Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 28.11.2017


BPatG 28.11.2017 - 25 W (pat) 542/17

Markenbeschwerdeverfahren – "Klosterhof" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
28.11.2017
Aktenzeichen:
25 W (pat) 542/17
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2015 000 116.3

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 28. November 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener sowie des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Bezeichnung

2

Klosterhof

3

ist am 9. Januar 2015 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für die folgenden Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

4

Klasse 32:

5

Alkoholfreie Getränke, insbesondere Frucht-/Gemüsegetränke, isotonische Getränke; Wasser, Sodawasser, Tafelwasser; Bier, Bier-Cocktails, Bier-Mischgetränke;

6

Klasse 33:

7

Alkoholische Getränke, ausgenommen Bier, alkoholische Fruchtgetränke, alkoholische Mischgetränke, ausgenommen Biermischgetränke; Aperitivs, Digestives, Cocktails auf Grundlage von Spirituosen und Wein, destillierte Getränke, Liköre;

8

Klasse 35:

9

Einzelhandel- und Großhandelsdienstleistungen in den Bereichen Lebensmittel, Getränke, landwirtschaftliche Erzeugnisse, gartenwirtschaftliche Erzeugnisse und forstwirtschaftliche Erzeugnisse;

10

Klasse 36:

11

Verpachtung von landwirtschaftlichen Betrieben und Gärtnereien;

12

Klasse 43:

13

Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen.

14

Mit Beschluss vom 14. September 2016 hat die Markenstelle für Klasse 36 des DPMA die unter der Nummer 30 2015 000 116.3 geführte Anmeldung für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen. Der Eintragung der angemeldeten Marke stünde das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

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Mit „Klosterhof“ werde ein Anwesen eines (landwirtschaftlichen) Unternehmens bezeichnet, das sich durch die Bewirtschaftung durch oder die Zugehörigkeit zu einem Kloster auszeichne. Die Bezeichnung sei sprachüblich gebildet und lexikalisch nachweisbar. Insoweit enthalte die angemeldete Bezeichnung lediglich die allgemeine Information über die Art und Ausgestaltung eines solchen Betriebs. Da solche landwirtschaftlichen Unternehmen typischerweise die beanspruchten Waren erbrächten und die angemeldeten Dienstleistungen anböten, stelle das angemeldete Wort lediglich eine Sachaussage über die Art des Betriebs dar und eigne sich nicht als betrieblicher Herkunftshinweis. Auch der Hinweis des Anmelders auf angeblich vergleichbare Voreintragungen der Bezeichnung „Klostergarten“ (Registernummern 300 41 639 und 1 112 741) führe nicht zum Erfolg der Anmeldung. Ebenso wenig sei die Fallkonstellation vergleichbar mit dem vom Bundespatentgericht für schutzfähig erachteten Begriff „Augustusgarten“ oder zu den in der Entscheidung ebenso erwähnten Begriffen „Schlossgarten“, „Klostergarten“ oder „Theresienwiese“, zu deren Schutzfähigkeit im Übrigen ohnehin keine Aussage getroffen worden sei.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er hält die angemeldete Marke für schutzfähig. Das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG sei nur einschlägig, wenn der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen sei, die Marke also keinerlei Unterscheidungskraft besitze. Das Vorliegen einer geringen Unterscheidungskraft reiche daher aus. Nur für Bezeichnungen, hinsichtlich derer eine kennzeichnende Herkunftsfunktion schlechterdings undenkbar erscheint, sei eine fehlende Unterscheidungskraft anzunehmen. Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sei die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, vorliegend die allgemeinen Verbraucher als Abnehmer der beanspruchten Konsumgüter sowie die Fachbetriebe aus dem Bereich der landwirtschaftlichen Betriebe und Gärtnereien. Die angesprochenen einschlägigen Verbraucherkreise seien daran gewöhnt, dass eine solche Bezeichnung wie „Klosterhof“ eine bestimmte betriebliche Herkunft bezeichne. Denn gerade im Bereich der Lebensmittelprodukte sowie der Dienstleistungen der Verpflegung und Beherbergung von Gästen seien solche Bezeichnungen wie „Schlossgarten“, „Klostergarten“, „Theresienwiese“ oder beispielsweise „Augustusgarten“ als Hinweis auf bestimmte Unternehmen bekannt. Damit würden die angesprochenen Verkehrskreise aber das Zeichen „Klosterhof“ ebenso als Hinweis auf den „Klosterhof“ des Anmelders auffassen. Der Markenanmelder verweist im Übrigen auf die aus seiner Sicht vergleichbaren Eintragungen von „Klostergarten“, mit welchen sich die Markenstelle zu Unrecht weder auseinandergesetzt noch die wesentlichen Unterschiede zur vorliegenden Anmeldung aufgezeigt habe. Da „Klosterhof“ weder eine geografische Herkunft, noch die Art oder Beschaffenheit der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibe, sei kein Freihaltebedürfnis festzustellen.

