Entscheidungsdatum: 15.03.2017
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2012 020 511
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 15. März 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener und des Richters Dr. Nielsen
beschlossen:
Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
I.
Die am 16. März 2012 angemeldete Bezeichnung
DGVA
ist am 16. Mai 2012 unter der Nummer 30 2012 020 511 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister für nachfolgende Dienstleistungen eingetragen worden:
Klasse 36: Finanzwesen;
Klasse 38: Bereitstellung des Zugriffs auf Informationen im Internet, Bereitstellung von Internet Chatrooms.
Gegen die Eintragung der am 15. Juni 2012 veröffentlichten Marke hat die Widersprechende aus ihrer seit dem 1. Februar 1996 unter der Nummer 395 10 643 für die Dienstleistungen der Klasse 36
Vermögensberatung
eingetragenen Wortmarke
DVAG
am 10. September 2012 Widerspruch erhoben.
Die Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 7. Oktober 2014 die Gefahr von Verwechslungen im Sinn des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen den sich gegenüberstehenden Marken teilweise bejaht, die Teillöschung der angegriffenen Marke in Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 36 „Finanzwesen“ angeordnet und den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen.
Auf die von der Markeninhaberin zulässigerweise erhobene Nichtbenutzungseinrede habe die Widersprechende die Benutzung der Widerspruchsmarke für die maßgeblichen Zeiträume von Juni 2007 bis Juni 2012 sowie von Oktober 2009 bis Oktober 2014 für die Dienstleistungen der Klasse 36 „Vermögensberatung“ glaubhaft gemacht. Die Widersprechende firmiere als D… AG und verwende die Kurzform D… - wie aus der unternehmensinternen wie auch der externen Berichterstattung hervorgehe - als Abkürzung, teilweise als Zusatz zu ihrer Bezeichnung „Deutsche Vermögensberatung“, teilweise in Alleinstellung. Die Bezeichnung „D…“ werde jeweils auch in engem Zusammenhang mit der Dienstleistung der „Vermögensberatung“ verwendet. Es handle sich nicht nur um die Unternehmensbezeichnung der Widersprechenden, vielmehr sei die markenmäßige Benutzung insbesondere auch durch die Verwendung als Bestandteil der verschiedenen Internetadressen mit dem Bestandteil d… nachgewiesen. Ebenso verwendeten die der Vertriebsorganisation der D…- … AG angeschlossenen Direktionen und Geschäftsstellen, die gemäß der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Marketingdirektors der Widersprechenden vom 27. September 2013 in Bezug auf die Widerspruchsmarke nutzungsberechtigt seien, die Bezeichnung. Auch der Umfang, Zeitraum und der Ort der Benutzung gehe aus den eingereichten Unterlagen hervor, bei denen es sich um Pressemitteilungen sowie um Presse- und Zeitungsartikel der deutschen Wirtschafts- und Finanzfachpresse handele. Ebenso habe die Widersprechende für die Geschäftsjahre 2008, 2011 und 2012 Umsatzzahlen von jeweils über … Milliarde Euro jährlich bei jeweils über … Millionen Kunden mit steigender Tendenz angegeben.
