Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 26.04.2018


BPatG 26.04.2018 - 25 W (pat) 5/15

Markenbeschwerdeverfahren – zur Eintragung von Rechtsübergängen in das Markenregister des DPMA – Zweifel an der Markenübertragung – zur Vereitelung einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
26.04.2018
Aktenzeichen:
25 W (pat) 5/15
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2018:260418B25Wpat5.15.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marken …, … und …

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 26. April 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener und des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt mit der vorliegenden Beschwerde die Aufhebung der Beschlüsse der Markenabteilung, mit denen der Antrag zurückgewiesen wurde, bezüglich der drei Marken mit den Registernummern …, … und … einen Rechtsübergang in das Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) einzutragen.

2

Der Antragsteller ist als Inhaber der drei vorstehend bezeichneten Marken im Register eingetragen. Er beantragte gemeinsam mit der Beteiligten zu 2., der A… Inc. K… (nachfolgend: die Beteiligte A…), diese vertreten durch den Antragsteller, mit Schriftsatz vom 28. Januar 2014, den Rechtsübergang der Marken auf die Beteiligte A… einzutragen. Dem Umschreibungsantrag war eine Vertragsurkunde beigefügt, welche vom 24. November 2012 datierte und vom Antragsteller einmal im eigenen Namen handelnd und einmal im fremden Namen als Vertreter der Beteiligten A… handelnd unterschrieben war. Ausweis- lich der Vertragsurkunde wurden u. a. die drei beschwerdegegenständlichen Marken mit Wirkung zum 24. November 2012 vom Antragsteller auf die Beteiligte A… übertragen. Zur Vergütung war in § 4 der Vertragsurkunde wörtlich ausge- führt: „Eine Vergütung entfällt, da in ursprünglicher Absicht der Beteiligten gewesen ist, dass der Veräußerer die Vertragsmarken für die A… Inc. anmeldet“.

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Bereits vor dem Eingang des Umschreibungsantrages beim DPMA hatte der Beteiligte zu 1., Herr Rechtsanwalt T… (nachfolgend: der Beteiligte T…), am 17. Oktober 2013 gegen den Antragsteller einen Pfändungsbeschluss des Amtsgerichts Berlin Mitte erwirkt (Az. …), der u. a. die drei streitgegenständlichen Marken umfasste und dem Antragsteller am 16. Januar 2014 zugestellt worden ist. Der Beteiligte T… teilte dem DPMA die Pfändung der beschwerdegegenständlichen Marken mit Schriftsatz vom 20. Januar 2014 mit. Hintergrund des Pfändungsbeschlusses war der Umstand, dass der Antragsteller gegenüber der nunmehr insolventen A1… GmbH mit Sitz in M… (nachfolgend Gesamtschuldnerin) zur Zahlung eines bestimmten Geldbetrages verpflichtet war. Im Zuge des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesamtschuldnerin war der Beteiligte T… zum Insolvenzverwalter bestellt worden.