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Der Anmelder und Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,

18

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. September 2016 aufzuheben.

19

Nach Übersendung eines Ladungszusatzes zu den Erfolgsaussichten der Beschwerde hat der Anmelder den ursprünglich gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2017 zurückgenommen, so dass im schriftlichen Verfahren zu entscheiden war.

20

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze des Anmelders und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

21

Die zulässige, insbesondere gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung „Klosterhof“ als Marke steht hinsichtlich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, nämlich die fehlende Unterscheidungskraft, entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Marke daher zu Recht die Eintragung versagt (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

22

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. BGH, GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2013, 731 Rn. 11

– Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 8

– Link economy; GRUR 2010, 1100 Rn. 10 – TOOOR!; GRUR 2010, 825 Rn. 13

– Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des zugrundeliegenden Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 60 – Libertel; BGH, GRUR 2014, 565 Rn. 17 – smartbook). Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen (vgl. EuGH, GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rn. 24 – SAT 2; GRUR 2004, 428 Rn. 30 f. – Henkel; BGH, GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006) zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens an (vgl. BGH, GRUR 2013, 1143, 1144 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten; GRUR 2014, 872 Rn. 10 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 482 Rn. 22 – test; EuGH, MarkenR 2010, 439 Rn. 41 – 57

– Flugbörse). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850 Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Rn. 86 – Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH a. a. O. – FUSSBALL WM 2006).

23

Ausgehend von diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem angemeldeten Zeichen „Klosterhof“ für die angesprochenen allgemeinen Verbraucher und die gewerblich tätigen Verkehrskreise als angesprochene Kunden der Waren und Dienstleistungen ohne weiteres erkennbar um eine Bezeichnung der Produktions- und Vertriebsstätte der Waren bzw. einen Erbringungs- und Angebotsort der Dienstleistungen und damit um eine unmittelbar beschreibende Bestimmungsangabe.

