Entscheidungsdatum: 11.07.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2010 039 919.8
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 11. Juli 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, des Richters Metternich und der Richterin Grote-Bittner
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I.
Die Bezeichnung
Mélange du Pain
ist am 1. Juli 2010 zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister für "Backwaren" der Klasse 30 angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter der Nummer 30 2010 039 919.8 geführte Anmeldung nach vorheriger Beanstandung durch zwei Beschlüsse, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen.
Nach Auffassung der Markenstelle besteht die angemeldete Marke ausschließlich aus einer Angabe, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, Beschaffenheit, Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten "Backwaren" der Klasse 30 dienen könne und der als solcher sowohl das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft als auch das der unmittelbar beschreibenden Angabe i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehe. Die angemeldete Bezeichnung "Mélange du Pain" sei in einfacher französischer Sprache verfasst, bestehe aus den Begriffen "Mélange" für "Gemisch, Mischung, Mix, Gemenge" und "du" (= de le) für "von, aus" und "Pain" (le pain) für "Brot" und sei daher mit "Brotmischung" bzw. "Mischung für die Zubereitung von Brot" oder "Gemenge für die Zubereitung oder Verarbeitung von Brot" zu übersetzen. Breite inländische Verkehrskreise würden dem Anmeldezeichen daher entnehmen, dass es sich hierbei um eine Verkaufspackung mit einer Mischung aus verschiedenen Brotsorten oder um eine Mischung, ein Gemenge für die Zubereitung oder Verarbeitung von Brot oder sonstigen Backwaren handele. Mit dieser Bedeutung würden ausweislich einer Internetrecherche bereits im Inland verschiedenste Mischungen von Brotsorten mit der Bezeichnung "Mélange du pain" angeboten.
Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde erhoben.
Sie hält die angemeldete Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten "Backwaren" weiterhin für schutzfähig. Entgegen der Auffassung der Markenstelle verstehe der inländische Verkehr allgemeine Begriffe der französischen Sprache nicht und sei daher auch nicht in der Lage, sich unter der Anmeldemarke eine konkrete Vorstellung zu bilden. Aber selbst wenn der angesprochene inländische Verkehr des Französischen hinreichend mächtig wäre, werde er feststellen, dass es sich keineswegs um eine beschreibende, sondern um eine paradoxe Bezeichnung handele. Zum einen bliebe unklar, was eine Mischung aus Brot sei, da mehrere Bedeutungen möglich seien, nämlich dass es sich entweder um eine Mischung handele, die für die Herstellung von Brot verwendet werden könne, oder um eine Mischung, die aus Brot bestehe oder um eine Mischung aus Stücken von Brot in verschiedener Art, wobei für diese verschiedenen Bedeutungen die korrekte Bezeichnung im Französischen entweder "Macédoine", "Assortiment de…" oder "Une mixture" wäre. Im Wortsinne sei "Mélange du Pain" nicht darstellbar und aus diesem Grunde eigentümlich und keineswegs beschreibend. Soweit die Markenstelle auf eine Verwendung der Bezeichnung "Mélange du pain" durch andere Firmen verweise, handele es sich wie bei der "L… GmbH um ihre Kundin oder es bestünden vertragliche Beziehungen ihrerseits zu diesen Unternehmen, wie zu der Firma G… Backwaren.
Nach Hinweis des Senats mit Verfügung vom 22./23. Mai 2013 hat die Anmelderin noch ausgeführt, dass dem Verkehr eine beschreibende Bedeutung der angemeldeten Bezeichnung nicht geläufig sei und er allenfalls anhand von Abbildungen, soweit diese mit dem Begriff verwendet würden, die Schlussfolgerung ziehen könne, dass es sich bei dem Wort "Pain" um Brot handeln müsse, wobei ihm der Begriff "Mélange" im allgemeinen fremd sei und von ihm nicht übersetzt werden könne. Auch der Umstand, dass das Wörterbuch DUDEN eine Interpretation anbiete, sage nichts darüber aus, ob den angesprochenen Verkehrskreisen der Begriff bekannt sei. Soweit auch Fachkreise angesprochen seien, bei denen es sich um Mitarbeiter des Bäckereihandwerks, Bäckereiverkäuferinnen und kleiner und größere Handelsbetriebe handele, würden diese in der Regel über keine Französischkenntnisse verfügen, allenfalls treffe dies auf das Führungspersonal der Großhandelsbetriebe zu.
