Entscheidungsdatum: 22.01.2014
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2010 045 958.1
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 22. Januar 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Grote-Bittner und des Richters kraft Auftrags Portmann
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Dezember 2011 aufgehoben.
I.
Die Bezeichnung
i.demo
ist am 31. Juli 2010 für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klasse 9 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister angemeldet worden:
Klasse 9: Brillengläser und deren Teile; Software zum Einsatz in der Augenoptik.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter der Nummer 30 2010 045 958.1 geführte Anmeldung durch Beschluss einer Beamtin des gehobenen Dienstes vom 16. Dezember 2011 zurückgewiesen.
Aus Sicht der Markenstelle weist die angemeldete Bezeichnung keine Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf. Die Anmeldemarke setze sich – erkennbar durch den Punkt getrennt – aus dem Einzelbuchstaben „i“ und der Kurzform „demo“ für „Demonstration“ zusammen. Der Markenteil „i“ stehe zwar als Abkürzung für mehrere Begriffe. Allerdings sei bei mehreren Bedeutungen einer Abkürzung immer von derjenigen Bedeutung auszugehen, die dem konkreten Sachzusammenhang gerecht werde. Ein Verständnis des Markenteils „i“ als Abkürzung für den Begriff „Internet“ stehe bezüglich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dermaßen im Vordergrund, dass andere Bedeutungen dahinter zurücktreten würden. Im IT-/EDV-Bereich würde der Verkehr den Buchstaben „i“ fast schon routinemäßig im Sinne von „Internet“ verwenden und eine spezielle Internetdienstleistung erwarten. Außerdem weise der Buchstabe „i“ in Akronymen wie „IA“ (Internet Application), „ISP“ (Internet Service Provider) und „IMAP“ (Internet Message Access Protocol) auf den Begriff „Internet“ hin, so dass ein entsprechendes Verständnis ohne weiteres angenommen werden könne. Die Verwendung des Buchstabens „i“ erfolge in der Regel generisch, z.B. als Gattungsbegriff zur Beschreibung einer bestimmten Tätigkeit (vgl. „iBanking“). Auch das Anmeldezeichen folge einem solchen Muster. Der weitere Markenteil „demo“ als Kurzform für „Demonstration“ bezeichne eine anschauliche Darlegung oder Veranschaulichung an Beispielen.
In ihrer Gesamtheit sage die angemeldete Marke damit lediglich aus, dass die so gekennzeichneten Brillengläser im Internet an Beispielen veranschaulicht dargestellt werden. Dies könne mit Hilfe einer herunterladbaren Software geschehen, um etwa bei der Maßanfertigung von Brillengläsern das richtige Glasdesign auszuwählen. Bei den angesprochenen Verkehrskreisen handele es sich vorwiegend um versierte Fachkreise auf dem Gebiet der Augenoptik und um Endverbraucher, die sich mit solchen Produkten befassen. Diese würden die angemeldete Marke im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren daher als sachbezogene Angabe im Sinne von „Internetdemonstration“ bzw. „Veranschaulichung (an Beispielen) im Internet“ verstehen.
Es komme nicht darauf an, ob die angemeldete Marke eine Neuschöpfung sei, ob sie bereits im Verkehr verwendet werde oder ob sie lexikalisch nachweisbar sei. Der Verkehr sei daran gewöhnt, ständig mit neuen Begriffen und Wortbildungen konfrontiert zu werden, um sachbezogene Informationen vermittelt zu bekommen. Demnach könnten auch bisher noch nicht verwendete aber gleichwohl verständliche Sachaussagen durchaus als solche erkannt werden, was gegen ein Verständnis des Anmeldezeichens als betrieblicher Herkunftshinweis spricht. Der zwischen dem Buchstaben „i“ und dem Wort „demo“ befindliche Punkt führe nicht zur Schutzfähigkeit, da der Verkehr daran gewöhnt sei, dass Satzzeichen als werbemäßige Gestaltungsmittel eingesetzt würden.
Zur weiteren Begründung nimmt die Markenstelle auf mehrere Entscheidungen des Bundespatentgerichts sowie des Harmonisierungsamts Bezug (wie z.B. BPatG 33 W (pat) 130/09 – iFINANCE; BPatG 25 W (pat) 249/02 – i-finance.de; BPatG 26 W (pat) 023/10 – iNanny; BPatG 25 W (pat) 028/07 – iFinder und HABM R0758/02-2 – ITUNES; HABM R0682/02-2 – I-CARD; HABM R1494/06-1 – iDesigner).
Die Anmelderin vertritt mit ihrer gegen den vorgenannten Beschluss gerichteten Beschwerde die Auffassung, dass der angemeldeten Bezeichnung weder das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG noch dasjenige des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehe. Sie ist der Ansicht, der Bezeichnung „i.demo“ könne kein beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden. Die angemeldete Marke sei kurz, prägnant sowie aufgrund der Vielzahl von Bedeutungsmöglichkeiten des Buchstabens „i“ mehrdeutig und interpretationsbedürftig. Damit sei das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft gegeben.