Die Dienstleistung „Finanzwesen“ der jüngeren Marke sei identisch zu der Dienstleistung „Vermögensberatung“ der älteren Widerspruchsmarke. Das ergebe sich schon aus der Definition eines Vermögens- oder Finanzberaters als einer Berufsbezeichnung für einen Dienstleister, der Kunden bezüglich Geldanlagen, Kredite und Versicherungen berate. Am Ende der Beratung stehe häufig die Vermittlung eines oder mehrerer Finanzprodukte, so dass die Dienstleistung der Vermögensberatung unter den Oberbegriff des „Finanzwesen“ zu subsumieren sei. Der Widerspruchsmarke komme angesichts ihrer langjährigen Benutzung, der erzielten hohen Umsätze über einen mehrjährigen Zeitraum, der Anzahl der Kunden von über … Millionen in Deutschland, umfangreicher Berichterstattung und eines umfangreichen überregional bestehenden Vertriebsnetzes eine etwas gesteigerte Kennzeichnungskraft zu. Den angesichts dieser Ausgangslage sehr deutlichen Unterschied der Vergleichszeichen halte die jüngere Marke jedenfalls in klanglicher Hinsicht nicht ein. Es handele sich beiderseits um vierbuchstabige Abkürzungen, die in Einzelbuchstaben und damit klanglich viersilbig wiedergegeben würden, ihr jeweiliger Sprechrhythmus und die Betonung seien identisch. Die Lautfolgen „de-ge-vau-a“ und „de-vau-a-ge“ würden identisch in der ersten Silbe betont, die sich gerade bei den hier vorliegenden Phantasiebezeichnungen besonders einprägten. Die Silben seien jeweils identisch und bis auf die erste völlig übereinstimmende Silbe jeweils nur in einer Weise umgestellt, die einer anagrammatischen Klangrotation entspräche. Diese Umstellung einzelner Buchstaben und Silben könne Verwechslungen meist nicht ausschließen, weil sich der angesprochene Verkehr zwar an die einzelnen Elemente einer Bezeichnung, nicht aber an deren Reihenfolge erinnere. Das sich ergebende Gesamtklangbild sei erheblich mehr von den Gemeinsamkeiten und Annäherungen geprägt, als von den Unterschieden. Hinsichtlich der weiteren Dienstleistungen der jüngeren angegriffenen Marke der Klasse 38 fehle es an der erforderlichen Ähnlichkeit, sodass der Widerspruch insoweit keinen Erfolg habe.
Gegen die teilweise Löschungsanordnung der jüngeren angegriffenen Marke richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Zur Begründung ihrer Beschwerde führt sie aus, die Widersprechende habe die markenmäßige Benutzung der Widerspruchsmarke D… nicht nachgewiesen, auch fehle es an der erforderlichen Ähnlichkeit der Zeichen, sodass eine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu verneinen sei.
Eine Verwendung der Widerspruchsbezeichnung im Rahmen der Internetadressen www.dvag.de, www.dvag-beratung.de, www.dvag-altersvorsorge.de und www.dvag.presseservice.de reiche nicht aus, da diesen in erster Linie eine Adressfunktion zukäme und ein Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen fehle. Somit sei dort lediglich von einer firmenmäßigen Benutzung auszugehen. Zudem komme der Bezeichnung D… auf den Internetseiten selbst allein ein beschreibender Charakter zu, weil es sich um die Abkürzung der (beschreibenden) Langform „Deutsche Vermögensberatung“ verbunden mit dem ebenfalls beschreibenden Rechtsformzusatz „AG“ handele. Jedenfalls ergebe sich eine rein firmenmäßige Verwendung, denn die Abkürzung D… werde fast ausnahmslos entweder zusammen mit den Langformen „Deutsche Vermögensberatung“ oder mit dem entsprechenden Logo verwendet und dementsprechend nur als abgekürztes Unternehmenskennzeichen verstanden. Für die Annahme eines markenmäßigen Herkunftshinweises wäre eine besondere Hervorhebung oder eine räumliche Trennung von den weiteren Angaben zur Firma (bzw. der Langform) erforderlich, wovon bei der Verwendung der Buchstabenfolge D… beispielsweise im unteren Bereich der Webseiten im Kleingedruckten nicht auszugehen sei. Auch eine Verwendung der Bezeichnung durch die mit der Widersprechenden verbundenen selbständigen Vermögensberater begründe keine markenmäßige Benutzung, weil die Berater die Abkürzung D… ebenfalls lediglich als Firmenbestandteil verwendeten (z. B. D… Geschäftsstelle + Namensangabe), was kei- nen Rückschluss auf die konkret angebotenen Dienstleistungen erlaube. Auch werde die Widerspruchsmarke nahezu ausschließlich als Zusatz zu der Unternehmensbezeichnung „Deutsche Vermögensberatung“ und damit in abgewandelter Form verwendet, was keine rechtserhaltende Benutzung gemäß § 26 Abs. 3 MarkenG darstelle. Ebenso wenig könne der Widerspruchsmarke eine gesteigerte Kennzeichnungskraft zugebilligt werden. Im Gegenteil seien Buchstabenfolgen, die die Abkürzung einer beschreibenden Langform darstellten, kennzeichnungsschwach oder sogar schutzunfähig. Eine rein firmenmäßige Nutzung könne ohnehin die Kennzeichnungskraft einer Marke nicht steigern. Schließlich seien zahlreiche ähnliche Zeichen Dritter im Register eingetragen und würden benutzt, was ebenso zur Kennzeichenschwäche der Widerspruchsmarke beitrage. Den erforderlichen nicht sehr deutlichen Abstand zu der Widerspruchsmarke halte die angegriffene Marke problemlos ein. Es handele sich um Kurzzeichen, die üblicherweise besser und genauer in der Erinnerung blieben. Klanglich seien ausreichende Unterschiede der Vergleichszeichen vorhanden. So seien insbesondere der Sprechrhythmus und die Betonung der Zeichen unterschiedlich. Die angegriffene jüngere Marke D… werde angesichts der Konsonantenabfolge „DGV“ eher abgehackt wiedergegeben als [de:ge:vau-a] mit einer Betonung im Wortanfang, wohingegen die Widerspruchsmarke demgegenüber klanglich eher fließend als [de-vau-a-ge] und unbetont am Wortanfang wiedergegeben werde.
Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 vom 7. Oktober 2014 aufzuheben, soweit die Löschung der angegriffenen Marke für die Dienstleistung „Finanzwesen“ angeordnet worden ist und den Widerspruch aus der Marke 395 10 643 auch insoweit zurückzuweisen.
Die Widersprechende beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Einrede der Nichtbenutzung ginge ins Leere, da die Widersprechende mit den eingereichten Unterlagen eine seit vielen Jahren bestehende, intensive und umsatzstarke markenmäßige Benutzung der Widerspruchsmarke für die beanspruchten Dienstleistungen nachgewiesen habe. Sie betreibe unter der Internetadresse „www.dvag.de“ eine Internetseite, auf der sich Kunden und andere Interessierte über das von ihr erbrachte Dienstleistungsangebot informieren könnten. Die Adresse führe insofern zu den Dienstleistungen der „Vermögensberatung“, die im Einzelnen dargestellt würden. Somit sei eine markenmäßige Verwendung der Bezeichnung gegeben.
Auch sei, anders als die Markeninhaberin meint, die Bezeichnung „D…“ ohne beschreibende Bedeutung, denn es könne nicht unterstellt werden, dass der Verbraucher das Zeichen ohne Vorkenntnisse mit der „D…- … AG“ in Verbindung bringe. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei von Haus aus durchschnittlich. Eine Schwächung durch die von Seiten der Markeninhaberin angesprochenen Drittzeichen bestehe nicht, da der hierfür erforderliche Nachweis, dass bei dem angesprochenen Verkehrskreis eine Gewöhnung eingetreten sei, nicht erbracht worden sei.
Ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist von keiner Beteiligten gestellt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die nach 66 Abs. 1 MarkenG, § 64 Abs. 6 Satz 1 statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Markeninhaberin ist nicht begründet. Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin besteht zwischen den Vergleichsmarken hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 36 „Finanzwesen“ eine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle insoweit zu Recht die Löschung der angegriffenen jüngeren Marke gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG angeordnet hat. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
1. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. hierzu z. B. EuGH GRUR 2010, 933 Rn. 32 - BARBARA BECKER; GRUR 2010, 1098 Rn. 44 - Calvin Klein/HABM; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 - pjur/pure; GRUR 2013, 833 Rn. 30 - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2016, 382 Rn. 19 - BioGourmet). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der relevanten Vergleichsprodukte (Waren und/oder Dienstleistungen), die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. dazu EuGH GRUR 2008, 343 Rn. 48 - Il Ponte Finanziaria Spa/HABM; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 - pjur/pure; siehe auch Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 9 Rn. 41 ff. m. w. N.). Darüber hinaus können sich für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren entscheidungserheblich auswirken, wie u. a. etwa die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.
Nach diesen Grundsätzen besteht zwischen der angegriffenen Marke und der älteren Widerspruchsmarke in Bezug auf die Dienstleistungen „Finanzwesen“ der angegriffenen jüngeren Marke eine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
a. Die Widersprechende konnte auf die von der Markeninhaberin am 18. Juli 2013 wirksam erhobene und gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG zulässige Nichtbenutzungseinrede die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für die Dienstleistung der „Vermögensberatung“ für die maßgeblichen Zeiträume vom 15. Juni 2007 bis zum 15. Juni 2012 und von März 2012 bis März 2017 glaubhaft machen.
