Entscheidungsdatum: 26.09.2018
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2016 008 163.1
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 26. September 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener sowie des Richters Dr. Nielsen
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. September 2016 aufgehoben.
I.
Die Wortfolge
Uelzener Versicherungen Mensch. Tier. Wir.
ist am 18. März 2016 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
Klasse 16:
Bücher; Druckereierzeugnisse; gedruckte Zeitschriften; Zeitschriften; Booklets; Broschüren; Formulare [Formblätter]; Plakate; Prospekte; Zeitungen;
Klasse 18:
Gebisse [Zaumzeug]; Kinnriemen aus Leder; Kniegamaschen für Pferde; Leder, roh oder teilweise bearbeitet; Ledergurte; Lederriemen [Gurte] [Sattlerei]; Lederriemen [Lederstreifen]; Pferdedecken; Pferdehalfter; Pferdekummete; Sattelbäume; Satteldecken für Pferde; Sättel für Pferde; Sattelgurte; Sattlerwaren; Scheuklappen; Steigbügel; Steigbügelriemen; Zaumzeugriemen; Zügel; Zügel [Zaumzeug]; Zugstränge [Pferdegeschirr]; Futtersäcke; Geschirre, Sattel- und Zaumzeug für Tiere; Jagdtaschen; Schabracken;
Klasse 25:
Bekleidungsstücke; Halstücher; Hemden; Jacken; Kopfbedeckungen; Manschetten [Bekleidung]; Pullover; Schals; Schuhwaren; Stiefel; Stiefelschäfte; T-Shirts; Überzieher [Bekleidung]; Westen; Zylinderhüte;
Klasse 28:
Gesellschaftsspiele; Gymnastik- und Turngeräte; Hufeisenspiele; Kartenspiele; Plüschspielzeug; Plüschtiere; Puppen [Spielwaren]; Schaukelpferde; Schneekugeln; Spiele; Spielzeug; Teddybären; elektronische Spiele; elektronisches Spielzeug;
Klasse 31:
Futtermittel für Tiere; Futterstroh; Hafer; Hefen als Tierfutter; Leinsamenmehl als Tierfutter; Streu für Tiere; Tiere [lebend]; Stroh [Getreidehalme]; Tierzuchterzeugnisse;
Klasse 35:
Aufstellung von Kosten-Preisanalysen; Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen; Beratung in Fragen der Geschäftsführung; Beratungsdienste in Fragen der Geschäftsführung; Durchführung von Auktionen und Versteigerungen; Erstellen von Statistiken; Erstellung von Geschäftsgutachten; Erteilung von Auskünften [Information] und Beratung für Verbraucher in Handels- und Geschäftsangelegenheiten [Verbraucherberatung]; Erteilung von Auskünften in Handels- und Geschäftsangelegenheiten; Herausgabe von Werbetexten; Hilfe bei der Führung von gewerblichen oder Handelsbetrieben; Informationen in Geschäftsangelegenheiten; Layoutgestaltung für Werbezwecke; Marketing; Öffentlichkeitsarbeit [Public Relations]; Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten; Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Präsentation von Waren in Kommunikations-Medien, für den Einzelhandel; Preisvergleichsdienste; Veranstaltung von Messen zu gewerblichen oder zu Werbezwecken; Verbreitung von Werbeanzeigen; Verfassen von Werbetexten; Verteilung von Werbematerial [Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben]; Vorführung von Waren für Werbezwecke; Werbung; Bereitstellen eines Online-Marktplatzes für Käufer und Verkäufer von Waren und Dienstleistungen;
Klasse 36:
Erteilung von Auskünften in Versicherungsangelegenheiten; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Krankenversicherung; Vermittlung von Versicherungen; Vermittlung von Verträgen über die Versicherung von Dienstleistungen; Versicherungsberatung; Versicherungswesen; Unfallversicherungsdienstleistungen; Versicherungsdienstleistungen;
Klasse 38:
Informationsübermittlung über nationale und internationale Netze; Telekommunikation; Verschaffen des Zugriffs zu Datenbanken; Dienste von Presseagenturen;
Klasse 41:
Durchführung von Kursen [Unterricht] in Bezug auf das Versicherungswesen; Erziehung; Erziehung, Ausbildung; kulturelle Aktivitäten; sportliche Aktivitäten; Unterhaltung; Durchführung von Live-Veranstaltungen; Audio- und Videoproduktion sowie Fotografieren; Fotografieren; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke;
Klasse 44:
Tierpflegedienste; Tierzucht; Gesundheitspflege für Tiere; Dienstleistungen eines Tierarztes; Dienstleistungen von Tiersalons.
