Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 23.02.2017


BPatG 23.02.2017 - 25 W (pat) 525/15

Markenbeschwerdeverfahren – "MetallGesundheit" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
23.02.2017
Aktenzeichen:
25 W (pat) 525/15
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2014 071 134.6

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 23. Februar 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener sowie des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. April 2015 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Bezeichnung

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MetallGesundheit

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ist am 12. November 2014 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für folgende Waren angemeldet worden:

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Klasse 36: Versicherungswesen, insbesondere Krankenversicherung; Vermittlung von Krankenversicherungsverträgen.

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Mit Beschluss vom 8. April 2015 hat die Markenstelle für Klasse 36 des DPMA die unter der Nummer 30 2014 071 134.6 geführte Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass das angemeldete Zeichen einen im Vordergrund stehenden, beschreibenden Begriffsinhalt habe. Es setze sich aus zwei beschreibenden Angaben zusammen, nämlich aus der verkürzten Branchenbezeichnung „Metall“ und einem Hinweis auf einen wesentlichen Aspekt des Versicherungswesens, nämlich die Gesundheit. Damit erschöpfe sich das Zeichen in dem sachlichen Hinweis, dass die Dienstleistungen für Angehörige der Metallbranche erbracht würden oder für diese bestimmt seien. In der Versicherungsbranche sei es üblich, verschiedene Produkte auch nach der jeweils angesprochenen Branche zu benennen. Bei einer Google-Suche mit den Stichworten „Metall“ und „Rente“ würden verschiedene Treffer angezeigt, bei denen Versicherer Produkte anbieten würden, die zumindest ursprünglich für Angehörige der Metallbranche bestimmt gewesen seien. Das Wort „Gesundheit“ sei im Zusammenhang mit Versicherungen ohne Zweifel eine beschreibende Angabe, da dieser Begriff branchenüblich ein Angebot bezeichne, das die Absicherungen von Leistungen für die Gesundheit beinhalte. Neben der üblichen Bezeichnung „Krankenversicherung“ sei auch die Bezeichnung „Gesundheitsversicherung“ nachweisbar. Nachdem die beiden beschreibenden Begriffe „Metall“ und „Gesundheit“ in dem angemeldeten Zeichen lediglich aneinandergereiht worden seien, bildeten sie auch in der Gesamtbetrachtung kein schutzfähiges Ganzes. Die Binnengroßschreibung sei gleichfalls nicht schutzbegründend.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Das angemeldete Zeichen sei nicht unmittelbar beschreibend und habe keinen unmittelbaren und ohne weiteres Nachdenken erkennbaren beschreibenden Inhalt. Die vom DPMA vorgelegten Recherchen seien nicht aussagekräftig. Die vorgelegten Fundstellen bezögen sich auf die Begriffe „Rente“ bzw. „Versicherung“, jedoch nicht auf den Begriff „Gesundheit“, auf den es allein ankomme. Von einem möglicherweise beschreibenden Inhalt des Wortes „Metallrente“ könne nicht abgeleitet werden, dass auch das Zeichen „MetallGesundheit“ beschreibend sei. Die Begriffe „Rente“ bzw. „Versicherung“ und „Gesundheit“ seien keinesfalls Synonyme. Der Begriff „Gesundheit“ als Synonym für „Wohlbefinden“, „Wohlgefühl“ oder „Wohlsein“ werde mit dem Versicherungswesen auch nicht gedanklich in Verbindung gebracht. Der Begriff bezeichne insbesondere keine Sparte des Versicherungswesens. Es gebe keine „Gesundheitsversicherung“. Das Wort „Metall“ werde auch nicht als Hinweis auf die Metallbranche verstanden. Unter dem Begriff werde zunächst ein harter, wertbeständiger Rohstoff verstanden. Daher werde der Verkehr davon ausgehen, dass die Phantasiebezeichnung „MetallGesundheit“ eine besonders beständige, unverwüstliche Versicherungsdienstleistung beschreibe. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass es im Versicherungswesen branchenspezifische Produkte gebe, so bestehe jedenfalls keine derartige Übung im Versicherungswesen, diese Produkte nach der entsprechenden Branche zu benennen. Schließlich sei das angemeldete Zeichen in Bezug auf seine Unterscheidungskraft nicht in seinen einzelnen Bestandteilen, sondern in seiner Gesamtheit zu betrachten.

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Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. April 2015 aufzuheben.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Markenanmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

10

Die Beschwerde ist zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Der Eintragung des angemeldeten Zeichens stehen keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 MarkenG entgegen. Deshalb war der angefochtene Beschluss aufzuheben.

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1. Entgegen der Auffassung der Markenstelle kann der angemeldeten Marke das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht abgesprochen werden.

12

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850 Rn. 17 - FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.). Nach diesen Grundsätzen geht die angemeldete Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klasse 36 in einem noch ausreichenden Maß über einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt hinaus bzw. stellt nicht nur einen engen beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Waren her.

