Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 30.06.2016


BPatG 30.06.2016 - 25 W (pat) 33/13

(Markenbeschwerdeverfahren – "Bonbonverpackung mit Fähnchen (Bildmarke)" – zum Markenschutz und zur Markenfähigkeit – zur Anwendung der Schutzausschließungsgründe des § 3 Abs. 2 MarkenG auf Bildmarken, welche die beanspruchte Ware darstellen, Warenverpackungsformen und Warenformen – zur Unterscheidungskraft von Warenformen und Warenverpackungsformen – zum Erfordernis des erheblichen Abweichens von der Norm und der Branchenüblichkeit – zur Mitbestimmung der Branchenüblichkeit durch die Verwendung bestimmter Waren- und Verpackungsformen durch einen einzigen Anbieter – zur Gewöhnung des Verkehrs – Markenfähigkeit – Gesamtgestaltung - keine ausschließlich technische Funktion – Unterscheidungskraft – allein von der Anmelderin verwendetes Verpackungselement – betrieblicher Herkunftshinweis)


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
30.06.2016
Aktenzeichen:
25 W (pat) 33/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Bonbonverpackung mit Fähnchen

1. Auch wenn der Wortlaut des § 3 Abs. 2 MarkenG („Form“) in Verbindung mit § 3 Abs. 1 MarkenG („dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form der Ware“) die Schutzhindernisse des § 3 Abs. 2 MarkenG grundsätzlich nur bei dreidimensionalen Gestaltungen für anwendbar erklärt, gebietet die teleologische Auslegung der Vorschrift eine entsprechende Anwendung auch auf Bildmarken, welche die beanspruchten Waren darstellen (st. Rspr.).

2. Darüber hinaus können auch als Marke angemeldete Warenverpackungsformen in gleicher Weise wie Warenformen auf Schutzhindernisse nach § 3 Abs. 2 MarkenG zu prüfen sein, wobei auch insoweit wiederum entsprechende Bildzeichen den dreidimensionalen Gestaltungen gleichzusetzen sind. Dies gilt nicht nur bei notwendigen Verpackungsformen i. S. d. EuGH-Rechtsprechung (Urteil vom 12. Februar 2004 - C 218/01 = GRUR 2004, 428 Rn. 32 und 33 - Henkel), d. h. bei Verpackungen von Waren, die z. B. eine körnige, pudrige oder flüssige Konsistenz und damit keine eigene Form aufweisen, sondern auch bei Warenumverpackungen, welche die Form der verpackten Ware deutlich erkennen lassen (Warenformverpackungen), weil diese Art der Verpackung schon optisch nah an der bloßen (unverpackten) Warenform liegt.

3. Als Marke angemeldete Warenformen und Warenformverpackungen bzw. entsprechende Abbildungen weisen nur dann Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf, wenn sie von der Norm oder Branchenüblichkeit erheblich abweichen (st. Rspr.). Grundsätzlich kann auch die Verwendung bestimmter Waren- und Verpackungsformen durch einen einzigen Anbieter die Branchenüblichkeit mitbestimmen, insbesondere dann, wenn die entsprechende Verwendung über einen langen Zeitraum und in einem erheblichen Umfang erfolgt. Dabei muss die Gewöhnung des Verkehrs an entsprechende Waren- und Verpackungsformen durch einen Anbieter nicht zwingend mit der Verkehrsdurchsetzung für den entsprechenden (Allein-)Verwender einhergehen.

4. Der vorliegend zu beurteilenden Abbildung eines verpackten Bonbons mit sog. Fähnchen steht letztlich weder das Schutzhindernis nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, weil der Gesamtgestaltung nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließlich technische Funktionen zugeordnet werden können, noch das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, weil das über einen Zeitraum von fast 100 Jahren allein von der Anmelderin verwendete Verpackungsgestaltungselement des Fähnchens von ihr im Verkehr tatsächlich ausschließlich in kennzeichnendem Zusammenhang benutzt worden ist.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 025 883.7

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juni 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener sowie des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

1. Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. Juli 2010 und vom 18. März 2013 werden aufgehoben, soweit die Anmeldung in Bezug auf die Ware „Hustenbonbons“ zurückgewiesen worden ist.

2. Im Übrigen wird festgestellt, dass die vorstehenden bezeichneten Beschlüsse der Markenstelle des DPMA wirkungslos sind, soweit die Anmeldung über die Ware „Hustenbonbons“ hinaus zurückgewiesen worden ist.

Gründe

I.

1

Die nachfolgende Darstellung

2

  Abbildung

3

ist am 18. April 2008 zur Eintragung als Bildmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister für zunächst zahlreiche Waren der Klassen 5, 29 und 30 angemeldet worden. Mit Beschluss vom 20. Juli 2010 ist die unter der Nummer 30 2008 025 883.7 geführte Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vollumfänglich zurückgewiesen worden. Daraufhin hat die Anmelderin mit Schreiben vom 10. Oktober 2011 die Anmeldung für alle Waren der Klasse 29 und für einen Großteil der Waren in den Klassen 5 und 30 zurückgenommen und beansprucht im Erinnerungsverfahren vor dem DPMA Schutz für die nachfolgenden Waren:

4

Klasse 5:

5

Arzneimittel, insbesondere zur Behandlung von Erkrankungen der Atmungsorgane und Atemwege: Hustenbonbons;

6

Klasse 30:

7

Kaugummi für nichtmedizinische Zwecke; Konditorwaren; Honig.

