Entscheidungsdatum: 27.05.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2010 051 813.6
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 27. Mai 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Grote-Bittner und des Richters Metternich
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. März 2011 aufgehoben, soweit die Anmeldung in Bezug auf die Waren Fertighäuser aller Ausbaustufen (soweit in Klasse 19 enthalten), im Wesentlichen bestehend aus nichtmetallischen Baumaterialien
zurückgewiesen worden ist.
I.
Angemeldet als Bildmarke ist das nachfolgend abgebildete Zeichen
für diverse Waren und Dienstleistungen der Klassen 6, 19 und 37. In der Klasse 19 hat die Anmelderin u. a. die Ware
Fertighäuser aller Ausbaustufen (soweit in Klasse 19 enthalten), im Wesentlichen bestehend aus nichtmetallischen Baumaterialien
in das von ihr am Anmeldetag, den 1. September 2010, eingereichte Waren- und Dienstleistungsverzeichnis eingestellt.
Nachdem die Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen Patent- und Markenamts, besetzt mit einem Beamten des gehobenen Dienstes, diese unter der Nummer 30 2010 051 813.8 geführte Anmeldung mehrfach beanstandet hat, hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 10. März 2011 (Bl. 17 ff. der Patentamtsakte) in der Klasse 19 die nachfolgend genannte Ware transportable Fertighäuser aller Ausbaustufen (soweit in Klasse 19 enthalten), im Wesentlichen bestehend aus nichtmetallischen Baumaterialien
beansprucht und erklärt, die ursprünglich eingereichte, eingangs genannte Warenformulierung beizubehalten und daneben die zuletzt genannte Formulierung weiterzuverfolgen.
Die Markenstelle hat die Anmeldung mit Beschluss vom 23. März 2011 teilweise, nämlich in Bezug auf die in der Klasse 19 beanspruchten Waren und hierbei in Bezug auf beide vorgenannten Formulierungen des Warenverzeichnisses zurückgewiesen.
Aus Sicht der Markenstelle entspricht diese Anmeldung nicht den formellen Erfordernissen der §§ 32, 36 MarkenG, 14 MarkenV, wobei sie zudem teilweise eine unzulässige Erweiterung aufweise. Der Begriff „Fertighäuser“ sei in der Klasse 19 nicht enthalten, auch wenn dies „vereinzelt“ anders entschieden worden sein sollte, und stelle keine hinreichend bestimmte Warenangabe dar. Außerdem könnten Gebäude keine Waren im markenrechtlichen Sinne sein. Der von der Anmeldung zusätzlich eingereichte Warenbegriff - transportable Fertighäuser aller Ausbaustufen (soweit in Klasse 19 enthalten), im Wesentlichen bestehend aus nichtmetallischen Baumaterialien – entspreche nicht den markenrechtlichen Vorgaben, weil es sich um eine unzulässige Erweiterung des ursprünglich eingereichten Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses handele. Auf Voreintragungen könne sich die Anmelderin nicht berufen.
Dagegen hat die Anmelderin Beschwerde erhoben.
In dem Schriftsatz vom 27. April 2011, mit welchem sie die Beschwerde erhoben hat, hat die Anmelderin ausdrücklich erklärt, dass die angemeldete Marke in der Klasse 19 für die Waren
Fertighäuser aller Ausbaustufen (soweit in Klasse 19 enthalten), im Wesentlichen bestehend aus nichtmetallischen Baumaterialien
eingetragen werden solle. Sie ist der Auffassung, dass Gebäude und insbesondere „Fertighäuser“ Waren im markenrechtlichen Sinne sein könnten, die der Verkehr in ihrer Gesamtheit einem bestimmten Hersteller zuordnen könne. Eine Ausgrenzung von Immobilien im Markenrecht sei nicht sachgerecht. Die im patentamtlichen Verfahren zusätzlich eingereichte Warenformulierung („transportable Fertighäuser…“) enthalte auch keine unzulässige Erweiterung, da der ursprünglich angemeldete Oberbegriff sowohl transportable, als auch nicht transportable Fertighäuser umfasse.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. März 2011 aufzuheben, soweit die Anmeldung in Bezug auf die Waren der Klasse 19
Fertighäuser aller Ausbaustufen (soweit in Klasse 19 enthalten), im Wesentlichen bestehend aus nichtmetallischen Baumaterialien
zurückgewiesen worden ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 64 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1 MarkenG). Sie ist auch begründet. Entgegen der Auffassung der Markenstelle stellt die Formulierung
Fertighäuser aller Ausbaustufen (soweit in Klasse 19 enthalten), im Wesentlichen bestehend aus nichtmetallischen Baumaterialien
in der Klasse 19 eine nach §§ 32 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG, 20 Abs. 1 und Abs. 2 MarkenV zulässige Warenbezeichnung dar.
