Entscheidungsdatum: 21.02.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2010 075 598.9
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. Februar 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Grote-Bittner und des Richters Metternich
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 2 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. Januar 2012 aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist, mit der Maßgabe, dass insoweit folgendes Waren- und Dienstleistungsverzeichnis zugrunde zu legen ist:
Vermittlung von Verträgen betreffend Beschichtungsstoffe, Farben zur Beschichtung und/oder Farbbeaufschlagung von Halbzeugen, jeweils im Bereich von Fassaden- und Dachbekleidungen.
I.
Angemeldet als Wortmarke ist die Bezeichnung
Granidur
für eine Reihe von Waren und Dienstleistungen der Klassen 2, 6, 19, 35, 37, 42.
Die Markenstelle für Klasse 2 des Deutschen Patent- und Markenamts, besetzt mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes hat diese unter der Nummer 30 2010 075 598.9 geführte Anmeldung mit Beschluss vom 30. Januar 2012 teilweise, nämlich in Bezug auf die nachfolgend genannten Dienstleistungen der Klasse 35 zurückgewiesen:
Vermittlung und Verteilung von Waren wie Beschichtungsstoffen und Farben zur Beschichtung und/oder Farbbeaufschlagung von Halbzeugen, Anschaffung und Veräußerung von farbbeaufschlagten und/oder beschichteten Fassaden- und Dachbekleidungen.
Die Markenstelle ist der Auffassung, dass die Anmeldung hinsichtlich der vorgenannten Dienstleistungen die markenrechtlichen Vorgaben an die Bestimmtheit der zur Bezeichnung der beanspruchten Dienstleistungen verwendeten Begriffe nicht erfüllt. Das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis müsse im Interesse der Rechtssicherheit eindeutig festlegen, für welche Waren und Dienstleistungen Schutz gewährt werden solle. Dabei müsse dieses Verzeichnis nicht nur eine eindeutige Klassifizierung ermöglichen, sondern auch die angegebenen Waren und Dienstleitungen so klar bestimmen, dass der Schutzumfang der jeweiligen Marke schnell, umfassend und unmissverständlich feststellbar sei. Die vorgenannte Formulierung der in der Klasse 35 beanspruchten Dienstleistungen sei jedoch nicht hinreichend klar. Insbesondere werde „Vermittlung von Waren…“ und „Anschaffung und Veräußerung von Waren…“ beansprucht, ohne einen Kontext zwischen diesen Dienstleistungen herzustellen, was jedoch zur markenrechtlichen Bestimmtheit erforderlich sei. Eine Konkretisierung sei zwingend erforderlich; da dies unterblieben sei, sei die Anmeldung insoweit gemäß §§ 36 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4, 32 Abs. 3, 65 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG i.V.m. §§ 3 Abs. 1 Nr. 3, 20 Abs. 1 und Abs. 2, 19 Abs. 1 MarkenV zurückzuweisen.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Sie hält die Formulierung der von ihr in der Klasse 35 beanspruchten und von der Markenstelle zurückgewiesenen Dienstleistungen für hinreichend klar. Sie vertreibe insbesondere die in den Klassen 2, 6 und 19 der vorliegenden Anmeldung beanspruchten Waren und sei hinsichtlich der Formulierung der in der Klasse 35 beanspruchten Dienstleistungen von der Überlegung ausgegangen, dass sie die von ihr hergestellten Produkte, insbesondere Profilbleche, die als Fassadenbekleidungen von Bauwerken verwendet würden, nur als „Halbzeuge ohne Farb- oder sonstige Beschichtungen“ anbiete. Soweit ein Kunde diese Produkte in einer bestimmten Farbe oder einem bestimmten Beschichtungsaufbau verlange, vermittle sie diese Waren an Drittunternehmen zur weiteren Herstellung und verteile diese dann auch an solche Drittunternehmen, da sie selbst nicht über die Möglichkeiten verfüge, entsprechende Farben oder Beschichtungen auf die von ihr produzierten Halbzeuge aufzubringen. Insoweit betätige sich die Anmelderin wie ein „Vermittler“ oder „Makler“. Die von den Drittunternehmen beschichteten oder mit Farbe versehenen Fassaden- und Dachbekleidungen würden dann an die Anmelderin zurückgeliefert, die diese dann an Endabnehmer oder Zwischenhändler veräußere. Dem vorgenannten Verwendungszweck habe die Anmelderin mit der Formulierung der in der Klasse 35 beanspruchten Dienstleistungen entsprochen. Sie habe das identische Zeichen mit dem identischen Waren- und Dienstleistungsverzeichnis beim HABM angemeldet; dort sei dieses Zeichen ohne Beanstandung als Gemeinschaftsmarke eingetragen worden. Die Anmelderin habe sich hierbei eng an die Begriffe der Nizzaer Klassifikation gehalten. Die von ihr beanspruchten streitgegenständlichen Dienstleistungen richteten sich zudem an Fachleute auf dem Bausektor, denen klar sei, was mit „Vermittlung“ und „Verteilung“ der o.g. Produkte gemeint sei.
