Entscheidungsdatum: 24.05.2018
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2015 225 529.4
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 24. Mai 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener sowie des Richters Dr. Nielsen
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. August 2016 aufgehoben.
I.
Die Bezeichnung
CINE STARS
ist am 12. November 2015 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister für die folgenden Waren angemeldet worden:
Klasse 30: Aromatisiertes Popcorn; Bonbons; Bonbons [Süßigkeiten] mit Fruchtgeschmack; Bonbons aus Zucker; Bonbons für nicht medizinische Zwecke; Bonbons mit Kakao; Bonbons mit Karamell; Dragees [nicht medizinische Süßwaren]; Fruchtdrops [Bonbons]; Fruchthaltige Bonbons [Süßigkeiten]; Gefüllte Bonbons; Glasiertes Popcorn; Handgemachte Bonbons; Harte Karamellen [Bonbons]; Karamellbeschichtetes Popcorn; Karamellisiertes Popcorn mit kandierten Nüssen; Lutscher [Süßwaren]; Lutschtabletten [Süßwaren]; Mit Karamell überzogenes Popcorn; Popcorn; Popcorn mit Zuckerglasur; Saure Drops [Bonbons]; Süßwaren [Bonbons], Schokoriegel und Kaugummi; Süßwaren aus Mais; Süßwaren für nicht medizinische Zwecke; Süßwaren in Form von Pastillen; Verarbeitetes Popcorn; Verarbeitetes, nicht gepufftes Popcorn; Zuckerfreie Bonbons; Zuckerlose Bonbons.
Mit Beschluss vom 9. August 2016 hat die Markenstelle für Klasse 30 des DPMA durch einen Beamten des höheren Dienstes die unter der Nummer 30 2015 225 529.4 geführte Anmeldung für die angemeldeten Waren wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen.
Die angemeldete Bezeichnung sei aus den englischen Begriffen CINE und STARS gebildet, die dem angesprochenen Verkehrskreis auch ohne vertiefte Englischkenntnisse verständlich seien. CINE sei eine ursprünglich aus dem englischen stammende Kurzform für „cinema“ oder „cinematography“ und ein weit verbreiteter Begriff für Kino oder Film. STARS bezeichne im Englischen u. a. Sterne oder Berühmtheiten und werde im Deutschen im übertragenen Sinn in Wortkombinationen als Wertversprechen und als Hinweis auf eine Sonder- oder Spitzenstellung gegenüber anderen konkurrierenden Produkten verwendet.
In Verbindung mit den beanspruchten Waren der Klasse 30 vermittle die angemeldete Wortkombination den angesprochenen allgemeinen Durchschnittsverbrauchern, dass die Waren zum Verzehr im Kino bzw. beim Anschauen eines Films bestimmt seien und sich durch ihre besondere Qualität bzw. ihren besonderen Geschmack gegenüber anderen Produkten auszeichneten. Das Wortzeichen „CINE STARS“ sei daher bloß ein anpreisender, werbeüblicher Sachhinweis dahingehend, dass es sich um Spitzenprodukte zum Verzehr im Kino bzw. beim Anschauen eines Films handele. Gerade im Kino sei es üblich, Popcorn oder andere Süßwaren zu verzehren, so dass sich bei den angesprochenen Verkehrskreisen ein entsprechendes Verständnis aufdränge. Daher sei die angemeldete Marke nicht geeignet, die beanspruchten Waren als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen.
Der Hinweis der Anmelderin auf die angeblich vergleichbare Voreintragung der Wortmarke „CINESTAR“ (Registernummer 395 91 727) aus dem Jahr 1996 führe schon deswegen nicht zum Erfolg, weil die Eintragung über 20 Jahre zurück läge und die Anmelderin sich im Übrigen auf frühere Eintragungen nicht berufen könne.
Gegen die Zurückweisung der Anmeldung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Ihrer Auffassung nach weist die angemeldete Bezeichnung Cine Stars keinen beschreibenden Begriffsgehalt auf, sondern sei vielmehr eine kurze und prägnante Wortfolge mit einer gewissen Originalität und insoweit für die beanspruchten Waren der Klasse 30 unterscheidungskräftig.
Die englischen Wörter CINE und STARS seien in dieser Kombination allenfalls für kinematographische Geräte, Einrichtungen oder Dienstleistungen beschreibend, nicht aber für die beanspruchten Waren der Klasse 30, die an den unterschiedlichsten Orten, wie im Supermarkt, im Tierpark und bei Volksfesten verkauft würden. Eine ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfassbare beschreibende Bedeutung käme der Bezeichnung für die beanspruchten Waren nicht zu, insbesondere sei der Umstand, wonach die Waren auch im Kino verzehrt werden könnten, für die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke unschädlich.
Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. August 2016 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige, insbesondere gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens CINE STARS als Marke stehen in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klasse 30 keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen. Deshalb war der angefochtene Beschluss auf die Beschwerde der Anmelderin hin aufzuheben.
1. Dem Anmeldezeichen kann nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zei-chen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Her-kunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. BGH, GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 8
– Link economy; GRUR 2010, 1100 Rn. 10 – TOOOR!; GRUR 2010, 825 Rn. 13
– Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des zugrundeliegenden Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 60 – Libertel; BGH, GRUR 2014, 565 Rn. 17 – Smartbook). Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen (vgl. EuGH, GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rn. 24 – SAT 2; GRUR 2004, 428 Rn. 30 f. – Henkel; BGH, GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006) zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens an (vgl. BGH, GRUR 2013, 1143, 1144 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten; GRUR 2014, 872 Rn. 10
– Gute Laune Drops; GRUR 2014, 482 Rn. 22 – test; EuGH, MarkenR 2010, 439 Rn. 41 – 57 – Flugbörse).
Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH, GRUR 2018, 301 Rn. 15 – Pippi Langstrumpf; GRUR 2006, 850, Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Rn. 86 – Postkantoor) oder sonst gebräuchliche Wörter der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, die – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. BGH a. a. O. – Link economy; GRUR 2009, 778 Rn. 11 – Willkommen im Leben; GRUR 2010, 640 Rn. 13 – hey!). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH a. a. O. – FUSSBALL WM 2006).
Nach diesen Grundsätzen kann vorliegend weder festgestellt werden, dass die Gesamtwortkombination in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren der Klasse 30 einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt aufweist, noch handelt es sich um eine Angabe, durch die ein hinreichend enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Süßwaren hergestellt werden kann.
Das angemeldete Zeichen besteht ohne weiteres erkennbar aus den englischen Wörtern CINE und STARS. Bei CINE handelt es sich um ein auch den deutschen Verbrauchern geläufiges Wortelement, das im Zusammenhang mit „Cinema“ bzw. dem Kino steht und in den deutschen Begriffen Cineast (= Filmfachmann, Filmfan), cineastisch, Cinemathek (vgl. DUDEN, Die deutsche Rechtsschreibung, Dudenverlag, 2013) oder in Wortverbindungen wie Cineplex, Cinemax, Cinecita, Cine-World, CINE-MOBIL als Bezeichnung für ein Film- oder Kinotheater, Kinocenter oder Lichtspielhaus verwendet wird. Insoweit kann das Kurzwort CINE auf einen Zusammenhang mit einem „Kino/Film“ hinweisen und eine darauf bezogene Assoziation hervorrufen, wobei „Cine“ in Alleinstellung in der spanischen, französischen oder italienischen Sprache die Bedeutung des Veranstaltungsorts selbst als „Cinema“/Kino(saal) zukommt.
Bei dem zweiten Wortbestandteil „STARS“ handelt es sich um das englische Substantiv mit der wörtlichen Bedeutung von „Sterne“ und um die im Inland gebräuchliche Bezeichnung einer berühmten Persönlichkeit. „Star“ kann im Einzelfall auch auf eine „Spitzenstellung“ eines Produkts hinweisen, wenn in der werblich üblichen übertreibenden Art und Weise beispielsweise von dem „Star“ in vielen Küchen, von der Hyaluronsäure als Star unter den Feuchtigkeitsspendern, der Star-Spezialität beim Honigessig, dem „volume star“ für falsche Wimpern, einem „Travel Star“ für Motorradstiefel oder „Truck Star“ für eine LKW Batterie die Rede ist.
