Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 09.11.2017


BPatG 09.11.2017 - 25 W (pat) 114/14

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "KÖ BOGEN ZUKUNFT FÜR DÜSSELDORF (Wort-Bild-Marke)" – keine bösgläubige Markenanmeldung - markenrechtliches Löschungsverfahren dient nicht dem Schutz von Urheberrechten


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
09.11.2017
Aktenzeichen:
25 W (pat) 114/14
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2010 075 160

(hier: Löschungsverfahren S 109/13)

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 9. November 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll sowie der Richterin Kriener und des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Beschwerde der Löschungsantragstellerin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 23. Dezember 2010 angemeldete Wort-Bildgestaltung

Abbildung

2

ist am 14. Juni 2011 für die Dienstleistungen der

3

Klasse 36:

4

Immobilienwesen; Gebäudeverwaltung; Vermittlung, Vermietung und Verpachtung von Gewerbeflächen und Büroräumen; Verwaltung, Vermittlung, Vermietung und Verpachtung von Immobilien, nämlich von Cafés, Restaurants, Bars, Weinlokalen und anderen gastronomischen Betrieben; Vermittlung und Vermietung von Wohnräumen;

5

Klasse 37:

6

Bauwesen; Errichtung von Bauten, Straßen, Brücken, Dämmen und Verlegen von Leitungen sowie deren Instandhaltung;

7

Klasse 41:

8

Unterhaltung; Organisation und Durchführung von Sport- und Kulturveranstaltungen;

9

Klasse 42:

10

Stadtplanung und -entwicklung; Planung und technische Vorbereitung von Bauprojekten; Dienstleistungen des Architektur- und Bauingenieurwesens; Verkehrsplanung;

11

Klasse 43:

12

Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen;

13

Klasse 44:

14

Dienstleistungen im Bereich der Land-, Garten- und Forstwirtschaft, insbesondere Dienstleistungen eines Gartenbauarchitekten, Gartenbauarbeiten, Gartenarbeiten

15

unter der Nummer 30 2010 075 160 als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister eingetragen worden.

16

Mit Löschungsantrag vom 9. April 2013, der am 10. April 2013 beim DPMA eingegangen ist, hat die Antragstellerin die Löschung der Marke gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 MarkenG beantragt und mit der Bösgläubigkeit der Anmelderin bei der Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG begründet. Zur Begründung der Bösgläubigkeit hat die Antragstellerin ausgeführt, der die angegriffene Wort-/Bildmarke prägende Bestandteil KÖ-BOGEN sei im Jahr 2003 von dem geschäftsführenden Gesellschafter der Antragstellerin entwickelt worden. Die markenrechtlichen Aktivitäten der Markeninhaberin seien nur dahingehend motiviert gewesen, die Antragstellerin davon abzuhalten, ihr zustehende Rechte an der Bezeichnung KÖ-BOGEN gegenüber der Markeninhaberin geltend zu machen.

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Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat dem Löschungsantrag, der ihr am 7. Mai 2013 zugestellt worden ist, mit Schriftsatz vom 4. Juli 2013, vorab per Telefax eingegangen am selben Tag beim Deutschen Patent- und Markenamt, widersprochen.

18

Mit Beschluss vom 8. August 2014 hat die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts den Löschungsantrag ohne Kosten aufzuerlegen zurückgewiesen.

19

Zur Begründung ist ausgeführt, es fehle bereits ein schlüssiger Vortrag der Antragstellerin zur Bösgläubigkeit der Anmeldung. Soweit die Antragstellerin umfangreich zu einem ihr zustehenden und mit der Markeninhaberin verhandelten "Kompensationsgeschäft", zu dem es letztlich nicht gekommen sei, vortrage, ergäben sich daraus keinerlei Anhaltspunkte und schon gar keine Belege dafür, dass die beschwerdegegenständliche Marke am 23. Dezember 2010 bösgläubig angemeldet worden sei.

