Entscheidungsdatum: 31.05.2012
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 30 2008 014 360
(hier: Löschungsverfahren S 104/10)
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 31. Mai 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Grote-Bittner und des Richters Metternich
beschlossen:
Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
I.
Das nachfolgend abgebildete, am 5. März 2008 als Wort-/Bildmarke angemeldete Zeichen
ist am 7. April 2008 für eine Vielzahl von Waren der Klassen 3, 9, 14, 18 und 25 unter der Nummer 30 2008 014 360 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister eingetragen worden.
Die Antragstellerin hat am 25. März 2010 die Löschung dieser Marke nach § 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 MarkenG beantragt, und zwar in Bezug auf die nachfolgend genannten Waren der Klasse 25 „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“.
Die Markeninhaberin, der dieser Teillöschungsantrag am 12. April 2010 zugestellt worden war, hat dem Antrag mit einem am Montag, den 14. Juni 2010 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen Schriftsatz widersprochen.
Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Teillöschungsantrag mit Beschluss vom 4. Januar 2011 zurückgewiesen.
Aus Sicht der Markenabteilung war die angegriffene Marke hinsichtlich der angegriffenen Waren weder zum Zeitpunkt der Anmeldung noch zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Selbst wenn man eine Funktion des Buchstabens „G“ als Größenangabe oder Abkürzung des Wortes „Größe“ bejahen würde, so werde der Buchstabe „G“ insoweit nie in Alleinstellung verwendet. Die angegriffene Marke sei hingegen ohne für die vorgenannte Funktion notwendige Zusätze eingetragen worden. Durch ihre grafische Ausgestaltung bestehe sie darüber hinaus nicht ausschließlich aus einer in Bezug auf die angegriffenen Waren beschreibenden Sachangabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Aufgrund der fehlenden Wirkung der eingetragenen Marke als Größenangabe oder Abkürzung für das Wort „Größe“ fehle es der Marke auch nicht an der betriebskennzeichnenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Dagegen richtet sich die von der Antragstellerin erhobene Beschwerde.
Sie ist der Auffassung, dass die angegriffene Marke entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG eingetragen worden sei. Der Buchstabe „G“ werde in Zusammenhang mit den Waren „Bekleidung“ insbesondere für die Körbchengröße „G“ von Büstenhaltern und in Zusammenhang mit den Waren „Schuhen“ für deren Weite durchaus auch in Alleinstellung als Größenangabe verstanden. Es sei kein Grund ersichtlich, die angegriffene Marke anders als die für nicht schutzfähig erachteten Größenangaben „XXL“, „L“, „M“, „Type S“, „59“, „22“, „21“, „45“ zu beurteilen. Die bei der grafischen Ausgestaltung der angegriffenen Marke verwendete Schriftart sei außerdem keinesfalls ungewöhnlich und bewege sich im Rahmen herkömmlicher und werbeüblicher Schriftarten. Die angegriffene Marke sei insgesamt zur Beschreibung der angegriffenen Waren geeignet, so dass die Voraussetzungen des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllt seien. Als beschreibende Angabe fehle es der angegriffenen Marke darüber hinaus an der Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Die Antragstellerin beantragt (sinngemäß),
den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Januar 2011 aufzuheben und die Löschung der Marke 30 2008 014 360 hinsichtlich der Waren der Klasse 25 „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“ anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Aus Sicht der Antragsgegnerin hat die Markenabteilung den Teillöschungsantrag zu Recht zurückgewiesen. Bei der angegriffenen Marke handele es sich nicht um eine Wortmarke, sondern um eine Bildmarke, die eine in der Silhouette eckige Spirale zum Gegenstand habe, die u. a. als Buchstabe gelesen werden könne, aber nicht müsse. Es gebe eine Vielzahl von Beispielen, wo in ähnlicher Weise stilisierte bzw. grafisch gestaltete Buchstaben vom Verkehr als Herkunftshinweis aufgefasst würden und auch als Marke eingetragen worden seien. In gleicher Weise verfüge die angegriffene Marke über Unterscheidungskraft. Zudem sei der Buchstabe „G“ in Bezug auf die angegriffenen Waren keine beschreibende Angabe, da er nicht mit üblichen Größenangaben wie „XXL“ oder „M“ gleichzusetzen sei. Insbesondere stelle er nicht die Abkürzung für „Größe“ dar, werde als Größenangabe auch bei BHs nicht in Alleinstellung, sondern stets mit einem Zusatz verwendet und sei auch in Bezug auf Schuhe keine gängige Größenangabe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung, die Schriftsätze der Beteiligten und den weiteren Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Gegen die Eintragung der angegriffenen Marke lagen in Bezug auf die vorliegend angegriffenen Waren der Klasse 25 weder zum Zeitpunkt der Eintragung noch zum Zeitpunkt der Entscheidung über den vorliegenden Teillöschungsantrag Schutzhindernisse nach § 8 MarkenG vor, insbesondere nicht nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG (§ 50 Abs. 1 und 2 MarkenG), so dass die Markenabteilung den Teillöschungsantrag zu Recht zurückgewiesen hat.
1. Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag der Antragstellerin am 14. Juni 2010 rechtzeitig widersprochen, so dass der Löschungsantrag inhaltlich zu überprüfen war (§ 54 Abs. 2 MarkenG). Die zweimonatige Widerspruchsfrist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG gegen den der Markeninhaberin am 12. April 2010 zugestellten Löschungsantrag endete am 14. Juni 2012, nachdem der 12. Juni 2010 auf einen Samstag fiel (analog § 2 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. 222 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO, 187, 188 Abs. 2 BGB; vgl. zur ergänzenden Heranziehung der Bestimmungen der ZPO im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 56, Rdn. 1).
2. Die angegriffene Marke besteht nicht ausschließlich aus Zeichen oder Angaben, die zur Bezeichnung der hier in Frage stehenden Waren „Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen“ oder von Merkmalen dieser Waren i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dienen können.
Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob der Einzelbuchstabe „G“ in Bezug auf die o. g. Waren eine beschreibende Angabe, z. B. eine Größenangabe darstellt. Denn die angegriffene Marke stellt weder eine Abbildung noch eine einfache oder verkehrsübliche Wiedergabeform dieses Buchstabens dar, sondern weist eine als solche ohne weiteres erkennbare, augenfällige und von den üblichen Verkehrsgepflogenheiten deutlich abweichende grafische Ausgestaltung auf, die als solche schutzfähig ist (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 8, Rdn. 385 m. w. N.). Die angegriffene Marke ist ähnlich einer geometrischen Figur gestaltet, nämlich in den Umrissen eines Rechtecks, wobei die Umrisslinien dieses Rechtecks in Form eines relativ breiten Bandes gestaltet sind, das an drei Seiten durchläuft und an der vierten Seite in etwa auf der Hälfte in einem rechten Winkel ein Stück in das Innere dieses Rechtecks hinein verläuft und dort endet, wobei ein Stück dieses Rechtecks „offen bleibt“. Dabei weist die Gestaltung eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Buchstaben „G“ auf, könnte aber auch als die Zahl 6 interpretiert werden.
Damit erschöpft sich die angegriffene Bildmarke nicht in der Darstellung des Buchstaben „G“. Sie wird vom Verkehr auch nicht als eine Darstellung dieses Buchstabens in einer neuen Schriftart oder Variante von Schriftarten, wie sie durch entsprechende PC-Software dargestellt werden können, aufgefasst werden. Vielmehr verfügt sie, wie dargelegt, über besondere grafische Gestaltungselemente, die angesichts der logoartigen Form im angegriffenen Warenbereich und der dort häufig verwendeten Logos - nicht selten den Anfangsbuchstaben der Namen der entsprechenden Modefirmen oder Modeschöpfer nachgebildet - auch hinreichend kennzeichnend sind. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es zahlreiche eingetragene und in vergleichbarer Weise gebildete bzw. gestaltete Zeichen gerade im Mode- und Bekleidungsbereich gibt, so dass insoweit auch von einer gewissen Gewöhnung des Verkehrs an entsprechende Kennzeichnungen ausgegangen werden kann, was zusätzlich für die Bejahung der Schutzfähigkeit der vorliegend angegriffenen Marke spricht (vgl. die den Beteiligten mit der Terminsladung vom 4./7. Mai 2012 übermittelten Rechercheergebnisse des Senats, Bl. 64 ff. d. A.).
Die angegriffene Marke weist nach alledem einen für ihre Schutzfähigkeit ausreichenden bildlichen Überschuss gegenüber der bloßen Abbildung eines Einzelbuchstabens auf, so dass sie nicht ausschließlich aus warenbeschreibenden Zeichen besteht. Damit genießt die Markeninhaberin allerdings auch nur Schutz hinsichtlich dieser konkreten Gestaltung, nicht aber in Bezug auf den Buchstaben „G“ als solchen.
3. Aus den vorgenannten Gründen ist die angegriffene Marke in Bezug auf die vorliegend angegriffenen Waren der Klasse 25 auch als betrieblicher Herkunftshinweis geeignet, so dass sie auch hinreichende Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG aufweist.
4. Sonstige Schutzhindernisse nach § 8 MarkenG sind nicht ersichtlich.
5. Eine Auferlegung von Kosten war nicht angezeigt. Insbesondere entspricht es nicht der Billigkeit, der Antragstellerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG aufzuerlegen, zumal der Löschungsantrag nicht als von vorneherein und offenkundig unbegründet zu erachten war.