Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 23.05.2018


BPatG 23.05.2018 - 25 W (pat) 534/17

Markenbeschwerdeverfahren – "PAPAGEIENKUCHEN" – keine Unterscheidungskraft - Freihaltebedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
23.05.2018
Aktenzeichen:
25 W (pat) 534/17
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2015 031 634.2

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 23. Mai 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener sowie des Richters Nielsen

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Bezeichnung

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PAPAGEIENKUCHEN

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ist am 12. März 2015 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für die folgenden Waren angemeldet worden:

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Klasse 30:

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Feine Backwaren; Feine Konditorwaren; Backmischungen.

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Mit Beschluss vom 11. Juli 2016 hat die Markenstelle für Klasse 30 des DPMA (Beamter des gehobenen Dienstes) die unter der Nummer 30 2015 031 634.2 geführte Anmeldung für die angemeldeten Waren wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Markenstelle im Wesentlichen ausgeführt, mit der grammatikalisch und orthografisch den deutschen Grammatikregeln entsprechenden Bezeichnung „Papageienkuchen“ werde ein Kuchen bzw. ein Kuchenrezept bezeichnet, bei dem der Teig mit verschiedenen Farben, die an die Farben von Papageien erinnerten, eingefärbt werde. Damit beschränke sich der Aussagegehalt der Bezeichnung auf die Art und Ausgestaltung sowie die Form der Waren. Die Waren stellten Kuchen dar, die die Farben von Papageien enthielten, Papageien wiedergäben bzw. auch die Form von Papageien haben könnten. Damit stehe bei der angemeldeten Bezeichnung aber lediglich eine Sachinformation über den Gegenstand und die Bestimmung der Waren im Vordergrund, nicht aber ein Hinweis auf deren betriebliche Herkunft.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie meint, bei der angemeldeten Bezeichnung „Papageienkuchen“ handele es sich um ein Fantasiezeichen, dem die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden könne. Das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft stehe der Eintragung eines Zeichens nicht entgegen, wenn eine beschreibende Bedeutung nur angedeutet werde und allenfalls aufgrund weiterer gedanklicher Schlussfolgerungen erkennbar sei. Auch sei der Prüfung auf Eintragungshindernisse das Zeichen in seiner Gesamtheit zugrunde zu legen. Diese Grundsätze seien von der Markenstelle nicht beachtet worden. Denn der aus den Wörtern Papagei und Kuchen zusammengesetzten Bezeichnung komme eine Bedeutung für die beanspruchten Waren der Klasse 30 nicht ohne weiteres und schon gar nicht ohne gedankliche Zwischenschritte zu. Die angesprochenen Verbraucher würden mit der Bezeichnung allenfalls gewisse Assoziationen verbinden, was einer Eintragung aber nicht entgegenstehe. Die Zusammenstellung der Wörter „Papagei“ und „Kuchen“ und damit die Verknüpfung der Bezeichnung einer Vogelart mit der einer süßen Backware weise durchaus begriffliche Besonderheiten auf. Denn zwischen einem Vogel und einem Kuchen bestehe regelmäßig keine gedankliche oder irgendwie geartete Beziehung, so dass zwei miteinander nicht in Beziehung stehende Begrifflichkeiten kombiniert würden und eine in begrifflicher Hinsicht als besonders anzusehende Wortneuschöpfung entstehe. Daher würden die angesprochenen Verkehrskreise sich mit verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten auseinandersetzen und die Bezeichnung analysieren und untersuchen (müssen), um ihr eine beschreibende Bedeutung zu entnehmen. Die Anmelderin verweist zudem auf eine Reihe aus ihrer Sicht vergleichbarer Wortzusammensetzungen wie die Wortmarken KUCHEN MEISTER (Registernummer 394 039 726), KUCHEN LIEBE (Registernummer 399 117 806), KUCHEN FREUND (Registernummer 399 117 792) und Liebes-Kuchen (Registernummer 399 441 824), die mit gewissen Assoziationen des Verbrauchers im Zusammenhang mit Backwaren spielten und zur Eintragung geführt hätten.

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Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Juli 2016 aufzuheben.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin, die Hinweise des Senats im Zusatz zur Ladung zum Termin am 12. April 2018 nebst Anlagen und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

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Die zulässige und nach § 64 Abs. 6 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Eintragung der Bezeichnung PAPAGEIENKUCHEN als Marke stehen für die beanspruchten Waren das Schutzhindernis des entgegenstehenden Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG und der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Wortmarke daher zu Recht die Eintragung versagt (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

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Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dürfen Zeichen nicht eingetragen werden, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der geografischen Herkunft oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen können. Nach der Rechtsprechung des EuGH verfolgt die mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. c Markenrichtlinie übereinstimmende Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass sämtliche Zeichen oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren beschreiben, von allen frei verwendet werden können. Sie erlaubt es daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben aufgrund ihrer Eintragung nur einem Unternehmen bzw. einer Person vorbehalten werden. Entscheidendes Kriterium für den Ausschluss der Eintragung ist allein die Eignung einer Bezeichnung zur beschreibenden Verwendung (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Rn. 25, 30

– Chiemsee; GRUR 2004, 146, Rn. 31 f. – DOUBLEMINT). Für die Beurteilung der Verkehrsauffassung in Bezug auf die Schutzfähigkeit, hier konkret die Eignung der angemeldeten Bezeichnung als beschreibende Angabe zu dienen, ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der beanspruchten Waren und Dienstleistungen als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Rn. 29 – Chiemsee; EuGH GRUR 2006, 411, Rn. 24 – Matratzen Concord, BGH GRUR 2008, 900, Rn. 18 – SPA II; GRUR 2014, 565, Rn. 13 – smartbook).