8

Die Anmelderin hat das Warenverzeichnis im Beschwerdeverfahren noch weiter eingeschränkt und beansprucht zuletzt nur noch Schutz für die folgenden Waren:

9

Klasse 5:

10

Hustenbonbons;

11

Klasse 30:

12

Honig.

13

Mit dem Erinnerungsbeschluss vom 18. März 2013 hat die Markenstelle für Klasse 30 des DPMA den Erstbeschluss vom 20. Juli 2010 aufgehoben, soweit der angemeldeten Marke die Eintragung für die Ware „Honig“ versagt worden war, die Erinnerung im Übrigen aber wegen entgegenstehender Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen.

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Das angemeldete Bildzeichen stelle ein in üblicher Weise verpacktes, mit Papier umwickeltes Bonbon dar. Mit Ausnahme der Ware Honig handele es sich bei allen weiteren beanspruchten Waren um solche, die als Bonbon bzw. in einer Bonbonverpackung verkauft werden könnten. Damit handele es sich insoweit bei der angemeldeten Darstellung um eine schutzunfähige Abbildung der beanspruchten Waren. Diese entspräche einer alltäglichen Bonbonabbildung, die keine wiedererkennbaren Merkmale aufweise. Auch das im unteren Bereich der Verpackung hinausragende Band sei nicht schutzbegründend. Das angemeldete Zeichen weise die von der Rechtsprechung zur Erlangung der Schutzfähigkeit erforderliche „erhebliche Abweichung“ von der Norm oder Branchenüblichkeit der Gestaltung nicht auf. Die „Fahne“ werde von den angesprochenen Verkehrskreisen technisch-funktional verstanden, beispielsweise als Hilfsmittel zum Öffnen und Aufwickeln des Papiers oder als möglicher Ort zum Anbringen von Informationen für die Kunden bzw. einer Marke. Die von der Anmelderin eingereichten Unterlagen würden eine Verkehrsdurchsetzung nicht nachweisen. Diese bezögen sich weder auf das konkrete Anmeldezeichen, noch sei die konkret angemeldete schwarz-weiße Abbildung Gegenstand des demoskopischen Gutachtens vom Dezember 2012 gewesen. Der Befragung habe vielmehr eine nicht mit der angemeldeten Darstellung vergleichbare grüne Bonbonverpackung zugrunde gelegen, so dass den im Gutachten ausgewiesenen Bekanntheitsgraden keine Aussagekraft für den Nachweis der Durchsetzung der angemeldeten Marke zukomme.

15

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Der Eintragung stünden keine Schutzversagungsgründe nach § 8 Abs. 1 oder 2 MarkenG entgegen, jedenfalls aber habe sich die angemeldete Marke im Verkehr durchgesetzt.

16

Bei der Anmelderin handle es sich um ein Familienunternehmen, das seit dem Jahr 1923 Hustenbonbons unter der Bezeichnung „Em-eukal“ vertreibe. Exklusives Erkennungszeichen der Hustenbonbons sei das aus der Wickelverpackung herausschauende Papierstück, das sogenannte „Fähnchen“. Auf diese besondere Verpackungsgestaltung habe die Anmelderin von Beginn an durch die intensive Bewerbung der Bonbons mit dem Hinweis „Nur echt mit der Fahne“ hingewiesen, so dass es sich zu einem Erkennungszeichen für die Hustenbonbons aus dem Haus der Anmelderin entwickelt habe.

17

Die angemeldete Gestaltung sei originär unterscheidungskräftig. Es handele sich auch nicht um eine Warenformmarke, so dass der von der Markenstelle angelegte Prüfungsmaßstab nicht zur Anwendung komme. Gegenstand der Anmeldung sei eine gewickelte Verpackung und nicht die Abbildung der unter der Marke beanspruchten Waren. Für Verpackungen oder sonstige Behältnisse sei das Zeichen nicht angemeldet worden. Verpackungsdarstellungen könnten nur dann als Warenformmarken qualifiziert werden, wenn die Verpackung der Ware ihre Form verleihe, was aber nur dann der Fall sei, wenn die Ware keine ihr innewohnende Form besäße z.B. bei Flüssigkeiten, was bei den angemeldeten Hustenbonbons, die eine ihnen innewohnende Form besäßen, aber nicht zuträfe.