Nachdem der Senat die Anmelderin auf erhebliche Bedenken hinsichtlich der ausreichenden Bestimmtheit der vorgenannten Fassung des eingereichten waren- und Dienstleistungsverzeichnisses hingewiesen hat, beantragt sie nunmehr,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 2 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. Januar 2012 aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist, mit der Maßgabe, dass insoweit das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis wie folgt gefasst wird:
Vermittlung von Verträgen betreffend Beschichtungsstoffe, Farben zur Beschichtung und/oder Farbbeaufschlagung von Halbzeugen, jeweils im Bereich von Fassaden- und Dachbekleidungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 statthaft. Sie ist auf der Grundlage der geänderten Fassung des Verzeichnisses der in der Klasse 35 beanspruchten Dienstleistungen, wie sie von der Anmelderin zum Gegenstand ihres in der mündlichen Verhandlung vom 21. Februar 2013 gestellten Antrags gemacht wurde, auch begründet. Denn insoweit ist das Dienstleistungsverzeichnis nunmehr hinreichend bestimmt i.S.d. § 32 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG, so dass angesichts der im Beschwerdeverfahren geänderten Sachlage der Beschluss der Markenstelle aufzuheben war.
1.
Ein Verzeichnis der jeweils beanspruchten Waren und/oder Dienstleitungen ist gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ein zwingendes Erfordernis für Markenanmeldungen. Dabei müssen die Waren oder Dienstleistungen, für die Markenschutz beantragt wird, vom Anmelder so klar und eindeutig angegeben werden, dass insbesondere die zuständigen Behörden und die Wirtschaftsteilnehmer allein auf dieser Grundlage den beantragten Schutzumfang bestimmen können (vgl. EuGH GRUR 2012, 822, Tz. 47 – 49 – IP Translator).
In seiner ursprünglich eingereichten Fassung, die dem angefochtenen Beschluss zugrunde lag, genügte die Bezeichnung der zunächst in der Klasse 35 beanspruchten Dienstleistungen bereits deswegen nicht, weil in dieser Fassung unbestimmt war, auf welche Waren sich die Dienstleistungen „Vermittlung“ und „Verteilung“ überhaupt beziehen sollen, da die Formulierung „Waren wie...“ dazu führt, dass die Liste der dort genannten Waren nur beispielhaft ist, aber keine abgeschlossene Liste enthält. Eine solche Konkretisierung ist aber – ähnlich wie bei „Dienstleistungen des Einzelhandels“ - erforderlich (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 32, Rdn. 79 f., sowie EuGH GRUR 2005, 764, Leitsatz 2 und Tz. 52 – Praktiker und BPatG, GRUR 2006, 63 – Praktiker). Denn Vermittlung und Verteilung von Waren ist, wenn sie auf eine Veräußerung der Waren an Verbraucher im Rahmen eines auf Dauer angelegten Geschäftsbetriebs abzielt, letztlich einer Einzelhandelstätigkeit gleichzustellen, so dass die Anforderungen an die Bestimmtheit der Warenangaben, auf die sich diese Dienstleistungen beziehen sollen, hier in gleicher Weise zu erfüllen sind. Zwar ist insoweit kein zu strenger, aber auch kein zu großzügiger Maßstab anzulegen (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 32, Rdn. 80). Eine Formulierung, die aber lediglich Beispiele für die einschlägigen Waren nennt, aber ansonsten völlig offen lässt, welche Waren erfasst werden sollen, genügt diesen Maßstäben nicht.
2.
In der zuletzt vorgelegten und gegenüber der ursprünglich eingereichten Formulierung auch eingeschränkten Fassung, nämlich
Vermittlung von Verträgen betreffend Beschichtungsstoffe, Farben zur Beschichtung und/oder Farbbeaufschlagung von Halbzeugen, jeweils im Bereich von Fassaden- und Dachbekleidungen,
sind die so bezeichneten Dienstleistungen aber hinreichend bestimmt. Zum einen sind die Waren, auf die sich die Vermittlungstätigkeit, für die die Anmelderin um Markenschutz nachsucht, abschließend benannt. Zum anderen ist auch klargestellt, dass sich diese Dienstleistung auf die Vermittlung von Verträgen, z.B. Werkverträgen über die Beschichtung oder Farbbeaufschlagung von Halbzeugen im Bereich von Fassaden- und Dachbekleidungen, bezieht. Damit ist nunmehr auch bestimmbar, auf welchen Gegenstand sich die Vermittlungstätigkeit bezieht, die unter markenrechtlichen Schutz gestellt werden soll.
Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben. Die Markenstelle wird nun über die Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens in Bezug auf die letztgenannte Dienstleistung zu entscheiden haben, wobei sie ggf. auch zu prüfen hat, ob insoweit eine anderweitige Klassifizierung angezeigt sein könnte.