24

Ein „Klosterhof“ ist die den deutschen Verbrauchern ohne weiteres verständliche Bezeichnung einer Gebäudeteils einer Klosteranlage und eines Hofes im Sinn eines Anwesens und bäuerlich landwirtschaftlichen Betriebs, das sich durch die Bewirtschaftung durch oder die Zugehörigkeit zu einem Kloster auszeichnet. Es gibt dementsprechend bereits zahlreiche bei Klöstern angesiedelte wirtschaftlich aktive Klosterhöfe in Deutschland. Die angemeldete Bezeichnung wird dabei bereits von verschiedenen Anbietern als allgemeiner Hinweis auf den Angebots- oder Erbringungsort von Waren oder Dienstleistungen verwendet (vgl. Anlage 1 der dem Anmelder mit der Ladung vom 17. Oktober 2017 übersandten Rechercheunterlagen). In den Klosterhöfen werden Dienstleistungen der Klasse 43 zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen angeboten (Klosterhof Glutenzell, Klosterhof Niederaltach, Gaststätte Klosterhof, Cafe Klosterhof) bzw. befinden sich Brauereien (Brauerei zum Klosterhof) oder Hofläden (Klosterhofladen im Kloster Plankstetten), in denen verschiedene insbesondere auf dem oder rund um das Gelände produzierte Lebens- und Genussmittel wie alkoholfreie Getränke, beispielsweise Apfelsäfte, oder auch Bier und Biergetränke sowie weitere Waren hergestellt, erzeugt und vertrieben bzw. die dazu gehörenden Dienstleistungen erbracht und angeboten werden (vgl. Anlage 2 der dem Anmelder mit der Ladung vom 17. Oktober 2017 übersandten Rechercheergebnisse). Bei den vom Anmelder beanspruchten Waren der Klassen 32 und 33 handelt es sich gerade um solche, die in einem Klosterhof produziert oder angeboten bzw. auch um Dienstleistungen, die dort angeboten und erbracht werden können. Daher ist die Bezeichnung „Klosterhof“ für die an diese Praxis gewöhnten angesprochenen Verbraucher lediglich ein Hinweis auf die Produktions- oder Vertriebsstätte der Waren und Dienstleistungen in oder bei einem (geografisch nicht näher bezeichneten) Klosterhof, also einem zu irgendeinem Kloster gehörenden Hof. Die angemeldete Bezeichnung benennt somit einen Umstand, der zwar die Waren selbst nicht unmittelbar beschreibt, durch die aber ein enger beschreibenden Zusammenhang zu diesen hergestellt wird, weil sie als Bezeichnung eines Ortes gebräuchlich ist, an dem diese Waren hergestellt oder vertrieben werden können. In Hinblick auf die Dienstleistungen der Klasse 43 und der Einzelhandels- und Großhandelsdienstleistungen der Klasse 35 liegt eine unmittelbar beschreibende Angabe des Erbringungs- und Angebotsorts bzw. bezüglich der Klasse 36 hinsichtlich des Gegenstands der Verpachtungsleistungen vor.

25

Der Hinweis des Anmelders und Beschwerdeführers auf zahlreiche Eintragungen von Wortmarken, die nach der Art ihrer Zusammensetzung mit dem mit Hof vergleichbaren Wortelement „-garten“ mit der angemeldeten Wortmarke vergleichbar gebildet sind (Schlossgarten, Klostergarten, Augustusgarten), führt nicht zum Erfolg der Beschwerde. Insoweit ist auf die dazu ergangene umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung des EuGH (vgl. GRUR 2009, 667 – Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229

Rn. 47–51 – BioID; GRUR 2004, 674 Rn. 42 – 44 – Postkantoor), des BGH (vgl. GRUR 2008, 1093 Rn. 18 – Marlene-Dietrich-Bildnis I) und des Bundespatentgerichts (vgl. z. B. GRUR 2009, 1175 – Burg Lissingen; MarkenR 2010, 139 – VOLKSFLAT und die Senatsentscheidung MarkenR 2010, 145 – Linuxwerkstatt) zu verweisen, wonach weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung gegeben ist (vgl. auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 58 und Rn. 59 mit zahlreichen weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine (an das Gesetz) gebundene Entscheidung, wobei selbst identische Voreintragungen von Marken nach ständiger Rechtsprechung nicht zu einem Anspruch auf Eintragung führen. Insofern gibt es im Rahmen von unbestimmten Rechtsbegriffen keine Selbstbindung der Markenstellen des Deutschen Patent- und Markenamts und erst recht keine irgendwie geartete Bindung für das Bundespatentgericht. Das Gericht und auch das Patentamt haben in jedem Einzelfall eigenständig zu prüfen und danach eine Entscheidung zu treffen. Auf eine möglicherweise fehlerhafte Rechtsanwendung in einem anderen Fall kann sich niemand berufen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass eine inhaltlich-argumentative Auseinandersetzung mit bloßen Eintragungsentscheidungen nicht möglich ist, da diese regelmäßig nicht begründet werden.

26

Nach alledem war die Beschwerde des Anmelders daher zurückzuweisen.