18

Selbst wenn aber die Prüfungsmaßstäbe für Warenformmarken Anwendung fänden, fehle dem Zeichen nicht die erforderliche Unterscheidungskraft. Die Markenstelle habe nicht festgestellt, welche Gestaltungen der Norm und Branchenüblichkeit der beanspruchten Produkte entsprächen, so dass eine Entscheidung über die Frage, ob die angemeldete Gestaltung hiervon abweiche, gar nicht möglich gewesen sei. Hierzu verweist die Anmelderin auf die von ihr eingereichten Unterlagen zu den üblichen Gestaltungen der beanspruchten Waren, die eine erhebliche Abweichung der angemeldeten Gestaltung im Vergleich zu den auf dem Markt üblichen Gestaltungen belegen würden. Zum einen würden „Hustenbonbons“ häufig nicht verpackt, sondern lose vertrieben und zum anderen sei den Bonbongestaltungen, soweit die Waren in umwickelter Form angeboten würden, eine gewisse Uniformität zu eigen. Der ellipsen-, kugel-, oder quaderförmige Bonbonkörper werde jeweils mit in verschiedenen Farben gestaltetem, zum Teil mit Schriftzügen versehenem Papier umwickelt. Von diesen sich nur durch verschiedene Farbgestaltungen und Aufdrucke unterscheidbaren Gestaltungen, hebe sich die angemeldete Marke durch das markante Fähnchen deutlich ab. Dieses sei das exklusive Merkmal der Anmelderin, das sie allein seit fast einem ganzen Jahrhundert für ihre Produkte verwende und das als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden werde.

19

Die Anmelderin verweist auf zahlreiche für sie eingetragene Marken mit der Abbildung eines umwickelten Bonbons mit Fähnchen durch das EUIPO (Unionsmarken 068 81 544; 00032 854; 046 09 269; 031 22 901) bzw. das DPMA (Registernummern 300 87 757; 302 27 564; 302 013 015 642; 302 013 021 926). Das als Element dieser Eintragungen jeweils enthaltene Fähnchen sei für die Anmelderin daher markenrechtlich bereits geschützt und vermittle als Bestandteil der vorliegenden Anmeldung dem Anmeldezeichen die Schutzfähigkeit.

20

Ein berechtigtes Interesse eines Wettbewerbers an der Freihaltung der einzigartigen, in der Branche nicht üblichen Gestaltung fehle. Zudem sei das angemeldete Bildzeichen aufgrund erfolgreicher Verkehrsdurchsetzung einzutragen. Bereits aus den vorgelegten Unterlagen mit umfangreichen Angaben zu Marktpräsens, Umsatz und Marktanteil bei Hustenbonbons, jedenfalls aber aus dem vorgelegten demoskopischen Gutachten ergäbe sich eine ausreichende Durchsetzung der angemeldeten bildlichen Darstellung zugunsten der Anmelderin in den beteiligten Verkehrskreisen.

21

Auf die mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung erfolgten Ausführungen des Senats zu einer dem Fähnchen der angemeldeten Marke möglicherweise innewohnenden technischen Funktion als Aufreißhilfe und damit zu einem möglichen Schutzhindernis gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG meint die Anmelderin, dass dem Fähnchen eine entsprechende Funktion nicht zukomme. Eine technische Wirkung einer Warenform dürfe allein auf der Grundlage der eingereichten Darstellung des angemeldeten Zeichens geprüft werden. Weder seien Mutmaßungen in Bezug auf die Form und Funktionen, die der konkreten grafischen Darstellung nicht entnommen werden könnten, zulässig, noch dürfe auf Merkmale oder Eigenschaften, die nur durch das tatsächlich auf dem Markt befindliche Produkt bekannt seien, zurückgegriffen werden. Die technische Bedingtheit eines Merkmals der Gestaltung müsse zudem objektiv und mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden.

22

Der Anmelderin beantragt,

23

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. Juli 2010 und vom 18. März 2013 aufzuheben, soweit die Anmeldung in Bezug auf „Hustenbonbons“ zurückgewiesen worden ist. Weiter beantragt sie festzustellen, dass die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle wirkungslos sind, soweit die Anmeldung im Übrigen zurückgewiesen worden ist.

24

Sie regt darüber hinaus hilfsweise an, das Verfahren auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen bzw. die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zuzulassen.

25

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

26

Die statthafte und ansonsten zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

27

Der Eintragung des angemeldeten Bildzeichens als Marke stehen in Bezug auf die allein noch beanspruchten beschwerdegegenständlichen Waren der Klasse 5 „Hustenbonbons“ weder Schutzhindernisse nach § 3 Abs. 2 MarkenG noch nach §§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen. Deshalb waren die angefochtenen Beschlüsse insoweit aufzuheben.

28

Bei der angemeldeten Bildmarke handelt es sich um die weitgehend naturgetreue schwarz-weiße Abbildung eines verpackten und auf zwei Seiten gewickelten Bonbons, der mit einem nach unten hängenden breiten Streifen, einer sog. Fahne, versehen ist. Für die Ware „Hustenbonbons“ stellt diese Darstellung die Form der Ware selbst bzw. die Verpackung der Ware dar.

