Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 24.09.2015


BPatG 24.09.2015 - 25 W (pat) 508/15

Markenbeschwerdeverfahren – "WAKE-UP (IR-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
24.09.2015
Aktenzeichen:
25 W (pat) 508/15
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze
Art 5 Abs 1 MAbk Madrid
Art 6quinquies Abschn B Nr 2 PVÜ

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die international registrierte Marke IR 1 151 600

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung am 24. September 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener und des Richters Schmid

beschlossen:

Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Bezeichnung

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WAKE-UP

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ist am 5. Januar 2013 unter der Nummer 1 151 600 als Marke international registriert worden. Die Markeninhaberin begehrt in Bezug auf die Waren

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Klasse 30: Coffee; instant coffee;

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Schutz für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

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Die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 30 - Internationale Markenregistrierung - des Deutschen Patent- und Markenamts hat der international registrierten Marke nach entsprechender Beanstandung mit Beschluss vom 20. November 2014 den Schutz in der Bundesrepublik Deutschland verweigert. Nach Auffassung der Markenstelle fehlt der eingetragenen Marke jegliche Unterscheidungskraft. Die dem englischen Grundwortschatz zurechenbare Wortkombination "WAKE-UP“ erschöpfe sich in der sprachüblichen Aufforderung „Wache auf“. Als solche werde sie von den angesprochenen Endverbrauchern ohne weiteres als schlagwortartige und anpreisende Sachangabe verstanden, die die belebende Wirkung der registrierten Waren herausstelle. Die angesprochenen Verkehrskreise entnähmen der Marke daher keinen betrieblichen Herkunftshinweis.

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Dagegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Die Schutz suchende Marke verfüge über hinreichende Unterscheidungskraft. In der Bedeutung der Aufforderung „WACH AUF“ sei die Wortfolge nicht geeignet, Eigenschaften der beanspruchten Waren unmittelbar zu beschreiben. Auch ein sonstiger Sachbezug ergebe sich dabei allenfalls auf der Grundlage mehrerer Gedankenschritte. Ferner könne die Marke auch in anderer Weise verstanden werden, insbesondere als Infinitivform „aufwachen, aufrütteln“. Zudem werde Kaffee aufgrund veränderter Gewohnheiten vorrangig als Genussmittel wahrgenommen, für das die belebende Wirkung von Koffein nicht im Vordergrund stehe. Insofern könne die Aufforderung „Wach auf“ auch darauf abzielen, sich diese veränderte Realität bewusst zu machen und Kaffee als Genußmittel zu konsumieren. Die Markeninhaberin weist ferner darauf hin, dass die IR Marke u. a. in Österreich Schutz genieße und vergleichbare andere Marken auch in Deutschland eingetragen worden seien.

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Die Markeninhaberin, die ankündigungsgemäß nicht an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 - Internationale Markenregistrierung - des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. November 2014 aufzuheben.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Markeninhaberin und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin steht der Erstreckung des Schutzes der international registrierten Marke IR 1 014774 auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klasse 30 das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegen, so dass die Markenstelle die Schutzerstreckung zu Recht gemäß §§ 119, 124, 113, 37 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, Art. 5 Abs. 1 PMMA i. V. m. Art. 6 B Nr. 2 quinquies PVÜ verweigert hat.

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Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH, GRUR 2004, 428 Rn. 30, 31 - Henkel; BGH, GRUR 2006, 850 Rn. 17 - FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH, GRUR 2006, 850 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH, GRUR 2004, 674 Rn. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH, FUSSBALL WM 2006 a. a. O.).

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Zumindest unter dem letztgenannten Gesichtspunkt fehlt der international registrierten Marke im Zusammenhang mit den registrierten Waren „coffee, instant coffee“ die Unterscheidungskraft.

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Der angesprochene Verkehr wird die englischsprachige Wortfolge „WAKE-UP“ ohne weiteres, d. h. ohne Überlegung oder relevanten Übersetzungsaufwand und ohne gedankliche Zwischenschritte, im Sinne von „aufwachen“ bzw. „Wach auf“ erfassen. Wortfolgen aus einfachsten englischen Wörtern sind auch im Inland insbesondere in der Produktwerbung derart präsent, dass der Verkehr mit der Bedeutung solcher Begriffe vertraut ist. Im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Waren wird der Verkehr diese Bezeichnung im Sinne einer werblich anpreisende Angabe dahingehend auffassen, dass diese Kaffeeprodukte insbesondere am Morgen genossen werden können, um das „Aufwachen“ zu erleichtern und damit einen guten Start in den Tag zu unterstützen.

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„Kaffee“ wird in vielfältiger und umfangreicher Weise entsprechend als „Wachmacher“ (siehe die Anlage 1 zum gerichtlichen Hinweis im Ladungszusatz vom 13. August 2015) und zur Unterstützung „beim Aufwachen“ (siehe Anlage 2 zum Ladungszusatz) beschrieben, wobei auch nicht selten die englischen Begriffe „wake up“ verwendet werden (siehe dazu Anlage 3).

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Soweit die Anmelderin die Auffassung äußert, dass es mehrerer Gedankenschritte bedürfe, um einen beschreibenden Zusammenhang zwischen der angemeldeten Bezeichnung und den beanspruchten Produkten herzustellen, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Aufgrund der klaren Bedeutung der angemeldeten Bezeichnung und des beschreibenden Zusammenhangs zwischen dieser Bezeichnung und den beanspruchten Produkten, nämlich in Bezug auf Wirkungen und Eigenschaften, bedarf es für den maßgeblichen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Endverbraucher weder einer analysierenden Betrachtungsweise noch eines vertieften Nachdenkens, um diesen rein sachlichen Bezug zwischen der Bezeichnung und den Produkten zu erkennen und zu erfassen. Derart einfache und auf der Hand liegende Zusammenhänge kann der verständige Verbraucher ohne weiteres herstellen. In solchen schlagwortartigen Begriffen zur Beschaffenheit und zu den Wirkungen von Produkten wird er regelmäßig keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft entsprechender Produkte erkennen.

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Soweit die Anmelderin auf identische bzw. vergleichbare Voreintragungen verweist, ist auf die dazu ergangene umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung des EuGH (vgl. GRUR 2009, 667 - Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229 Rn. 47-51 - BioID; GRUR 2004, 674 Rn. 42-44 - Postkantoor), des BGH (vgl. GRUR 2008, 1093 Rn. 18 - Marlene-Dietrich-Bildnis I) und des BPatG (vgl. z. B. GRUR 2009, 1175 - Burg Lissingen; MarkenR 2010, 139 - VOLKSFLAT und die Senatsentscheidung MarkenR 2010, 145 - Linuxwerkstatt) zu verweisen, wonach weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung gegeben ist (vgl. auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 58 und Rn. 59 mit zahlreichen weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine (an das Gesetz) gebundene Entscheidung, wobei selbst identische Voreintragungen nach ständiger Rechtsprechung nicht zu einem Anspruch auf Eintragung führen. Das Gericht und auch das Patentamt haben in jedem Einzelfall eigenständig zu prüfen und danach eine Entscheidung zu treffen. Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass eine inhaltlich-argumentative Auseinandersetzung mit bloßen Eintragungsentscheidungen nicht möglich ist, weil diese regelmäßig nicht begründet werden.

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Die Beschwerde der Anmelderin war daher zurückzuweisen.