können. Zweifel an der Schutzfähigkeit dieser Bezeichnung würden im Übrigen durch Voreintragungen in unterschiedlichen Branchen und deren erfolgreiche markenmäßige Verwendung beseitigt.
Die Anmelderin beantragt (sinngemäß),
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Juni 2012 aufzuheben.
Der Senat hat die Anmelderin in einem eingehend begründeten Ladungszusatz vom 15./16. Januar 2013 auf Bedenken hinsichtlich der Schutzfähigkeit der angemeldeten Bezeichnung hingewiesen (Bl. 23 ff. d.A.). Die Anmelderin hat auf diesen Hinweis hin erklärt, an der für den 7. Februar 2013 anberaumten mündlichen Verhandlung nicht teilzunehmen. Dieser Termin ist daraufhin aufgehoben worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 MarkenG statthaft. Sie ist jedoch unbegründet. Entgegen der Auffassung der Anmelderin weist die angemeldete Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klassen 5 und 31 keinerlei Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
1.
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u.a. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 17 - FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, Tz. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u.a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH – FUSSBALL WM 2006, a.a.O.).
a)
Der Begriff „Kraftprotz“ wird – wie die Markenstelle mit entsprechenden Belegen zutreffend dargelegt hat - zur Beschreibung von Menschen verwendet, die ihre Körperkraft großspurig, prahlerisch herausstellen. Darüber hinaus wird dieser Begriff aber auch in einem positiven Sinne verwendet, so zur Umschreibung besonders PS-starker, leistungsfähiger Fahrzeuge (vgl. die in Anlagen A11 und A12 zum Senatshinweis vom 15./16. Januar 2013 übersendeten Unterlagen, Bl. 26, 27 d.A.), aber auch für besonders widerstands- oder strapazierfähige Pflanzen (vgl. die in Anlage A13, A14 und A15 zum Senatshinweis vom 15./16. Januar 2013 übersendeten Unterlagen, Bl. 28 – 32 d.A.) oder auch Gewächse mit besonders kräftigem Geschmack (vgl. den in Anlage A16 zum Senatshinweis vom 15./16. Januar 2013 übersendeten Beleg, Bl. 33 d.A). Schließlich wird „Kraftprotz“ auch zur Beschreibung von kräftigen, leistungs- und widerstandsfähigen Tieren verwendet (vgl. die in den Anlagen A17, A18 und A19 zum Senatshinweis vom 15./16. Januar 2013 übersendeten Unterlagen, Bl. 34 - 36 d.A).
Ausgehend davon wird der Verkehr den Begriff „Kraftprotz“ im maßgeblichen Zusammenhang mit den beanspruchten Nahrungsergänzungsmitteln, Samenkörnern, land-, garten- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen, Sämereien, Pflanzen und Blumen, Futtermitteln und Malz nicht als betrieblichen Herkunftshinweis, sondern lediglich als werblich übertreibende Anpreisung dahingehend verstehen, dass die so gekennzeichneten Nahrungsergänzungs- und Futtermittel die körperliche Leistungs- und Widerstandsfähigkeit von Mensch bzw. Tier fördern bzw. die so gekennzeichneten Pflanzen und sonstigen land- und gartenbaulichen Produkte besonders widerstands- und/oder strapazierfähig sind.
b)
Zutreffend hat die Markenstelle ferner dargelegt, dass die konkrete Schreibweise „KraftProtz“ mit der hier enthaltenen Binnengroßschreibung eine übliche Gestaltung darstellt, die zur Unterscheidungskraft der angemeldeten Bezeichnung nichts beizutragen vermag.
c)
Soweit sich die Anmelderin auf aus Ihrer Sicht vermeintlich vergleichbare Voreintragungen beruft, ist auf die dazu ergangene umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung des EuGH (vgl. GRUR 2009, 667 - Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229, Tz. 47-51 - BioID; GRUR 2004, 674, Tz. 42-44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, Tz. 63 - Henkel), des BGH (vgl. GRUR 2008, 1093, Tz. 18 - Marlene-Dietrich-Bildnis I) und des BPatG (vgl. z.B. GRUR 2009, 1175 - Burg Lissingen; MarkenR 2010, 139 - VOLKSFLAT und die Senatsentscheidung MarkenR 2010, 145 - Linuxwerkstatt) zur fehlenden Bindungswirkung von Voreintragungen zu verweisen. Im Übrigen sind die genannten Voreintragungen nach Auffassung des Senats von der Warenlage her nicht mit der im vorliegenden Verfahren vergleichbar.
2.
Da bereits das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegend gegeben ist, kann dahingestellt bleiben, ob auch die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllt sind.
3.
Der Durchführung einer mündlichen Verhandlung bedurfte es nicht, nachdem die Anmelderin den von ihr nach § 69 Nr. 1 MarkenG gestellten Terminsantrag dadurch konkludent zurückgenommen hat, indem sie erklärt hat, zu dem bereits anberaumten Termin nicht zu erscheinen. Eine mündliche Verhandlung war auch aus anderen Gründen nicht geboten.