Entscheidungsdatum: 22.09.2011
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2009 063 330.4
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 22. September 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Vorsitzenden Richterin am Landgericht Grote-Bittner und des Richters Metternich
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I.
Angemeldet als Wortmarke ist die Wortkombination
LIVING SCIENCE, TRANSFORMING LIVES
für die nachfolgend genannten Waren der Klassen 1, 2, 3, 5, 9, 10, 16, 29, 30, 35, 41, 42, 44:
Klasse 1: Chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche, photographische, land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke; Kunstharze im Rohzustand, Kunststoffe im Rohzustand; Düngemittel; Feuerlöschmittel; Mittel zum Härten und Löten von Metallen, chemische Erzeugnisse zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmitteln; Gerbmittel; Klebstoffe für gewerbliche Zwecke;
Klasse 2: Farben, Firnisse, Lacke; Rostschutzmittel, Holzkonservierungsmittel; Färbemittel; Beizen; Naturharze im Rohzustand; Blattmetalle und Metalle in Pulverform für Maler, Dekorateure, Drucker und Künstler;
Klasse 3: Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Zahnputzmittel;
Klasse 5: Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Hygienepräparate für medizinische Zwecke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide;
Klasse 9: Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, photographische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Feuerlöschgeräte;
Klasse 10: Chirurgische, ärztliche, zahn- und tierärztliche Instrumente und Apparate, künstliche Gliedmaßen, Augen und Zähne; orthopädische Artikel; chirurgisches Nahtmaterial;
Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie in dieser Klasse enthalten sind; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Photographien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit sie in dieser Klasse enthalten sind; Drucklettern; Druckstöcke;
Klasse 29: Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren; Kompotte; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette;
Klasse 30: Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate, Brot feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis;
Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten;
Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten;
Klasse 42: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software;
Klasse 44: Medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen; Gesundheits- Schönheitspflege für Menschen und Tiere; Dienstleistungen im Bereich der Land-, Garten- oder Forstwirtschaft.
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese Anmeldung nach entsprechender Beanstandung mit zwei Beschlüssen vom 20. April 2010 und vom 11. November 2010, von denen der Letztgenannte im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen.
Die Markenstelle ist der Auffassung, dass der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Bei der angemeldeten Marke handele es sich um eine aus englischen Begriffen bestehende Wortfolge, die wie andere Wortmarken zu beurteilen sei. Dabei sei zu berücksichtigen, dass auch dann die Unterscheidungskraft zu verneinen sei, wenn eine Wortkombination zwar keine die jeweiligen Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibende Bedeutung habe, aber vor allem lediglich allgemeine Anpreisungen enthalte. Zur Bejahung der Unterscheidungskraft müsse die Herkunftsfunktion im Vordergrund stehen und sonstige Funktionen (z. B. die Werbefunktion) dürften daneben nur von untergeordneter Bedeutung sein.
Der überwiegende Teil des angesprochenen Verkehrs werde die angemeldete Marke in ihrer Gesamtheit ohne weiteres Nachdenken im Sinne von „Wissenschaft leben, Leben verändern“ verstehen, zumal sich diese Wortfolge sprachlich und begrifflich in zahlreiche ähnlich gebildete und übliche englische und auch deutsche Wortfolgen einreihe, wie z. B. „Transforming communications“, „Living innovations“, Creating history“, „Discovering solutions“, „Bildung spenden, Leben verändern“, „Technologie leben - Vorteile…verbuchen“. Es handele sich - anders als von der Anmelderin vorgetragen - um eine relativ lange Wortfolge, wobei lange Wortfolgen in der Regel eher nicht geeignet seien, den Gedanken an einen betrieblichen Herkunftshinweis nahe zu legen. Der Gesamtwortfolge werde für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich unmissverständlich die allgemeine, Aufmerksamkeit erregende Werbeaussage entnommen, dass durch den Einsatz von Wissenschaft das Leben verändert werden könne, nicht jedoch, dass die so bezeichneten bzw. gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen von einem ganz bestimmten Anbieter stammten.
Soweit die Anmelderin auf bereits eingetragene Gemeinschaftsmarken verweise (GM 008685729 „TRANSFORMING LIVES“ und weitere Gemeinschaftsmarken mit dem Bestandteil „LIVING“), könne hieraus kein Anspruch auf Eintragung der vorliegenden Wortfolge hergeleitet werden, da jede Markenanmeldung nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen sei. Im Übrigen seien die von der Anmelderin genannten Voreintragungen mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar, da es sich um andere Zeichen handele, die sich auch auf andere Waren und Dienstleitungen bezögen. Ferner habe die Eintragung identischer oder vergleichbarer Marken keine Bindungswirkung.