20

Alle Ausführungen der Antragstellerin, die im Zusammenhang mit der Anmeldung der Wortmarke "KÖ-BOGEN" (Aktenzeichen: 307 31 251.8) der Antragsgegnerin und Markeninhaberin vom 11. Mai 2007 stünden, anlässlich der die Antragsgegnerin die Antragstellerin "abgemahnt" habe, seien schon nicht beachtlich, weil sie nicht die angegriffene Wort-/Bildmarke beträfen. Auch sei die Antragstellerin aus dieser Marke weder abgemahnt worden, noch an der Nutzung ihrer Wort-/Bildmarke Abbildungoder der Verwendung der Bezeichnung "Kö-Bogen" beeinträchtigt oder gehindert worden. Der Markeninhaberin stünden keinerlei Rechte an der – für die hier beanspruchten Dienstleistungen rein beschreibenden – Bezeichnung "KÖ-BOGEN" zu, denn die Bezeichnung "Kö-Bogen" sei in Bezug auf die von der angegriffenen Marke abgedeckten Dienstleistungen lediglich beschreibend dahingehend, dass es sich um (irgendwelche) Immobilien handele, die architektonisch in Bogenform angeordnet und sich an der D… K…allee befänden. Die Bezeichnung "Kö-Bogen" sei eine bloße Ortsangabe für ein Bauprojekt in der Landeshauptstadt D…. Die angegriffene Wort-/Bildmarke habe Markenschutz nur deswegen erlangt, weil der Bestandteil "KÖ" durch die konkrete bildliche Ausgestaltung verfremdet sei, so dass er spontan sogar zunächst eher als Buchstabenfolge "Ö-K" wahrgenommen werde. Der Wortbestandteil "KÖ-BOGEN" sei in der angegriffenen Marke nicht prägend, so dass sich daraus keinerlei Verbietungsrechte gegen die Wort-/Bildmarke der Antragstellerin oder die Verwendung der Bezeichnung "KÖ-BOGEN" ergäben. Eine Übereinstimmung zwischen den Zeichen der Markeninhaberin und der Antragstellerin bestehe somit ausschließlich in diesem schutzunfähigen Teil. Der Verweis der Antragstellerin auf vermeintliche Urheberrechte führe nicht zu einem schützenswerten Besitzstand zu ihren Gunsten. Bei der Bezeichnung "Kö-Bogen" handele es sich nicht um ein Werk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG, an dem Rechte entstanden sein könnten. Denn es sei eine naheliegende Zusammensetzung aus der geläufigen Abkürzung für die D…-K…allee, die "Kö", an deren nördlichem Ende das neu gestaltete Bauareal liege, und der Bezeichnung "Bogen" als der Beschreibung der Form des Areals. Darin könne eine schöpferische Leistung nicht gesehen werden (vgl. "Spreebogen" für die in Berlin 1994 fertig gestellte Neugestaltung eines historischen Industrie-Areals am Nordufer einer der Spreeschleifen). Auch soweit sich die Antragstellerin auf Gespräche zwischen ihrem geschäftsführenden Gesellschafter und Mitarbeitern der Markeninhaberin beruft, bei denen es um das der Löschungsantragstellerin zustehenden "Recht am Wort" gegangen sei, eigne sich dieses Vorbringen nicht dazu, den Tatbestand einer bösgläubigen Anmeldung zu erfüllen.

21

Jegliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Bösgläubigkeit der Markeninhaberin im Zeitpunkt der Anmeldung der verfahrensgegenständlichen Marke fehlten, so dass der Löschungsantrag ohne Kostenauferlegung zurückzuweisen gewesen sei.

22

Gegen den ihr am 1. September 2014 zugestellten Beschluss der Markenabteilung hat die Löschungsantragstellerin am 30. September 2014 unter gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr durch Erteilung eines gültigen SEPA-Basislastschriftmandats Beschwerde eingelegt.