Die Anmelderin beantragt (sinngemäß),
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Oktober 2010 und vom 9. November 2011 aufzuheben.
Ihren mit der Beschwerdeerhebung gestellten Antrag, dem Patentamt die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 24. Juni 2013 zurückgenommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 66 Abs. 1 MarkenG zulässig, sie ist jedoch unbegründet. Der Senat teilt die Auffassung der Markenstelle, dass der angemeldeten Bezeichnung "Mélange du Pain" im Zusammenhang mit den beanspruchten "Backwaren" jedenfalls jegliche Unterscheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt, weshalb die Anmeldung von der Markenstelle zu Recht gemäß § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen worden ist.
1.
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 Henkel; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 18 FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Produkten lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH GRUR 2006, 850, Tz. 19 FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 86 Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u.a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (vgl. BGH - FUSSBALL WM 2006 a.a.O.). Zumindest in diesem Sinne fehlt der angemeldeten Marke in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren die Unterscheidungskraft.
Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an (Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8, Rdn. 29, 30). Die beanspruchten Waren der Klassen 30 sind an die breiten Kreise der inländischen Verbraucher gerichtet. Soweit darüber hinaus auch Fachkreise angesprochen sind, handelt es sich hierbei um Personen, die mit der Beschaffung bzw. Erwerb von Backwaren befasst sind, nämlich Inhaber entsprechender Verkaufsstätten (Lebensmittelgeschäfte, Bäckereien) sowie im Großhandel auf diesem Arbeitsgebiet tätige Personen.
Die angemeldete Wortfolge setzt sich für den inländischen Verkehr offenkundig aus drei Begriffen der französischen Alltagssprache zusammen, nämlich "Mélange", "du" und "Pain", die er ohne weiteres im Zusammenhang mit den beanspruchten "Backwaren" als "Mischung aus Brot(sorten)" bzw. "Brotmischung" zu übersetzen vermag, und die er ausschließlich als einen produktbezogenen Hinweis wahrnehmen und nicht als einen betrieblichen Herkunftshinweis auffassen wird. Zwar ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass sich selbst zwei Sachangaben durch ihre Zusammenstellung zu einem kennzeichnungskräftigen Zeichen verbinden. Voraussetzung hierfür wäre aber, dass ein merklicher und schutzbegründender Unterschied zwischen der Kombination und der bloßen Summe ihrer Bestandteile besteht (vgl. EuGH GRUR 2006, 680, Tz. 39 - 41 Biomild). Dies ist bei der Anmeldemarke nicht der Fall.
Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren "Backwaren", dabei vor allem mit den von diesen Produkten erfassten Waren "Brot", sind dem inländischen Verkehr diverse original französische Bezeichnungen für bestimmte Brotsorten aufgrund ihrer in Deutschland weit verbreiteten Verwendung bekannt, wie "Baguette", "Parisienne", "Flûte" oder "Fluete" für "baguetteähnliches" französisches Stangenbrot. Entsprechendes gilt für die altfranzösische (weiche) Weißbrotvariante "Pain Boulot", die z.B. von Brot- und Backwarenherstellern mit Filialnetz, wie beispielsweise die Hofpfisterei (s. hierzu die der Anmelderin mit Hinweisverfügung vom 22./23. Mai 2013 als Anlage 2 übersandten Unterlagen, Bl. 27-28 d.A.), oder Kaisers (s. hierzu die der Anmelderin mit der Hinweisverfügung vom 22./23. Mai 2013 als Anlage 4 übersandten Unterlagen,. Bl. 35 d.A.) vertrieben wird. Auch die Brotvariante "Pain Paillasse" wird zunehmend von inländischen Spezialbäckereien angeboten. Die Bezeichnung "Petit Pain" oder "Pain Petit" für ein Brötchen bzw. eine Semmel nach französischer