Entscheidungsdatum: 04.05.2017
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2013 004 107.0
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 4. Mai 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener und des Richters Dr. Nielsen
beschlossen:
Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.
I.
Die Bezeichnung
AnDock
ist am 18. Juni 2013 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister für die nachfolgend genannten Waren der Klassen 9 angemeldet worden:
Computerperipheriegeräte; Zubehör für Computer, Mobilfunkgeräte und Smartphones.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter der Nummer 30 2013 004 107.0 geführte Anmeldung mit Beschluss vom 10. Februar 2015 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Bezeichnung „AnDock“ als Wortbildungselement branchenübergreifend im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet werde, um auf die Bestimmung einer Ware zur Herstellung einer Verbindung von technischen Geräten hinzuweisen. Damit weise auch der angemeldete Begriff „AnDock“ auf ein wesentliches Merkmal der beanspruchten Waren hin, nämlich auf die Möglichkeit, Computer bzw. Smartphones an ein anderes Gerät „anzudocken“.
Hiergegen wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde. Das Zeichen sei ein Kunstwort, das den angesprochenen Verkehrskreisen nicht bekannt sei. Es sei zudem in seiner Bedeutung nicht eindeutig. Das DPMA habe bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft des Begriffs „AnDock“ unzulässigerweise allein auf das Wort „andocken“ und damit auf eine abgewandelte Form der Marke abgestellt. Das angemeldete Zeichen habe aber, anders als das Wort „andocken“, keinen inhaltlichen Bezug zu den beanspruchten Waren. Der vom DPMA hergestellte Zusammenhang könne nur im Rahmen einer analysierenden Betrachtungsweise hergestellt werden. Für die Schutzfähigkeit eines Zeichens sei aber jede noch so geringe Unterscheidungskraft ausreichend. In der Entscheidung 30 W (pat) 23/10 – Jurawerk habe das BPatG betont, dass ein beschreibender Sinngehalt durch eine hinreichend phantasievolle Wortbildung überlagert werden könne. So verhalte es sich auch bei dem angemeldeten Zeichen. Es bestehe auch kein Freihaltungsbedürfnis, da ein solches für das konkret angemeldete Zeichen im Hinblick auf die beanspruchten Waren bestehen müsse.
Der Anmelder beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent– und Markenamts vom 10. Februar 2015 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle sowie auf die Schriftsätze des Anmelders und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die nach § 66 Abs. 1 Satz 1, § 64 Abs. 6 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Anmelders bleibt in der Sache ohne Erfolg. Dem angemeldeten Zeichen fehlt im maßgeblichen Zusammenhang mit den beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat, § 37 Abs. 1 MarkenG.
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 30, 31 „Henkel“; BGH GRUR 2006, 850 Rn. - „FUSSBALL WM 2006“). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 - Postkantoor). Von mangelnder Unterscheidungskraft ist ferner dann auszugehen, wenn die Wortfolge für sich genommen oder im Zusammenhang mit produktbeschreibenden Angaben lediglich Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art enthält (siehe dazu BGH GRUR 2013, 522 Rn. 9 – Deutschlands schönste Seiten). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH – FUSSBALL WM 2006 a. a. O.).
1. Die angemeldete Bezeichnung ist eine Verkürzung des Verbs „andocken“ bzw. ein in zusammengesetzten Hauptwörtern verwendeter Wortbestandteil, der den Vorgang des Andockens, also des Verbindens zweier technischer Geräte beschreibt (z. B. „Andockstation“, „Andockmanöver“, „Andocksystem“, „Andockstelle“ etc.). Nach Auffassung des Senats wird der Verkehr die angemeldete Bezeichnung ohne weiteres, d. h. ohne die geringsten Verständnisprobleme als eine solche Verkürzung des Verbs bzw. als Verwendung des Wortbestandteils in Alleinstellung erfassen. Zutreffend hat das DPMA festgestellt, dass nach der Verkehrsauffassung der Begriff damit eine technische Eigenschaft der beanspruchten Waren beschreibt, nämlich die Bestimmung oder Eignung der Ware zum Herstellen einer wie auch immer gearteten Verbindung. Soweit der Anmelder einwendet, dass der Begriff ein Kunstwort sei, das den angesprochenen Verkehrskreisen nicht bekannt sei, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Auch wenn die Bezeichnung „AnDock“ als solche lexikalisch nicht nachweisbar ist, wird der Verkehr wegen der deutlichen und nicht zu übersehenden Nähe zu dem gängigen Wort „andocken“ bzw. wegen der Übereinstimmung mit dem Wortbildungselement „Andock…“ die Bezeichnung ohne weiteres als einen Hinweis auf ein Gerät oder einen Apparat verstehen, der zur Verbindung zweier technischer Geräte bestimmt ist. Im Übrigen lässt sich sogar die Verwendung des Wortbestandteiles „AnDock“ in Alleinstellung nachweisen, mag diese Art der Benutzung auch (derzeit) weniger gebräuchlich sein. Insoweit wird auf die Rechercheunterlagen Bezug genommen, die dem Anmelder mit dem rechtlichen Hinweis des Senats vom 2. Februar 2017 übersandt worden sind.