23

Zur Begründung führt sie aus, die angegriffene Marke sei allein in der Absicht angemeldet worden, die Antragstellerin von Rechten an der Bezeichnung "KÖ-BOGEN" auszuschließen. Denn die unstreitig von dem geschäftsführenden Gesellschafter der Löschungsantragstellerin entwickelte Bezeichnung "Kö-Bogen" für das Bauprojekt "H…rampe und J…-Platz" sollte ausschließlich für dieses aktuelle Prestigeobjekt verwendet werden. Die Bezeichnung sollte nicht bei anderen Projekten zum Einsatz kommen und erst recht nicht bundesweit als Marke eingesetzt werden. Die Benutzung der Bezeichnung als Marke mache für die Markeninhaberin als juristische Person des öffentlichen Rechts keinen Sinn, denn die Markeninhaberin würde die beanspruchten Dienstleistungen gar nicht – und schon gar nicht bundesweit – anbieten. Daher habe zum Zeitpunkt der Anmeldung keine Benutzungsabsicht der Markeninhaberin vorgelegen. Sofern die Markeninhaberin Dienstleistungen der beanspruchten Art für Dritte anbieten wollte, träte sie in den Wettbewerb mit privaten Anbietern ein, was den strengen Anforderungen der Gemeindeordnung bezüglich einer privat-rechtlichen Betätigung unterliege. Diese Aspekte habe die Markenabteilung nicht berücksichtigt. Soweit die Markeninhaberin zur beabsichtigten Benutzung der Marke vortrage, mache sie Umstände geltend, die erst nach der Anmeldung der angegriffenen Marke entstanden seien. Die von der Markeninhaberin hierzu vorgelegten Zeitungsberichte über Veranstaltungen und ähnliche Aktivitäten seien ohne Aussagekraft. Die Benutzungsabsicht sei ein auf die Zukunft gerichtetes Element, so dass eine ex-post Betrachtung hier unzulässig sei. Das Fehlen der Benutzungsabsicht könne als bewiesen angesehen werden.

24

Die Markenabteilung habe zudem die Hintergründe und konkreten Umstände, die zu der Markenanmeldung am 23. Dezember 2010 geführt hätten, nicht ausreichend gewürdigt. Denn Ausgangspunkt von markenrechtlichen Aktivitäten der Markeninhaberin sei das Interview mit dem geschäftsführenden Gesellschafter der Antragstellerin vom 9. Dezember 2006 in der R… Post gewesen, in dem dieser ausgeführt habe, dass er die Bezeichnung "Kö-Bogen" entwickelt habe und ihm entsprechend die Rechte an der Bezeichnung zustünden. Als Reaktion hierauf habe die Markeninhaberin am 11. Mai 2007 die Wortmarke "Kö-Bogen" angemeldet und am 21. Mai 2007 den geschäftsführenden Gesellschafter der Antragstellerin abgemahnt. Mit der geforderten Unterlassungserklärung sollte der geschäftsführende Gesellschafter bestätigen, dass weder Ansprüche auf Unterlassung noch auf eine Lizenzzahlung der Löschungsantragstellerin gegen die Markeninhaberin bestünden. Die Markeninhaberin handelte hier zweifellos in der Absicht, sich die Monopolrechte an der Bezeichnung "Kö-Bogen" zu sichern, um Dritte und dabei insbesondere die Antragstellerin, vom Erwerb von Rechten an der Bezeichnung abzuhalten. Nachdem die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgegeben worden war, erfolgten zunächst keine weiteren Aktionen der Markeninhaberin. Erst nachdem das Bauprojekt der Stadt in den beteiligten Gremien der Markeninhaberin positiv verbeschieden worden war (Entscheidungsfindung sei zwischen den Jahren 2007 und 2009 erfolgt), habe die Markeninhaberin die Diskussion um den Begriff "Kö-Bogen" wieder aufgenommen. Am 12. Oktober 2010 sei zwischen den Beteiligten von einer einvernehmlichen Beilegung des Konflikts gesprochen worden und über eine geeignete Kompensation der Antragstellerin nachgedacht worden. Dieser Austausch der Beteiligten zeige, dass der Markeninhaberin durchaus bewusst war, dass sie für die Entwicklung der Bezeichnung "Kö-Bogen" durch die Antragstellerin bzw. deren geschäftsführenden Gesellschafter eine Gegenleistung zu erbringen habe. Drei Tage nach einem erneuten Gespräch der Beteiligen über eine Kompensation der Antragstellerin am 20. Dezember 2010, in welchem Details zu der geplanten Kompensation vereinbart werden sollten, habe die Markeninhaberin die verfahrensgegenständliche Marke angemeldet. Diese Umstände, die unmittelbar vor dem Anmeldezeitpunkt lägen und ein unlauteres Verhalten der Markeninhaberin begründeten, habe die Markenabteilung nicht ausreichend berücksichtigt. Zum Zeitpunkt der Anmeldung sei zwischen den Parteien nicht das "ob" einer Kompensation, sondern nur deren Höhe streitig gewesen. Im Nachhinein betrachtet, hätten die Aktivitäten der Markeninhaberin vor der Markenanmeldung einer Ruhigstellung der Antragstellerin gedient, um die Anmeldung der angegriffenen Marke durchführen zu können. Die streitgegenständliche Marke sei mit der Bezeichnung "Kö-Bogen" ähnlich und verwechslungsfähig, so dass die Frage, ob der Begriff "Kö-Bogen" schutzfähig sei, keine Rolle spiele. Für die Beurteilung der Bösgläubigkeit sei ebenso wenig von Belang, ob die Bezeichnung nach dem Urheberrecht schutzfähig sei oder nicht. Die Bezeichnung sei eigentümlich und die Antragstellerin habe einen schützenswerten Besitzstand daran erworben. Wäre dies nicht der Fall, hätte die Markeninhaberin keine Abmahnung ausgesprochen bzw. wäre diese wirkungslos gewesen, was die Markeninhaberin sicher selbst nicht behaupten wolle.