29

1. Ausreichende Umstände, die es rechtfertigen könnten, der angemeldeten Bildmarke den Schutz nach § 3 Abs. 2 MarkenG, insbesondere nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu versagen, sind letztlich nicht gegeben, auch wenn der Senat gewisse Bedenken dahingehend hat, dass die Anmelderin im Wege der Verletzungsklage technische Lösungen in Bezug auf Aufreißhilfen angreifen und bei nicht sachgerechter Bemessung des Schutzumfangs der angemeldeten Marke durch die Verletzungsgerichte auch verhindern könnte. Im Rahmen der Beurteilung der Schutzhindernisse des § 3 Abs. 2 MarkenG muss aber – wie bei der Beurteilung der Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG – im Eintragungs- und im Löschungsverfahren der Versuchung widerstanden werden, allen denkbaren Behinderungsmöglichkeiten der Wettbewerber vorzubeugen. Vielmehr muss darauf vertraut werden, dass in später möglichen Kollisions- und Verletzungsverfahren den berechtigten Anliegen der Konkurrenten dadurch Rechnung getragen wird, dass der Schutzumfang der Marken nicht zu weit gezogen wird und der Begriff des markenmäßigen Gebrauchs und die Schutzschranke des § 23 Nr. 2 MarkenG sachgerecht ausgelegten werden (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 6 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

30

a) Auch wenn der Wortlaut der Vorschrift des § 3 Abs. 2 MarkenG („Form“) in Verbindung mit § 3 Abs. 1 MarkenG („dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form der Ware“) die Schutzhindernisse des § 3 Abs. 2 MarkenG grundsätzlich nur bei dreidimensionalen Gestaltungen für anwendbar erklärt, gebietet die teleologische Auslegung der Vorschrift eine entsprechende Anwendung auch auf Bildmarken, welche die beanspruchten Waren darstellen. Die Schutzhindernisse des § 3 Abs. 2 MarkenG könnten ansonsten nämlich durch bloße bildliche (= zweidimensionale) Darstellungen sehr einfach und entgegen dem Schutzzweck der Vorschrift, nämlich die Monopolisierung warenbedingter Formen (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), „technischer Lösungen“ (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) und rein „warenwertbedinger“ Formen (§ 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG) zu verhindern, umgangen werden (inzwischen jedenfalls zu § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG = Art. 3 Buchst. e) ii) der Markenrechtsrichtlinie/MRRL wohl einhellige Auffassung, vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 3 Rn. 94 und Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, 3. Aufl., § 3 Rn. 54, jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen, insbesondere Urteil des EuGH vom 18. Juni 2002 – C-299/99 = GRUR 2002, 804 Rn. 76 – Philips; noch deutlicher Urteil des EuGH vom 22. Juni 2006 – C-25/05 = GRUR Int. 2006, 846 – August Storck / HABM [Bonbonverpackung]; vgl. auch Beschluss des BPatG vom 22. Februar 2007 –28 W (pat) 2/02 – Schereinheit eines Rasierapparats; die BPatG-Entscheidung ist über die Homepage des Bundespatentgerichts öffentlich zugänglich; soweit ersichtlich hat der BGH sich zu dieser Problematik bislang nicht, jedenfalls nicht ausdrücklich geäußert, auch nicht in der der vorstehenden Entscheidung des BPatG vorausgehenden Entscheidung GRUR 2006, 589 – Rasierer mit drei Scherköpfen).

