Entscheidungsdatum: 23.06.2016
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2013 000 980.0
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 23. Juni 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener und des Richters am Amtsgericht Dr. Nielsen
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I.
Die Bezeichnung
AIMS
ist am 15. Februar 2013 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister angemeldet worden und beansprucht nach entsprechender Anpassung des Warenverzeichnisses für die nachfolgend genannten Waren der Klasse 9 Schutz:
Elektronische Führungs-, Überwachungs- und Managementinstrumente und daraus bestehende Systeme für Marine-, Polizei- und Küstenwachschiffe sowie Kriegsschiffe; elektronische Geräte und daraus bestehende Systeme für die Planung und Unterstützung der Waffenauswahl und für die Kampfüberwachung; elektronische Simulations- und Übungsgeräte für elektronische Gefechts-managementsysteme für Kriegsschiffe, insbesondere Kampfübungs-systeme, Waffensimulatoren und für computergestützte Übungssysteme; Computersoftware und Computerhardware für die vorstehend genannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten, Teile von vorstehend genannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter der Nummer 30 2013 000 980.0 geführte Anmeldung mit Beschluss vom 28. Oktober 2013 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass das englische Wort „Aims“ wörtlich „Ziele“ bedeute. Insoweit bestehe ein enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren. Diese seien für den Gefechtsfall bzw. für dessen Simulation bestimmt. Hauptaufgabe der beanspruchten Waren sei das Ausmachen von Objekten bzw. das Anvisieren und Anpeilen von Zielen. Hiervon führe nicht weg, dass im Englischen ein Angriffsziel „target“ genannt werde. Es komme auf das Sprachverständnis der inländischen Verkehrskreise an, denen nicht zwingend jede Feinheit bei der Verwendung von Synonymen geläufig sei. Im Übrigen werde der Begriff „aim“ auch im militärischen Kontext verwendet (z. B. sei „Kriegsziel“ mit „war aim“ zu übersetzen). Auch die Wendung „to aim at“ sei gebräuchlich, um zum Ausdruck zu bringen, dass auf etwas gezielt werde.
Die Anmelderin vertritt mit ihrer Beschwerde gegen den vorgenannten Beschluss die Auffassung, dass das Zeichen „AIMS“ ausreichend unterscheidungskräftig sei. Das deutsche Wort „Ziel“ habe im Englischen viele Entsprechungen. Umgekehrt stehe der englische Begriff „aim“ für ein Ziel, das zu erreichen sei. Nur im Lichte dieser Bedeutung dürfe geprüft werden, inwieweit der Begriff in Bezug auf die beanspruchten Waren einen beschreibenden Inhalt aufweise. Die beanspruchten Waren bezögen sich ausschließlich auf den militärischen bzw. paramilitärischen Bereich. Hier werde großer Wert auf einen exakten Sprachgebrauch gelegt. Sprachliche Mehrdeutigkeiten seien in jedem Fall zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund werde im militärischen Sprachgebrauch ein zu zerstörendes Ziel als „target“ bezeichnet. Von einem „military aim“ werde nur im Sinne einer allgemeinen Aufgabe oder Vorgabe gesprochen, etwa dem Ziel, einen Hügel zu erobern. Die Marke „AIMS“ sei in Kanada bereits eingetragen worden, was ein starkes Indiz für die Eintragungsfähigkeit sei.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Oktober 2013 aufzuheben und die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten.
Für den Fall der Zurückweisung der Beschwerde regt die Anmelderin die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Dem angemeldeten Wort fehlt in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klasse 9 die erforderliche Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850 Rn. 17 - FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.). Zumindest unter dem letztgenannten Gesichtspunkt fehlt der angemeldeten Wortfolge im Zusammenhang mit den oben als schutzunfähig bezeichneten Waren die Unterscheidungskraft.
