Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 11.01.2018


BPatG 11.01.2018 - 25 W (pat) 547/17

Markenbeschwerdeverfahren – "DEF Deutsche Einkaufsfinanzierer" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
11.01.2018
Aktenzeichen:
25 W (pat) 547/17
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2018:110118B25Wpat547.17.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2016 000 843.8

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 11. Januar 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll sowie der Richterin Kriener und des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Bezeichnung

2

DEF Deutsche Einkaufsfinanzierer

3

ist am 15. Januar 2016 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für folgende Dienstleistungen der Klassen 35, 36 und 38 angemeldet worden:

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Klasse 35: Outsourcing Dienste, insbesondere Beschaffungsdienstleistungen [Erwerb von Waren und Rohstoffen für andere Unternehmen]; Lieferauftragsservice und Rechnungsabwicklung; Aktualisierung und Pflege von Daten in Computer-Datenbanken; Betriebswirtschaftliche Analyse-, Recherche- und Informationsdienstleistungen; Wertermittlungen in Geschäftsangelegenheiten; Zusammenstellen und Systematisieren von Daten in Datenbanken, insbesondere von Daten in Handels- und Geschäftsangelegenheiten; Administrative Datenverarbeitung;

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Klasse 36: Finanzierung von Handelsgeschäften als Zwischenhändler von Waren und Rohstoffen; Finanzierung des Umlaufvermögens von Unternehmen durch Gewähren von Lieferantenkrediten; Finanzierung von Handelswaren; Beleihung gegen Sicherheit; Einziehen von Außenständen [Inkassogeschäfte]; Finanzauskunfts- und -beratungsdienste sowie Bereitstellen von Finanzdaten; Finanzanalysen und finanzielle Schätzungen; Finanzielle Begutachtungsdienste;

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Klasse 38: Telekommunikation, einschließlich Online-, Internet-Dienste, Bereitstellen des Zugangs zu und Übermitteln von Daten in Computernetzwerken; Übermittlung von Nachrichten; Übermittlung von Informationen; Bereitstellen von Plattformen im Internet.

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Mit Beschluss vom 28. September 2016 hat die Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass dem angemeldeten Zeichen die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle. Aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise werde mit der angemeldeten Bezeichnung sofort und ohne weiteres Nachdenken ein konkreter und direkter Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen hergestellt. Das Zeichen weise auf den Umstand hin, dass Einkäufe in Deutschland bzw. Einkäufe deutscher Waren finanziert würden. Dies gelte für alle mit der Anmeldung beanspruchten Dienstleistungen, die insbesondere mittels „Telekommunikation“ und damit korrespondierenden Dienstleistungen der Klasse 38 erbracht würden. Der sachbeschreibende Zusammenhang zwischen dem angemeldeten Zeichen und den beanspruchten Dienstleistungen bestehe unabhängig von der Frage, welches Kerngeschäft die Anmelderin tatsächlich betreibe, so dass diese Frage dahingestellt bleiben könne. Schließlich könne auch die Buchstabenkombination „DEF“ die Schutzfähigkeit des Zeichens nicht begründen. Der Europäische Gerichtshof habe Kombinationszeichen die Schutzfähigkeit abgesprochen, die aus einer beschreibenden Sachangabe und sich daraus ergebenden Buchstabenkombinationen bestünden. Auch vorliegend würden die angesprochenen Verkehrskreise ohne Weiteres erkennen, wofür die Buchstaben „DEF“ stünden, da es sich bei der Wortkombination „Deutscher Einkaufsfinanzierer“ sprachlich um drei Worte handle.

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Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Der Eintragung des Zeichens stünden keine Schutzhindernisse entgegen, wobei im Rahmen der Prüfung der Unterscheidungskraft ein großzügiger Maßstab anzulegen sei. Das Deutsche Patent- und Markenamt sei in seiner Entscheidung nicht vom Gesamteindruck des angemeldeten Zeichens ausgegangen und habe dessen angeblich beschreibenden Begriffsinhalt im Wege einer unzulässigen gedanklichen Deduktion hergeleitet. Die Annahme, dass der Verkehr erkenne, wofür die drei Buchstaben „DEF“ stünden, sei nicht zwingend, insbesondere weil die Wortfolge nur zwei Begriffe umfasse. Weiterhin könne die Abkürzung „DEF“ weitere und gänzlich andere Bedeutungen haben, die nicht außer Betracht bleiben dürften. Es liege vielmehr überhaupt nicht nahe, dass „DEF“ für „Deutscher Einkaufsfinanzierer“ stehe, was bereits ein Blick in Wikipedia oder eine Akronymdatenbank belege. Die Abkürzung „DEF“ wirke vorliegend als Marke, die zu Werbezwecken mit einem auf die Einzelbuchstaben bezogenen Text nur angereichert sei. Insofern greife die vom Amt zitierte obergerichtliche Rechtsprechung zu Kombinationszeichen aus Buchstaben- und Wortfolgen nicht. Vorliegend sei zudem in der Wortfolge „Deutsche Einkaufsfinanzierer“ gar kein Fachbegriff gegeben. Zudem stünden den drei Buchstaben nur zwei Wörter gegenüber. Die Auffassung des Amts, dass das Wort „Einkaufsfinanzierer“ eigentlich aus zwei Wörtern bestehe, sei willkürlich. Insgesamt seien die Wortfolge und die Buchstabenfolge nicht dazu bestimmt, einander zu ergänzen. Schließlich sei die Buchstabenfolge der Wortkombination vorangestellt, was gegen eine bloß akzessorische und damit beschreibende Stellung der Buchstabenfolge spreche. Auch die Tatsache, dass die beiden Zeichenelemente nicht durch einen Bindestrich verbunden seien, stehe einem Verständnis der Buchstabenfolge als Akronym der Wortkombination entgegen.