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b) Darüber hinaus sind unter dem Gesichtspunkt der Schutzhindernisse nach § 3 Abs. 2 MarkenG in gewissem Umfang auch Warenverpackungsformen den Warenformen gleichzusetzen, wobei auch insoweit entsprechende zweidimensionale Bildzeichen den dreidimensionalen Gestaltungen gleichzusetzen sind. Der Anwendung von § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG steht im Zusammenhang mit der vorliegend angemeldeten Darstellung eines verpackten Einzelbonbons nach Auffassung des Senats auch nicht das Urteil des EuGH vom 12. Februar 2004 - C-218/01 (= GRUR 2004, 428 – Henkel) entgegen. Der EuGH hat in dieser Entscheidung zwar im Zusammenhang mit Art. 3 Abs. 1 e) bzw. Art. 3 Abs. 1 c) MRRL (entspricht § 3 Abs. 2 und § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) eine Gleichstellung von Ware und Warenverpackung als beschreibendes Zeichen lediglich bei notwendigen Verpackungsformen, d. h. Verpackungen von Waren, die z. B. körnige, pudrige oder flüssige Konsistenz aufweisen und keine eigene Form aufweisen, für gegeben erachtet. In diesem Zusammenhang hat der EuGH die Ware „Nägel“ als Gegenbeispiel für eine Ware angeführt, die zwar regelmäßig verpackt Gegenstand des Wirtschaftsverkehrs sei, gleichwohl aber kein hinreichend enger Zusammenhang zwischen der Verpackung der Ware und der Ware selbst bestehe. Daraus schließt der EuGH, dass im Zusammenhang mit derartigen Waren bei Prüfung der Schutzfähigkeit die Verpackung der Ware und die Form der Ware (selbst) nicht gleichgesetzt werden können (siehe dazu EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 32 und 33 - Henkel zur Vorlagefrage nach Art. 3 Abs. 1 c und e MRRL, vgl. auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 3 Rn. 93, § 8 Rn. 297, 517). Bei undifferenzierter Betrachtungsweise könnte daraus geschlossen werden, dass bei der Beurteilung von Schutzhindernissen nach § 3 Abs. 2 MarkenG eine Gleichsetzung von Verpackungsgestaltung und Warengestaltung grundsätzlich nicht gerechtfertigt ist. Danach wäre eine Bonbonverpackung bei der Ware „Bonbons“ bzw. „Hustenbonbons“ unter dem Gesichtspunkt des § 3 Abs. 2 MarkenG – entspricht Art 3 Abs. 1 e MRRL – nicht anwendbar, da „Bonbons“ eine eigene Form aufweisen. Abschließend dürfte die Frage gleichwohl noch nicht entschieden sein, da der EuGH in der genannten Entscheidung Art 3 Abs. 1 e MRRL nur als Argument im Zusammenhang mit der Auslegung des Art. 3 Abs. 1 c MRRL und der Frage, ob ein Zeichen eine beschreibende Angabe darstellt, verwendet, wobei eine der vorliegenden Warenverpackung vergleichbare Gestaltung einer Warenformverpackung nicht Gegenstand des EuGH-Verfahrens und der dort angestellten Überlegungen im Zusammenhang mit „Nägeln“ war. Die Kommentarliteratur scheint gleichwohl teilweise entsprechend weite Konsequenzen auch in Bezug auf die Schutzhindernisse nach Art. 3 Abs. 1 e MRRL (= § 3 Abs. 2 MarkenG) ziehen zu wollen (vgl. z. B. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 3 Rn. 93; etwas offener bei dieser Fragestellung dagegen Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 3 Rn. 43). Dies ist nach Auffassung des Senats aber verfehlt bei Warenumverpackungen, welche die Form der verpackten Ware – wie bei der vorliegend angemeldeten Darstellung - deutlich erkennen lassen (Warenformverpackungen), weil diese Art der Verpackung schon optisch nah an der bloßen (unverpackten) Warenform liegt und deshalb unter dem Gesichtspunkt des § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG eine entsprechende Gleichsetzung mit Warenformmarken sogar eher angezeigt erscheint als bei zwingend notwendigen Verpackungsformen „formloser“ Waren mit körniger, pudriger oder flüssiger Konsistenz. Mit diesem Gesichtspunkt der Warenumverpackungen, welche die Form der verpackten Ware deutlich erkennen lassen (= Warenformverpackungen), hat sich – soweit ersichtlich – bislang weder der EuGH noch der BGH befasst.

32

c) Auch wenn der Senat ausgehend von den vorstehenden Ausführungen bei der angemeldeten Bildmarke mit der Darstellung eines verpackten Einzelbonbons im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen „Hustenbonbons“ den Anwendungsbereich des § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG grundsätzlich für eröffnet hält, greifen das Schutzhindernis und die hierzu angestellten vorläufigen Überlegungen des Senats im Ladungszusatz im Ergebnis nicht durch.

33

Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Zeichen dem Schutz als Marke nicht zugänglich, die ausschließlich aus einer Warenform bzw. Warenverpackungsform bzw. bildlichen Darstellung einer Warenform bzw. Warenverpackungsform bestehen, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist. Mit den Wörtern „ausschließlich“ und „erforderlich“ stellt die Bestimmung sicher, dass allein diejenigen Warenformen von der Eintragung ausgeschlossen sind, deren wesentliche Merkmale nur eine technische Lösung verkörpern. Diese technisch bedingten Formmerkmale müssen sich aus der eingereichten bildlichen Darstellung ergeben.

34

Zwar ist durchaus denkbar, dass dem aus der gewickelten Bonbonverpackung heraushängenden Fähnchen eine technische Funktion, etwa ein erleichtertes Aufreißen zukommt. Die angemeldete Darstellung weist aber bereits die auf beiden Seiten übliche Bonbon-Papierwicklung auf, über die ein Bonbon in der Regel durch ein Auseinanderziehen dieser Seitenwicklung ausgepackt wird. Ausgehend davon ist eine weitere Aufreißhilfe, welche das „Fähnchen“ verkörpern könnte, beim konkret beanspruchten verpackten Bonbon überflüssig und damit wenig sinnvoll und letztlich nicht naheliegend. Zudem ist der Darstellung nicht zu entnehmen, ob eine feste Verbindung mit der Verpackung in Wicklerform besteht oder ob möglicherweise Perforationen, die dem erleichterten Öffnen dienen, im rückwärtigen Verpackungsbereich angebracht sind, oder ob das Fähnchen lose hineingesteckt oder auch nur außen an der Verpackung angebracht ist. Damit sind verschiedene Varianten einer Verbindung des Fähnchens mit der Wicklerform der Verpackung denkbar, denen nur zum Teil auch ein technischer Hintergrund zugrunde liegen könnte. Dem Fähnchen und damit auch der Gesamtgestaltung können somit nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließlich technische Funktionen zugeordnet werden.

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2. Der angemeldeten Bildmarke kann letztlich auch die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht abgesprochen werden.

