Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 18.01.2017


BPatG 18.01.2017 - 25 W (pat) 518/16

Markenbeschwerdeverfahren – "cheval naturel (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
18.01.2017
Aktenzeichen:
25 W (pat) 518/16
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2014 069 508.1

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 18. Januar 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener und des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Zeichen

Abbildung

2

ist am 15. Dezember 2014 zur Eintragung als Wort/Bildmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

3

Klasse 3: Massagegele, ausgenommen für medizinische Zwecke; Seifen; Tierkosmetika; Tiershampoos;

4

Klasse 5:  Nahrungsergänzungsmittel für Tiere;

5

Klasse 31: Pferdefutter;

6

Klasse 44: Gesundheits- und Schönheitspflege für Tiere.

7

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter der Nummer 30 2014 069 508.1 geführte Anmeldung mit Beschluss vom 15. März 2016 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Wortbestandteile des angemeldeten Zeichens ein rein sachlicher bzw. beschreibender Hinweis auf wichtige Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen seien. Die Worte bedeuten aus dem Französischen übersetzt „Naturpferd“ bzw. „natürliches Pferd“. Dabei werde der Begriff „naturel“ wegen des gleichen Wortstammes auch ohne Französischkenntnisse im Sinne von „natürlich“ verstanden. Das Verständnis fremdsprachiger Begriffe seitens des Durchschnittsverbrauchers sei nicht zu gering zu veranschlagen. Der Verkehr werde das Zeichen als einen dahingehenden Sachhinweis auffassen, dass die Waren und Dienstleistungen für Pferde bestimmt und natürlicher Herkunft seien. Die Ausgestaltung des Zeichens begründe nicht dessen Schutzfähigkeit. Diese erschöpfe sich in rein dekorativen Elementen, nämlich in einer geschwungenen Schriftart, einer zweizeiligen, versetzten Anordnung der beiden Wortbestandteile und einer unterschiedlichen Farbgestaltung der Buchstaben bzw. Wortbestandteile.

8

Der Anmelder vertritt mit seiner Beschwerde gegen den vorgenannten Beschluss die Auffassung, dass die angesprochenen Verkehrskreise nicht über die erforderlichen Kenntnisse der französischen Sprache verfügen würden, um das Zeichen zutreffend zu übersetzen. Zudem kenne der Verkehr häufig nur einzelne Wörter eines Zeichens und könne keine sinnvolle Verknüpfung zu dem unbekannten Wortbestandteil herstellen. Sofern die fremdsprachliche Bezeichnung überhaupt verstanden werde, eröffne sie darüber hinaus unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten.

9

Der Anmelder beantragt sinngemäß,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. März 2016 aufzuheben.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze des Anmelders und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

12

Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Dem angemeldeten Zeichen fehlt in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 5, 31 und 44 die erforderliche Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

13

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850 Rn. 17 - FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 - Postkantoor), oder sonst gebräuchliche Wörter der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. BGH GRUR 2012, 270 Rn. 8 - Link economy; GRUR 2009, 778 Rn. 11 - Willkommen im Leben; GRUR 2010, 640 Rn. 13 - hey!). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.).

14

Die angemeldete Bezeichnung wird von den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres im Sinne von „natürliches Pferd“ bzw. „Naturpferd“ verstanden. Ausgehend davon wird der Verkehr dem Zeichen im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen. Dies betrifft auch Massagegele und Seifen, die u. a. speziell zum Gebrauch bei Pferden angeboten werden.

15

Der Wortbestandteil des Zeichens besteht aus zwei Worten der französischen Sprache, wobei „cheval“ zum Grundwortschatz des Französischen zu rechnen ist. Die Fremdsprachenkenntnisse der Verkehrskreise sind - wie vom DPMA zutreffend dargelegt - nicht zu gering zu veranschlagen, insbesondere nicht, wenn die Welthandelssprache Französisch betroffen ist (Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 168). Selbst wenn man - wie der Anmelder dies vorträgt - davon ausgeht, dass das Wort „cheval“ nicht von einem relevanten Teil der allgemeinen Verbraucher verstanden wird, so gilt jedenfalls für die gleichfalls angesprochenen Fachkreise anderes. Tierärzte, Pferdepfleger oder Jockeys, die ständig mit Pferden arbeiten, werden aufgrund ihrer Fachkenntnisse ohne weiteres in der Lage sein, das Wort „cheval“ zutreffend zu übersetzen, selbst wenn sie sonst kein oder kaum Französisch verstehen. Das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft würde aber schon dann einer Eintragung entgegenstehen, wenn nur die angesprochenen Fachkreise das Zeichen als sachbeschreibenden Hinweis verstehen würden. Das DPMA hat darüber hinaus zutreffend dargelegt, dass das Wort „naturel“ wegen seiner Ähnlichkeit zu dem entsprechenden deutschen Begriff „natürlich“ vom Verkehr auch ohne Französischkenntnisse inhaltlich zutreffend verstanden wird.