Auch die Verwendung der Binnengroßschreibung in dem angemeldeten Zeichen „AnDock“ kann die Unterscheidungskraft nicht begründen. Zum einen ist der Verkehr an die werbliche Verwendung der Binnengroßschreibung gewöhnt, so dass er in dieser Abweichung von der grammatikalisch korrekten Schreibweise keinen Herkunftshinweis erkennen wird. Selbst wenn dies unberücksichtigt bleiben würde, stünde die Binnengroßschreibung einem entsprechenden begrifflichen und damit rein beschreibenden Verständnis der Bezeichnung „AnDock“ nicht entgegen, weil der Verkehr dann diesen „Schreibfehler“ entweder gar nicht bemerken oder für einen Druckfehler halten würde und jedenfalls darin kein kennzeichnendes Element erkennen würde (vgl. zu Abwandlungen beschreibender Angaben auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 174 ff. mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen).
Im Hinblick darauf, dass es sich bei den beanspruchten Waren um solche handelt, die entweder selbst zum Andocken, also zur Verbindung von Geräten bestimmt sein können, oder die selbst angedockt, also mit einem anderen Gerät verbunden werden können, ergibt sich aus dem Begriff „AnDock“ ein hinreichend enger beschreibender Zusammenhang in Richtung der Art oder Bestimmung der beanspruchten Waren, welcher der Bejahung der Unterscheidungskraft entgegensteht.
2. Soweit die Anmelderin auf vergleichbare Voreintragungen verweist, ist auf die dazu ergangene umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung des EuGH (vgl. GRUR 2009, 667 - Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229 Rn. 47-51 - BioID; GRUR 2004, 674 Rn. 42-44 - Postkantoor), des BGH (vgl. GRUR 2008, 1093 Rn. 18 - Marlene-Dietrich-Bildnis I) und des BPatG (vgl. z. B. GRUR 2009, 1175 - Burg Lissingen; MarkenR 2010, 139 - VOLKSFLAT und die Senatsentscheidung MarkenR 2010, 145 - Linuxwerkstatt) zu verweisen, wonach weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung gegeben ist (vgl. auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 58 und Rn. 59 mit zahlreichen weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine (an das Gesetz) gebundene Entscheidung, wobei selbst identische Voreintragungen nach ständiger Rechtsprechung nicht zu einem Anspruch auf Eintragung führen. Insofern gibt es auch im Rahmen von unbestimmten Rechtbegriffen keine Selbstbindung der Markenstellen des DPMA und erst recht keine irgendwie geartete Bindung für das Gericht. Das Gericht und auch das Patentamt haben in jedem Einzelfall eigenständig zu prüfen und danach eine Entscheidung zu treffen. Im Übrigen besteht zwischen den Begriffen „AnDock“ und „Jurawerk“ im Hinblick auf die Originalität der Wortneuschöpfung keine Vergleichbarkeit, schon weil „AnDock“ lediglich eine Verkürzung ist. Insoweit gibt auch der Verweis des Anmelders auf die Entscheidung des Bundespatentgerichts 30 W (pat) 23/10 - Jurawerk - keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung.
3. Hinsichtlich des Einwandes des Anmelders, dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft zur Überwindung des Schutzhindernisses ausreiche und es geboten sei, bei der Feststellung des erforderlichen Grades der Unterscheidungskraft einen großzügigen Maßstab anzulegen, ist darauf zu verweisen, dass auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft im Lichte des zugrundeliegenden Allgemeininteresses auszulegen ist, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren. Die Prüfung der Markenanmeldung muss daher streng und vollständig sein, um ungerechtfertigte Eintragungen zu vermeiden (vgl. EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 57, 60 – Libertel; BGH, GRUR 2014, 565 Rn. 17 – smartbook; Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 158, 159).
4. Nachdem der Eintragung bereits das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht, können weitere Ausführungen zu einem möglicherweise bestehenden Freihaltebedürfnis dahingestellt bleiben.