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Die Markenabteilung 3.1. des DPMA wies den Antrag auf Eintragung eines Rechtsübergangs mit zwei Beschlüssen vom 2. September 2014 und vom 27. Oktober 2014 zurück, wobei letzterer Beschluss im Erinnerungsverfahren ergangen ist. Zur Begründung ist ausgeführt, dass gem. § 27 Abs. 3 MarkenG begründete Zweifel daran bestünden, dass ein entsprechender Rechtsübergang stattgefunden habe. Dabei könnten die Frage, ob der Vertrag vom 24. November 2012 ein nach § 181 BGB unzulässiges Insichgeschäft darstelle oder die Frage nach der Zeichnungsberechtigung des Antragstellers im Namen der Beteiligten A… dahingestellt bleiben. Wegen des Pfändungsbeschlusses des Amtsgerichts Berlin Mitte bestünden Hinweise dafür, dass im Zeitpunkt der Pfändung noch kein Rechtsübergang stattgefunden gehabt habe. Denn es hätte für die Beteiligte A… nahegelegen, sofern sie die Markenrechte bereits im Jahr 2012 erworben haben sollte, mit einem geeigneten Rechtsmittel, etwa einer Drittwiderspruchsklage, gegen den Pfändungsbeschluss vorzugehen. Die Beteiligte A… habe aber den Pfändungsbeschluss rechtskräftig werden lassen. Auch aus der Zeitspanne zwischen dem vorgeblichen Vertrag vom 24. November 2012 und der Stellung des Umschreibungsantrags vom 28. Januar 2014 ergäben sich Zweifel an dem Rechtsübergang. Gleiches gelte für die Tatsache, dass der Umschreibungsantrag nur wenige Tage nach der Pfändung der Marken gestellt worden sei. Weiterhin sei unklar, auf welchem schuldrechtlichen Kausalgeschäft die Übertragung der Marken beruhe. Soweit in dem Vertrag ausgeführt werde, dass der Antragsteller die Marken für die weitere Beteiligte habe anmelden sollen, werde diese Behauptung nicht durch weitere Nachweise gestützt. Es sei weiterhin widersprüchlich, dass zugleich vom Antragsteller behauptet werde, dass die „weltweiten“ Markenrechte der Beteiligten A… zustünden. Dem Angebot des Antragstellers, ihn selbst als Zeugen für den Rechtsübergang zu vernehmen, sei im registerrechtlichen Umschreibungsverfahren als einem Massenverfahren nicht nachzugehen.

5

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde. Es bestünden keine berechtigten Zweifel an dem Rechtübergang. Der Beteiligten A… stünden die „älteren Rechte“ an den Marken zu. Deshalb seien die Marken mit dem Vertrag vom 24. November 2012 an die Beteiligte A… lediglich „zurückgegangen“. Auch in der Zeit, in der der Antragsteller als Markeninhaber eingetragen gewesen sei, hätten der Beteiligten A… die „erstrangigen Rechte“ an den Marken zugestanden. Vor diesem Hintergrund sei es fraglich, ob in Deutschland eine von den internationalen Rechten der Beteiligten A… abweichende Rechtslage bestehen könne. Diese Frage könne aber dahingestellt bleiben, weil die Rechte an den Marken mit dem Vertrag vom 24. November 2012 ohnehin an die Beteiligte A… zurückübertragen worden seien und somit wieder in einer Hand lägen. Im Übrigen könne für den Rechtsübergang auch Zeugenbeweis erbracht werden. Dazu stünden der Antragsteller selbst und gegebenenfalls Herr J…, ein Repräsentant der Beteiligten A…, zur Verfügung. Es gebe keinen Grund, die Eignung des Antragstellers als Zeuge in Zweifel zu ziehen. Der Nachweis der älteren Rechte der Beteiligten A… werde im Übrigen schon dadurch geführt, dass die Gesamtschuldnerin in dutzenden Franchiseverträgen erklärt habe, dass sie diese Verträge im Namen und mit Vollmacht der Beteiligten A… schließe, die Inhaberin der k… Wortmarke „…“ (K… Registernummer …) sei. Die Gesamtschuldnerin habe in den Verträgen darauf hingewiesen, dass hinter der Marke „…“ nicht sie, sondern die Beteiligte A… stehe. Insoweit müsse die Frage gestellt werden, ob diese Angaben im Franchisevertrag falsch gewesen seien oder ob der Beteiligte T… nunmehr falsch vortrage.

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Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

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die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. September 2014 und vom 27. Oktober 2014 aufzuheben.

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Die Beteiligte A… hat sich im Verfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

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Der Beteiligte T… beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