25

Ein gewichtiges Indiz der Bösgläubigkeit sei die Anmeldung in Kenntnis der früheren Marke der Antragstellerin. Insoweit werde auch bestritten, dass die Antragstellerin das Zeichen nicht benutzt habe, was diese auch nie behauptet habe.

26

Die Beschwerdeführerin und Löschungsantragstellerin beantragt sinngemäß,

27

den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. August 2014 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke 30 2010 075 160 anzuordnen.

28

Die zunächst hilfsweise beantragte Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat die Löschungsantragstellerin auf die Ladung mit rechtlichem Hinweis des Senats vom 26. Juni 2017 am 13. Juli 2017 zurückgenommen.

29

Die Beschwerdegegnerin und Markeninhaberin beantragt,

30

die Beschwerde zurückzuweisen.

31

Hilfsweise hat sie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

32

Die Voraussetzungen der Bösgläubigkeit seien von der Antragstellerin weder schlüssig vorgetragen worden, noch sei eine der von der Rechtsprechung entwickelten Fallgruppen der Bösgläubigkeit im Zeitpunkt der Anmeldung gegeben. Zunächst fehle bereits ein schutzwürdiger Besitzstand des Vorbenutzers, den die Markeninhaberin mit der Anmeldung verletzen könne. Denn zum Zeitpunkt der Anmeldung der streitbefangenen Marke am 23. Dezember 2010 sei die Löschungsantragstellerin Inhaberin der seit dem 14. November 2006 mit der Registernummer 306 56 360 eingetragenen Wort-/Bildmarke Abbildung gewesen. Die bösgläubige Anmeldung mit dem Ziel einen schutzwürdigen Besitzstand eines Dritten zu stören oder den weiteren Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, erfasse nach der Systematik des Markenrechts aber nur einen Besitzstand, für den ein formaler Kennzeichenschutz nicht bestehe. Denn dem Inhaber eines älteren formal geschützten Zeichens stünden die Verteidigungsmöglichkeiten eines Widerspruchs oder einer Verletzungsklage zur Verfügung. Auch sei für die Löschungsantragstellerin an der Bezeichnung Kö-Bogen kein sonstiger Besitzstand entstanden. Die dafür erforderliche Verwendung der Bezeichnung und die erforderliche gewisse Marktpräsenz fehlten, denn die Antragstellerin habe die Marke nie benutzt. Diese sei wegen fehlender Benutzung zum 14. November 2014 gelöscht worden. Letztlich reduzierten sich die Ausführungen der Antragstellerin auf die Behauptung, sie bzw. ihr Geschäftsführer hätten den Begriff erdacht. Ein solcher Ideenschutz sei dem Recht des geistigen Eigentums aber fremd.