16

Im Zusammenhang mit Kosmetika und Nahrungsmitteln wird der Begriff „natürlich“ häufig verwendet, um darauf hinzuweisen bzw. zu suggerieren, dass die Waren „natürlich“ seien, womit beispielsweise gemeint sein kann, dass die Produktion ohne künstliche Inhaltsstoffe erfolgt. So ist beispielsweise der Begriff der „Naturkosmetik“ gebräuchlich. Auch bei Nahrungsmitteln sind entsprechende Wortneubildungen bekannt, wie etwa „Naturjoghurt“ (womit selbst industriell hergestellter Joghurt beworben wird). Daher wird der Verkehr im Zusammenhang mit allen vorliegend beanspruchten Waren und Dienstleistungen das Zeichen als einen Hinweis darauf verstehen, dass die Waren und Dienstleistungen für Pferde bestimmt und „natürlich“ im Sinne natürlicher Herkunft sind, also beispielsweise ohne künstliche Inhaltsstoffe hergestellt wurden (bzw. dass bei Erbringung der Dienstleistung nur solche Produkte Verwendung finden).

17

Auch die Kombination der beiden Worte „cheval“ und „naturel“ rechtfertigt nicht die Bejahung der Schutzfähigkeit des Zeichens, da beide Markenbestandteile für sich genommen schutzunfähig sind. Die angemeldete Wortfolge erschöpft sich nämlich in Bezug auf die beanspruchten Produkte - wie oben dargelegt - in einer Kombination zweier beschreibender Hinweise. Zwar ist grundsätzlich auf das Gesamtzeichen abzustellen, wobei es auch möglich ist, dass zwei Sachangaben aufgrund ihrer Zusammenstellung kennzeichnend wirken können. Nach der maßgeblichen Rechtsprechung des EuGH ist aber eine ausschließlich aus beschreibenden Begriffen bestehende Wortfolge oder auch Wortneubildung im allgemeinen ebenfalls beschreibend, sofern kein merklicher Unterschied zwischen der Kombination der Wörter und der bloßen Summe der Bestandteile besteht (vgl. dazu Ströbele/ Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 196 bis 198 mit zahlreichen Rspr. Nachw.; z. B. EuGH GRUR 2004, 680 Rn. 39-41 - BIOMILD; EuGH GRUR 2006, 229 Rn. 34-37 - BioID). Die angemeldete Bezeichnung weist jedoch keine ungewöhnliche Struktur auf, die von einem rein sachbezogenen Aussagegehalt wegführen könnte, sondern kombiniert lediglich die beschreibenden Angaben zu einer waren- bzw. dienstleistungsbezogenen sinnvollen Gesamtaussage.

18

Soweit sich der Anmelder darauf beruft, dass die Wortfolge „cheval naturel“ unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten eröffne, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Auch wenn sich die Wortfolge „cheval naturel“ nicht unmittelbar sprachüblich übersetzen lässt und der Ausdruck „natürliches Pferd“ nicht gebräuchlich ist, führt diese Unschärfe nicht zur Schutzfähigkeit des Zeichens. Die Mehrdeutigkeit eines Begriffs bzw. einer Bezeichnung führt regelmäßig dann nicht zur Schutzfähigkeit, wenn zumindest eine der Bedeutungen - wie oben dargelegt - für die beanspruchten Produkte beschreibenden Charakter hat (vgl. EuGH GRUR 2004, 146, Rn. 32 - DOUBLEMINT; BGH GRUR 2008, 900, Rn. 15 - SPA II).

19

Auch die bildliche Ausgestaltung des angemeldeten Zeichens ist nicht geeignet, die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke zu begründen. Der Wortbestandteil des Zeichens ist in einer bestimmten, nicht ungewöhnlichen geschwungenen Schrift abgebildet, wobei das Wort „cheval“ in blauer und das Wort „naturel“ in grüner Farbe ausgeführt ist. Die Wörter sind zudem in zwei Zeilen etwa mittig versetzt angeordnet. Entsprechende Gestaltungen werden häufig werblich verwendet, so dass der Verkehr an diese gewöhnt ist, ohne in ihnen einen betrieblichen Herkunftshinweis zu sehen. Die oben beschriebenen graphischen Merkmale weisen keine vom Üblichen abweichenden und die Schutzfähigkeit rechtfertigenden Besonderheiten auf (vgl. BGH GRUR 2001, 1153 Rn. 20 - antiKALK; Ströbele/ Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 191, 195 m. w. N.).

20

Ausgehend von den Ausführungen zur Unterscheidungskraft, spricht einiges dafür, dass auch ein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht. Dies kann im Ergebnis offen gelassen werden.

21

Die Beschwerde des Anmelders war nach alledem zurückzuweisen.