Machart wird in Deutschland nicht selten in unterschiedlichen Zusammenhängen verwendet (vgl. hierzu die der Anmelderin mit Hinweisverfügung vom 22./23. Mai 2013 als Anlage 5 übermittelten Unterlagen, Bl. 36-43 d.A.). Ausgehend von diesem Sprachgebrauch im Bereich der Brot- und Backwaren wird der verständige Durchschnittsverbraucher in einem einschlägigen Sachzusammenhang mit "Brot und Backwaren" ohne weiteres den französischen Wortbestandteil "Pain" i.S.v. "Brot" auffassen. Der aus der französischen Sprache stammende Begriff "Melange" wird im deutschen Sprachgebrauch als Synonym für die Begriffe "Mischung" oder "Gemisch" verwendet, steht mit diesen Bedeutungen seit Jahrzehnten im Wörterbuch DUDEN, ist also dem inländischen Verbraucher seit langem bekannt (s. hierzu die der Anmelderin mit Hinweisverfügung vom 22./23. Mai 2013 als Anlage 6 übersandten Unterlagen aus www.duden.de, Bl. 44 d.A.; s. DUDEN, Deutsches Universalwörterbuch, 1983, S. 829). Der die Wortbestandteile "Mélange" und "Pain" der angemeldeten Marke verbindende Wortbestandteil "du" im Sinne "von" bzw. "aus" ist inländischen Verkehrskreisen in weitem Umfang ebenfalls geläufig. Mithin wird der inländische Verkehr die angemeldete Wortfolge "Mélange du Pain" im Zusammenhang mit den beanspruchten "Backwaren" im Sinne von "Brotmischung", "Mischung aus Brot(sorten)" verstehen, zumal sie in dieser Bedeutung bereits von verschiedenen Anbietern im Inland verwendet wird (s. hierzu mit Hinweisverfügung vom 22./23. Mai 2013 als Anlagen 1 und 1a bis 1d übermittelten Unterlagen, Bl. 20 bis 26 d.A.). Erst recht gilt dies für die außerdem angesprochenen Fachkreise, denen berufsbedingt in noch weit größerem Maße als Endverbrauchern original französische Bezeichnungen von "Backwaren" wie "Petit Pain", "Pain Paillasse" und auch "Mélange du Pain" begegnen. Dabei führt der Umstand, dass für die Sachangabe in französischsprachigen Ländern andere Bezeichnungen, wie z.B. "assortiment de pain", eher gebräuchlich sind, zu keiner anderen Beurteilung. Denn es ist die angemeldete Wortfolge "Mélange du Pain" hinsichtlich ihrer Schutzfähigkeit zu beurteilen. Zum anderen ist davon auszugehen, dass der inländische Verbraucher die fremdsprachige Wortfolge in der für ihn naheliegenden Bedeutung übersetzen wird (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8, Rdn. 390), also wie ausgeführt mit "Brotschmischung" oder "Mischung aus Brot(sorten)".
Soweit die Anmelderin meint, dass der Anmeldemarke wegen ihrer Mehrdeutigkeit Unterscheidungskraft zukommt, kann dieser Auffassung ebensowenig gefolgt werden, da eine Bezeichnung, bei der sich alle Deutungsmöglichkeiten in Bezug auf die angemeldeten Waren als sachbezogen erweisen, als betrieblicher Herkunftshinweis ungeeignet ist (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8, Rdn. 113).
Die angemeldete Marke weist im Übrigen auch keine ungewöhnliche Struktur oder weitere Besonderheiten syntaktischer oder semantischer Art auf, die von einem rein sachbezogenen Aussagegehalt wegführen könnten.
Nach den vorstehenden Ausführungen spricht zudem vieles dafür, dass auch das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliegen dürfte, was aber dahingestellt bleiben kann, da jedenfalls das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft gegeben ist.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
2.
Über Antrag der Anmelderin, dass das Amt die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, war nach dessen Rücknahme nicht mehr zu befinden.
3.
Einer mündlichen Verhandlung bedurfte es nicht. Die Anmelderin hat keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt (§ 69 Nr. 1 MarkenG). Der Senat hat eine mündliche Verhandlung auch nicht aus anderen Gründen für erforderlich gehalten, zumal auch keine Tat- oder Rechtsfragen klärungs- oder in mündlicher Verhandlung erörterungsbedürftig erscheinen.