33

Auch sei mit der angegriffenen Marke keine Sperrwirkung in Bezug auf die Bezeichnung "KÖ-BOGEN" verbunden. Die angegriffene Marke sei für Dienstleistungen eingetragen, die das Geschäftsfeld der Antragstellerin, das die Dienstleistungen der Werbung der Klasse 35 umfasse, nicht berührten. Auch sei keine Ähnlichkeit der Zeichen gegeben. Die angegriffene Marke werde visuell schon aufgrund der Größe von dem Bestandteil "KÖ" dominiert. Diese geläufige Abkürzung für Königsallee sei als Ortsangabe rein beschreibender Natur, zudem werde durch die konkrete Art der Gestaltung von "KÖ" ein beträchtlicher Abstand der Zeichen herbeigeführt. Der Markeninhaberin fehle zudem die Behinderungsabsicht, sie habe der Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt die Nutzung des Zeichens "Kö-Bogen" verwehrt. Anders als die Antragstellerin meint, sei die streitbefangene Marke auch mit der Absicht sie zu benutzen, angemeldet worden. Die Marke sei für Dienstleistungen eingetragen worden, die mit den Tätigkeiten einer Gemeinde typischerweise zusammenhängen, wenn ein Bauprojekt entstehe bzw. ein Innenstadtareal einen Namen erhalte. Eine Gemeinde sei regelmäßig bei Veranstaltungen von Festen, Weihnachtsmärkten, Thementagen und ähnlichem im gesamten Innenstadtbereich aktiv und dementsprechend sowohl mit den Dienstleistungen der Klassen 41 und 43 als auch den weiteren Dienstleistungen befasst. Im Übrigen könne die Nutzung der Marke auch durch Dritte erfolgen.

34

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung, die Schriftsätze der Beteiligten, den Ladungszusatz des Senats vom 26. Juni 2017 und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

35

Die nach § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Löschungsantragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beschwerde war zurückzuweisen, da die Voraussetzungen für eine Löschung der angegriffenen Marke wegen Bösgläubigkeit bei der Markenanmeldung im Sinn des § 50 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG nicht hinreichend dargetan und auch ansonsten nicht ersichtlich oder feststellbar sind. Insoweit teilt der Senat die Auffassung der Markenabteilung.

36

1. Zunächst ist festzustellen, dass die Voraussetzung für die Durchführung des Löschungsverfahrens mit inhaltlicher Prüfung nach § 54 Abs. 2 Satz 3 MarkenG erfüllt ist, nachdem die Markeninhaberin dem ihr am 7. Mai 2013 zugestellten Löschungsantrag mit am 4. Juli 2013 beim DPMA eingegangenem Schriftsatz fristgerecht innerhalb der Zwei-Monats-Frist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG widersprochen hat.

