Entscheidungsdatum: 20.06.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2011 002 548.7
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juni 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Grote-Bittner und des Richters Metternich
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I.
Die Bezeichnung
PORTOFINO
ist am 17. Januar 2011 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt für die nachfolgend genannten Waren der Klassen 30 und 31 angemeldet worden:
Klasse 30: Salz; Gewürze, Gewürzaromen, Gewürzessenzen, Gewürzextrakte, Gewürzkräuter, Gewürzmischungen; Gewürzzubereitungen, Gewürzsalze; Würzsalz; Backmischungen; feine Backwaren und Konditorwaren; Kräuter und Kräutermischungen, getrocknete Kräuter und Kräutermischungen aus getrockneten Kräutern, soweit in Klasse 30 enthalten;
Klasse 31: frische Kräuter; Kräutermischungen aus frischen Kräutern.
Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter der Nummer 30 2011 002 548.7 geführte Anmeldung nach entsprechender Beanstandung mit zwei Beschlüssen vom 4. Juli 2011 und vom 14. Februar 2012, von denen der Letztgenannte im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen.
Aus Sicht der Markenstelle stellt die Bezeichnung "Portofino" i.V.m. den beanspruchten Waren der Klassen 30 und 31 eine beschreibende Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar, der zugleich jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt. "Portofino" sei der auch im Inland bekannte und geläufige Name einer in der italienischen Region Ligurien befindlichen Ortschaft, bei der es sich um ein bekanntes und beliebtes Touristenziel handele. Auch wenn derzeit eine wirtschaftliche Betätigung im Kräuter- und Gewürzbereich in Portofino nicht nachgewiesen werden könne, erscheine es für die Zukunft nicht ausgeschlossen, dass eine Ansiedlung derartiger Betriebe erfolgen werde. Das in der Region Ligurien herrschende mediterrane Klima biete ideale Bedingungen für Aromapflanzen wie insbesondere Echter Lorbeer, Thymian und Rosmarin, die auch in der dortigen regionalen Küche Verwendung fänden. Ein Anbau derartiger Aromapflanzen erscheine auch innerhalb der Gemeinde Portofino insbesondere im Zusammenhang mit dem "Naturpark Portofino" möglich. Ferner würden die inländischen Endverbraucher positive Vorstellungen mit landwirtschaftlichen Produkten aus der Region Ligurien verbinden. Diese Region sei für qualitativ hochwertige Weine und Olivenöle und weitere Produkte im Lebensmittelbereich bekannt, so dass der Verkehr bei den mit der angemeldeten Bezeichnung gekennzeichneten Produkten davon ausgehe, dass diese aus der Region "Portofino" stammten und hohen Qualitätsanforderungen genügten. Soweit sich die Anmelderin auf Voreintragungen mit dem Markenwort "Portofino" berufe, sei dies unerheblich, da Voreintragungen keine Bindungswirkung entfalten könnten. Ferner beträfen die von der Anmelderin benannten Voreintragungen andere Waren (z.B. Tabak und Tabakerzeugnisse und damit in Zusammenhang stehende Raucherartikel).
Die Anmelderin vertritt mit ihrer gegen die vorgenannten Beschlüsse gerichteten Beschwerde die Auffassung, dass es sich bei der angemeldeten Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Waren nicht um eine freihaltebedürftige Angabe handele und diese auch Unterscheidungskraft aufweise. Insbesondere stelle "Portofino" insoweit keine denkbare geographische Herkunftsangabe dar. Es sei für die absehbare Zukunft auszuschließen, dass die beteiligten Verkehrskreise annehmen könnten, die so gekennzeichneten Waren stammten aus der Ortschaft "Portofino". Es gebe nur diese Ortschaft, nicht aber eine unter diesem Namen bekannte Region. Der "Naturpark Portofino" sei nahezu unbekannt. Auch die Ortschaft "Portofino" sei bei nur geringen Teilen der inländischen Verkehrskreise bekannt. Es handele sich um eine winzige Ortschaft mit ca. 500 Einwohnern, die nur solchen Personenkreisen bekannt sein könne, welche sich aktiv mit Urlaub in Norditalien befassten. In Portofino gebe es kein produzierendes Gewerbe, keine Industrie und keine Landwirtschaft. Die Ortschaft sei nur über eine Provinzstraße zugänglich, ca. 2 km² klein und befinde sich in einer dicht bewaldeten, felsigen und von Meerwasser umgebenen Hügellandschaft. Der Anbau von Kräutern und Gewürzen könne nur auf winzigen Flächen betrieben werden und wäre weder unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll, noch in einer Größenordnung möglich, die einen internationalen Export wahrscheinlich erscheinen lasse. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Grundbesitz nirgends in Italien teurer sei als in Portofino (im Durchschnitt ca. 12.600 € pro m²), so dass es vernünftigerweise nicht vorstellbar sei, dass Flächen in der Ortschaft "Portofino" mit Anbaugebieten für Kräuter oder mit sonstigen Unternehmen in diesem Bereich belegt würden. Insgesamt könne vernünftigerweise nicht in einem nennenswerten Umfang mit der Herstellung und/oder Verarbeitung der beanspruchten Waren in der Ortschaft "Portofino" gerechnet werden. Insbesondere gelte dies in Bezug auf die in der Klasse 31 beanspruchten "frischen Kräuter". Der Vertrieb dieser Waren sei von kurzen Wegen abhängig und könne daher nur in einem engen geographischen Zusammenhang mit dem jeweiligen Anbauort erfolgen.