Bei der konkreten Wortzusammenstellung CINE STARS wird der angesprochene inländische Verkehr ohne konkreten Produktzusammenhang in erster Linie an eine Verbindung zum Kino und an Stars als berühmte Persönlichkeiten denken. Insoweit bestehen schon aufgrund der konkreten Wortzusammenstellung und deren naheliegender und im Vordergrund stehender Bedeutung selbst Zweifel daran, dass die Bezeichnung in der von Seiten der Markenstelle angeführten Bedeutung im übertragenen Sinn als „Wertversprechen“ und als Hinweis auf ein „Spitzenprodukt“ verstanden wird, das im Kino bzw. beim Anschauen eines Films verzehrt wird. Ein solches Verständnis ist der Gesamtbezeichnung im Zusammenhang mit Süßwaren nicht ohne weiteres zu entnehmen oder nahegelegt und erschließt sich nur mit Hilfe weniger naheliegender Assoziationen und weiterer gedanklicher Schritte. Zwar zeigen die oben erwähnten Beispiele, dass es im Einzelnen durchaus Kombinationen mit „Star“ gibt, bei denen mit der Bezeichnung „Star“ der sachliche Hinweis auf ein „Spitzenprodukt“ verbunden wird. In der Zusammenstellung von CINE und STAR ergibt sich eine solche produktbezogene Bedeutung von einem „Starprodukt für das Kino“ aber wegen der Verbindung mit dem Wort CINE im Zusammenhang mit den beanspruchten Süßwaren nicht ohne weiteres.
Auch bei einem aus Sicht des Senats eher im Vordergrund stehenden Verständnis von „Cine Stars“ im Sinn von „Kinostars“ als Personen ist aber ebenso wenig ein sachlicher Hinweis auf die beanspruchten Süßwaren nahegelegt. Zunächst bestehen schon Zweifel daran, dass die angemeldete Bezeichnung tatsächlich in entscheidungserheblichem Maße so verstanden wird. Denn die gebräuchliche englische Bezeichnung für Leinwandstars oder Kinostars ist „Movie Stars“, nicht aber „Cine Stars“ (vgl. die Übersetzung aus www.dict.cc/deutsch-englisch/Kinostar – Anlage 2). Aber auch bei einem entsprechenden personenbezogenen Verständnis der angemeldeten Marke als Kinostars sind weitere gedankliche Schritte erforderlich, um darin eine ohne weiteres verständliche Bezeichnung der konkreten Ausgestaltung von Süßwaren beispielsweise von Lutschern mit der Abbildung auf der Verpackung oder in der Form eines berühmten Stars zu sehen. Auch Popcorn können zwar in einer großen Verpackung, auf der ein „Kinostar“ abgebildet sein kann, verkauft werden, allerdings bedarf es auch dann weiterer Gedankenschritte, um einen Zusammenhang zwischen der Produktaufmachung und den darin enthaltenen Waren herzustellen. Insoweit ist der Schluss, wonach „Cine Stars“ einen Hinweis auf die Form oder Ausgestaltung der Waren in der Form von Kino- oder Leinwandstars oder mit deren Abbildungen versehen darstellt, nicht ohne weiteres nahegelegt, so dass auch insoweit ein im Vordergrund stehender beschreibender Sachgehalt bzw. ein naheliegender beschreibender Zusammenhang fehlt.
Soweit die angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise auf die angemeldete Wortkombination CINE STARS treffen, mögen sie dieser zwar einen Zusammenhang mit einer Verwendung im Kino und in einer Starqualität entnehmen. Eine konkrete Bedeutung der Gesamtbezeichnung im Sinn eines Spitzenproduktes für das Kino oder im Sinn eines Hinweises auf die Form der Ware in Gestalt oder mit der Abbildung von Kinostars kann letztlich aber nur bei einer analytischen Herangehensweise hergeleitet und erst in mehreren gedanklichen Schritten erfasst werden. Damit kommt der angemeldeten Bezeichnung in ihrer Gesamtheit aber, trotz gewisser beschreibender Anklänge der einzelnen Wortelemente, insgesamt noch keine sich aufdrängende, ohne weiteres ersichtliche beschreibende Bedeutung ohne kennzeichnenden Charakter für die beanspruchten Waren zu. Eröffnet die angemeldete Wortkombination in ihrer Gesamtheit einen gewissen Interpretationsspielraum in der Form, dass eine produktbeschreibende Bedeutung der angemeldeten Bezeichnung erst in mehreren gedanklichen Schritten hergeleitet werden kann, wird sich bei der maßgeblichen unbefangenen Wahrnehmung kein entsprechendes die Waren beschreibendes Verständnis aufdrängen, so dass die Vorstellungen, was mit der Bezeichnung gemeint sein könnte, eher diffus sein werden (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 – BIOMILD; BGH GRUR 2012, 270 Rn. 16
– Link economy). Ausgehend davon kann der angemeldeten Bezeichnung für die beanspruchten Waren letztlich nicht jede Unterscheidungskraft abgesprochen werden.
2. Im Hinblick auf die fehlende Eignung der Wortfolge „CINE STARS“ zur unmittelbaren Beschreibung der beanspruchten Waren unterliegt das Zeichen auch keinem Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
Nach alledem war der angefochtene Beschluss aufzuheben.