37

2. Eine Markeneintragung ist zu löschen, wenn der Anmelder bei der Anmeldung der Marke bösgläubig war. Von einer bösgläubigen Markenanmeldung ist auszugehen, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig und damit unlauter erfolgte. Hierbei ist allein auf den Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke abzustellen (vgl. BGH GRUR 2016, 380 Rn. 13 – GLÜCKSPILZ; GRUR 2016, 378 Rn. 14 Liquidrom; GRUR 2014, 565 Rn. 10 – smartbook; GRUR 2013, 1143 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten; EuGH GRUR 2009, 763, Tz. 35, 53 – Lindt & Sprüngli/Franz Hauswirth; Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 50, Rn. 14), also vorliegend auf den 23. Dezember 2010. Eine bösgläubige Markenanmeldung kommt in Betracht, wenn der Anmelder das angemeldete Zeichen nicht als Marke, d. h. als Herkunftshinweis benutzen möchte, sondern nur die formale Rechtstellung als Inhaber eines Monopolrechts lediglich zum Zweck einer markenrechtlich nicht gerechtfertigten, rechtsmissbräuchlichen oder sittenwidrigen Behinderung Dritter einsetzen will (BGH GRUR 2009, 780 – Ivadal; GRUR 2006, 850 Rn. 41 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 581, 582 – The Colour of Elégance; Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 830, 840 m. w. N.). Es müssen besondere Umstände vorliegen, die das Verhalten des Anmelders als sittenwidrig erscheinen lassen. Solche Umstände können darin liegen, dass der Anmelder in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder ähnliche Waren und/oder Dienstleistungen die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel, den Besitzstand des Vorbenutzers zu stören, oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch des Zeichens zu sperren, als Kennzeichen hat eintragen lassen, oder dass er die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt (vgl. BGH GRUR 2012, 429 Rn. 10 – Simca; m. w. N.). Dabei ist die maßgebliche Grenze zur Bösgläubigkeit dann überschritten, wenn das Verhalten des Markenanmelders bei objektiver Würdigung aller Umstände in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung eines Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist (BGH GRUR 2008, 621 Rn. 32 – AKADEMIKS; GRUR 2005, 581 - The Colour of Elégance, GRUR 2008, 917 Rn. 23 – EROS; BPatG GRUR 2010, 431, 434 – Flasche mit Grashalm). Hierbei muss die Erschwerung der Benutzung der Marke durch den Dritten nicht der einzige Beweggrund für die Markenanmeldung sein; es reicht aus, wenn diese Absicht ein wesentliches Motiv darstellt (BGH GRUR 2000, 1032 – EQUI 2000; GRUR 2008, 621 Rn. 32 – AKADEMIKS; GRUR 2008, 917 Rn. 23 – EROS). Daher ist die Annahme einer Bösgläubigkeit nicht allein durch den Nachweis eines eigenen Benutzungswillens des Anmelders ausgeschlossen; vielmehr ist eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich (vgl. EuGH, GRUR 2009, 763 Rn. 37 – Lindt & Sprüngli/Franz Hauswirth; BGH GRUR 2009, 780 Rn. 18 – Ivadal).

38

Die Feststellungslast für das Vorliegen eines absoluten Schutzhindernisses zum Eintragungszeitpunkt nach § 50 Abs. 1 MarkenG trifft den Antragsteller des Löschungsverfahrens (vgl. BGH GRUR 2010, 138, Rn. 48 - Rocher-Kugel; GRUR 2009, 669, Rn. 31 – Post II).

39

a. Bei Anwendung dieser Grundsätze kann die Markenanmeldung nicht als bösgläubig angesehen werden. Von einer bösgläubigen Markenanmeldung unter dem Gesichtspunkt der Störung eines schutzwürdigen Besitzstandes der Löschungsantragstellerin kann bereits deswegen nicht ausgegangen werden, weil das Vorliegen eines solchen Besitzstandes nicht festgestellt werden kann. Denn ein Eingriff in einen schutzwürdigen Besitzstand setzt zunächst voraus, dass ein anderer dasselbe oder ein verwechselbares Zeichen für dieselben oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben. Dabei muss der schutzwürdige Besitzstand durch eine hinreichende Marktpräsenz und daraus folgende (gewisse) Bekanntheit der Kennzeichnung im Inland belegt sein (vgl. BGH GRUR 2014, 780 – Liquidrom; Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 877; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Auflage, § 8 Rn. 308). Das erfordert, dass der Vorbenutzer das betreffende Zeichen tatsächlich für seine geschäftliche Betätigung im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Dienstleistungen, also als Marke benutzt und das Zeichen dadurch eine hinreichende Bekanntheit im Verkehr erlangt hat.

40

Eine Geschäftstätigkeit der Antragstellerin und eine Vorbenutzung der angegriffenen Marke oder eines damit verwechselbaren Zeichens als Marke hat die Löschungsantragstellerin nicht belegt. Es mag zwar sein, dass sie bzw. ihr Geschäftsführer die Idee hatte, das von der Markeninhaberin geplante Bauprojekt zur Verlängerung der K…allee in D…, unter dem Namen "Kö-Bogen" zu führen, dies allein begründet für die Löschungsantragstellerin aber keinen schutzwürdigen kennzeichenrechtlichen Besitzstand. Im Übrigen wird noch nicht einmal von der Antragstellerin selbst behauptet, dass die konkret eingetragene Gestaltung der angegriffenen Marke oder die Gestaltung des Bestandteils "Kö-Bogen" in der angegriffenen Marke von ihr stammt.

