Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 31.05.2012


BPatG 31.05.2012 - 25 W (pat) 550/11

Markenbeschwerdeverfahren "CLIOVELL/ClIOVELLE" - keine Verwechslungsgefahr - Warenunähnlichkeit -


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
31.05.2012
Aktenzeichen:
25 W (pat) 550/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2009 028 284

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 31. Mai 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, des Richters Metternich und der Richterin Grote-Bittner

beschlossen:

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 12. Mai 2009 angemeldete Marke

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CLIOVELL

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ist am 5. Juni 2009 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister unter der Nummer 30 2009 028 284 für die Waren der Klasse 5

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Mittel zur Vertilgung und Bekämpfung von Schädlingen, Fungizide, Herbizide, Pestizide; alle vorgenannten Waren für landwirtschaftliche Zwecke,

5

eingetragen worden.

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Gegen die Eintragung dieser Marke hat die Inhaberin der älteren, am 24. November 2005 für die Waren der Klassen 5, 29 und 30, nämlich

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Klasse 5:

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Arzneimittel; pharmazeutische Erzeugnisse; Sanitärprodukte für medizinische Zwecke; diätische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke, hauptsächlich bestehend aus Vitaminen, Spurenelementen, Mineralien und Aminosäuren; Vitaminpräparate,

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Klasse 29:

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Diätische Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke, hauptsächlich bestehend aus Eiweißen,

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Klasse 30:

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Diätische Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke, hauptsächlich bestehend aus Kohlenhydraten,

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unter der Nummer EM 004 125 969  eingetragenen Gemeinschaftsmarke

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CLIOVELLE

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Widerspruch erhoben.

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Die Markenstelle für die Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch durch Beschluss eines Beamten des gehobenen Dienstes zurückgewiesen.

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Trotz fast identischer Vergleichszeichen und unter Zugrundelegung durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke könne eine Verwechslungsgefahr mangels relevanter Warenähnlichkeit nicht bejaht werden. Die Adressaten der geschützten Waren der angegriffenen Marke einerseits und der Widerspruchsmarke andererseits seien unterschiedlich. Während nämlich bei den der Waren der angegriffenen Marke der sachkundige Fachverkehr in der Landwirtschaft (z. B. Bauern, Landwirte) angesprochen werde, seien die Waren, für die die Widerspruchsmarke geschützt sei, an den medizinische Fachverkehr, also Ärzte, Apotheker, Kliniken usw., und an Endverbraucher gerichtet. Für diese verschiedenen  Adressaten bestünden deutliche Unterschiede hinsichtlich des Anwendungszwecks bzw. der Verwendungsweise und damit zusammenhängend auch der stofflichen Beschaffenheit der Produkte. Auch stünden die beiderseitigen Waren nicht in Konkurrenz zueinander und ergänzten sich auch nicht. Arzneimittel, pharmazeutische Erzeugnisse und auch die weiteren Waren der Klassen 29 und 30 der Widerspruchsmarke würden in oder an dem menschlichen Körper angewendet. Die Produkte der angegriffenen Marke hätten dagegen eine andere Zweckbestimmung, sie dienten nämlich dem professionellen Pflanzenschutz und seien für die Anwendung im oder am menschlichen Körper ungeeignet bzw. schädlich. Daher würden auch "Unkrautvernichtungsmittel" als unähnlich mit "Arzneimittel" angesehen (s. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 14. Aufl., S. 324) sowie "Arzneimittel für die Human- und Tiermedizin; pharmazeutische Erzeugnisse" einerseits und "Pestizide für die Landwirtschaft" andererseits (s. HABM, Beschluss vom 22. Juli 2005, POLYPLUS TRANSFECTION/POLYPLUS, zu finden in PAVIS PROMA). Wegen dieses deutlichen Unterschiedes im Anwendungs- und Verwendungszweck würden die Waren in unterschiedlichen Produktionsstätten hergestellt und auf verschiedenen Vertriebswegen angeboten, so dass es auch insoweit keine Berührungspunkte geben würde. Dem stünde nicht entgegen, dass z. B. der B… sowohl Pharmazeutika wie auch Pflanzenschutzmittel herstelle, da die Nutzung und Verwendung unterschiedlich bliebe.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