Nach der maßgebenden Rechtsprechung des BGH erfordert bei einer Dienstleistungsmarke die Beurteilung der Frage, ob sie rechtserhaltend benutzt worden ist, eine besondere Betrachtung, weil bei ihr anders als bei einer Warenmarke eine körperliche Verbindung zwischen der Marke und dem Produkt nicht möglich ist (vgl. BGH GRUR 2008, 616 Rn. 13 - AKZENTA). Als Benutzungshandlungen im Sinn des § 26 MarkenG kommen daher grundsätzlich nur die Anbringung der Marke am Geschäftslokal sowie eine Benutzung auf solchen Gegenständen in Betracht, die bei der Erbringung der Dienstleistung zum Einsatz gelangen, wie beispielsweise auf Geschäftspapieren, Prospekten, Preislisten, Rechnungen, Ankündigungen und Werbematerialien (vgl. BGH GRUR 2008, 616 Rn. 13 – AKZENTA, GRUR 1985, 41 – REHAB; BPatGE 40, 192, 198 – AIG; Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 26 Rn. 45; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 26 Rn. 72). Voraussetzung dabei ist, dass der Verkehr die konkrete Benutzung des Zeichens zumindest auch als Herkunftshinweis versteht. Es muss also erkennbar sein, dass mit der Verwendung der Bezeichnung nicht nur der Geschäftsbetrieb benannt, sondern auch eine Leistung bezeichnet wird, die aus diesem stammt. Ebenso muss sich die Benutzung auf eine bestimmte Dienstleistung beziehen, was voraussetzt, dass der angesprochene Verkehr ersehen kann, auf welche konkrete Dienstleistung sich der Kennzeichengebrauch bezieht. Zudem stimmen gerade bei Dienstleistungsanbietern ihr Unternehmensname und die Marke oft überein, so dass die firmenmäßige Benutzung und die markenmäßige Benutzung bei Dienstleistungsmarken häufiger ineinander übergehen. Soweit den angesprochenen Verkehrskreisen keine eindeutigen Anhaltspunkte gegenübertreten, die sie zur Annahme einer Verwendung ausschließlich als Unternehmenskennzeichen zwingen, werden sie daher regelmäßig eine sowohl die Leistungen, als auch das Unternehmen bezeichnende Bedeutung annehmen (vgl. BGH GRUR 2008, 616 Rn. 13 AKZENTA; Ströbele/Hacker, a. a. O. § 26 Rn. 23 m. w. N. und Rn. 49).
Die Widersprechende hat im Verfahren vor dem Patent- und Markenamt diverse Unterlagen eingereicht, unter anderem Snapshots ihres Internetauftritts (Anlage W 1 und Anlage W 2 zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 12. Oktober 2013), Werbe- und Pressemitteilungen aus den Jahren 2012 und 2013 (Anlagen W 4, W 6 zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 12. Oktober 2013) sowie Berichte über die Widersprechende beispielsweise in der „Börsen-Zeitung“ vom 19. April 2013 mit den Konzernumsatzzahlen von 2012 und 2011 (Anlage W 11 zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 12. Oktober 2013), in „Vertrieb & Praxis“ vom 18. April 2013 mit Umsatzzahlen von 2011 und 2012 sowie dem „Handelsblatt“ vom 30. März 2009 mit Zahlen aus dem Jahr 2008 (Anlagenkonvolut W 7 zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 12. Oktober 2013). Aus der Gesamtschau der Unterlagen ergibt sich, dass die Widersprechende unter der Bezeichnung D… als Finanzdienstleister und sogenannter Allfinanzspezialist mit dem Verkauf von Finanzprodukten wie Lebensversicherungen, Bausparverträgen oder -darlehen und Investmentanlagen allein für die Jahre 2008, 2011 und 2012 nachgewiesene Umsatzzahlen von jeweils über … Milliarde € in Deutschland erwirtschaftet hat, was zweifellos eine ausreichend umfangreiche Benutzung in den maßgeblichen Jahreszeiträumen von 2007 bis 2017 darstellt. Neben der Widersprechenden selbst haben diese Dienstleistungen in den Jahren 2011 und 2012 auch über 35.000 selbständige Vermögensberater, die ausweislich der eidesstattlichen Versicherung des Marketingdirektors der Widersprechenden vom 27. September 2013 zur Nutzung der Widerspruchsbezeichnung berechtigt sind und waren (wobei der Zeitraum nicht genau spezifiziert ist), erbracht (Anlage W 9 zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 12. Oktober 2013). Aus den vorgelegten Unterlagen geht auch die Art der Nutzung der Marke hervor. So werden im Internetauftritt die Dienstleistungen der Widersprechenden zwar nicht ausschließlich unter der Widerspruchsmarke, aber