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Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. September 2016 aufzuheben.

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Die Anmelderin hat mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2017 mitgeteilt, dass sie zur mündlichen Verhandlung nicht erscheinen werde, worauf der für den 11. Januar 2018 anberaumte Termin zur mündlichen Verhandlung abgesetzt worden ist. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle vom 28. September 2016, die Schriftsätze der Anmelderin, den Ladungszusatz des Senats vom 11. Dezember 2017 und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

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Die nach § 64 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 66 Abs. 1 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der angemeldeten Bezeichnung fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle die Anmeldung im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

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Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 30, 31 – Henkel; BGH GRUR 2006, 850 Rn. 17 – FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850 Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Postkantoor). Unterscheidungskraft fehlt ferner auch solchen Angaben, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. dazu BGH GRUR 2014, 872 Rn. 21 – Gute Laune Drops) bzw. die für sich genommen oder im Zusammenhang mit produktbeschreibenden Angaben lediglich Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art enthalten (siehe dazu BGH GRUR 2013, 522 Rn. 9 – Deutschlands schönste Seiten). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH – FUSSBALL WM 2006 a. a. O.). Zumindest unter dem letzten Gesichtspunkt fehlt dem angemeldeten Zeichen, das aus der Wortfolge „Deutsche Einkaufsfinanzierer“ und der der Wortfolge vorangestellten Buchstabenfolge „DEF“ besteht, im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen die Unterscheidungskraft.

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1. Die Gesamtbezeichnung „DEF Deutsche Einkaufsfinanzierer“ wird zumindest der auch angesprochene und ausreichend maßgebliche Fachverkehr ohne weiteres dahingehend verstehen, dass dieser Anbieter von Einkaufsfinanzierungen seinen Sitz in Deutschland hat und seine Dienstleistungen – in welcher Form auch immer – auf Deutschland bezogen sind. Ein solches Verständnis drängt sich nach Auffassung des Senats den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres auf und erfordert keine gedanklichen Zwischenschritte oder analytischen Überlegungen. Der Begriff „Einkaufsfinanzierer“ wird zumindest in der Fachsprache als feststehender Begriff für ein bestimmtes Geschäftsmodell benutzt und bezeichnet einen Dienstleister, der im Auftrag eines Unternehmens Forderungen Dritter ausgleicht und dem Auftraggeber seinerseits ein Zahlungsziel einräumt. Auf diese Weise kann der Skontovorteil ausgenutzt werden, ohne dass seitens des Auftraggebers sofort Liquidität abfließt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Rechercheunterlagen des Senats, die der Anmelderin mit der Ladung vom 11. Dezember 2017 übersandt worden sind, Bezug genommen. Soweit die Anmelderin vorträgt, dass die angemeldete Bezeichnung bzw. die Buchstabenfolge „DEF“ mehrdeutig seien, kann auch dies die erforderliche Unterscheidungskraft nicht begründen. Unabhängig davon, dass das Zeichen in seiner Gesamtheit betrachtet nach Auffassung des Senats in keiner Weise mehrdeutig ist, würde auch die Mehrdeutigkeit eines Zeichens im Rahmen der Beurteilung der Unterscheidungskraft regelmäßig nicht zur Schutzfähigkeit führen, wenn zumindest eine der Bedeutungen für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibenden bzw. werblichen Charakter hat (vgl. EuGH GRUR 2004, 146, Rn. 32 – DOUBLEMINT; BGH GRUR 2008, 900, Rn. 15 – SPA II).

