Entscheidungsdatum: 25.02.2016
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2012 005 008.5
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 25. Februar 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener sowie des Richters am Amtsgericht Dr. Nielsen
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I.
Die Bezeichnung
TOPSCAN
ist am 23. Mai 2012 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für folgende Waren der Klasse 9 angemeldet worden:
Elektrische Schaltelemente, insbesondere Schaltleisten, Schaltmatten, Bewegungsmelder, Lichttaster und Lichtschranken sowie Sensoren; Schaltgeräte; Geräte zur Signalübertragung; Aktivinfrarot-Präsenzmelder.
Mit Beschluss vom 25. Juni 2013 hat die Markenstelle für Klasse 9 des DPMA die unter der Nummer 30 2012 005 008.5 geführte Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Das Markenwort setzte sich erkennbar aus den Elementen „TOP“ und „SCAN“ zusammen. „TOP“ stehe für „erstklassig“, „hervorragend“ oder „ausgezeichnet“. „SCAN“ bedeute „absuchen“, „abtasten, „genau untersuchen“ und sei mit dieser Wortbedeutung auch in die deutsche Sprache eingegangen. In dieser Wortbedeutung würden die beanspruchten Waren verwendet. Die so bezeichneten Geräte würden zum genauen Untersuchen mittels Strahlen dienen. Damit sei das Markenwort rein beschreibend und bringe zum Ausdruck, dass die Waren von besonderer Qualität seien. Die Wortverbindung sei nicht ungewöhnlich. In der Zusammenfügung zweier Begriffe ginge das Markenwort nicht über den Inhalt der Wortbestandteile hinaus. Auch wenn der Begriff lexikalisch nicht nachweisbar sei, sei der Verkehr an entsprechende Wortneuschöpfungen gewöhnt.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Die analysierende Betrachtungsweise der Markenstelle sei nicht zulässig. Die bloß theoretische Möglichkeit, dass die Marke die eine oder andere Sachaussage vermittle, reiche nicht aus, um die Unterscheidungskraft zu verneinen. Die Interpretation des DPMA vollziehe sich in mehreren Gedankenschritten. Die beanspruchten Waren seien keine Scanner, sondern Sensoren, die als Impulsgeber dienten. „TOPSCAN“ sei ein Phantasiebegriff und finde sich weder in deutschen noch englischen Nachschlagewerken. Dies genüge, um ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft zu begründen. Ein besonderer Phantasieüberschuss sei nicht zu fordern.
Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. Juni 2013 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Markenanmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Dem angemeldeten Zeichen fehlt im Hinblick auf die beanspruchten Waren der Klasse 9 die erforderliche Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. BGH, GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 8 – Link economy; GRUR 2010, 1100 Rn. 10 – TOOOR!; GRUR 2010, 825 Rn. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des zugrundeliegenden Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 60 – Libertel; BGH, GRUR 2014, 565 Rn. 17 – Smartbook). Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen (vgl. EuGH, GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rn. 24 – SAT 2; GRUR 2004, 428 Rn. 30 f. – Henkel; BGH, GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006) zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens an (vgl. BGH, GRUR 2013, 1143, 1144 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten; GRUR 2014, 872 Rn. 10 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 482 Rn. 22 – test; EuGH, MarkenR 2010, 439 Rn. 41 - 57 – Flugbörse). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Rn. 86 - Postkantoor) oder sonst gebräuchliche Wörter der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, die - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. BGH a. a. O. – Link economy; GRUR 2009, 778 Rn. 11 – Willkommen im Leben; GRUR 2010, 640 Rn. 13 – hey!).