Im Übrigen könne nicht davon ausgegangen werden, dass inländische Verkehrskreise in relevantem Umfang die Region Ligurien und die dort hergestellten Produkte kennen würden und insoweit bestimmte Qualitätsvorstellungen hätten. Es sei auch nicht ersichtlich, wie etwaige Qualitätsvorstellungen im Hinblick auf Wein, Olivenöl, Blumen, Rindfleisch und Milch aus Ligurien mit Kräutern und Gewürzen aus der Ortschaft Portofino in Verbindung gebracht würden, da eine solche Verbindung aufgrund der genannten örtlichen Verhältnisse gar nicht hergestellt werden könne. Letztlich sei die Bezeichnung "Portofino" aufgrund der fehlenden Größe, der fehlenden Bekanntheit und Bedeutung der gleichnamigen Ortschaft auch nicht geeignet, die Vorlieben der inländischen Verbraucher in relevanter Weise zu beeinflussen.
Die Anmelderin verweist auch auf Voreintragungen der Bezeichnung "Portofino". Zwar könne aus solchen Voreintragungen kein Anspruch auf Eintragung abgeleitet werden, sie stellten aber ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass die Bezeichnung "Portofino" im Inland nicht als geografische Herkunftsangabe wahrgenommen werde.
Die Anmelderin beantragt (sinngemäß),
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Juli 2011 und vom 14. Februar 2012 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Entgegen der Auffassung der Anmelderin stellt die angemeldete Bezeichnung i.V.m. den beanspruchten Waren der Klasse 30 und 31 gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG eine beschreibende geographische Herkunftsangabe dar, so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
1.
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dürfen Zeichen nicht eingetragen werden, welche ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der geografischen Herkunft oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen können. Nach der Rechtsprechung des EuGH verfolgt die mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. c Markenrichtlinie übereinstimmende Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass sämtliche Zeichen oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren beschreiben, von allen frei verwendet werden können. Sie erlaubt es daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben aufgrund ihrer Eintragung nur einem Unternehmen vorbehalten werden. Entscheidendes Kriterium für den Ausschluss der Eintragung ist allein die Eignung einer Bezeichnung zur beschreibenden Verwendung (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Tz. 25, 30 - Chiemsee; GRUR 2004, 146, Tz. 31 f. - DOUBLEMINT).
"Portofino" ist bereits nach den von der Anmelderin selbst vorgelegten Unterlagen (Ausdruck aus "Wikipedia", Bl. 18 ff. d.A.) der Name einer in der italienischen Region Ligurien östlich von Genua gelegenen Ortschaft. Aus diesen Unterlagen ergibt sich ferner, dass es sich bei "Portofino" keineswegs um ein unbekanntes, und völlig unbedeutendes kleines Dorf handelt. Vielmehr ist nach dem o.g. Beleg Portofino "seit dem großen Besucheransturm zu Beginn der 1990er Jahre, erst von britischen, später von deutschen Touristen, wirtschaftlich nahezu ausnahmslos an den Tourismus gebunden, wobei die Gemeinde Portofino und ihr Umland ein wichtiges Ausflugsziel für Besucher aus aller Welt darstellt". Landschaftliche Lage und der Zuzug von Prominenten haben diesen Ort weltbekannt gemacht. Auch in Artikeln über die Region Ligurien wird im Zusammenhang mit dem Tourismus als wichtiger Einnahmequelle an erster Stelle auf die Ortschaft Portofino hingewiesen (vgl. den der Anmelderin als Anlage 1 zum Senatshinweis vom 28./29. Mai 2013 übersandten Beleg, dort S.12/Bl. 44 d.A.). Aus diesen Unterlagen folgt, dass Portofino auch bei den inländischen Verbrauchern als Tourismusziel hinreichend bekannt ist, was sich auch mit der Kenntnis der Senatsmitglieder, die zum maßgeblichen Verkehrskreis gehören, deckt.