36

a. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. BGH, GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 8 – Link economy; GRUR 2010, 1100 Rn. 10 – TOOOR!; GRUR 2010, 825 Rn. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des zugrundeliegenden Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 60 – Libertel; BGH, GRUR 2014, 565 Rn. 17 – Smartbook). Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen (vgl. EuGH, GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rn. 24 – SAT 2; GRUR 2004, 428 Rn. 30 f. – Henkel; BGH, GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006) zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens an (vgl. BGH, GRUR 2013, 1143, 1144 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten; GRUR 2014, 872 Rn. 10 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 482 Rn. 22 – test; EuGH, MarkenR 2010, 439 Rn. 41 - 57 – Flugbörse).

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Bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit dreidimensionaler Marken dürfen zwar keine strengeren Anforderungen angelegt werden als bei sonstigen Marken. Gleichwohl sind bei Marken, welche die Form der Ware selbst wiedergeben (= Warenformmarken) wesentliche Unterschiede gegenüber „klassischen“ Wort- oder Bildmarken zu beachten. Marken, die aus der Form einer Ware oder deren Verpackung bestehen, werden tatsächlich nicht in gleicher Weise wie die übrigen Wort- oder Bildmarken aufgefasst, weil der Durchschnittsverbraucher und gleichermaßen auch der Fachverkehr aus dem Erscheinungsbild der Ware oder deren Verpackung gewöhnlich nicht auf die betriebliche Herkunft dieser Waren schließt. Nach der maßgeblichen Rechtsprechung des EuGH begründet bei dieser speziellen Markenform ein "bloßes Abweichen" von der Norm oder Branchenüblichkeit noch nicht die Unterscheidungskraft; vielmehr kann eine Marke die erforderliche Herkunftsfunktion nur dann erfüllen, wenn sie von „Norm oder Branchenüblichkeit erheblich abweicht" (EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 49 - Henkel; GRUR Int. 2004, 631 Rn. 39 - Dreidimensionale Tablettenform I; GRUR Int. 2004, 635 Rn. 37 - Dreidimensionale Tablettenform II; GRUR Int. 2004, 639 Rn. 37 - Dreidimensionale Tablettenform III; GRUR Int. 2005, 135 Rn. 31 - Maglite; GRUR Int. 2006, 226 Rn. 31 - Standbeutel; GRUR Int. 2006, 842 Rn. 26 - Form eines Bonbons II; siehe auch BGH GRUR 2004, 329, 330 - Käse in Blütenform; GRUR 2004, 507, 509 - Transformatorengehäuse). Solche Abweichungen müssen vom Verkehr auch ohne eingehende, d. h. ohne analysierende und vergleichende Betrachtung oder nähere Prüfung eindeutig erkennbar sein (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 292 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen, insbesondere auch EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 49 - Henkel; MarkenR 2004, 461 Rn. 31 - Maglite; MarkenR 2004, 456 - Seifenstück; MarkenR 2006, 19 - Standbeutel).

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Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fehlt dreidimensionalen Marken, die die Form der Ware darstellen im Allgemeinen die erforderliche (konkrete) Unterscheidungskraft. Die dreidimensionale naturgetreue Wiedergabe des im Warenverzeichnis genannten Produkts ist häufig nicht geeignet, dieses seiner Herkunft nach zu individualisieren. Bei dreidimensionalen Waren ist danach regelmäßig zu prüfen, ob die Form lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt verkörpert. Soweit die Form darüber hinaus geht und sie sich durch besondere Merkmale auszeichnet, ist zu prüfen, ob der Verkehr in ihnen nur bloße Gestaltungsmerkmale sieht oder sie als Hinweis auf die Herkunft der Waren versteht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr in einer bestimmten Formgestaltung nur dann einen Herkunftshinweis sehen wird, wenn er diese Form keiner konkreten anderen Funktion der Ware oder ganz allgemein dem Bemühen zuschreibt, ein ästhetisch ansprechendes Produkt zu schaffen. Hierfür kann es eine Rolle spielen, ob der Verkehr bei der in Rede stehenden Warenart daran gewöhnt ist, dass die Warenform auf die konkrete betriebliche Herkunft hinweist (BGH, GRUR 2010, 138 Rn. 25 – ROCHER-Kugel; GRUR 2008, 71 Rn. 24 – Fronthaube; GRUR 2004, 329, 330 – Käse in Blütenform).

39

Diese Grundsätze, die für dreidimensionale aus der Form der Ware selbst bestehende Marken entwickelt wurden, sind ebenfalls einschlägig, wenn die angemeldete Marke, wie im vorliegenden Fall, eine Bildmarke ist, die aus der zweidimensionalen Darstellung der Ware bzw. der Verpackung der beanspruchten Ware besteht, jedenfalls dann, wenn es sich um Warenumverpackungen handelt, welche die Form der verpackten Ware deutlich erkennen lassen (Warenformverpackungen). Zur Vermeidung von Wiederholungen kann insoweit auf die vorstehenden Ausführungen unter 1. b. verwiesen werden.