doch in ausreichendem Umfang auch unter der Abkürzung DVAG informatorisch-werblich angepriesen (www.dvag.de, www.dvag-beratung.de - Anlagen W 1, W 2 zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 12. Oktober 2013). Ebenso zeigen die Presseinformationen und Pressemitteilungen (Anlagen W 4 und W 6 zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 12. Oktober 2013) sowie die Marketing- und Werbeauftritte (D… J…, D… M…; D… R… - (Anlage W 8 zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 12. Oktober 2013) eine Verwendung der Widerspruchsbezeichnung. Dass darüber hinaus die Widersprechende daneben mit ihrer zum Teil auch mit einer Grafik ausgestalteten Unternehmensbezeichnung „D…“ auftritt oder D… im Sinn eines Akronyms in Klammern neben der Langform der Firmenbezeichnung stehend verwendet, beeinträchtigt das Verständnis einer kennzeichnenden Benutzung des Kürzels D… nicht in der Weise, dass von einer unzureichenden oder sogar fehlenden rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke auszugehen wäre. Anders als die Markeninhaberin meint, stellt auch die Verwendung der Bezeichnung D… als Bestandteil einer Internetadresse eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke dar, wenn die mit der Marke beworbenen Dienstleistungen tatsächlich auch unter der über die Domain abrufbaren Webseite angeboten werden, was vorliegend ausweislich der eingereichten Anlage W 2 der Fall ist (StRspr, vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 26 Rn. 71 m. w. N.).
Insoweit ist ausreichend glaubhaft gemacht, dass die Bezeichnung D… nach Maßgabe der von der Rechtsprechung geforderten Voraussetzungen für die Benutzung einer Dienstleistungsmarke in relevantem Umfang durch die Widersprechende bzw. dazu berechtigte Vermögensberater funktionsgemäß als Marke für den Verkauf von Finanzprodukten, die unter die von der Widerspruchsmarke geschützten Dienstleistungen der „Vermögensberatung“ fallen, benutzt worden ist.
Aus dem Umstand, dass die Widersprechende den Markennamen als Unternehmenskennzeichen führt, kann nicht geschlossen werden, dass die Verwendung - zugleich - als Unternehmenskennzeichen die Verwendung als Marke grundsätzlich ausschließt. Die angesprochenen Verkehrskreise haben vorliegend keine eindeutigen Anhaltspunkte dafür, dass die Verwendung der Bezeichnung im Zusammenhang mit dem herausgestellten Dienstleistungsangebot ausschließlich als Firmenkennzeichen erfolgt, so dass selbst im Zweifel jedenfalls auch von einer markenmäßigen Benutzung auszugehen ist (BGH GRUR 2001, 344, 345 - DB Immobilienfonds).
In der gebotenen Gesamtschau der eingereichten Unterlagen ist deshalb von einer markenmäßigen Benutzung der Widerspruchsmarke „D…“ für unter die Dienstleistungen der „Vermögensberatung“ fallenden Dienstleistungen auszugehen.
b. Die sich danach beschwerdegegenständlich gegenüberstehenden Dienstleistungen „Finanzwesen“ der angegriffenen jüngeren Marke und die Dienstleistungen der „Vermögensberatung“ der älteren Widerspruchsmarke sind identisch. Denn die Dienstleistungen des „Finanzwesen“ der jüngeren Marke umfassen oberbegrifflich auch die insoweit spezielleren Dienstleistungen der „Vermögensberatung“.
c. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist durchschnittlich. Die originäre Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2010, 228 Rn. 33 - Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; GRUR 2010, 1096 Rn. 31 - BORCO/HABM [Buchstabe α]; BGH GRUR 2010, 935 Rn. 8 - Die Vision; GRUR 2015, 1127 - ISET/ISETsolar). Marken, die über einen für die jeweiligen Waren oder Dienstleistungen erkennbar beschreibenden Anklang verfügen, haben regelmäßig nur geringe originäre Kennzeichnungskraft (vgl. BGH GRUR 2008, 258 Rn. 24 - INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2012, 1040 Rn. 29 - pjur/pure). Eine Buchstabenfolge verfügt im Regelfall von Haus aus über normale Unterscheidungskraft, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine Stärkung oder Schwächung der Unterscheidungskraft bestehen (vgl. BGH GRUR 2002, 626, 628 - IMS; GRUR 2002, 1067, 1068 f. - DKV/OKV; GRUR 2011, 831 Rn. 18 - BCC).