Insbesondere würden die angesprochenen Verkehrskreise den Buchstaben „i“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren nicht als Abkürzung für den Begriff „Internet“ sehen. Vielmehr sei der inländische Verkehr in den letzten Jahren durch einige bekannte Marken gerade an den kennzeichenmäßigen Gebrauch des vorangestellten Kleinbuchstabens „i“ in Wortverbindungen als Herkunftshinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb gewöhnt, wie z.B. bei den Marken „iPhone“, „iPod“, „iMac“, „iPad“ und „iTunes“. In den beispielhaft genannten Fällen wirke der vorangestellte Buchstabe „i“ als stets gleichbleibendes, die einzelnen Marken verbindendes Element und nicht als ein Hinweis auf den Begriff „Internet“. Entsprechendes gelte für das Markenportfolio der Anmelderin als Inhaberin der Marken „“i.Scription“, „i.Profiler“, „i.Polatest“ und „i.Terminal“.
Die von den beanspruchten Waren angesprochenen Verkehrskreise seien Fachleute auf dem Gebiet der Augenoptik sowie Endverbraucher, die sich mit dem Kauf von Brillengläsern befassen würden, also keine EDV-/IT-Fachleute. Dann liege die Annahme fern, der Buchstabe „i“ gelte als Abkürzung für den Begriff „Internet“. Zudem weise selbst bei dem von der Markenstelle angeführten Wortbeispiel „iBanking“ der Buchstabe „i“ nicht auf den Begriff „Internet“ hin, sondern auf das äußerst bekannte Produkt eines Dritten mit Namen „iPhone“. Zudem beruft sich die Anmelderin auf Eintragungen vergleichbarer Wortmarken.
Die Anmelderin beantragt,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Dezember 2011 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin sowie den weiteren Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 MarkenG statthaft, sowie gemäß § 66 Abs. 2 MarkenG fristgemäß erhoben worden. Sie ist auch begründet. Entgegen der Auffassung der Markenstelle kann der angemeldete Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klasse 9 die Unterscheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht abgesprochen werden. Da auch das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht gegeben ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.
1. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 Henkel; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 18 FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Produkten lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH GRUR 2006, 850, Tz. 19 FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 86 Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u.a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (vgl. BGH - FUSSBALL WM 2006 a.a.O.). Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an (Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8, Rdn. 29, 30).
Ausgehend von diesen Grundsätzen verfügt die angemeldete Marke über hinreichende Unterscheidungskraft. Die angemeldete Marke mit dem vorangestellten Einzelbuchstaben „i“ weist keinen hinreichend eindeutigen warenbeschreibenden Inhalt auf. Es ist zu berücksichtigen, dass der Buchstabe „i“ eine Vielzahl von Bedeutungen haben kann und daher aus sich heraus nicht verständlich ist. Die Deutung dieses Buchstabens als Hinweis auf „Internet“ ist nur eine von mehreren unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten. Eine gebräuchliche Abkürzung für den Begriff „Internet“ kann hierin jedenfalls nicht gesehen werden. In verschiedensten Abkürzungswörterbüchern, wie u.a. Duden, Das Wörterbuch der Abkürzungen, 2011; Dictionary of Acronyms and Technical Abbreviations, 2001; PC- & IT-Abkürzungen von A-Z, 2003; Wörterbuch Abkürzungen, Verlag Renningen Garant, 2008; IT-Fachabkürzungen GE-Packt, 2003 und Abbreviations Dictionary, 2001 lässt sich nämlich unter dem Einzelbuchstaben „i“ kein entsprechender Eintrag finden.
Es mag zwar vertretbar sein, den Buchstaben „i“ im EDV-/IT-Bereich in einem speziellen Sach- und Zeichenzusammenhang als Abkürzung für den Begriff „Internet“ zu interpretieren (so z.B. BPatG 25 W (pat) 249/02 – i-finance.de mit der Top Level Domain „.de“). Weiterhin kann der Buchstabe „i“ in Akronymen oder in aus mehreren Buchstaben bestehenden Abkürzungen wie „IA“ (Internet Application), „ISP“ (Internet Service Provider) und „IMAP“ (Internet Message Access Protocol) möglicherweise als Hinweis auf den Begriff „Internet“ anzusehen sein. Die angemeldete Marke „i.demo“ ist jedoch weder in Form eines Akronyms noch in Form einer Abkürzung gebildet. Zudem richten sich die beanspruchten Waren nicht speziell an Personen, die im EDV-/IT-Bereich tätig sind. Sie richten sich zum einen an Optiker und deren Fachpersonal, um interessierte Kunden von den Vorzügen bestimmter Brillengläser unter anderem durch den Einsatz einer speziellen Software zu überzeugen. Zum anderen sind die Endverbraucher angesprochen, welche sich für den Kauf von Brillengläsern interessieren.