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Ausgehend von diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem angemeldeten Zeichen PAPAGEIENKUCHEN für die angesprochenen Abnehmerkreise entsprechender Waren ohne weiteres erkennbar um eine Angabe, die geeignet ist, Merkmale der beschwerdebefangenen Waren zu beschreiben.

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Die Bezeichnung Papageienkuchen benennt ohne weiteres verständlich die Art der vorliegend beanspruchten Waren als solche einer bestimmten Kuchenart, bzw. hinsichtlich der beanspruchten Backmischungen, eine solche, die für die Zubereitung einer konkreten Kuchenart bestimmt sind, nämlich eines sog. „Papageienkuchens“. Denn die der Anmelderin mit dem Zusatz zur Ladung vom 9. März 2018 übersandten Ergebnisse einer (ergänzenden) Internetrecherche zeigen (siehe dort die Anlagen 1 bis 4), dass die angemeldete Wortzusammensetzung Papageienkuchen, auch bereits im Zeitpunkt der Anmeldung eine allgemein gebräuchliche und übliche Bezeichnung für einen Kuchen war und ist, dessen Teig mit Lebensmittelfarben so eingefärbt ist, dass er bunt wie das Gefieder eines Papageis wird (vgl. dazu auch die Anlagen zum Beanstandungsbescheid der Markenstelle des DPMA vom 5. August 2015). Der Papageienkuchen ist ein Kuchen, der insbesondere zu DDR-Zeiten oft als Geburtstagskuchen gebacken worden ist. Angesichts der auch heute noch üblichen Verwendung der Bezeichnung im Zusammenhang mit einer bestimmten Art eines Kuchens (vgl. insbesondere die mit dem Ladungszusatz vom 9. März 2018 der Anmelderin übersandten Anlagen 2 und 4) wird der Begriff von den angesprochenen Verbrauchern auch heute noch ohne weiteres so verstanden.

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Insoweit spielen die Überlegungen der Anmelderin bezüglich etwaiger begrifflicher Besonderheiten keine Rolle, vor dem Hintergrund obiger Ausführungen ist insbesondere nicht von einer Wortneuschöpfung durch die Anmelderin auszugehen. Soweit die Anmelderin darauf hinweist, dass in der Regel mit einem „Papagei“ gemeinhin assoziativ nicht ein Synonym für Farbenvielfalt sondern eher ein sprechender Vogel verbunden wird, führt auch dies zu keiner anderen Beurteilung. Denn auch die ursprünglichen bzw. wörtlichen Bedeutungen von „Marmor“ oder „Biene“ bzw. „Bienenstich“ führen offensichtlich nicht zur Schutzfähigkeit von Bezeichnungen wie „Marmorkuchen“ oder „Bienenstich“ im Zusammenhang mit „Backwaren und Konditorwaren“. Maßgebend ist das Verständnis der angesprochenen Endverbraucher. Diese werden den mit bestimmten Eigenschaften verbundenen Begriff PAPAGEIENKUCHEN im Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen „feinen Backwaren und Konditorwaren“ und „Backmischungen“ naheliegend nur als Hinweis auf die bunte Kuchenausgestaltung und damit auf die Art und Beschaffenheit der Produkte erkennen. Die angemeldete Bezeichnung besteht damit ausschließlich aus solchen Angaben, die geeignet sind, Merkmale der vorliegend beanspruchten Waren zu beschreiben. Denn sämtliche angemeldeten Waren sind Waren, die als Papageienkuchen ausgestaltet oder zur Herstellung eines Papageienkuchens bestimmt und geeignet sein können.

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Im Hinblick auf die im Vordergrund stehende beschreibende Bedeutung der angemeldeten Bezeichnung im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren, fehlt der angemeldeten Marke auch die für eine Eintragung ins Markenregister erforderliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

17

Soweit die Anmelderin auf vermeintlich vergleichbare Voreintragungen verweist, ist auf die dazu ergangene umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung des EuGH (vgl. GRUR 2009, 667 – Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229 Rn. 47–51 – BioID; GRUR 2004, 674 Rn. 42–44 – Postkantoor), des BGH (vgl. GRUR 2008, 1093 Rn. 18 – Marlene-Dietrich-Bildnis I) und des BPatG (vgl. z. B. GRUR 2009, 1175 – Burg Lissingen; MarkenR 2010, 139 – VOLKSFLAT und die Senatsentscheidung MarkenR 2010, 145 – Linuxwerkstatt) zu verweisen, wonach weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung gegeben ist (vgl. auch Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 8 Rn. 72 ff. mit zahlreichen weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine (an das Gesetz) gebundene Entscheidung, wobei selbst identische Voreintragungen nach ständiger Rechtsprechung nicht zu einem Anspruch auf Eintragung führen. Insofern gibt es auch im Rahmen von unbestimmten Rechtbegriffen keine Selbstbindung der Markenstellen des DPMA und erst recht keine irgendwie geartete Bindung für das Gericht. Das Gericht und auch das Patentamt haben in jedem Einzelfall eigenständig zu prüfen und danach eine Entscheidung zu treffen. Im Übrigen sind die von der Anmelderin genannten Voreintragungen nach Auffassung des Senats mit der vorliegenden Fallkonstellation in keiner Weise vergleichbar.

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Nach alledem war die Beschwerde daher zurückzuweisen.

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Nachdem die Anmelderin den ursprünglich gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung fernmündlich am 11. April 2018 zurückgenommen hat, konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.