Nach diesen Grundsätzen geht die angemeldete Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klasse 9 nicht über einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt bzw. ein übliches Werbeversprechen hinaus. Bei dem angemeldeten Markenwort handelt es sich um eine sprachüblich gebildete, einfache Wortkombination, deren Gesamtaussage sich – insbesondere im Kontext der beanspruchten Waren – ohne weiteres Nachdenken erschließt. Die einzelnen Begriffe „Top“ und „Scan“ sind den Fachkreisen und dem Endverbraucher als aus dem Englischen eingedeutschte Wörter bekannt. Vor diesem Hintergrund werden die angesprochenen Verkehrskreise auch die Kombination der beiden Begriffe ohne weiteres Nachdenken als einen sachlichen Hinweis auf die Art der Waren verbunden mit einem üblichen Werbeversprechen verstehen.
In adjektivischer Verwendung bedeutet „top“ so viel wie „von höchster Güte“, „hervorragend“ oder „hochmodern“. Der werbemäßige Gebrauch des Wortes „Top“ ist dem Verkehr bestens bekannt. Das Wort wird in entsprechenden Wortkombinationen eingesetzt und hat dort eine verstärkende bzw. berühmende Funktion, mit der die so bezeichneten Produkte, Personen oder Gegenstände werbeüblich herausgestellt werden. Der Begriff „Top“ lässt sich in dieser Verwendung in vielen Werbeslogans nachweisen (auf die Rechercheunterlagen des Senats, die der Anmelderin übersandt worden sind, wird Bezug genommen). Auch in der Umgangssprache sind Begriffe wie „Topgerät“, „Topleistung“, „Topmanager“, „Topmodel“ oder „Topspiel“ (z. B. in der Fussball-Bundesliga, wofür dann auch bei den Ticketpreisen teilweise ein „Topzuschlag“ verlangt wird) geläufig. Der Begriff „Scan“ bzw. „scannen“ ist in der deutschen Fach- und Umgangssprache geläufig. Im Duden wird „scannen“ mit “mit einem Scanner abtasten“, „mit einem Scanner erfassen“ erläutert. In der Fachsprache wird als „Scanner“ zunächst ein Gerät bezeichnet, das ein Objekt mit einem Licht- oder Elektronenstrahl punkt- bzw. zeilenweise abtastet (optoelektronischer Bildabtaster).
Soweit die Anmelderin dahingehend argumentiert, dass die beanspruchten Waren nach der oben genannten technischen Definition keine Scanner seien, sondern Sensoren, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Denn weder für den Durchschnittsverbraucher noch für die angesprochenen Fachleute ist der Begriff des „Scanners“ auf die vorstehende Definition beschränkt. Der Begriff „scannen“ wird über die obige enge technische Definition hinaus in einem sehr weiten Umfang gebraucht. So bedeutet im technischen Sinne „scannen“ oder „scan“ auch „durchsuchen, prüfen, überprüfen, erfassen, abtasten“ (vergl. Ernst, Wörterbuch der industriellen Technik, Band II Englisch - Deutsch, 8. Aufl. 2015; Langenscheidt, Fachwörterbuch Ingenieurwesen Englisch, 2007). In der Sicherheitstechnik werden durchleuchtende Anlagen „Scanner“ genannt, auch wenn sie z. B. mit Röntgenstrahlen arbeiten. In der Lichttechnik werden bestimmte Scheinwerfer als „Scanner“ bezeichnet. „Funkscanner“ sind Funkempfänger, die dazu dienen, mehrere Frequenzen zu überwachen (auf die Rechercheunterlagen des Senats, die der Anmelderin übersandt worden sind, wird Bezug genommen). Ein „Virenscanner“ arbeitet weder optoelektronisch, noch tastet er Objekte oder Räume ab. Der Virenscanner wird so genannt, weil er Dateien durchsucht und überprüft. Damit hat die beschreibende Bedeutung des Begriffs „Scanner“ im technischen Kontext einen erheblich weiteren Sinngehalt als lediglich „punktweises abtasten“ im Sinne eines optoelektronischen Verfahrens. Auch in der Umgangssprache ist der Begriff „scannen“ im Sinne von „durchsuchen“, „überprüfen“, „erfassen“ oder „abtasten“ gebräuchlich. So wird etwa bei Kontaktmatten, die bei Sportveranstaltungen zum Zweck der Zeitmessung den Mikrochip eines Läufers (mittels eines nicht optoelektronischen Verfahrens) erfassen, umgangssprachlich der Chip des Läufers „gescannt“. Umgangssprachlich „scannen“ auch Menschen einen Raum, um bestimmte Personen oder Gegenstände zu erfassen (auf die Rechercheunterlagen des Senats, die der Anmelderin übersandt worden sind, wird Bezug genommen).
