Entscheidungsdatum: 23.06.2016
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2011 017 547.0
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 23. Juni 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener sowie des Richters am Amtsgericht Dr. Nielsen
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Januar 2013 und vom 2. September 2014 aufgehoben.
I.
Die Buchstabenfolge
ZVB
ist am 24. März 2011 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister für folgende Dienstleistungen angemeldet worden:
Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Öffentlichkeitsarbeit; Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken;
Klasse 36: Versicherungswesen; Finanzwesen; Immobilienwesen; Geldgeschäfte; Vermögensberatung; finanzielle Beratungsdienstleistungen;
Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Betrieb von Museen (Ausstellungen, Darbietung); Organisation und Veranstaltung von Kongressen, Konferenzen, Seminaren, Schulungen, Kolloquien, Tagungen; alle vorgenannten Dienstleistungen auch mittels interaktiv kommunizierender Computersysteme; Herausgabe und Veröffentlichung von Druckereierzeugnissen; Bereitstellung von elektronischen Publikationen, nicht herunterladbar;
Klasse 43: Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen; Vermietung von Tagungs- und Konferenzräumen.
Mit den Beschlüssen vom 7. Januar 2013 und vom 2. September 2014 hat die Markenstelle für Klasse 36 des DPMA die unter der Nummer 30 2011 017 547.0 geführte Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die Buchstabenfolge sei zudem eine freihaltebedürftige Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. „ZVB“ sei eine gebräuchliche Abkürzung für die Begriffe „Zusätzliche Vertragsbedingungen“ bzw. „Zusätzliche Versicherungsbedingun-gen“. Es sei somit davon auszugehen, dass ein erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise in dem angemeldeten Zeichen einen leicht verständlichen und werbeüblichen Hinweis darauf verstehen werde, dass die beanspruchten Dienstleistungen jeweils unter solchen Bedingungen angeboten und erbracht würden. Die Abkürzung „ZVB“ sei unmittelbar beschreibend, da die Bezeichnung „Zusätzliche Vertragsbedingungen“ ein allgemeiner kaufmännischer Begriff sei, dem im Geschäftsleben eine grundlegende Bedeutung beizumessen sei.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Die angemeldete Buchstabenfolge sei keine gebräuchliche Abkürzung für „Zusätzliche Vertragsbedingungen“. Die Erwähnung in nur einem Abkürzungswörterbuch habe keine Aussagekraft. Hieraus könne man keinen Rückschluss auf die Gebräuchlichkeit der Abkürzung ziehen. Insbesondere sei die Abkürzung nicht im Duden aufgeführt. Ferner werde die Abkürzung in den vom DPMA recherchierten Unterlagen stets nur im Zusammenhang mit dem ausgeschriebenen Begriff „Zusätzliche Vertragsbedingungen“ und nicht als alleinstehende Abkürzung verwendet. Auch hinsichtlich der Bedeutung „Zusätzliche Versicherungsbedingungen“ habe das DPMA keine Nachweise für eine entsprechende Verwendung der Abkürzung erbracht. Tatsächlich sei diese Abkürzung nur in der Schweiz, nicht aber in Deutschland gebräuchlich. Dementsprechend würden die vom DPMA ermittelten Unterlagen auf eine Verwendung lediglich in der Schweiz hinweisen. Schließlich belege die Recherche des DPMA, dass „ZVB“ für zahlreiche andere Begriffe als Abkürzung verwendet werde, weshalb eine gebräuchliche Verwendung im Sinne von „Zusätzliche Vertrags-/Versicherungsbedingungen“ nicht belegbar sei. Das Zeichen „ZVB“ sei auch nicht im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unmittelbar beschreibend, da der Verkehr das Zeichen nicht ohne weiteres und ohne Unklarheit als beschreibend für die maßgeblichen Dienstleistungen erkenne. Eine Abkürzung müsse aus sich heraus für die beteiligten Verkehrskreise in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen verständlich sein. Ein durchschnittlicher Verbraucher werde jedoch noch nicht einmal erkennen, dass die Buchstabenkombination „ZVB“ teilweise als Abkürzung für „Zusätzliche Vertragsbedingungen“ verwendet werde.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Januar 2013 und vom 2. September 2014 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Der Eintragung der angemeldeten Buchstabenfolge „ZVB“ als Marke stehen in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen. Deshalb waren die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.
1. Dem Anmeldezeichen kann letztlich nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850 Rn. 17 - FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.).
