Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 29.09.2016


BPatG 29.09.2016 - 25 W (pat) 557/14

Markenbeschwerdeverfahren – "7 Stufen BAUSICHERHEITSPAKET (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
29.09.2016
Aktenzeichen:
25 W (pat) 557/14
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2014 001 046.1

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 29. September 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener und des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Zeichen

Abbildung

2

ist am 14. Februar 2014 zur Eintragung als Wort/Bildmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister für Dienstleistungen der Klassen 36, 37 und 42 angemeldet worden. Die aktuell beanspruchte Fassung des Dienstleistungsverzeichnisses lautet:

3

Klasse 36: Finanzielle Schätzungen, insbesondere Versicherungs-, Bank- und Grundstücksangelegenheiten; Vermittlung von Versicherungen; Versicherungsberatung; Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen, Vermittlung von Verträgen über den Ankauf und Verkauf von Immobilien; finanzielle Beratung bei der Umlegung, Zusammenlegung oder Grenzregelung von Grundstücken

4

Klasse 42: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhard- und -software; Beratung im Bereich Umweltschutz; Dienstleistungen eines Innenarchitekten einschließlich Inneneinrichtung von Wohn- und Geschäftsräumen; Erteilung von Auskünften über Innenarchitektur

5

Die Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter der Nummer 30 2014 001 046.1 geführte Anmeldung mit Beschluss vom 30. Juni 2014 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Wortbestandteile des angemeldeten Zeichens ein Dienstleistungspaket bezeichneten, welches 7 Stufen beinhalte und sich auf Bausicherheit beziehe. Dabei beziehe sich der Wortbestandteil „Bau“ nicht nur auf die handwerkliche Tätigkeit des Bauens selbst, sondern auch auf das „Bauen lassen“. Der in der angemeldeten Marke enthaltene Begriff werde vielfach für auf den Bauherren und sein Bauvorhaben abgestimmte Dienstleistungspakete verwendet. Diese Bauleistungen würden auch Controlling, Treuhandtätigkeiten und Versicherungen umfassen. Sämtliche beanspruchten Dienstleistungen, auch Entwurf- und Entwicklung von Computerhard- und software, könnten der baulichen wie auch der sonstigen (finanziellen) Absicherung eines Bauvorhabens dienen und im Paket angeboten werden. Die Schutzfähigkeit des Zeichens könne auch nicht aus der Grafik hergeleitet werden. Die Einfügung der Wortbestandteile in eine Umrandung sei werbeüblich. Die Abbildung eines durch zwei Hände beschütztes Haus unterstreiche im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen noch die beschreibende Sachaussage des Wortbestandteils. Die Grafik reihe sich zwanglos in eine Anzahl ähnlicher Gestaltungen ein.

6

Die Anmelderin vertritt mit ihrer Beschwerde gegen den vorgenannten Beschluss die Auffassung, dass dem Zeichen Unterscheidungskraft zukomme. Die Begriffe „Bau“ und „Sicherheit“ hätten die Bedeutung, dass das Bauwerk selbst bzw. dessen Herstellung durch technische Absicherungen gesichert seien. Die beanspruchten Dienstleistungen bezögen sich jedoch nicht auf eine technische Absicherung. Auch die Grafik versinnbildliche allenfalls Sicherheit für das Gebäude selbst bzw. spiegle die Geborgenheit in dem fertiggestellten Gebäude. Deswegen bestehe kein Zusammenhang zwischen der Grafik und der Herstellung eines Gebäudes.

7

Die Anmelderin beantragt,

8

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. Juni 2014 aufzuheben.

9

Der Senat hat der Anmelderin seine Rechercheergebnisse mit der Gelegenheit zur Stellungnahme mitgeteilt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

10

Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Dem angemeldeten Zeichen fehlt in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen die für die Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

11

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850 Rn. 17 - FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850 Rn. 19 -FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn.  86 - Postkantoor). Unterscheidungskraft fehlt ferner auch solchen Angaben, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2014, 872 Rn. 21 - Gute Laune Drops) bzw. die für sich genommen oder im Zusammenhang mit produktbeschreibenden Angaben lediglich Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art enthalten (siehe dazu BGH GRUR 2013, 522 Rn. 9 - Deutschlands schönste Seiten). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.). Bei der Wortfolge „7 Stufen Bausicherheitspaket“ handelt es sich um eine werbliche Anpreisung, die mit den entsprechenden Dienstleistungen nach einem Stufenplan „Bausicherheit“ im weitesten Sinne bzw. unter allen denkbaren Aspekten verspricht, wobei dieses Versprechen durch den Bildbestandteil illustriert wird.

1.