40

b. Vorliegend enthält die zweidimensionale neutral in schwarz-weiß gehaltene Abbildung einer Bonbonverpackung in handelsüblicher „Wickelform“ Abbildung ein zusätzliches Gestaltungsmerkmal in Form eines überstehenden unbedruckten Fähnchens. Bei dieser konkreten Bonbon(verpackungs)gestaltung handelt es sich um eine Produktgestaltung bzw. Produktverpackungsgestaltung, die - soweit auch nach gründlicher Senatsrecherche ersichtlich - seit Jahrzehnten ausschließlich von der Anmelderin verwendet wird.

41

Hustenbonbons werden zum Teil ohne gesonderte, einzelne Verpackung lose in Dosen, kleinen Kartons oder Blister Verpackungen angeboten oder aber einzeln verpackt in einer sogenannten Schlauchverpackung

42

 Abbildung Abbildung oder in der überwiegend gängigen, traditionellen Wickelform Abbildung Abbildung in Bonbontüten vertrieben.

43

Die Markenanmelderin selbst benutzt seit den 1920iger Jahren Hustenbonbonverpackungen mit einem hinzugefügten Fähnchen. Diese der Wickelverpackung der Hustenbonbons hinzugefügten Fähnchen weisen am jeweiligen Rand rote Streifen und mittig den kennzeichnenden Aufdruck „Nur echt mit der Fahne!“® (Wortmarke 306 31 84 23) auf Abbildung Abbildung.

44

Bei anderen Anbietern ist es – soweit nach sorgfältiger Recherche ersichtlich – dagegen nicht üblich, dass entsprechend einzeln gewickelte Bonbons zusätzlich mit einem überstehenden Bestandteil in Form eines Fähnchens versehen sind. Dieses Fähnchen hat – wie bereits im Rahmen der Beurteilung der Schutzhindernisse nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ausgeführt - keine naheliegende technische Funktion.

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Auch wenn die beanspruchte Waren- bzw. Warenverpackungsform mit dem untypischen Fähnchen allein durch die Anmelderin verwendet wird und verwendet worden ist, stellt dies nach Auffassung des Senats keinen Umstand dar, der schon aus diesem Grund zwingend aus der Branchenüblichkeit herausführt und damit das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entfallen lässt. Grundsätzlich kann nach Auffassung des Senats auch die Verwendung bestimmter Waren- und Verpackungsformen durch einen einzigen Anbieter die Branchenüblichkeit von Warenformen und Warenverpackungen mitbestimmen (vgl. den zur Veröffentlichung vorgesehenen [allg. zugänglich seit Mai 2016 über die Entscheidungsdatenbank des BPatG] Senatsbeschluss vom 3. Dezember 2015 - 25 W (pat) 8/09 unter II. C) 1) c) dd) 1. Absatz a.E., in dem eine solche Möglichkeit bereits angedeutet wird), insbesondere dann, wenn die entsprechende Verwendung über einen langen Zeitraum und in einem erheblichen Umfang erfolgt, wovon nach dem Sachvortrag der Anmelderin auszugehen ist. Eine derartige Verwendung kann zu einer Gewöhnung des Verkehrs an entsprechende Waren- und Verpackungsformen und zum Verlust der ursprünglich (vor der Gewöhnung des Verkehrs) vorhandenen Unterscheidungskraft führen, so dass die Eintragung entsprechender Darstellungen bzw. Gestaltungen dann nur noch unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 MarkenG in Betracht kommt. Dabei muss die Gewöhnung des Verkehrs an entsprechende Waren- und Verpackungsformen durch einen einzigen Anbieter nicht zwingend mit der Verkehrsdurchsetzung dieser Waren- und Verpackungsformen für den entsprechenden (Allein-)Verwender einhergehen.

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Soweit die Anmelderin gegen eine solche Auffassung verfassungsrechtliche Bedenken anführt, kann dem nach Auffassung des Senats nicht gefolgt werden. Zum einen müsste – anders als die Anmelderin meint – nicht jeder vorbenutzten Warenformmarke die Unterscheidungskraft abgesprochen werden, weil es - wie ausgeführt – wohl einer in Bezug auf Zeitraum und Umfang erheblichen Benutzung bedürfte, um mit der entsprechenden Gewöhnung des Verkehrs auch eine Branchenüblichkeit bejahen zu können. Soweit die Anmelderin Bedenken dagegen vorbringt, dass einem Anmelder aus der Benutzung eines Zeichens Nachteile in der Form erwachsen können, dass der Registerschutz ausgeschlossen ist, ist eine solche Konsequenz dem gewerblichen Rechtsschutz grundsätzlich nicht fremd. Im Patentrecht gibt es die Rechtsfigur der offenkundigen Vorbenutzung nach § 3 Abs. 1 Satz 2 PatG, die einem Patentschutz entgegensteht und im Falle der Patenterteilung einen Widerrufsgrund nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG und einen Nichtigkeitsgrund nach § 22 Abs. 1 PatG darstellen. Ursprünglich kennzeichnungskräftige Bezeichnungen können sich durch ihre Benutzung zu generischen Bezeichnungen entwickeln, was dann einem Markenschutz entgegenstehen kann (so z. B. die Markenbezeichnung Aspirin, die sich nach der erzwungenen Aufgabe der Markenrechte nach dem Ersten Weltkrieg in den Ländern USA, Frankreich und Großbritannien jeweils zu einer generischen Bezeichnung entwickelte).