Da der Eintragung der angemeldeten Wortfolge bereits das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegenstehe, könne offen gelassen werden, ob darüber hinaus das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllt sei.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Die Anmelderin ist der Auffassung, dass die angemeldete Marke schutzfähig sei. Sie habe Unterscheidungskraft und sei geeignet, die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen hinsichtlich ihrer Herkunft aus einem Unternehmen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Bei einem Werbeslogan seien keine strengeren Anforderungen an die Unterscheidungskraft zu stellen als bei anderen Wortmarken. Die angemeldete Marke sei kurz - sie bestehe nur aus vier Wörtern -, prägnant, durch ein Wortspiel gebildet und dadurch originell und aussagekräftig. Gerade in der gemeinsamen Verwendung der Wörter LIVING und LIVES im Slogan stecke eine gewisse Originalität.
Bei der angemeldeten Wortfolge handele es sich auch nicht um beschreibende Angaben oder Anpreisungen oder Werbeaussagen allgemeiner Art, sondern es werde von den angesprochenen Verkehrskreisen als Unterscheidungsmerkmal hinsichtlich der betrieblichen Herkunft verstanden. Ebenfalls handele es sich nicht um eine gebräuchliche Wortfolge, sondern es werde gerade durch die Originalität und Prägnanz der Wortfolge die Aufmerksamkeit des Verkehrs geweckt. Daher enthalte diese Wortfolge eine über das reine Wortverständnis hinausgehende Aussage, die es verbiete, der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen. Sie bezeichne auch keinerlei Produktmerkmale.
Ferner habe die Markenstelle nicht berücksichtigt, dass die Wortkombinationen „LIVING SCIENCE, TRANSFORMING LIVES“ und „TRANSFORMING LIVES“ bereits als Gemeinschaftsmarken eingetragen seien und dass es eine Vielzahl von Gemeinschaftsmarken mit dem Bestandteil „LIVING“ gebe.
Die Anmelderin beantragt (sinngemäß),
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. April 2010 und vom 11. November 2010 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Entgegen der Auffassung der Anmelderin fehlt der angemeldeten Wortfolge „LIVING SCIENCE, TRANSFORMING LIVES“ in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 1, 2, 3, 5, 9, 10, 16, 29, 30, 35, 41, 42, 44 jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
1. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 429 f. [Tz. 30, 31] „Henkel“; BGH GRUR 2006, 850, 854 [Tz. 17] „FUSSBALL WM 2006“). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, 854 [Tz. 19] „FUSSBALL WM 2006“; EuGH GRUR 2004, 674, 678 [Tz. 86] „Postkantoor“). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.).
Werbeslogans und sonstige spruchartige Wortfolgen - wie die vorliegend angemeldete Wortfolge - sind bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft wie andere Wortmarken zu behandeln. Sie unterliegen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen und müssen insbesondere keine zusätzliche Originalität aufweisen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 143 m. w. N.). Es ist auch nicht erforderlich, dass sie einen selbständig kennzeichnenden Bestandteil enthalten oder in ihrer Gesamtheit einen besonderen phantasievollen Überschuss aufweisen (vgl. BGH GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft).
Slogans und sloganartige Wortfolgen unterliegen aber auch keinen geringeren Anforderungen als andere Markenkategorien. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr in Slogans regelmäßig dann keinen Herkunftshinweis sieht, wenn der Slogan eine bloße Werbefunktion ausübt, die z. B. darin besteht, die Qualität der betreffenden Waren oder Dienstleistungen anzupreisen, es sei denn, dass die Werbefunktion im Vergleich zu ihrer behaupteten Herkunftsfunktion offensichtlich von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 Tz. 35 DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Diese Grundsätze werden durch die Entscheidung des EuGH in GRUR 2010, 228 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK nicht entscheidend modifiziert. Auch wenn allein aus der Tatsache, dass es sich bei dem jeweiligen Zeichen um einen Werbeslogan oder um eine schlagwortartige Wortfolge handelt, nicht auf die fehlende Schutzfähigkeit dieses Zeichens geschlossen werden kann, so setzt die Bejahung der Unterscheidungskraft unverändert voraus, dass das Zeichen geeignet sein muss, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen (vgl. EuGH GRUR 2010, 228, Tz. 44 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die jeweilige Marke nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung besteht, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweist, die ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslösen (EuGH GRUR 2010, 228, Tz. 57 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK).
Hiervon ausgehend weist die angemeldete Marke in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Unterscheidungskraft auf.