Zwar können Brillengläser auch über das Internet bestellt werden. Hierin ist jedoch kein spezifischer Bezug zum Internet zu sehen, da nahezu alle Produkte über das Internet erworben werden können. Dann ist auch die Tatsache, dass Brillengläser im Internet anschaulich präsentiert werden, kein Grund für die angesprochenen Verkehrskreise, im Zusammenhang mit der angemeldeten Marke einen besonderen Bezug zum Internet herzustellen. Denn für fast alle gebräuchlichen Produkte lassen sich Präsentationen im Internet finden.
Zudem steht für die Endverbraucher gerade bei Brillengläsern der Kauf im Fachgeschäft absolut im Vordergrund, weil regelmäßig die Sehstärke zu prüfen ist. Daher ist ein Erwerb von Brillengläsern über Internetshops durch die Endverbraucher eher von untergeordneter Bedeutung.
Für die Ware „Software zum Einsatz in der Augenoptik“ gilt Entsprechendes. Eine solche Software ist ebenso wie fast jede Software über das Internet herunterladbar. Daher ist wie bei dem Kauf oder der Präsentation von Waren im Internet auch hier kein besonderer Bezug zum Internet bzw. zum EDV-/IT-Bereich feststellbar.
Selbst wenn unterstellt wird, dass der Verkehr die angemeldete Gesamtbezeichnung „i.demo“ regelmäßig i.S.v. „Internetdemonstration“ erfasst, ergibt sich daraus nicht mit hinreichender Deutlichkeit, welche Merkmale der beanspruchten Waren mit einer solchen Bezeichnung oder Kennzeichnung beschrieben werden sollen bzw. auf welchen i.S.d. Rechtsprechung zur fehlenden Unterscheidungskraft hinreichend naheliegenden warenbeschreibenden Zusammenhang hingewiesen werden soll. Der Begriff „Demonstration“ bedeutet in der deutschen Sprache u.a. „Protestkundgebung; sichtbarer Ausdruck einer bestimmten Absicht, eindringliche, nachdrückliche Bekundung; anschauliche Darlegung, Beweisführung (Duden, Deutsches Universalwörterbuch 7. Auflage 2011, S. 404 f.), so dass dann bei der angemeldeten Gesamtbezeichnung im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren noch am naheliegendsten von einer Bedeutung i.S.v. „Internetvorführung“ ausgegangen werden könnte. Damit wird aber weder eine Verkaufs- oder Vertriebsstätte noch eine Vertriebsmodalität beschrieben. Bestenfalls kann mit einer solchen Angabe darauf hingewiesen werden, dass die zum Kauf angebotenen Waren im Internet – in welcher Form auch immer – präsentiert werden. Dies stellt keinen hinreichend naheliegenden und hinreichend bestimmten warenspezifischen beschreibenden Zusammenhang dar, der die Verneinung der Unterscheidungskraft rechtfertigen könnte. Auch bei einer möglichen Bedeutung i.S.v. „Absichtserklärung im Internet“ lässt sich kein unmittelbarer Warenbezug herstellen, da nicht ersichtlich wird, welche Absicht erklärt werden soll.
Soweit in einzelnen Entscheidungen des Bundespatentgerichts und des Harmonisierungsamts der Einzelbuchstabe „i“ als warenbeschreibender Hinweis auf den Begriff „Internet“ angesehen wurde, ist dem entgegenzuhalten, dass jeweils auf den konkreten Einzelfall abzustellen ist, wobei in anderen Entscheidungen in einem anderen Sach- und Zeichenzusammenhang eine solche beschreibende Bedeutung verneint wurde, wie z.B. in BPatG 30 W (pat) 011/08 – i.code; BPatG 33 W (pat) 085/02 – iOFFICE; BPatG 25 W (pat) 067/01 – iSite; BPatG 33 W (pat) 110/07 – IPAY und BPatG 30 W (pat) 023/09 – iMRS.
2.
Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der (beanspruchten) Waren oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren dienen können. Wie oben bereits ausgeführt, stellt die Bezeichnung „i.demo“ in Bezug auf die vorliegend beanspruchten Waren der Klasse 9 jedoch keine beschreibende Angabe im vorgenannten Sinne dar. Die angemeldete Gesamtbezeichnung ist nicht lediglich eine Summierung beschreibender Bestandteile und besteht mithin nicht ausschließlich aus Angaben, die geeignet sein können, die beanspruchten Waren oder Merkmale dieser Waren zu beschreiben.
Die Beschwerde hat nach alledem Erfolg, so dass der angefochtene Beschluss der Markenstelle aufzuheben war.