Die Widersprechende beruft sich zwar auf eine langjährige und intensive Benutzung der Widerspruchsmarke. Allerdings zeigen die von ihr eingereichten Benutzungsunterlagen, dass die Widersprechende ihre Dienstleistungen nicht allein unter der Bezeichnung D… anbietet, sondern daneben ebenso unter der Wort - / Bildgestaltung , zum Teil versehen mit dem weiteren Zusatz „Vermögensaufbau für jeden!“ bzw. unter der Bezeichnung „D… – D… …“. Insoweit können der Vortrag einer langjährigen und intensi- ven Benutzung und die dazu eingereichten Unterlagen, die sich nicht ausschließlich auf eine Verwendung der Widerspruchsmarke beziehen, eine gesteigerte Kennzeichnungskraft in Bezug auf die Widerspruchsmarke nicht in ausreichender Weise belegen.
Andererseits sind, anders als die Markeninhaberin meint, aber auch keine Anhaltspunkte für eine Schwächung der Kennzeichnungskraft erkennbar.
Zunächst leidet die nicht als Wort aussprechbare Buchstabenzusammenstellung „D…“ nicht schon deshalb an einer ursprünglichen Kennzeichnungsschwäche, weil Buchstabenfolgen und Abkürzungen auf dem Finanzsektor weit verbreitet verwendet werden und der Verkehr an sie gewöhnt ist (vgl. dazu insbesondere BGH GRUR 2002, 1067, 1068 f. – DKV/OKV).
Auch der Auffassung der Markeninhaberin als Abkürzung der beschreibenden Bezeichnung „D… AG“ sei die Widerspruchsmarke beschrei- bend und kennzeichnungsschwach, kann nicht gefolgt werden. Zwar können Marken, bei denen es sich um aussprechbare Akronyme oder Abkürzungen einer Sachangabe handelt, dann als beschreibende Angaben kennzeichnungsschwach sein, wenn sie von den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht als Phantasiebezeichnungen wahrgenommen, sondern als Akronyme oder Abkürzungen erkannt und in ihrer sachlichen Bedeutung verstanden werden, und diese sachliche Bedeutung die für die betreffende Marke beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibt oder dazu in einem engen beschreibenden Zusammenhang steht (vgl. BGH GRUR 2002, 626 ff. – IMS). Davon kann vorliegend aber keine Rede sein. Selbst wenn die hier angesprochenen Verbraucherkreise auf Grund der Übereinstimmung der großgeschriebenen Anfangsbuchstaben D… mit der Unternehmensbezeichnung „D… AG“ der Widerspruchsbezeichnung eine bestimmte Bedeutung beimessen würden, erschließt sich diese Bedeutung aber regelmäßig nur dann, wenn D… in enger tatsächlicher Verbin- dung mit der nachfolgenden Bezeichnung steht. Denn nur dann kann die Buchstabenabkürzung als eine sinnvoll auf die nachfolgende Wortfolge bezogene Bezeichnung überhaupt wahrgenommen werden (vgl. hierzu EuGH, GRUR 2012, 616 - Eintragungsfähigkeit von Abkürzung mit beschreibender Wortfolge: NAI-Der Natur-Aktien-Index, Multi Markets Fund MMF). Die Widerspruchsmarke selbst besteht aber ausschließlich aus der Buchstabenfolge und dieser ist ein beschreibendes Verständnis in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen nicht zu entnehmen.