Die Markenstelle hat der aus den englischsprachigen Begriffen „Living“, „science“, „transforming“ und „lives“ gebildeten, verfahrensgegenständlichen Wortfolge entsprechend den von ihr ermittelten Belegen, die der Anmelderin mit dem Erstbeschluss vom 20. April 2010 (Bl. 45 - 48 der Patentamtsakte) übersendet wurden, zutreffend die Bedeutung „Wissenschaft leben, Leben verändern“ beigemessen.
Zwar kann zugunsten der Anmelderin davon ausgegangen werden, dass die schlagwortartig gebildete Wortkombination „Living Science, transforming lives“ keine besonders lange Wortfolge darstellt, die bereits als solche nicht als betrieblicher Herkunftshinweis geeignet wäre. Gleichwohl werden die angesprochenen Verkehrskreise, die sowohl aus Endverbrauchern (z. B. bei den Waren der Klassen 5 und 3), als auch aus Fachkreisen (z. B. bei den Waren der Klasse 10 oder bei den Dienstleistungen der Klasse 35) bestehen können, diese Wortfolge nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen. Denn die vorgenannten Verkehrskreise werden diese Wortfolge als eine die Qualität der vorliegend beanspruchten Waren und Dienstleistungen anpreisende Sachaussage verstehen. Die Wortkombination „Living Science, transforming lives“ sagt in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen - in einer für die vorgenannten Verkehrskreise ohne weiteres naheliegenden Weise - nichts anderes aus, als dass bei deren Herstellung bzw. Erbringung „Wissenschaft gelebt wird“, d. h. die jeweils neuesten Erkenntnisse und Methoden der Wissenschaft angewendet werden und die damit erbrachten Produkte - im Sinne einer positiven Suggerierung - das Leben der Kunden verändern können.
Gerade bei den beanspruchten Waren der (Leit-)Klasse 5, bei denen es sich um pharmazeutische und sonstige Produkte für die Gesundheitspflege, Desinfektions- und Schädlingsbekämpfungsmittel handelt, liegt es nahe, dass die hiervon angesprochenen Verkehrskreise in der angemeldeten Wortfolge ohne vertieftes Nachdenken oder analysierende Betrachtungsweise eine die Qualität dieser Produkte anpreisende Werbebotschaft verstehen, die suggeriert, dass diese so gekennzeichneten Produkte nach den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft hergestellt sind und von ihrer Wirksamkeit, einschließlich auch einer (umwelt-)schonenden Wirkung sich positiv auf die Lebensumstände der Verbraucher auswirken. Das gleiche gilt für die beanspruchten Waren der Klassen 1, 2 und 3, bei denen es sich im Wesentlichen um chemische Produkte und Mittel für die Körper- und Schönheitspflege handelt, für die die vorgenannten Ausführungen entsprechend zutreffen, für die beanspruchten Waren der Klasse 10, bei denen es um ärztliche und medizintechnische Produkte geht, sowie für die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 44, die medizinische Dienstleistungen, Gesundheits- und Schönheitspflege sowie Dienstleistungen im Bereich der Land-, Garten- oder Forstwirtschaft zum Gegenstand haben. Dass Produkte nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und Methoden gestaltet und produziert werden, auch um Arbeitsprozesse zu verbessern und damit das Arbeitsleben der Nutzer positiv zu beeinflussen, ist aber auch bei den beanspruchten Waren der Klasse 9 ein für den Verkehr wichtiges Merkmal, so dass er auch in Bezug auf diese Waren in der angemeldeten Wortfolge keinen betrieblichen Herkunftshinweis, sondern nur eine werbemäßige Anpreisung erkennen wird. Dies trifft aber auch auf die beanspruchten Waren der Klasse 16 zu, etwa mit Blick auf die bei der Herstellung dieser Produkte verwendeten Materialien (einschl. deren Umweltverträglichkeit). Soweit es um die vorliegend beanspruchten Waren der Klassen 29 und 30 geht, bei denen es sich um Nahrungsmittel tierischer oder pflanzlicher Herkunft sowie Zutaten bei der Herstellung von Lebensmitteln handelt, ist es für den Verkehr ebenfalls von Belang, dass diese nach den neuesten Erkenntnissen etwa der Ernährungswissenschaften produziert werden, so dass auch insoweit aus den vorgenannten Gründen die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke zu verneinen ist.
Hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 35 ist darauf hinzuweisen, dass bei der Erbringung der Dienstleistung „Werbung“ ebenfalls wissenschaftliche Methoden und Erkenntnisse z. B. der Kommunikationswissenschaften und -forschung zum Einsatz kommen können, um diese Dienstleistungen z. B. für ein verbessertes Image und entsprechend verbesserte Geschäftsergebnisse des Kunden einzusetzen, ebenso betriebs- und organisationswissenschaftliche Methoden und Erkenntnisse im Zusammenhang mit den weiteren beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 35, so dass auch insoweit der angemeldeten Marke die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt. In gleicher Weise kommt der Einsatz wissenschaftlicher Methoden und Erkenntnisse bei der Erbringung der beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 41 und 42 als eine auch für den Kunden, der diese Dienstleistungen in Anspruch nimmt, wichtige Eigenschaft in Betracht.
Im Übrigen belegen die von der Markenstelle ermittelten Fundstellen, die der Anmelderin als Anlagen zum Beanstandungsbescheid vom 10. Dezember 2009 (Bl. 18 ff. der Patentamtsakte) und zum Erstbeschluss vom 20. April 2010 übersendet wurden (Bl. 49 ff. der Patentamtsakte), dass in gleicher Weise wie die angemeldete Marke gebildete Slogans wie z. B. „transforming communications“, „creating history together“, „discovering solutions“ oder - in deutscher Sprache - „Bildung spenden, Leben verändern“ dem Verkehr als werbeüblich vertraut sind. Die angegriffene Marke weist auch keine Besonderheiten semantischer oder syntaktischer Art auf, die für eine Unterscheidungskraft sprechen könnten, wobei auch ihre wortspielartige Gestaltung nicht von der vorgenannten Werbebotschaft weg in Richtung eines betrieblichen Herkunftshinweises führt.
Nach alledem steht der Eintragung der angemeldeten Marke hinsichtlich aller beanspruchten Waren und Dienstleistungen das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Es kann somit dahingestellt bleiben, ob und in welchem Umfang auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllt ist.
2. Soweit sich die Anmelderin auf aus ihrer Sicht vergleichbare Voreintragungen beruft, ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung zur Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung ist, die allein auf der Grundlage des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 - Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229, Tz. 47 - 51 - BioID; GRUR 2004, 674, Tz. 42 - 44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, Tz. 63 - Henkel; BGH GRUR 2008, 1093, Tz. 18 - Marlene-Dietrich-Bildnis I; BPatG GRUR 2007, 333 - Papaya GRUR 2009, 1175 - Burg Lissingen, MarkenR 2010, 139 - VOLKSFLAT und die Senatsentscheidung MarkenR 2010, 145 - Linuxwerkstatt). Ferner hat sich die Markenstelle mit dem Vorbringen der Anmelderin zu aus ihrer Sicht vergleichbaren Voreintragungen auseinandergesetzt (vgl. Bl. 42, 43 der Patentamtsakte). Mehr war hier auch nicht veranlasst, da es darauf ankommt, darzulegen, weshalb die im konkreten Einzelfall angemeldete Marke nicht schutzfähig ist, und nicht darauf, wie die Schutzfähigkeit der von der Anmelderin genannten Marken zu beurteilen ist (vgl. auch BGH GRUR 2011, 230, Tz. 12 - SUPERgirl).
Hinsichtlich der von der Anmelderin benannten Gemeinschaftsmarke „LIVING SCIENCE, TRANSFORMING LIVES“, die vom Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt unter der Nummer 008685729 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 1, 2, 3, 5, 9, 10, 16, 29, 30, 35, 41, 42 und 44 eingetragen wurde, ist anzumerken, dass diese mit der vorliegenden Anmeldung wohl identische Eintragung dem Senat Anlass gab, seine Auffassung zur Schutzfähigkeit der verfahrensgegenständlichen Marke nochmals eingehend zu überprüfen. Gleichwohl führte dies zu keiner abweichenden Beurteilung, denn die in Ziff. 1 genannten inhaltlichen Gründe, die gegen die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke sprechen, lassen nach der Überzeugung des Senats keine andere Entscheidung zu. Im Übrigen war eine weitergehende inhaltliche Auseinandersetzung mit der o. g. Eintragungsentscheidung des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt nicht möglich, da diese Eintragungsentscheidung nicht mit Gründen versehen ist.
3. Der Durchführung einer mündlichen Verhandlung bedurfte es nicht. Die Anmelderin hat insoweit keinen Antrag gestellt (§ 69 Nr. 1 MarkenG). Da der Fall keine tatsächlichen oder rechtlichen Fragen aufgeworfen hat, die der Erörterung in einer mündlichen Verhandlung bedurft hätten, war die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung auch aus anderen Gründen nicht angezeigt (§ 69 Nr. 3 MarkenG).