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Gleichwohl kann der angemeldeten Bildmarke die Unterscheidungskraft letztlich nicht abgesprochen werden. Entscheidend ist für den Senat, dass die Anmelderin das fragliche Verpackungsgestaltungselement des Fähnchens tatsächlich ausschließlich kennzeichnend verwendet hat und damit dem Verkehr ausschließlich als betrieblichen Herkunftshinweis nahegebracht hat. Denn der regelmäßig auf dem Fähnchen aufgedruckte Slogan „Nur echt mit der Fahne“ stellt erkennbar einen Bezug zu den weiteren regelmäßig auf den Bonbonverpackungen angebrachten Kennzeichnungen „Em-eukal“ bzw. „Dr. C. Soldan“ her und wirkt dadurch selbst kennzeichnend, wobei diese weiteren Kennzeichnungen zudem auf dem im verpackten Zustand nicht sichtbaren Teil des Fähnchens abgedruckt sind. Ausgehend davon wird der Verkehr auch das Fähnchen ohne entsprechenden Aufdruck und damit die angemeldete Bildmarke insgesamt als betrieblichen Herkunftshinweis wahrnehmen. Es ist zwar theoretisch denkbar, dass der Verkehr das Fähnchen ohne entsprechende Verkehrsdurchsetzung nur ganz allgemein als Träger von beliebigen Kennzeichnungen wahrnimmt (ähnlich einem Etikett). Da bislang -soweit ersichtlich - allein die Anmelderin das Fähnchen als Träger von Kennzeichnungen verwendet hat, würde eine solche Sichtweise die Anforderungen an die Unterscheidungskraft aber überspannen und ist deshalb abzulehnen.

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3. Die angemeldete Bildmarke unterliegt auch keinem Freihaltebedürfnis im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

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Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dürfen Zeichen nicht eingetragen werden, welche ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen können. Nach der Rechtsprechung des EuGH verfolgt die mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. c Markenrichtlinie übereinstimmende Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass sämtliche Zeichen oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren beschreiben, von allen frei verwendet werden können. Sie erlaubt es daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben aufgrund ihrer Eintragung nur einem Unternehmen vorbehalten werden. Entscheidendes Kriterium für den Ausschluss der Eintragung ist allein die Eignung zur beschreibenden Verwendung (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 Rn. 25, 30 - Chiemsee; GRUR 2004, 146, Rn. 31 f. - DOUBLEMINT). Nach der Rechtsprechung kann bei einem Zeichen, das aus der Verpackung von regelmäßig verpackt vertriebenen Waren besteht, die Verpackung zur Beschreibung der Beschaffenheit der Waren, nämlich deren äußere Gestaltung, dienen (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 44 – Henkel; BGH GRUR 2006, 679, Rn. 21 – Porsche Boxter; GRUR 2010, 138, Rn. 29 – ROCHER-Kugel). Denn es besteht regelmäßig ein besonderes Interesse der Allgemeinheit daran, dass derartige Gestaltungen nicht einem vorbehalten bleiben, sondern frei verwendet werden können. Andernfalls besteht die Gefahr, dass eine Vielzahl von Gestaltungsvarianten monopolisiert und so die Gestaltungsfreiheit auf einem Warengebiet erheblich einschränkt wird (vgl. BGH a. a. O. Rn. 21 – Porsche Boxter; a. a. O. Rn. 29 – ROCHER-Kugel).

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Die angemeldete Bildmarke weist mit dem zusätzlich vorhandenen nicht beschrifteten, aus der typischen Wickelform der Hustenbonbonverpackung überstehenden sogenannten Fähnchen ein Merkmal auf, das über die von anderen Anbietern verwendeten Verpackungen bei Hustenbonbons hinausgeht. Damit erschöpft sich die angemeldete Abbildung einer Bonbonverpackung nicht lediglich in der Wiedergabe der üblichen äußeren Form der beanspruchten Waren Hustenbonbons, zumal sie als spezieller und bislang allein von der Anmelderin verwendeter Träger von Kennzeichnungen dem Verkehr nahegebracht worden ist.

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Nachdem die Schutzhindernisse nach §§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG nicht gegeben sind, ist die Frage der Verkehrsdurchsetzung des angemeldeten Bildzeichens nach § 8 Abs. 3 MarkenG nicht mehr entscheidungserheblich.

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Die angefochtenen Beschlüsse waren nach alledem in Bezug auf die die beschwerdegegenständlichen Waren „Hustenbonbons“ betreffende Zurückweisung der Anmeldung aufzuheben. Auf den entsprechenden Antrag der Anmelderin hat der Senat (überflüssigerweise) die Teilwirkungslosigkeit der angefochtenen Beschlüsse festgestellt, soweit die Anmeldung in Bezug auf weitere Waren zurückgewiesen worden war, obwohl ein Rechtsschutzbedürfnis an dieser Feststellung nach der insoweit erfolgten Rücknahme der Anmeldung hieran im Beschwerdeverfahren nicht mehr bestand (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 82 Rn. 31 m. w. N.).