Entscheidungsdatum: 01.03.2018
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2014 002 480.2
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 1. März 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener und des Richters Dr. Nielsen
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I.
Die Bezeichnung
Rock|Solid
ist am 9. April 2014 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister für die nachfolgend genannten Waren der Klassen 9, 35 und 42 angemeldet worden:
Klasse 09: Elektrische und elektronische Steckverbinder sowie deren Teile, einschließlich elektrischer und elektronischer Kontakte und Kontaktiereinrichtungen, insbesondere Rundsteckverbinder und Steckverbinder für industrielle Anwendungen;
Klasse 35: Werbung, insbesondere kennzeichnende Werbung zu Präsentationszwecken;
Klasse 42: Technische Beratungsdienstleistungen zu elektrischen und elektronischen Steckverbindern.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter der Nummer 30 2014 002 480.2 geführte Anmeldung mit Beschluss eines Beamten des gehobenen Dienstes vom 10. Mai 2016 wegen fehlender Unterscheidungskraft und wegen eines bestehenden Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Wortkombination „Rock solid“ die den angesprochenen Verkehrskreisen verständliche englische Bezeichnung für das Wort „grundsolide“ sei. Die angemeldete Bezeichnung sei damit lediglich ein Hinweis darauf, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen grundsolide seien. Das Zeichen bestehe damit in seiner Gesamtheit ausschließlich aus Angaben, welche im Verkehr zur Bezeichnung oder zur werblichen Herausstellung von Merkmalen der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen könnten und stelle eine bloße Aneinanderreihung beschreibender Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen syntaktischen oder semantischen Änderung dar. Die Schreibweise mit einem senkrechten Trennstrich sei nicht so auffällig oder ungewöhnlich, dass sie in ausreichender Weise von dem beschreibenden Sinngehalt der Wortbestandteile ablenken könne. Sämtliche beanspruchte Waren und Dienstleistungen könnten „grundsolide“, also qualitativ besonders hochwertig sein. Aus diesem Grund sei die Bezeichnung auch im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG als Beschaffenheitsangabe freihaltebedürftig.
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Selbst wenn man unterstelle, dass die Summe der beiden Begriffe „Rock“ und „Solid“ mit vertikalem Trennstrich im Deutschen als „grundsolide“ aufgefasst werde, so begründe dies kein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG. Die Bezeichnung „RocklSolid“ habe eine ganz konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchte Ware „Steckverbinder“ aufgefasst zu werden. Bei Steckverbindern sei es nämlich verkehrsüblich, diese durch ihre Produktmerkmale näher zu beschreiben. Hierzu zählten Angaben zu Spannung, Strom, Materialien, Dichtigkeit und weiteren technischen Merkmalen, die typischerweise bei der Auswahl eines Steckverbinders eine Rolle spielten. Darüber hinaus sei der Verkehr daran gewöhnt, bei nicht technischen Angaben im Zusammenhang mit einem Steckverbinder nicht auf die Merkmale eines Steckverbinders zu schließen. Es sei daher ungewöhnlich, wenn neben einem Steckverbinder plötzlich ein Adjektiv isoliert angebracht werde, das völlig losgelöst von technischen Merkmalen des Steckverbinders aufzufassen sei. Begriffe wie „grundsolide“ oder dergleichen seien daher völlig willkürliche Begriffe, die der Verkehr als Unterscheidungsmittel für die betriebliche Herkunft der Waren auffasse. Der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsabnehmer der fraglichen Produkte (elektrische Steckverbinder) empfinde es als sehr ungewöhnlich und damit auffällig, wenn ein Steckverbinder mit dem Begriff „RocklSolid“ beworben werde. Darüber hinaus sei die vorliegende Kombination von Zeichenelementen schon per se ungewöhnlich, insbesondere wegen des senkrechten Trennstrichs. Unklar sei auch, was der Begriff „RocklSolid“ betreffend die Merkmale eines Steckverbinders überhaupt ausdrücken solle. Es sei eine unbelegte Behauptung, dass allgemeine Begriffe wie der vorliegende dazu geeignet seien, Merkmale der besagten Steckverbinder zu beschreiben. Im Übrigen sei es bei der Gesamtbetrachtung des Zeichens schon überhaupt nicht zulässig, die durch den senkrechten Strich getrennten Bestandteile wieder künstlich zu einem Begriff zusammenzusetzen.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. Mai 2016 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 vom 10. Mai 2016, die Schriftsätze der Anmelderin, den Hinweis des Senats vom 16. Januar 2018 und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die nach § 64 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Anmelderin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Dem angemeldeten Wortzeichen fehlt in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, sodass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat, § 37 Abs. 1 MarkenG.
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 30, 31 – Henkel; BGH GRUR 2006, 850 Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850 Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Postkantoor). Von mangelnder Unterscheidungskraft ist ferner dann auszugehen, wenn die Wortfolge für sich genommen oder im Zusammenhang mit produktbeschreibenden Angaben lediglich Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art enthält (siehe dazu BGH GRUR 2013, 522 Rn. 9 – Deutschlands schönste Seiten). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (vgl. BGH – FUSSBALL WM 2006 a. a. O.).