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Entgegen der Auffassung der Markenstelle liege eine relevante Warenähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken vor, so dass wegen der Zeichenidentität in klanglicher Hinsicht bzw. hohen Zeichenähnlichkeit in schriftbildlicher Hinsicht Verwechslungsgefahr gegeben sei. Denn die betriebliche Herkunft von Arzneimitteln, für die die Widerspruchsmarke Schutz genieße, auf der einen Seite und Pflanzenschutzmittel der angegriffenen Marke auf der anderen Seite sei regelmäßig identisch, wie der Beispielsfall B1… AG zeige. Die B1… AG sei Inhaberin der deutsche Marke "Aspirin", dem bekannten Schmerzmittel, sowie der für Tier- und Pflanzenschutzmittel, Insektizide, Herbizide und Fungizide eingetragenen Marken "Infinito", "Profiler" und "Fandango Input Perfekt", die sie über den GeschäftszweigB2… AG als Fungizide für den landwirtschaftlichen Einsatz vertreibe. Daher sei es auch nicht abwegig, dass ein Hersteller Arzneimittel und Pflanzenschutzmittel mit derselben Marke kennzeichne. Der Produzent habe auch bei den Pflanzenschutzmitteln wie bei den Arzneimitteln gleichermaßen darauf zu achten, mögliche Gesundheitsrisiken für den Menschen auszuschließen. Für ihre Auffassung spreche außerdem, dass auch außerhalb der produzierenden Industrie Arzneimittel und Pflanzenschutzmittel gleichberechtigt nebeneinander behandelt würden, beispielsweise biete die Firma "D… OHG" bundesweit Seminare für freiverkäufliche Arzneimittel und Pflanzenschutzmittel an. Schließlich verweist die Widersprechende noch auf zwei Entscheidungen des 25. Senats, 25 W (pat) 276/94 und 25 W (pat) 24/03, bei denen Ähnlichkeit zwischen "Antianämika" einerseits und "Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren, Fungizide, Herbizide" andererseits bzw. zwischen "Hypnotika/Sedativa" einerseits und "Pestizide, Fungizide, Herbizide" andererseits festgestellt worden sei.

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Die Markeninhaberin hat mit Schriftsatz vom 15. Mai 2012 die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke mit Ausnahme von verschreibungspflichtigen Humanarzneimittel zur postmenopausalen Hormonersatztherapie bestritten.

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Die Widersprechende beantragt (sinngemäß),

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Juli 2011 aufzuheben und auf den Widerspruch aus der Marke EM 004 125 969 die Löschung der Marke 30 2009 028 284 anzuordnen.

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Die Markeninhaberin beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

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Sie meint, dass eine Verwechslungsgefahr wegen Unähnlichkeit der Vergleichswaren zu verneinen sei. Deutliche Unterschiede seien zudem im Gesamtklangbild der Vergleichsmarken gegeben, da die Widerspruchsmarke keineswegs französisch mit stummen "E" artikuliert werde, sondern entsprechend zahlreicher deutscher Substantive, die auf "elle" enden, wie Stelle, Kapelle, Schwelle, Quelle, Geselle usw., werde das "E" am Wortende mitgesprochen. Letztlich komme es aber auf den Grad der Zeichenähnlichkeit nicht an, da keine Berührungspunkte zwischen den wechselseitig beanspruchten Waren bestehe, die die Annahme einer Verwechslungsgefahr rechtfertigen könnten. Bei den Humanarzneimittel, nämlich den auf Seiten der Widerspruchsmarke zu berücksichtigenden "Sexualhormonen und deren Hemmstoffe" einerseits und Pflanzenschutzmitteln für landwirtschaftliche Zwecke der angegriffenen Marke andererseits handele es sich nämlich nicht um miteinander konkurrierende Produkte, da sich weder bei den Vertriebswegen noch bei den Abnehmerkreisen Überschneidungen ergäben. Auch der Verwendungszweck der Waren könne verschiedener kaum sein. Dabei müsse vorliegend nicht einmal eine absolute Unähnlichkeit der wechselseitig beanspruchten Waren festgestellt werden, vielmehr genüge auch eine geringe Produktähnlichkeit um eine Verwechslungsgefahr mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen zu können, da der Verkehr selbst noch bei ausgeprägter Zeichenähnlichkeit keinen Anlass hat, den entsprechend gekennzeichneten Waren dieselbe betriebliche Herkunft beizumessen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

27

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthaft.