Nach diesen Grundsätzen kann vorliegend nicht festgestellt werden, dass die angemeldete Buchstabenfolge in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt aufweist. Es ist weiterhin nicht feststellbar, dass es sich um eine Angabe handelt, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen hergestellt wird. Eine Verwendung der Bezeichnung „ZVB“, die dazu führen könnte, dem angesprochenen Verkehr konkretere Vorstellungen zu den beanspruchten Dienstleistungen zu vermitteln, ist nicht festzustellen. Vor diesem Hintergrund ist der von Seiten der Markenstelle angeführte beschreibende Inhalt der angemeldeten Bezeichnung nicht nahegelegt. Die Buchstaben „ZVB“ sind damit in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen interpretationsbedürftig, ohne dass ein beschreibender Sinngehalt hinreichend deutlich wird bzw. eindeutig im Vordergrund steht. Dies führt in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen dazu, dass letztlich nicht jede Unterscheidungskraft verneint werden kann.
Zutreffend weist die Anmelderin darauf hin, dass das Kürzel „ZVB“ vor allem in der Schweiz für den Begriff „Zusätzliche Versicherungsbedingungen“ verwendet wird. Eine entsprechende Verwendung in Deutschland, insbesondere im Bereich des Versicherungswesens, lässt sich nicht belegen. Für entsprechende Klauseln im Versicherungsgewerbe ist in der deutschen Rechtssprache das Kürzel „AVB“ („Allgemeine Versicherungsbedingungen“) gebräuchlich. Insoweit besteht erkennbar kein Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen. Gleiches gilt im Ergebnis auch im Hinblick auf die mögliche Bedeutung „Zusätzliche Vertragsbedingungen“. Auch wenn diese Bedeutung zumindest für die angesprochenen Fachkreise erkennbar ist, reicht dies für sich genommen noch nicht aus, um die Unterscheidungskraft zu verneinen und die Eintragung zurückzuweisen. Zusätzliche Vertragsbedingungen sind nicht der Gegenstand der beanspruchten Dienstleistung. Zwar können alle beanspruchten Dienstleistungen unter Verwendung von zusätzlichen Vertragsbedingungen erbracht werden. Die zusätzlichen Vertragsbedingungen dienen dann der Regelung der vertraglichen Beziehungen. Sie sind aber nur ein „technisches Mittel“ zur Vertragsgestaltung und beschreiben weder in naheliegender Weise die Dienstleistung selbst noch relevante Merkmale der beanspruchten Dienstleistungen. Allenfalls bei juristischen Dienstleistungen - die nicht beschwerdegegenständlich sind - wäre es denkbar, dass die Dienstleistung darin besteht könnte, zusätzliche Vertragsbedingungen zu entwerfen und deren Benutzung anzubieten. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass den Fachkreisen das Kürzel „ZVB“ bekannt ist und diese irgendeinen Zusammenhang zu den beanspruchten Dienstleistungen herstellen könnten, so würde sich gleichwohl ein erheblicher Spielraum für Interpretationen eröffnen. Dabei ist nicht ersichtlich, welche konkrete Vorstellung hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen den angesprochenen Verkehrskreisen vermittelt werden soll. Es bedürfte mehrerer Gedankenschritte, um einen nachvollziehbaren Sinnzusammenhang zwischen den beanspruchten Dienstleistungen und der Verwendung von zusätzlichen Vertragsbedingungen herzustellen. Eine solche analytische Betrachtungsweise rechtfertigt in der Regel nicht den Schluss auf fehlende Unterscheidungskraft. Erforderlich ist vielmehr eine sich in den Vordergrund drängende, für den Verkehr ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfassbare Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten Dienstleistungen (vgl. hierzu auch BGH GRUR 2012, 270 Rn. 12 - Link economy; GRUR 2012, 1143 Rn. 10 - Starsat; GRUR 2014, 483 Rn. 11 - test), die der Senat hier nicht feststellen kann. Auch ein hinreichend naheliegender und spezifisch beschreibender Zusammenhang zwischen der angemeldeten Buchstabenfolge und den beanspruchten Dienstleistungen ist nicht ersichtlich.
2. Im Hinblick auf die fehlende Eignung der Buchstabenfolge „ZVB“ in Alleinstellung zur unmittelbaren Beschreibung der beanspruchten Dienstleistungen unterliegt das Zeichen auch keinem Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Es gibt keine konkreten Anhaltspunkte, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass „ZVB“ zukünftig als eine Sachangabe hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen verstanden werden könnte.