Mit Beschluss vom 13. September 2016 hat die Markenstelle für Klasse 36 des DPMA durch einen Beamten des gehobenen Dienstes die unter der Nummer 30 2016 008 163.1 geführte Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und einem bestehenden Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG für alle angemeldeten Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen.Die angemeldete Marke bezeichne mit der Wortfolge „Uelzener Versicherungen“ die Art und den geographischen Bezug eines Versicherungsunternehmens und beschreibe mit den weiteren Wortbestandteilen „Mensch. Tier.“ die Zielgruppe des Unternehmens sowie durch das weitere Wort „Wir.“ das Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen den Beteiligten. Damit handle es sich bei dem Zeichen insgesamt um eine Werbeaussage und eine Bestimmungsangabe für die fraglichen Waren und Dienstleistungen. Ein über die Summe der Einzelbestandteile des Zeichens hinausgehender und damit schutzbegründender Gesamtbegriff werde durch die Zusammenfügung der Bestandteile nicht geschaffen. Einer Differenzierung hinsichtlich bestimmter Waren und Dienste bedürfe es nicht, da alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen für ein Versicherungsunternehmen bestimmt und geeignet sein könnten. Für die beanspruchten Dienstleistungen sei das Zeichen zudem ein sachlicher Hinweis auf die Herkunft dieser Tätigkeiten aus einem Versicherungsunternehmen, das einen Bezug zu der Stadt Uelzen habe, so dass insoweit auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG einschlägig sei. Der Verweis der Anmelderin auf die Bekanntheit und die Geschichte der Anmelderin sei nicht geeignet, die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke zu begründen, nachdem es ersichtlich an einem substantiierten Vortrag zu dem Tatbestand der Verkehrsdurchsetzung im Sinn des § 8 Abs. 3 MarkenG fehle. Auch könne der Verweis auf bereits registrierte Zeichen eine Eintragung der vorliegenden Anmeldung nicht begründen.
Gegen die Zurückweisung der Anmeldung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Der angemeldeten Marke sei das erforderliche Maß an Unterscheidungskraft nicht abzusprechen. Entscheidend für die Unterscheidungskraft sei, ob der konkret von den angemeldeten Waren und Dienstleistungen angesprochene Verkehrskreis der angemeldeten Bezeichnung im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen einen betrieblichen Herkunftshinweis entnehmen könne. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Verbraucher ein Zeichen weder analysierten noch in seine Einzelteile zergliedern würden und auch keinerlei rechtliche Überlegungen zu diesem anstellten. Daher sei auch bei mehrgliedrigen Zeichen der Gesamteindruck maßgebend. Es dürften nicht allein die Einzelteile des Zeichens getrennt bewertet werden. Die Markenstelle habe dem Zeichen maßgeblich deshalb die Unterscheidungskraft abgesprochen, weil sie dessen Einzelbestandteile als schutzunfähig angesehen habe. Den tatsächlichen Gesamteindruck des Zeichens habe die Markenstelle nicht hinreichend untersucht und berücksichtigt. Eine aus einzelnen schutzunfähigen Bestandteilen bestehende Bezeichnung könne durch ihre Verbindung einen schutzfähigen Gesamteindruck erreichen, was bei der angemeldeten Bezeichnung der Fall sei. Die scheinbar zusammenhangslos aneinandergereihten und durch einen Punkt voneinander getrennten Wortbestandteile würden sich schon durch die bei einer Wiedergabe entstehende gefällige Sprachmelodie zu einem zusammenhängenden Ganzen verbinden. Ein beschreibender Zusammenhang zwischen dem Zeichen in der Gesamtheit und den beanspruchten Waren und Dienstleistungen sei nicht zu erkennen. Vielmehr weise das Zeichen durch die unternehmenstypische Verbindung von Mensch und Tier auf die betriebliche Herkunft der Dienstleistungen hin. Bei einem zusammengesetzten Zeichen reiche es nach gefestigter Rechtsprechung für eine Bejahung der Schutzfähigkeit aus, wenn ein hinreichend hervortretendes Element des Gesamtzeichens schutzfähig sei. Dies sei bei dem vorliegenden Zeichen der am Zeichenanfang stehende Bestandteil „Uelzener Versicherungen“. Denn dabei handele es sich um die Firmenabkürzung des Unternehmens Uelzener Allgemeine Versicherungsgesellschaft a. G, das durch die im Jahr 1984 erstmals eingeführte Tierkrankenversicherung in dem dadurch neu entstandenen Markt große Bekanntheit erlangt habe, und das aufgrund seiner hohen Bekanntheit in diesem Bereich verkehrsdurchgesetzt sei. Auch seien die weiteren Bestandteile des Zeichens keineswegs rein beschreibend. Denn es sei ein Denkprozess notwendig, um zu einer beschreibenden Bedeutung der Markenbestandteile „Mensch. Tier. Wir.“ zu gelangen. Dies sei bereits ein Indiz für die Schutzfähigkeit.
Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. September 2016 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige, insbesondere gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens Uelzener Versicherungen Mensch. Tier. Wir. als Marke stehen in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen. Deshalb war der angefochtene Beschluss aufzuheben.
1. Dem Anmeldezeichen kann nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. BGH, GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 8 – Link economy; GRUR 2010, 1100 Rn. 10 – TOOOR!; GRUR 2010, 825 Rn. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des zugrundeliegenden Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 60 – Libertel; BGH, GRUR 2014, 565 Rn. 17 – Smartbook). Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen (vgl. EuGH, GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rn. 24 – SAT 2; GRUR 2004, 428 Rn. 30 f. – Henkel; BGH, GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006) zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens an (vgl. BGH, GRUR 2013, 1143, 1144 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten; GRUR 2014, 872 Rn. 10 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 482 Rn. 22 – test; EuGH, MarkenR 2010, 439 Rn. 41 – 57 – Flugbörse).
Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Rn. 86 – Postkantoor) oder sonst gebräuchliche Wörter der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, die – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. BGH a. a. O. – Link economy; GRUR 2009, 778 Rn. 11 – Willkommen im Leben; GRUR 2010, 640 Rn. 13 – hey!). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH a. a. O. – FUSSBALL WM 2006).
Nach diesen Grundsätzen kann vorliegend weder festgestellt werden, dass das Anmeldezeichen in Bezug auf die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen insgesamt einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt aufweist, noch handelt es sich um eine Angabe, durch die ein hinreichend enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen hergestellt werden kann.
Das angemeldete Zeichen setzt sich für den angesprochenen allgemeinen wie auch gewerblichen Verkehrskreis ersichtlich aus den Wortbestandteilen „Uelzener Versicherungen“, „Mensch.“, „Tier.“ und „Wir.“ zusammen. Die Vorgehensweise, wonach bei der Prüfung der Unterscheidungskraft der zusammengesetzten Wortmarke zunächst die Bedeutung jedes ihrer Wörter oder ihrer Bestandteile gesondert vorgenommen wird, stellt – anders als die Anmelderin meint – keine (unzulässige) zergliedernde Betrachtungsweise dar, wenn im Ergebnis dann auf den beschreibenden Gesamteindruck der zusammengesetzten Marke abgestellt wird (vgl. hierzu auch EuGH, MarkenR 2007, 204 Rn. 79 – CELLTECH; MarkenR 2012, 485 Rn. 41 – Timehouse/HABM; Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 8 Rn. 218). Der beschreibende Charakter mehrerer Begriffe geht regelmäßig nicht bereits durch das Zusammenfügen verloren, auch wenn dadurch eine sprachliche Neuschöpfung entsteht. Denn die bloße Verbindung von beschreibenden Bestandteilen bleibt im Allgemeinen selbst beschreibend, sofern nicht durch das Zusammenfügen vor allem in syntaktischer oder semantischer Art eine besondere sprachliche Ausgestaltung oder eine ungewöhnliche Kombination entsteht, deren Wirkung über das bloße Summieren und Zusammenstellen der Bestandteile hinausgeht (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 8 Rn. 219 mit zahlreichen Nachweisen). Das ist vorliegend angesichts der fehlenden sachbezogenen Aussage der Wortgesamtheit aber der Fall.
Zwar ist mit der Markenstelle davon auszugehen, dass es sich bei der Angabe „Uelzener Versicherungen“ um eine für Versicherungen ganz typische Ortsangabe (Aachener Versicherung; Nürnberger Versicherung; Gothaer Versicherung) verbunden mit der Tätigkeitsbezeichnung einer in Uelzen angesiedelten Versicherung handelt, der daher jedenfalls für einen Teil der beanspruchten Dienstleistungen (insbesondere die Dienstleistungen der Klassen 36 und 41) ein unmittelbar beschreibender Inhalt zu entnehmen ist. Die von Seiten der Anmelderin behauptete Verkehrsdurchsetzung dieser Angabe (§ 8 Abs. 3 MarkenG) ist nicht durch geeignete Unterlagen belegt worden. Die sich an diese Angabe anschließende Aufzählung „Mensch“ und „Tier“ kann ebenso auf mögliche Versicherungsgegenstände Bezug nehmen bzw. mögliche konkrete Versicherungssparten bezeichnen oder die Angabe der Zielgruppe und des Inhalts der Waren benennen und damit jedenfalls für einen Teil der angemeldeten Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibend sein bzw. in einem engen sachlichen Zusammenhang stehen.