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Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Der Senat teilt die Auffassung der Markenstelle, dass zwischen den Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Absatz 1 Nr. 2 besteht, so dass der nach § 42 Absatz 2 Nr. 1 MarkenG i. V. m. § 125b Nr. 1 erhobene Widerspruch aus der Marke EM 004 125 969 von der Markenstelle gemäß § 43 Absatz 2 Satz 2 MarkenG zu Recht zurückgewiesen worden ist.

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1. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (EuGH GRUR 2006, 237, Tz. 18 - PICASSO; GRUR 1998, 387, Tz. 22 - Sabèl/Puma). Ihre Beurteilung bemisst sich insbesondere nach der Identität oder Ähnlichkeit der Waren, der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und dem Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. BGH GRUR 2008, 258 – INTERCONNECT/T-InterConnect; BGH GRUR 2009, 772, Tz. 31 – Augsburger Puppenkiste; vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 9 Rdnr. 40).

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Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit ist von einer Benutzung der Widerspruchsmarke für "Sexualhormone und ihre Hemmstoffe" (Hauptgruppe 76 der Roten Liste) auszugehen. Die Markeninhaberin hat mit Schriftsatz vom 15. Mai 2012 die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke ausgenommen "verschreibungspflichtige Humanarzneimittel zu postmenopausalen Hormonersatztherapie" in zulässiger Weise gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG bestritten, da die am 24. November 2005 registrierte Widerspruchsmarke zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als fünf Jahre eingetragen war. Eine weitergehende Benutzung ist von der Widersprechenden auch nicht geltend gemacht worden. Im Rahmen der Integrationsfrage nach der sog. "erweiterten Minimallösung" ist eine Benutzung der Widerspruchsmarke, die in der Roten Liste unter Nr. 76 0064 verzeichnet ist, hinsichtlich der Arzneimittel anzunehmen, welche die Hauptgruppe 76 umfasst (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 26 Rdnr. 194 ff.; siehe auch die ständige Rechtsprechung des Senats z. B. GRUR 2004, 954 - CYNARETTEN/ Circanetten; 25 W (pat) 142/09 vom 18. August 2010 - Lanso-Q/LANZOR- zu finden in PAVIS PROMA). Demzufolge sind auf Seiten der Widerspruchsmarke nur die unstreitig benutzten "Sexualhormone und ihre Hemmstoffe" zu berücksichtigen.

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Die Vergleichszeichen sind zwar klanglich weitgehend identisch, da wohl eher von einer französische Aussprache der Widerspruchsmarke mit stummen "E" am Wortende auszugehen ist - dem inländischen Verkehr sind ähnliche Begriffe aus dem Grundwortschatz der französischen Sprache wie z. B. belle, elle gut bekannt -, und auch im Schriftbild sehr ähnlich, da die Widerspruchsmarke gegenüber der angegriffenen Marke bei acht identischen Buchstaben nur einen zusätzlichen, zudem noch am Wortende stehenden Buchstaben besitzt. Des weiteren verfügt die Widerspruchsmarke über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Jedoch ist trotz identischer Zeichen und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der älteren Marke eine Verwechslungsgefahr dann zu verneinen, wenn die Warenähnlichkeit der Vergleichsmarken sehr gering ist (vgl. hierzu Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9 Rdn. 41 m. w. N.). Bei den vorliegend zu beurteilenden Vergleichsmarken besteht keine relevante Warenähnlichkeit, vielmehr ist der Abstand der Vergleichswaren derart ausgeprägt - unabhängig davon, ob überhaupt eine Warenähnlichkeit zu bejahen ist -, dass eine Verwechslungsgefahr auszuschließen ist.

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Bei der Bewertung der Ähnlichkeit der Waren der der Vergleichsmarken sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen diesen Waren kennzeichnen; hierzu gehören insbesondere die Art der Waren, ihr Verwendungszweck, ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren. In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren oder Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt oder erbracht werden oder ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen (vgl. BGH GRUR 2004, 241, 243 - GeDIOS; GRUR 2007, 321, Tz. 20 - COHIBA; GRUR 2008, 714, Tz. 32 - idw).

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Hiervon ausgehend weisen die Waren "Mittel zur Vertilgung und Bekämpfung von Schädlingen, Fungizide, Herbizide, Pestizide, alle vorgenannten Waren für landwirtschaftliche Zwecke" der angegriffenen Marke zu Humanarzneimittel "Sexualhormone und ihre Hemmstoffe" andererseits in Bezug auf den Verwendungszweck, die stoffliche Beschaffenheit, Anwendungsweise, die regelmäßig angesprochenen Verkehrskreise, die Vertriebswege und Verkaufsstätten solche gravierenden Unterschiede auf, dass sich hieraus ein sehr deutlicher Warenabstand ergibt. Soweit in die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren und Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt oder erbracht werden oder ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen, führt auch dies entgegen der Auffassung der Widersprechenden zu keinem anderen Ergebnis.