Die angemeldete Gesamtbezeichnung setzt sich aus zwei sinnvoll aufeinander bezogenen Wörtern zusammen, die dem englischen Grundwortschatz zuzurechnen sind. Die Kombination der Begriffe „Rock“ und „Solid“ ist für die angesprochenen Verkehrskreise ohne Weiteres im Sinne von „grundsolide“ verständlich. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen, bringt die angemeldete Wortfolge naheliegend die rein werbliche Botschaft zum Ausdruck, dass diese „grundsolide“ d. h. besonders zuverlässig sind bzw. in besonders zuverlässiger Weise erbracht werden. Eine solche naheliegende Schlussfolgerung wird der Verkehr ohne Weiteres ziehen, zumal auf den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Verständnisfähigkeit nicht zu gering zu veranschlagen ist. Ein unter dem Gesichtspunkt der Schutzfähigkeit relevanter Denkprozess oder ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand ist bei der angemeldeten Wortkombination in einem einschlägigen Produktzusammenhang nicht erforderlich. Zumindest der für sich genommen schon hinreichend maßgebliche Fachverkehr wird die Bedeutung der angemeldeten Markenwörter in jedem Fall verstehen. Ausgehend davon wird der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen in der Wortkombination nur eine positive produktbezogene werbliche Botschaft und demzufolge keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen.
Der Vortrag der Anmelderin, wonach der Verkehr in der Wortkombination einen Herkunftshinweis erkennen werde, weil im Bereich der Steckverbinder ausschließlich technische Angaben verwendet würden, sodass der Verkehr von einer allgemein gehaltenen werblichen Anpreisung überrascht sein werde, trifft nicht zu und gibt deshalb auch zu keiner anderen Beurteilung Anlass. Zum einen ist es nicht naheliegend, dass eine werblich-anpreisende Bezeichnung vom Verkehr als Herkunftshinweis aufgefasst werden wird, selbst wenn als richtig unterstellt würde, dass solche Bezeichnungen in einer bestimmten Branche bzw. in einem bestimmten Produktbereich unüblich sein sollten. Abgesehen davon werden tatsächlich speziell Stecker bzw. Steckverbinder sowohl in der Werbung als auch im allgemeinen Sprachgebrauch mit entsprechenden positiv wertenden Bezeichnungen wie „robust“, „zuverlässig“, insbesondere aber auch „solide“ qualifiziert (auf die Anlagen 3 bis 9 zum Senatshinweis vom 16. Januar 2018 wird Bezug genommen). Die angesprochenen Verkehrskreise sind damit an entsprechende werbliche Anpreisungen auch im Bereich der Steckverbinder gewöhnt und werden in der Bezeichnung eines Steckers als „grundsolide“ bzw. „RocklSolid“ keine irgendwie geartete Besonderheit erkennen, aus der man auf eine individuelle betriebliche Herkunft schließen könnte. Dies gilt entsprechend für die beanspruchten Dienstleistungen, für welche die Bezeichnung „grundsolide“ sich ebenfalls als werbeübliche Anpreisung eignet.
Die konkrete Ausgestaltung bzw. die besondere Schreibweise des angemeldeten Zeichens, die sich im Wesentlichen in einem senkrechten Strich erschöpft, der zwischen den zwei Wörtern angeordnet ist, wirkt nicht schutzbegründend und rechtfertigt keine andere Entscheidung. Zwar können schutzunfähige Wortbestandteile durch eine besondere (schrift)bildliche Ausgestaltung einen schutzbegründenden „Überschuss“ erhalten. Jedoch sind dabei an den bildlichen „Überschuss“ umso höhere Anforderungen zu stellen, je deutlicher der beschreibend-werbliche Charakter der fraglichen Angabe selbst hervortritt. Die grafische Ausgestaltung muss eine den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung des Gesamteindrucks der Marke bewirken (vgl. BGH GRUR 1998, 394, 396 – Motorrad Active Line; GRUR 1997, 634 – Turbo II; GRUR 2001, 1153 – antiKALK). Das in dem angemeldeten Zeichen eingesetzte Gestaltungsmerkmal des senkrechten, die einzelnen Wörter abtrennenden Strichs ist aber keineswegs ungewöhnlich oder eigenwillig, sondern hält sich im Rahmen des Werbeüblichen und wird daher vom Verkehr, der an entsprechende Gestaltungen gewöhnt ist, als rein dekoratives Element wahrgenommen werden. Entsprechende Gestaltungen mit senkrechtem (Trenn-)Strich – das sog. Pipe-Symbol – werden häufig verwendet (auf die Anlagen 10 bis 13 des Senatshinweises vom 16. Januar 2018 wird Bezug genommen), ohne dass es einen dahingehenden Erfahrungssatz gibt, dass senkrechte Trennstriche vom Verkehr als Hinweis auf ein Unternehmen verstanden würden.
Die Durchführung der mündlichen Verhandlung war von der Anmelderin nicht beantragt worden und erschien auch aus Sicht des Senats nicht erforderlich, § 69 Nr. 1 und Nr. 3 MarkenG.