Ein beschreibender Zusammenhang der nach den Worten „Mensch. Tier.“ angefügten Bezeichnung „Wir“ kann jedoch im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und die Dienstleistungen und ohne weitere erläuternde Zusätze nicht festgestellt werden. Zwar handelt es sich bei dem Wort „wir“ nach den Auswertungen einer Datenbank der Werbung (vgl. www.slogans.de – Slogometer) um ein Wort, das in den Werbeslogans der letzten Jahre am häufigsten Verwendung gefunden hat (beispielsweise „Wir vergleichen“; „Wir bewegen was“; „Wir sind da“; „Sie träumen, wir planen“). Mit dem Wort „wir“ soll dem Konsumentenbedürfnis des „Mitmachens“, „Dazugehörens“, „Willkommen seins“ entsprochen werden und ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit vermittelt und erzeugt werden (vgl. hierzu auch BPatG, Beschluss vom 16. Januar 2018 – 29 W (pat) 532/16, der Beschluss ist über die Homepage des Bundespatentgerichts öffentlich zugänglich). In Alleinstellung und ohne weitere erläuternde Zusätze kann dem Wort „wir“ weder eine im Vordergrund stehende beschreibende Sachaussage noch eine rein werblich anpreisende Aussage oder Bedeutung zugeordnet werden. Das ist erst im Zusammenhang mit einem zusätzlichen konkretisierenden Begriff möglich. Eine solche Konkretisierung schafft vorliegend nicht die Platzierung des Wortes am Ende der Aufzählung Mensch. Tier. Insoweit reiht sich das Personalpronomen „Wir.“ nicht sinnfällig in die Aufzählung potentieller (Versicherung) Gegenstände, einer Versicherungssparte oder der Bezeichnung einer Zielgruppe oder des Gegenstands der Waren ein. Die Bezeichnung „Wir.“ am Ende der Wortkombination beinhaltet auch nicht für sich genommen einen Zusammenhang zu den Waren und Dienstleistungen, insbesondere bezeichnet sie als solche nicht deren Gegenstand, Inhalt oder deren Bestimmung. Soweit ein Bezug zu dem Erbringer der Dienstleistungen, der mit dem „Wir“ gemeint sein könnte, hergestellt werden kann, bedarf es zusätzlicher weiterer Gedankenschritte und ist das Wort „Wir.“ am Ende der konkreten Aufzählung „Mensch. Tier.“ zu vage, als dass sich damit eine konkrete im Vordergrund stehende Sachaussage der Gesamtheit „Mensch. Tier. Wir.“ erschließen würde.
Auch führt die Verbindung der einzelnen Markenteile zu der Wortfolge „Uelzener Versicherungen Mensch. Tier. Wir.“ mit den Bestandteilen „Uelzener Versicherung Mensch. Tier.“ dazu, dass diese Verbindung zwar insoweit für zahlreiche Dienstleistungen der Klasse 35, 36, 38 und 41 einen Sinn dahingehend ergibt, dass es einen Versicherungsdienstleister in oder mit Bezug zu Uelzen beschreibt, dessen Versicherungsgegenstände Menschen und Tiere sind. Jedoch weist die Wortfolge durch das angefügte „Wir“, das sich in die Reihung gerade nicht sinnstiftend einfügt und insoweit bezugslos und fremd wirkt, ein mit den vorangestellten Bestandteilen nicht in Verbindung bringendes Element auf, das zum Nachdenken anregt und mit der Sachaussage der vorangegangenen Markenteile nicht in Einklang zu bringen ist und deshalb der angemeldeten Marke das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft verleiht.
Auch der Umstand, wonach es sich um eine längere Wortfolge handeln könnte, die nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich nicht unterscheidungskräftig ist, begründet vorliegend nicht das Fehlen der Unterscheidungskraft (vgl. BGH GRUR 2010, 935 – Die Vision). Eine längere Wortfolge vermittelt dem angesprochenen Verkehr in der Regel nicht den Eindruck eines betrieblichen Herkunftshinweises (BGH a. a. O. Rn 11 – Die Vision). Bei der aus fünf Wörtern bestehenden Wortfolge „Uelzener Versicherungen Mensch. Tier. Wir.“ handelt es sich aber nicht um eine in diesem Sinn ausreichend lange Wortfolge, der deshalb der Schutz zu versagen wäre.
Der angemeldeten Gesamtheit „Uelzener Versicherungen Mensch. Tier. Wir.“ kann deshalb in ihrer Gesamtheit für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abgesprochen werden.
2. Nachdem der angemeldeten Bezeichnung in der Gesamtheit eine unmittelbar beschreibende Sachaussage nicht zu entnehmen ist, besteht auch kein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
Nach alledem war der angefochtene Beschluss aufzuheben.