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Besonders auffällig sind die Unterschiede der Vergleichswaren hinsichtlich ihres Verwendungszweck und ihrer stoffliche Beschaffenheit. Denn Mittel zur Schädlingsbekämpfung in der Landwirtschaft dienen insbesondere nicht der Heilung oder Verhinderung von menschlichen Krankheiten. Vielmehr sind  Pflanzenschutzmittel, Herbizide, Fungizide und Pestizide regelmäßig hochgiftig und  gesundheitsgefährdend. Ein noch deutlicherer Abstand zu den von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren ergibt sich vorliegend dadurch, dass diesen Pflanzenschutzmitteln nicht Humanarzneimittel allgemein mit einem entsprechend breiten Anwendungsbereich gegenüberstehen, sondern mit "Sexualhormonen und ihre Hemmstoffen" spezielle Arzneimittel, die zur Testosteron-, Estrogenbehandlung beispielsweise bei Mangelerscheinungen - wie auch "CLIOVELLE" zur Hormontherapiebehandlung bei Estrogenmangelsymptomen bei Frauen in der Menopause - eingesetzt werden, so dass Berührungspunkte im Verwendungszweck, zugleich in ihrer stofflichen Beschaffenheit und der Anwendungsweise mit Pflanzenschutzmitteln ausgeschlossen erscheinen.

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Soweit die Widersprechende als wesentliches Argument für eine relevante  Warenähnlichkeit der Vergleichswaren anführt, dass diese aus dem gleichen Unternehmen der pharmazeutischen-chemischen Industrie stammen können, wofür sie beispielhaft den B… nennt, der sowohl Arzneimittel wie auch Pflanzenschutzmittel produziere und vertreibe, vermag auch dies den Senat nicht zu überzeugen. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Produktionsbereiche Pharma und Pflanzenschutzmittel für die Landwirtschaft regelmäßig nicht in einer einzigen Firma zusammengefasst sind, sondern in verschiedenen rechtlich selbständigen Einzelfirmen getrennt geführt werden (s. auch 33 W (pat) 62/08, Beschluss vom 1. Juni 2010 - CALLIOD/CALLISTO, zu finden in PAVIS PROMA). Dies ist letztlich auch beim B… der Fall, bei dem die Pflanzenschutzmittelsparte von der B2… AG betrieben wird und der Arzneimittelbereich von der B3… AG. Die Auffassung der Widersprechenden, dass der Verkehr hinsichtlich der jeweiligen betrieblichen Herkunft der Vergleichswaren keinen Unterschied sehe, sondern beide Produktbereiche generell der B1… AG zuordne, deckt sich nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten auf dem Markt und kann daher nicht berücksichtigt werden. Außerdem rechnet der Verkehr schon deshalb nicht damit, dass die vorliegend zu beurteilenden Vergleichswaren mit identischer Bezeichnung angeboten wird, weil es für das Image eines Produzenten von Humanarzneimitteln wenig vorteilhaft ist, wenn ein Zusammenhang mit Unkrautvernichtungs- und Schädlingsbekämpfungsmittel hergestellt wird bzw. Humanarzneimittel in einen solchen Zusammenhang gebracht werden.

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Im Übrigen sind auch Vertriebswege, Verkaufsstätten und Abnehmerkreise der Vergleichswaren unterschiedlich und vergrößern den Warenabstand weiter.

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Soweit die Widersprechende zur Frage der Warenähnlichkeit auf die Senatsentscheidungen 25 W (pat) 276/94 und 25 W (pat) 24/03 Bezug nimmt, ist darauf hinzuweisen, dass in beiden Verfahren ein größerer bzw. erheblicher Warenabstand zwischen den Vergleichswaren konstatiert und die Verwechslungsgefahr verneint wird. Demzufolge kann die Widersprechende auch mit diesen Entscheidungen ihre Rechtsauffassung nicht in relevanter Weise stützen.

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Nach alledem ist aufgrund der Warenunähnlichkeit oder zumindest des sehr großen Warenabstandes eine Verwechslungsgefahr zu verneinen.

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2. Für die Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen bestand kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).