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Mit der Markenstelle ist davon auszugehen, dass das aus zwei Begriffen zusammengesetzte Zeichen insofern beschreibende Anklänge aufweist, als der Begriff „Metall“ als Abkürzung für die Metallbranche verstanden werden kann, wie etwa in den Begriffen „IG Metall“ oder „Metalltarifvertrag“. Auch der Begriff „Gesundheit“ kann im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen, insbesondere im Hinblick auf Krankenversicherungen, beschreibend verstanden werden, nachdem die Leistungen der Krankenversicherung letztlich dazu dienen, die Gesundheit des Versicherten wiederherzustellen. Zu Recht verweist das DPMA auch darauf, dass einzelne Krankenkassen den Begriff „Gesundheit“ als Bestandteil eines zusammengesetzten Unternehmenskennzeichens benutzen (z. B. die „DAK Gesundheitskasse“).

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Unabhängig von der möglichen dienstleistungsbeschreibenden Bedeutung der Zeichenbestandteile „Metall“ und „Gesundheit“ kommt nach Auffassung des Senats der angemeldeten Wortkombination jedoch insgesamt noch keine sich aufdrängende, ohne weiteres ersichtliche beschreibende Bedeutung für die so gekennzeichneten Dienstleistungen zu. Gegenstand der Frage der Schutzfähigkeit bei einer mehrteiligen Marke ist die Marke in ihrer Gesamtheit. Zwar geht der beschreibende Charakter mehrerer Wörter nicht grundsätzlich schon durch deren Zusammenführung verloren. Vielmehr verbleibt im Allgemeinen die bloße Kombination von beschreibenden Bestandteilen selbst beschreibend. Die Bezeichnung kann im Einzelfall aber in ihrer Gesamtheit einen anderen Eindruck vermitteln als die Summe ihrer Bestandteile (vgl. BGH GRUR 2009, 949 Rn. 13 – My World). In der Gesamtschau ist die angemeldete Wortkombination ungewöhnlich und eröffnet einen relevanten Interpretationsspielraum, so dass die von der Markenstelle dargelegte Bedeutung der angemeldeten Bezeichnung erst in mehreren gedanklichen Schritten nachvollzogen werden kann und zudem nicht hinreichend eindeutig ist, zumal schon die beiden Einzelbegriffe „Metall“ und „Gesundheit“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen im Bereich des Versicherungswesens jedenfalls keine glatt produktbeschreibenden Begriffe sind. Zwar weckt die Bezeichnung „MetallGesundheit“ möglicherweise Assoziationen dahingehend, dass es sich um Dienstleistungen rund um die Gesundheit bzw. im Gesundheitswesen und dies bezogen auf die Metallbranche handeln könnte. Dem Verkehr wird sich bei unbefangener Wahrnehmung kein entsprechendes dienstleistungsbeschreibendes Verständnis aufdrängen, so dass die Vorstellungen, was mit der Bezeichnung gemeint sein könnte, eher diffus sein werden. Es ist in der Versicherungsbranche nämlich nicht üblich, den Begriff „Metall“ zur Bezeichnung einer Zielgruppe oder eines bestimmten Versicherungsprodukts zu verwenden. Darüber hinaus ist der Verkehr nicht an branchenspezifische Krankenversicherungen gewöhnt, da im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung Kassenwahlfreiheit besteht und ursprünglich „ständisch“ organisierte Versicherungen (wie etwa die HUK Coburg) sich seit langem für die Allgemeinheit geöffnet haben. Die Tatsache, dass Versicherungsprodukte unter der Bezeichnung „Metallrente“ angeboten werden, belegt für sich genommen noch nicht, dass der angemeldeten Wortkombination die Unterscheidungskraft fehlt. Zum einen wird der Begriff „Metallrente“ als Zeichen eines branchenübergreifenden Versorgungswerks markenmäßig benutzt. Zum anderen besteht zwischen den Wortkombinationen auch insoweit ein Unterschied, als der Zeichenbestandteil „Rente“ im Hinblick auf Dienstleistungen im Rahmen der Altersvorsorge unmittelbar beschreibend ist. Insgesamt bedarf es daher mehrerer Gedankenschritte, um in dem angemeldeten Zeichen einen beschreibenden Begriffsinhalt zu erkennen. Eine analytische Betrachtungsweise, mag diese auch nicht besonders vertieft sein, ist im Rahmen der Beurteilung der Unterscheidungskraft nicht angebracht, weil sich daraus keine in den Vordergrund drängende, für den Endverbraucher ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfassbare Beschreibung des Inhalts der beanspruchten Dienstleistungen ergibt (vgl. hierzu auch BGH GRUR 2012, 270 Rn. 12 - Link economy; GRUR 2012, 1143 Rn. 10 - Starsat; GRUR 2014, 483 Rn. 11 - test).

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2. Im Hinblick auf die fehlende Eignung der Bezeichnung „MetallGesundheit“ zur unmittelbaren Beschreibung der beanspruchten Dienstleistungen unterliegt das Zeichen auch keinem Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

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Nach alledem war der angefochtene Beschluss aufzuheben.