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Es bestünden schon deswegen begründete Zweifel am behaupteten Rechtsübergang, weil zwischen dem Übertragungsvertrag vom 24. November 2012 und dem Umschreibungsantrag vom 28. Januar 2014 eine längere Zeitspanne vergangen sei. Zudem sei die angebliche Erwerberin nicht gegen den Pfändungsbeschluss des Amtsgerichts Berlin Mitte vorgegangen. Aus dieser Untätigkeit sei zu schlussfolgern, dass sie nicht Inhaberin der gepfändeten Marken sei. Im Übrigen werde bestritten, dass die Beteiligte A… die Inhaberin „der älteren Rechte“ sei. Dieser Vortrag sei auch widersprüchlich, da in diesem Fall kein Übertragungsvertrag erforderlich gewesen wäre. Das DPMA habe zu Recht keine Zeugen angehört. Dies sei mit dem registerrechtlichen Verfahren nicht vereinbar. Zudem habe der Antragsteller nur sich selbst als Zeugen benannt. Der Zeuge Herr J… sei nicht hinreichend individualisierbar, so dass aus diesem Grund auch dieses Beweisangebot zurückgewiesen werden müsse. Im Übrigen würde die Übertragung der Markenrechte, wenn eine solche erfolgt sein sollte, die Gläubiger des Antragstellers erheblich benachteiligen. Da die Übertragung der Marken unentgeltlich erfolgt sein solle, sei sie nach § 4 Abs. 1 AnfG anfechtbar. Die Übertragung sei im Übrigen auch wegen eines Verstoßes gegen das Verbot des Insichgeschäfts nach § 181 BGB unwirksam.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschlüsse der Markenabteilung, die Schriftsätze der Beteiligten, den Hinweis des Senats vom 29. Januar 2018 und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

II.

13

Die nach § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Antragstellers bleibt in der Sache ohne Erfolg. Es bestehen durchgreifende Zweifel daran, dass die beschwerdegegenständlichen Marken vom Antragsteller auf die Beteiligte A… übertragen worden sind, so dass das DPMA den Antrag auf Eintragung eines Rechtsübergangs zu Recht zurückgewiesen hat.

14

Zunächst kann auf die zutreffenden Ausführungen des DPMA Bezug genommen werden, wonach der vorgebliche Übertragungsvertrag vom 24. November 2012 datiert, während der Antrag auf Eintragung des Rechtsübergangs erst mehr als ein Jahr später gestellt wurde, nämlich am 28. Januar 2014 (vgl. hierzu BPatG GRUR-RR 2008, 261, 262 – Markenumschreibung; BPatG Beschluss vom 5. Mai 2010, 26 W (pat) 97/08 – LIENIG; die letztgenannte Entscheidung ist über die Homepage des Bundespatengerichts öffentlich zugänglich). Darüber hinaus fällt auf, dass der Antrag auf Umschreibung kurz nach dem Eingang des Pfändungsbeschlusses beim DPMA gestellt wurde. Da der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren nicht nachvollziehbar dargelegt hat, weshalb der Umschreibungsantrag nicht unmittelbar nach dem vorgeblichen Übertragungsvertrag gestellt wurde, liegt es nahe, dass der Übertragungsvertrag nachdatiert wurde und lediglich dem Bemühen geschuldet war, die Zwangsvollstreckung das Vermögen des Antragstellers zu vereiteln. Für die Absicht der Vereitelung der Zwangsvollstreckung spricht auch die Tatsache, dass der vorgebliche Übertragungsvertrag vom Antragsteller im Wege eines Insichgeschäfts im Sinne des § 181 BGB abgeschlossen wurde und keine Gegenleistung vorsieht, die gegebenenfalls vom Beteiligten T… hätte gepfändet werden können. Der Senat hat den Antragsteller mit Schreiben vom 29. Januar 2018 weiterhin darauf hingewiesen, dass er nichts zu der Frage vorgetragen habe, wer Geschäftsführer der weiteren Beteiligten A… sei, in welchem Verhältnis der Antragsteller zu dieser Firma stehe und woraus er seine Vertretungsmacht bzw. die Berechtigung zum Abschluss von Insichgeschäften ableite. Ein Auszug aus dem k… Handelsregister ist nicht vorgelegt worden. Auch dieser Umstand, der darauf schließen lässt, dass es sich bei der Beteiligten A… lediglich um eine Firma handelt, die als Strohmann fungiert, legt die Absicht nahe, die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Antragstellers zu vereiteln.