Bei dem angemeldeten Wort handelt es sich um einen Begriff aus der englischen Sprache, der mit dem Wort „Ziel“ ins Deutsche zu übersetzen ist. Für den Verkehr ist das Wort „aims“ mit Rücksicht auf die Zugehörigkeit des Wortes zum englischen Grundwortschatz ohne weiteres in seiner Bedeutung verständlich. Zutreffend verweist die Beschwerdeführerin darauf, dass ein mit Waffen zu treffendes Objekt im Englischen am ehesten als „target“ bezeichnet wird. Dagegen wäre das Wort „aim“ eher für „Ziel“ im Sinne von „Vorhaben“ oder „anzustrebendes Ergebnis“ zu verwenden. Eine scharfe Abgrenzung der Begriffe ist hinsichtlich ihrer markenrechtlichen Bedeutung gleichwohl nicht möglich. Zum einen weil in der deutschen Sprache für beide Bedeutungen („zu treffendes Objekt“ und „Aufgabe“ bzw. „anzustrebendes Ergebnis“) dasselbe Wort verwendet wird, so dass die angesprochenen inländischen Verkehrskreise mit dem angemeldeten Markenwort stets beide Bedeutungen verbinden werden. Zudem überschneiden sich auch in der englischen Sprache die Bedeutungen beider Wörter. So kann der Begriff „aim“ in der Verbform („to aim at somebody“) auch mit „anvisieren“ übersetzt werden. Zudem bedeutet „aim“ auch „Zielscheibe“. Soweit die Anmelderin vorträgt, dass im militärischen Bereich großer Wert auf einen exakten Sprachgebrauch gelegt werde, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Wie oben dargelegt, ist der Bedeutungsgehalt des Wortes „aim“ vielfältig und beinhaltet auch die Tätigkeit des Zielens, so dass schon deswegen eine exakte Unterscheidung der Bedeutungen der Wörter „aim“ und „target“ nicht möglich ist. Zudem sind die angesprochenen Verkehrskreise nicht ausschließlich Angehörige des Militärs, da die Entscheidung über die Anschaffung von Waffen bzw. zugehörigen Computersystemen nicht allein von diesem Personenkreis getroffen wird.
Die beanspruchten Waren dienen sämtlich dem Zielen auf ein Objekt. Bei den Waren handelt sich um Systeme, die in einem Übungsszenario oder im Ernstfall militärische oder paramilitärische Kräfte führen, überwachen und bei der Zerstörung gegnerischer Ziele unterstützen. Damit dienen die beanspruchten Waren dazu, auf ein Objekt zu zielen, sei es unmittelbar selbst oder auch mittelbar durch die Unterstützung Dritter. Das angemeldete Zeichen beschreibt damit den wesentlichen Zweck bzw. eine wesentliche Funktion der beanspruchten Waren.
Selbst wenn man bei der Bestimmung des Begriffsinhalts des angemeldeten Markenwortes allein auf die Bedeutung „zu erreichendes Ziel“ abstellen wollte, besteht gleichwohl auch in dieser Hinsicht ein enger beschreibender Zusammenhang zwischen dem Wort „aims“ und den in der Anmeldung beanspruchten Waren. Militärischer Kräfte werden stets zur Erreichung eines bestimmten Zieles geführt, etwa zur Eroberung oder Überwachung eines bestimmten Raumes oder auch zur Zerstörung einzelner Objekte. In der Regel werden solche Ziele vor oder auch im Einsatz ausdrücklich definiert. Die beanspruchten Waren dienen der Erreichung solcher vorgegebener Ziele.
Soweit die Anmelderin auf Voreintragungen verweist, ist auf die dazu ergangene umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung des EuGH (vgl. GRUR 2009, 667 - Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229 Rn. 47-51 - BioID; GRUR 2004, 674 Rn. 42-44 - Postkantoor), des BGH (vgl. GRUR 2008, 1093 Rn. 18 - Marlene-Dietrich-Bildnis I) und des BPatG (vgl. z. B. GRUR 2009, 1175 - Burg Lissingen; MarkenR 2010, 139 - VOLKSFLAT und die Senatsentscheidung MarkenR 2010, 145 - Linuxwerkstatt) zu verweisen, wonach bei Voreintragungen, aber auch bei abweichenden Entscheidungen weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung gegeben ist (vgl. auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 58 und Rn. 59 mit zahlreichen weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine (an das Gesetz) gebundene Entscheidung.
Die Beschwerde der Anmelderin war nach alledem zurückzuweisen.
Gründe für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr aus Billigkeitsgründen gem. § 71 Abs. 3 MarkenG sind nicht ersichtlich, zumal die Entscheidung des DPMA auch in der Sache zutreffend ist.
III.
Der Senat hat ohne mündliche Verhandlung entschieden, da weder von der Anmelderin ein Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt worden ist (§ 69 Nr. 1 MarkenG) noch der Senat eine mündliche Verhandlung für sachdienlich erachtet hat (§ 69 Nr. 3 MarkenG). Einen Antrag auf mündliche Verhandlung hat die Anmelderin auch nach dem Senatshinweis vom 10./11. Mai 2016 und dem Hinweis auf eine baldige Entscheidung im (schriftlichen) Verfahren nicht gestellt. Mit dem Hinweis waren der Anmelderin die Rechercheunterlagen des Senats in Abschrift übersandt worden.
IV.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 MarkenG war nicht veranlasst. Es war weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden, noch ist zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Rechtsfortbildung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erforderlich.