Auch eine Schwächung durch eingetragene und ähnliche Drittmarken kann nicht festgestellt werden. Bei den von der Markeninhaberin angeführten eingetragenen Marken, die ausweislich der zum Schriftsatz vom 15. Januar 2015 eingereichten Internetauszüge zum Teil offenbar auch benutzt werden, handelt es sich zwar ebenso um aus vier Buchstaben bestehende Wortfolgen. Diese werden mehrheitlich aber - anders als die eigenständig als Kurzwort eingetragene Widerspruchsmarke - regelmäßig (nur) als eng mit der nachfolgenden ausgeschriebenen Wortfolge verbundene Akronyme verwendet und sind dementsprechend auch bereits nicht als eigenständiges Kurzwort eingetragen, noch werden sie in eigenständiger Form isoliert von der Langfassung benutzt. Insofern muss bereits bezweifelt werden, ob durch sie tatsächlich eine Gewöhnung beim angesprochenen Verkehr in der Weise eingetreten sein kann, dass dieser wegen des Nebeneinanderbestehens mehrerer ähnlicher Buchstabenkurzzeichen sorgfältiger auf die jeweiligen Unterschiede achtet.
d. Den angesichts identischer Dienstleistungen zu fordernden strengen Anforderungen an den Markenabstand wird die jüngere Marke trotz eines im Hinblick auf die finanziellen Auswirkungen der Finanzdienstleistungen zumindest leicht erhöhten Aufmerksamkeitsgrads der angesprochenen allgemeinen Verbraucher bei Inanspruchnahme der Dienstleistungen nicht gerecht.
Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im (Schrift-)Bild, im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche. Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Abzustellen ist dabei auf die Wahrnehmung des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers, der eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (so zuletzt BGH in GRUR 2016, 283 Rn. 37 – BioGourmet m. w. N.).
Die Vergleichsmarken kommen sich in klanglicher Hinsicht zu nahe. Es handelt sich bei ihnen um die aus Einzelbuchstaben bestehenden Buchstabenkombinationen D… bei der angegriffenen Marke bzw. D… bei der Widerspruchsmarke, die schon wegen der Abfolge der Anfangskonsonanten DG bzw. DV jedenfalls nicht als Wort aussprechbar sind. Die Vergleichsmarken werden daher übereinstimmend vornehmlich als Einzelbuchstaben bzw. deren Laute wiedergegeben. Klanglich stehen sich damit die Zeichen „De-ge-vau-a“ und „De-vau-a-ge“ gegenüber. Die Bezeichnungen sind bei identischem Zeichenanfang im Lautbestand absolut identisch, allein die Reihenfolge der zweiten bis vierten Buchstaben bzw. Laute ist unterschiedlich. Bei einer identischen Anfangssilbe und weiteren identischen Silben, insbesondere der auffälligeren Lautfolge „vau“, die bei den Bezeichnungen an zweiter bzw. an der dritten Stelle folgt, fallen die Unterschiede in der Abfolge der Buchstaben angesichts der ansonsten identischen Buchstaben bzw. Klangsilben im Klangbild insgesamt nicht ausreichend ins Gewicht, um eine klangliche Verwechslung auszuschließen, weil der Verkehr die Vergleichszeichen regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und unmittelbar miteinander vergleichen kann. Maßgeblich ist die eher undeutliche Erinnerung. Deshalb kann die Umstellung bzw. Veränderung der Abfolge von Markenbestandteilen die Verwechslungsgefahr in einer erheblichen Zahl von Fällen nicht ausschließen. Der Durchschnittsverbraucher merkt sich bei flüchtiger Wahrnehmung der Zeichen häufig nicht die genaue Reihenfolge der Einzelbestandteile und ist deshalb versucht, bei identischem Lautbestand von Marken – jedenfalls bei gleichem Anfangslaut – bei der Begegnung mit der ihm bislang noch nicht „bekannten“ Marke die früher gehörte Marke wiederzuerkennen (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 9 Rn. 249 und 270 jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Die Einschätzung der Markeninhaberin, wonach die unterschiedliche Anfangskonsonantenabfolge „De-ge“ und „De-vau“ zu einer unterschiedlichen Betonung der Zeichen führe (vgl. BGH GRUR 2002, 1067 - DKV/OKV), teilt der Senat im Übrigen nicht, zumal alle im Bereich der Wahrscheinlichkeit liegenden Aussprachemöglichkeiten zu berücksichtigen sind.
Die Beschwerde der Markeninhaberin war somit zurückzuweisen.
2. Zur Auferlegung der Kosten aus Gründen der Billigkeit gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG besteht bei der vorliegenden Sachlage keine Veranlassung.
3. Über die Beschwerde konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. Eine solche war weder von den Beteiligten beantragt noch aus Gründen der Sachdienlichkeit veranlasst, § 69 Nr. 1 und Nr. 3 MarkenG.