Ferner ist eine eindeutige Verbindung der Region Ligurien, in der Portofino gelegen ist, mit den beanspruchten Waren festzustellen. Thymian, Rosmarin und Echter Lorbeer werden als Teil der ligurischen Fauna hervorgehoben (vgl. den der Anmelderin als Anlage 1 zum Senatshinweis vom 28./29. Mai 2013 übersandten Beleg, dort S. 7/Bl. 39 d.A.). In Reisedarstellungen wird berichtet, dass fast alle Einheimischen in kleinen Gärten Kräuterbeete angelegt hätten (vgl. den der Anmelderin als Anlage 2 zum Senatshinweis vom 28./29. Mai 2013 übersandten Beleg, Bl. 50 d.A.). Dementsprechend ist es typisch für die ligurische Küche, dass sie durch die Verwendung zahlreicher Kräuter, die zum großen Teil auch wild auf dem Territorium Liguriens wachsen, als Gewürz für unterschiedlichste Speisen geprägt ist (vgl. den der Anmelderin als Anlage 1 zum Senatshinweis vom 28./29. Mai 2013 übersandten Beleg, dort S. 14/Bl. 46 d.A. sowie den weiteren der Anmelderin als Anlage 3 zum Senatshinweis vom 28./29. Mai 2013 übersandten Beleg, Bl. 53 d.A.). Würz- und Aromakräuter sind nach alledem in Ligurien und damit auch in Portofino eine landes- bzw. regionaltypische Spezialität. Aus der auch im Inland allgegenwärtigen italienischen Küche ist insbesondere auch das aus Ligurien kommende "Pesto", eine Nudel-Zutat, die aus einem Gemisch von Olivenöl, Pinienkernen und Basilikum als Kräuterbestandteil zusammengesetzt ist, bekannt.
Bei den beanspruchten Waren der Klassen 30 und 31 handelt es sich entweder um Würz- und Aromakräuter selbst oder um Waren, welche Würz- und Aromakräuter als geschmackgebende Zutat enthalten können (z.B. Bruschetta im Zusammenhang mit Backwaren). Sind Würz- und Aromakräuter regionaltypische Spezialitäten, dann liegt es auch nahe, dass solche Produkte auch und gerade in einem Touristenzentrum wie Portofino verarbeitet und als landestypische Spezialität vor Ort angeboten werden. Dafür ist nicht viel Platz erforderlich, vielmehr kann dies auch in kleinen Gewerbebetrieben vor Ort erfolgen, die sich insbesondere an Touristen wenden, oder – was gerade auch in "teuren" Touristenorten samt Yachthafen in Betracht kommt - im Gastronomiebereich einschließlich Catering oder im Feinkostbereich mit hochwertigen bzw. –preisigen Produkten tätig sind, und ihr Angebot z.B. auch via Internet weiter verbreiten. Auch wenn die speziellen Verhältnisse vor Ort eher beengt und der Grund und Boden in Portofino extrem teuer sein mögen, liegt eine solche Möglichkeit der Verarbeitung von vor der Haustüre wachsenden Würz- und Aromakräutern in kleinen Gewerbebetrieben, die ihre Spezialitäten aber durchaus überregional vertreiben können, vorliegend ohne weiteres nahe. Mithin kann auch dann, wenn eine aktuelle beschreibende Verwendung der Bezeichnung "Portofino" in Bezug auf die beanspruchten Waren nicht festzustellen ist, aufgrund der vorgenannten Umstände eine solche Verwendung vernünftigerweise durchaus erwartet werden, so dass nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des EuGH (vgl. dazu EuGH GRUR 1999, 723, Tz. 31 ff. –Chiemsee) dann auch von einem Freihaltebedürfnis i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auszugehen ist.
Dies gilt auch in Bezug auf die Ware "frische Kräuter". Auch wenn bei bestimmten, empfindlichen Kräutern wie z.B. Basilikum kurze Wege für den Vertrieb notwendig sind, können andere Würzkräuter wie z.B. Thymian oder Rosmarin auch über größere Distanzen als Frischware vertrieben werden, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllt ist.
2.
Im Übrigen kann nach der maßgeblichen Rechtsprechung des EuGH das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auch dann erfüllt sein, wenn mit der entsprechenden geografischen Angabe positiv besetzte Vorstellungen verbunden werden (vgl. dazu EuGH GRUR 1999, 723, Tz. 26 – Chiemsee; vgl. auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 341 m.w.N.). Solche Vorstellungen können auf einem bestimmten Lebensstil, auf ein besonderes Flair oder auf eine Tradition bezogen sein. Ein weltbekannter Ort in Ligurien wie "Portofino" eignet sich in Bezug auf die beanspruchten Waren, bei denen es sich um ortstypische italienische bzw. ligurische Produkte handeln kann, insoweit auch unter diesem Gesichtspunkt in besonderer Weise. Unter diesem Aspekt ist die Eignung der Ortsangabe "Portofino" als geographische Herkunftsangabe auch dann gegeben, wenn z.B. eine in Portofino ansässige Genossenschaft oder Vertriebsgesellschaft die Produkte von in der näheren Umgebung von Portofino ansässigen Gartenbaubetrieben mit Gewürzpflanzenanbau vermarktet.
3.
Es ist daher aufgrund der o.g. Feststellungen in Bezug auf die vorliegend beanspruchten Waren davon auszugehen, dass eine beschreibende Verwendung der Bezeichnung "Portofino" insoweit keine abstrakte, fernliegende Möglichkeit ist, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht durchaus eine vernünftigerweise zu erwartende Entwicklung darstellen kann. Angesichts dieser Feststellungen führen auch die von der Anmelderin benannten Voreintragungen, die zudem andere Warengebiete betreffen, zu keiner anderen Beurteilung. Die Beschwerde der Anmelderin war nach alledem zurückzuweisen.