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2. Weiterhin kann auch der Zeichenbestandteil „DEF“ die Schutzfähigkeit des Gesamtzeichens nicht begründen. Buchstabenfolgen sind für sich genommen grundsätzlich markenfähig und weisen als Marken im Regelfall normale Kennzeichnungskraft auf, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine Schwächung der Unterscheidungskraft bestehen (BGH GRUR 2015, 1127 Rn. 10 – ISET/ ISETsolar; GRUR 2003, 343, 344 – Buchstabe „Z“; GRUR 2004, 600, 601 – d-c-fix/CD-FIX). Das Fehlen der Unterscheidungskraft ist im Einzelfall und unter Berücksichtigung der jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu prüfen, wobei zur Verneinung der Unterscheidungskraft konkrete Feststellungen erforderlich sind (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 200). Nachdem es bei der Frage der Schutzfähigkeit eines Zeichens auf das Zeichen in seiner Gesamtheit ankommt, wird der Verkehr im konkreten Zeichenzusammenhang die Buchstabenfolge „DEF“ ohne Weiteres als die Abkürzung bzw. als Akronym der nachfolgenden (beschreibenden) Begriffe „Deutsche Einkaufsfinanzierer“ erfassen. Dieses Verständnis liegt nahe, weil die Buchstaben- und die Wortfolge jeweils aus nur drei Elementen bestehen und die einzelnen Buchstaben den Anfangsbuchstaben der einzelnen Wörter entsprechen. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei dem Begriff „Einkaufsfinanzierer“ um ein zusammengesetztes Hauptwort handelt. Auch wenn das unmittelbare Erfassen einer Buchstabenfolge als Akronym erleichtert wird, wenn jedem eigenständigen bzw. isolierten Wort ein Buchstabe zugeordnet ist, bleibt festzustellen, dass der Verkehr an entsprechende Akronyme auch im Zusammenhang mit zusammengesetzten Hauptwörtern ausreichend gewöhnt ist (wie etwa in „AG“ – „Aktiengesellschaft“), so dass auch insoweit in der Regel keine weiteren Gedankenschritte erforderlich sind, um den Sinnzusammenhang der Buchstabenfolge unmittelbar zu erkennen. Ausgehend hiervon verliert vorliegend die möglicherweise für sich genommen schutzfähige Buchstabenkombination „DEF“ in der Kombination mit den nachfolgenden beschreibenden Begriffen ihre Schutzfähigkeit, weil sie nur als Akronym der beschreibenden Begriffe verstanden wird, ohne dass es darauf ankommt, ob die Buchstabenfolge der Wortfolge vorangestellt ist oder dieser nachfolgt (vgl. hierzu die EuGH-Rechtsprechung im Urteil vom 15. März 2012 zu den Bezeichnungen „Multi Markets Fund MMF“ (Az. C-90/11) und „NAI – Der Natur-Aktien-Index“ (Az. C-91/11) = GRUR 2012, 616 – Alfred Strigl/DPMA und Securvita/Öko-Invest und die Entscheidungen BPatG 25 W (pat) 10/15 – EB Evangelische Bank; 25 W (pat) 508/16 – MAM Munich Asset Management; die beiden letztgenannten Entscheidungen sind über die Homepage des Bundespatentgerichts öffentlich zugänglich).

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3. Das vorbezeichnete Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG betrifft zunächst unmittelbar die beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35 und 36, die regelmäßig von Einkaufsfinanzierern angeboten oder vermittelt werden. Zwischen der angemeldeten Bezeichnung und allen weiteren, in Klasse 38 beanspruchten Dienstleistungen besteht ein hinreichend enger, die Unterscheidungskraft ausschließender beschreibender Bezug, weil diese Dienstleistungen entweder im Bereich der Einkaufsfinanzierung eine maßgebliche Rolle spielen oder spezifisch für Einkaufsfinanzierer erbracht werden können.

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4. Zu dem Vorbringen der Anmelderin, dass bei der Feststellung des erforderlichen Grades der Unterscheidungskraft ein großzügiger Maßstab anzulegen sei, ist ergänzend anzumerken, dass auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft im Lichte des zugrundeliegenden Allgemeininteresses auszulegen ist, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren. Die Prüfung der Markenanmeldung muss daher nach der maßgeblichen Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich streng und vollständig sein, um ungerechtfertigte Eintragungen zu vermeiden (vgl. EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 57, 60 – Libertel; BGH, GRUR 2014, 565 Rn. 17 – smartbook; Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 158, 159).

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5. Die Anmelderin hat ihren zunächst hilfsweise gestellten Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2017 und der Ankündigung zur mündlichen Verhandlung nicht erscheinen zu wollen, konkludent zurückgenommen. Nachdem auch aus Sicht des Senats die Durchführung der mündlichen Verhandlung nicht sachdienlich erschien, war im schriftlichen Verfahren zu entscheiden, § 69 Nr. 1 und 3 MarkenG.