15

Soweit sich der Antragsteller darauf beruft, dass eine Vergütung für die Übertragung der Marken nicht vereinbart worden sei, weil die Beteiligte A… die „älte- ren“ Rechte habe bzw. die Marken eigentlich für diese Gesellschaft hätten angemeldet werden sollen, ist auch dies nicht nachvollziehbar. Zum einen wurde die Marke … bereits im Jahr 2004 angemeldet und für den Antragsteller ein- getragen. Wenn es die ursprüngliche Absicht des Antragstellers und der Beteiligten A… gewesen sein soll, dass der Antragsteller die Marken für die Beteiligte A… anmelde, bleibt unklar, weshalb sie erst 8 Jahre später – angeblich – (zu- rück)übertragen wurden. Hierzu hat sich der Antragsteller trotz des Hinweises des Senats vom 29. Januar 2018 nicht weiter geäußert. Zum anderen offenbart sich im Vorbringen des Antragstellers ein grundsätzliches Missverständnis des Markenrechts, soweit sich der Beschwerdeführer darauf beruft, dass die „weltweiten“ bzw. „erstrangigen“ oder „älteren“ Markenrechte bei der weiteren Beteiligten lägen. Mit der Eintragung der k… Wortmarke „…“ (K… Registernummer …), auf die sich der Antragsteller im Hinblick auf „ältere“ Rechte der weite- ren Beteiligten wohl berufen will, können grundsätzlich nur territorial begrenzte Rechte in K… begründet werden. Trotz dieser Eintragung ist – vorbehaltlich der gesonderten Bestimmungen der Pariser Verbandsübereinkunft (PVÜ) und des Madrider Markenabkommen (MMA) – niemand daran gehindert, eine gleichlautende Wortmarke mit einem identischen Waren- und Dienstleistungsverzeichnis in Deutschland anzumelden. Zum Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen der PVÜ oder des MMA, die einen vorrangigen Prioritätszeitpunkt begründen könnten, hat der Antragsteller auch nach dem Hinweis des Senats vom 29. Januar 2018 nichts vorgetragen. Insoweit ist seine Rechtsauffassung, dass „in Deutschland eine von den internationalen Rechten der A… Inc. abweichende Rechtslage wohl nicht bestehen könne“, verfehlt. Anderes ergibt sich auch nicht aus den in diesem Zusammenhang vom Antragsteller vorgelegten Franchiseverträgen der Gesamtschuldnerin, die noch aus der Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens herrühren und die vom Antragsteller unterzeichnet wurden. Die Tatsache, dass in den Verträgen bestimmte Rechte behauptet werden, belegt nicht, dass diese tatsächlich bestehen. Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang einen falschen Sachvortrag des Beteiligten T… andeuten will, übersieht er, dass er die Franchiseverträge selbst unterzeichnet hat und selbst am besten wissen muss, ob er in diesen Verträgen falsche Tatsachen behauptet hat oder nicht. Der Gedanke, dass sich der Beteiligte T… als Insolvenzverwalter der Gesamtschuldnerin entsprechende, vor dem Zeitpunkt der Insolvenz liegende (unwahre) Behauptungen des Antragstellers zurechnen lassen müsse, erscheint ausgesprochen fernliegend.

16

Die Durchführung der mündlichen Verhandlung war von den Beteiligten nicht beantragt worden und erschien auch aus Sicht des Senats nicht erforderlich, § 69 Nr. 1 und 3 MarkenG. Auch die Einvernahme von Zeugen war nicht veranlasst. Der Antragsteller hat trotz entsprechender Hinweise des Beteiligten T… und des Senats für den Zeugen J… keine ladungsfähige Anschrift benannt. Im Übrigen ist dem Antragsteller als Verfahrensbeteiligtem im schriftlichen Verfahren rechtliches Gehör gewährt worden. Für eine Einvernahme des Antragstellers als Partei auf eigenen Antrag hin fehlen die gesetzlichen Voraussetzungen jedenfalls auch im Registerverfahren mit Untersuchungsgrundsatz gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 448 ZPO analog. Die für eine solche Parteieinvernahme erforderliche Anfangswahrscheinlichkeit für die aufgestellte Behauptung fehlt offensichtlich. Vielmehr spricht die ganz überwiegende Wahrscheinlichkeit gegen die Behauptung des Antragstellers.