12

Der Wortbestandteil „Bausicherheitspaket“ kann verschiedene Bedeutungen haben. Zum einen können technische Sicherheits- oder Sicherungsmaßnahmen gemeint sein (worauf die Anmelderin abstellen will). So können Maßnahmen ergriffen werden, um Bauarbeiter vor Unfällen zu schützen. Naheliegend ist auch ein technischer Schutz des Bauwerks gegen Schäden durch Unwetter, Diebstahl, Vandalismus etc. Der Wortbestandteil kann aber auch als ein deutlicher Hinweis auf Dienstleistungen verstanden werden, die der finanziellen Absicherung des Bauherrn bzw. des Bauprojekts dienen. Für private Bauherren ist das Bauvorhaben in der Regel das größte finanzielle Risiko, das sie im Leben eingehen. Hier besteht ein gesteigerter Bedarf an finanzieller Absicherung. Eine solche Absicherung kann viele Aspekte haben. Zunächst gibt es Versicherungen speziell für Bauherren. Für solche klassischen Versicherungsdienstleistungen wird der Begriff der „Bauversicherung“ verwendet (etwa bei Ansprüchen Dritter bei Unfällen auf der Baustelle oder in Bezug auf die Absicherung von Schäden am Gebäude). Daneben gibt es aber auch unterschiedliche Dienstleistungen zur Absicherung von anderen finanziellen Risiken wie die Absicherung von Gewährleistungsansprüchen gegen die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder die Absicherung der Zahlungsfähigkeit des Bauherren wegen Arbeitslosigkeit etc. oder auch eine Lebensversicherung etwa als Absicherung des überlebenden Ehepartners in Bezug auf die (Rest-)Finanzierung des Bauvorhabens. Entsprechende Versicherungsdienstleistungen werden häufig als „Paket“ angeboten. Dabei können auch die technische und die finanzielle Absicherung des Bauvorhabens kombiniert werden, da beide Absicherungen dieselben Schadensursachen betreffen können. Im Übrigen kann mit dem Begriff „Bausicherheitspaket“ auch die finanzielle Absicherung bei bestehenden Gebäuden gemeint sein.

13

Soweit der Wortbestandteil „Bausicherheitspaket“ die oben beschriebene Mehrdeutigkeit aufweist, rechtfertigt dies im Hinblick auf die Unterscheidungskraft keine andere Beurteilung. Die Mehrdeutigkeit eines Begriffs bzw. einer Bezeichnung führt dann nicht zur Schutzfähigkeit, wenn zumindest eine der Bedeutungen (erst recht, wenn mehrere) für die beanspruchten Produkte oder Dienstleistungen beschreibenden Charakter hat (vgl. EuGH GRUR 2004, 146, Rn. 32 – DOUBLEMINT; BGH GRUR 2008, 900, Rn. 15 - SPA II). Dies ist nach Auffassung des Senats vorliegend – wie bereits ausgeführt - ohne weiteres zu bejahen.

2.

14

Der Wortbestandteil „7 Stufen“ sagt nichts anderes, als dass die Absicherung in verschiedenen Teilen oder Abschnitten erfolgen kann, die etwa zeitlich gestaffelt sein können. Dies liegt im Bauwesen nahe, da auch Bauvorhaben in „Stufen“ (Planung, Genehmigung, Aushub, Bodenplatte, Rohbau…) unterteilt werden, was z. B. für das Architektenhonorar oder den Zahlungsplan von Bedeutung ist.

3.

15

Auch die bildliche Ausgestaltung des angemeldeten Zeichens ist nicht geeignet, die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke zu begründen. Der Wortbestandteil des Zeichens ist in einem kreisrund verlaufenden Band angeordnet, das an ein Siegel erinnert. Solche Siegel werden häufig werblich eingesetzt. Die Kreisform, die Farbgebung und die Schrift weisen keine vom Üblichen abweichenden und die Schutzfähigkeit rechtfertigenden Besonderheiten auf. Im Inneren des Kreises sind fotorealistisch zwei Hände zu sehen. Auf der unteren Hand steht ein Einfamilienhaus. Die zweite Hand legt sich „schützend“ über das stilisiert abgebildete Haus (rechteckiger Grundriss, Satteldach, Fenster und ein Schornstein). Bereits die Markenstelle des DPMA hat zutreffend darauf hingewiesen, dass diese Darstellung mit schützenden Händen vielfach in der Werbung in Gebrauch ist (vgl. dazu die dem Senatshinweis vom 22./23. August 2016 als Anlagen beigefügten einschlägigen Rechercheunterlagen). Entscheidend ist, dass es sich um eine sachbezogene und die Aussage der Wortbestandteile illustrierende Abbildung handelt. Die Darstellung weist damit sachbezogen auf die einschlägigen Dienstleistungen hin.