1. Beschwerdegegenständlich ist ausschließlich die Warenangabe Fertighäuser aller Ausbaustufen (soweit in Klasse 19 enthalten), im Wesentlichen bestehend aus nichtmetallischen Baumaterialien.
Die Anmelderin hat diese, der ursprünglich eingereichten Fassung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses entsprechende Formulierung ausdrücklich als Gegenstand ihrer Beschwerde bezeichnet. Die weitere, von ihr mit Schriftsatz vom 10. März 2011 in das patentamtliche Verfahren eingeführte und dort erkennbar lediglich zusätzlich gegenüber und nicht anstelle der vorgenannten Warenangabe geltend gemachte Formulierung verfolgt sie im Beschwerdeverfahren nicht weiter, so dass die Zurückweisung der Anmeldung insoweit bestandskräftig geworden ist. Sie hat in dem Beschwerdeschriftsatz vom 27. April 2011 ausdrücklich erklärt, dass die angemeldete Marke für die vorgenannte Ware eingetragen werden solle, so dass sie – ungeachtet der Ausführungen in der Beschwerdebegründung zur Frage der unzulässigen Erweiterung im Zusammenhang mit der weiteren, von ihr eingereichten Warenformulierung – angesichts der eindeutigen Formulierung bei Beschwerdeeinlegung nur noch die vorgenannte Warenformulierung weiterverfolgt.
2. „Fertighaus“ stellt eine verkehrsübliche Bezeichnung für ein „aus vorgefertigten Bauteilen schlüsselfertig zusammengefügtes Haus“ dar (vgl. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/10271/fertighaus-v6.html). Ferner enthält die alphabetische Liste zur Nizzaer Klassifikation in der Klasse 19 die Ware „Fertighäuser (Bausätze)“ (vgl. Klassifikation von Nizza, 10. Ausgabe, S. 79). Zudem werden auf dem Markt auch sog. „mobile Fertighäuser“ angeboten, bei denen vorgefertigte Module angeliefert und „nur“ noch vor Ort aufgestellt werden.
Hiervon ausgehend bezeichnet der Begriff „Fertighaus“ eine Gesamtheit von vorgefertigten Teilen für die Erstellung eines Hauses, die auf dem jeweiligen Grundstück zusammengesetzt und mit diesem verbunden werden können, oder modular ausgestaltete, vorgefertigte Gebäude, die zum jeweiligen Standort angeliefert und dort aufgestellt werden können. Dann wird der Begriff „Fertighäuser aller Ausbaustufen (soweit in Klasse 19 enthalten), im Wesentlichen bestehend aus nichtmetallischen Baumaterialien“ einer Immobile markenrechtlich nicht gleichzusetzen sein. Zwar sind Fertighäuser – meist – bestimmungsgemäß danach ausgerichtet, wesentliche Bestandteile eines Grundstücks zu werden (§ 94 BGB), es sei denn, im Einzelfall kommt es zu einer nur vorübergehenden Verbindung mit einem Grundstück i. S. d. § 95 BGB, was gerade bei transportablen Fertighäusern denkbar ist. Würde es allerdings für die Gleichsetzung mit einer Immobilie ausreichen, dass eine Ware üblicherweise dazu bestimmt ist, mit einem Grundstück i. S. e. wesentlichen Bestandteils verbunden zu werden, so würde dies letztlich auf jedes Baumaterial im Rahmen der Klasse 19 zutreffen. Aus den oben genannten Gründen handelt es sich aber bei der Warenangabe „Fertighäuser aller Ausbaustufen (soweit in Klasse 19 enthalten), im Wesentlichen bestehend aus nichtmetallischen Baumaterialien“ um die Bezeichnung einer bereits vor Verbindung mit einem Grundstück verkehrsfähigen Ware.
Auf die Beantwortung der Frage, ob Immobilien markenrechtlich als Ware betrachtet werden können (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 3, Rdn. 10), kommt es somit vorliegend nicht an.
3. Aus den vorgenannten Gründen ist die Warenangabe „Fertighäuser aller Ausbaustufen (soweit in Klasse 19 enthalten), im Wesentlichen bestehend aus nichtmetallischen Baumaterialien“ auch als inhaltlich hinreichend bestimmt zu erachten.
Der angefochtene Beschluss der Markenstelle war nach alledem aufzuheben.