In diesem vorstehenden weiten Sinne können auch die beanspruchten Waren für „Scanaufgaben“ bestimmt und geeignet sein. Lichttaster und Lichtschranken sowie Aktivinfrarot-Präsenzmelder erfüllen die zuerst genannte technische Definition eines Scanners fast im engsten Wortsinne, da sie einen bestimmten Raum mit einem Lichtstrahl erfassen bzw. abtasten können, wenn auch nicht zwingend punkt- oder zeilenweise. Bewegungsmelder und Sensoren, sofern sie nicht optoelektronisch arbeiten, können ebenfalls als Scanner im weitesten Sinne bezeichnet werden, da sie dazu bestimmt sind, in einem bestimmten Raum ein Objekt zu erfassen. Schaltleisten und Schaltmatten weisen auf den ersten Blick am ehesten einen gewissen Abstand zu der engsten technischen Definition von „Scannern“ im Sinne von „Bildabtastern“ auf. Schaltleisten und Schaltmatten erfassen eine Druckeinwirkung. Damit wird jedoch auch eine Prüffunktion gewährleistet, insbesondere ob sich eine Person im Gefahrbereich einer Maschine befindet, um ggfs. aus Sicherheitsgründen einen Abschaltmechanismus in Gang zu setzen. In diesem Sinne wird auch die Anwesenheit von Personen „erfasst“ und damit im weitesten Sinne „gescannt“. Im Ergebnis gilt damit für alle beanspruchten Waren, dass sie einen bestimmten Raum nach der Anwesenheit einer Sache oder einer Person durchsuchen bzw. überprüfen können. Insofern kann die Anwesenheit einer Person in einem bestimmten Raum, z. B. im Gefahrbereich einer Maschine, erfasst oder überprüft bzw. „gescannt“ werden.
Auch die Kombination der beiden für sich verständlichen Begriffe „top“ und „Scan“ begründet keine Unterscheidungskraft. Für die Annahme einer originellen Wortschöpfung, der Unterscheidungskraft zukommt, reicht es nicht aus, dass das angemeldete Zeichen lexikalisch nicht nachweisbar ist. Vielmehr verbleibt grundsätzlich die bloße Kombination von beschreibenden Bestandteilen selbst beschreibend. Die Bezeichnung kann nur im Einzelfall in ihrer Gesamtheit einen anderen Eindruck vermitteln als die Summe ihrer Bestandteile (vgl. BGH GRUR 2009, 949 Rn. 13 – My World). In der Gesamtschau eröffnet die angemeldete Bezeichnung jedoch keinen relevanten Interpretationsspielraum. Es sind insbesondere nicht mehrere gedankliche Schritte erforderlich, um den Bedeutungsgehalt des angemeldeten Zeichens zu erfassen. Die angemeldete Bezeichnung weist im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren eine hinreichend klare warenbeschreibende Bedeutung kombiniert mit einem werbeüblichen Qualitätsversprechen auf und wird deshalb vom Verkehr bei unbefangener Wahrnehmung nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden werden (vgl. hierzu auch BGH GRUR 2012, 270 Rn. 12 – Link economy; GRUR 2012, 1143 Rn. 10 – Starsat; GRUR 2014, 483 Rn. 11 - test). Soweit der Entscheidung Rechercheergebnisse aus dem Jahr 2016 zugrunde gelegt werden, gibt es keine Anhaltspunkte dahingehend, dass das Verständnis des angesprochenen Verkehrs insoweit zum maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung vom 23. Mai 2012 abweichend vom aktuellen Verständnis gewesen sein könnte.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.