41

Darüber hinaus kann im Zusammenhang mit zahlreichen Produkten ohne Verkehrsdurchsetzung an einer (bloßen) Bezeichnung "Kö-Bogen" überhaupt kein rechtlich schutzwürdiger Besitzstand entstehen, weil es sich um eine ohne weiteres verständliche Angabe einer Lage bzw. eines Gebäudekomplexes, der in oder an der berühmten K…allee in D… gelegen ist, handelt, der für die allermeisten denkbaren Waren und Dienstleistungen im Hinblick auf einen naheliegenden beschreibenden Zusammenhang jedenfalls die Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG fehlt (vgl. hierzu die Ausführungen im Ladungszusatz des Senats vom 26. Juni 2017; ebenso BPatG 25 W (pat) 540/17 – Behren Palais, die Entscheidung ist öffentlich zugänglich über die Homepage des Bundespatentgerichts). Ungeachtet dessen unterscheidet sich die angegriffene Marke Abbildung aufgrund der graphischen Gestaltung des Buchstabens "Ö" und des seitlich angeordneten Buchstabens "K" deutlich von der nicht schutzfähigen Bezeichnung "Kö-Bogen", so dass die Bejahung einer Verwechslungsgefahr schon deshalb ohne Verkehrsdurchsetzung in Bezug auf den bloßen Wortbestandteil "Kö-Bogen" nicht in Betracht kommt. Dazu, dass diese Bezeichnung sich infolge ihrer Benutzung für die Löschungsantragstellerin oder einen sonstigen Dritten im Sinn des § 8 Abs. 3 MarkenG in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hätte, trägt die Löschungsantragstellerin nichts vor. Die Antragstellerin hat keinerlei Unterlagen im Verfahren vorgelegt, die eine – insoweit auch von der Markeninhaberin bestrittene – Geschäftstätigkeit und eine Vorbenutzung der Bezeichnung "Kö-Bogen" oder der für die Antragstellerin zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke eingetragenen Wort-/Bildmarke Abbildung (Registernummer 306 56 360) als Marke belegen. Ein Vortrag dazu, ob, wann und welche Dienstleistungen in welchem Umfang unter der Kennzeichnung Kö-Bogen oder Abbildung bis zum Anmeldezeitpunkt der angegriffenen Marke angeboten worden sind, fehlt.

42

b. Eine Bösgläubigkeit der Markeninhaberin im Zeitpunkt der Anmeldung ergibt sich unabhängig von der Frage eines schutzwürdigen Besitzstands der Löschungsantragstellerin oder eines Dritten auch nicht unter dem Gesichtspunkt des beabsichtigten zweckfremden Einsatzes der Sperrwirkung der Marke als Mittel des Wettbewerbskampfes.

43

aa. Soweit die Antragstellerin meint, Rückschlüsse auf eine Bösgläubigkeit bei der Anmeldung der angegriffenen Marke ergäben sich im Zusammenhang mit dem Schreiben der Vertreter der Markeninhaberin vom 21. Mai 2007, worin die Antragstellerin aufgefordert wurde, zu erklären, dass ihr aus der Eintragung der mit der Registernummer 306 56 360 eingetragenen Marke "Abbildung" keine Ansprüche auf Unterlassung oder Lizenzzahlung gegen die Markeninhaberin zustünden, kann ihr nicht gefolgt werden. In diesem Schreiben weist die Markeninhaberin auf den im Hinblick auf den beschreibenden Gehalt des Wortbestandteils "Kö-Bogen" engen Schutzumfang der für die Antragstellerin eingetragenen Marke hin. Wenn die Markeninhaberin dann drei Jahre später eine Marke anmeldet, die eine sehr spezielle graphische Ausgestaltung aufweist und in der der in beiden Marken vorhandene (originär schutzunfähige) Bestandteil "Kö-Bogen" in völlig unterschiedlicher Art und Weise dargestellt ist, erweist sich dies nicht als unlauter.

44

bb. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kann auch nicht schon deshalb von einer fehlenden Benutzungsabsicht der Markeninhaberin ausgegangen, weil es sich bei der Markeninhaberin um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt. Abgesehen davon, dass allein eine fehlende Benutzungsabsicht die Bejahung einer bösgläubigen Markenanmeldung nicht rechtfertigen kann, können sich Körperschaften des öffentlichen Rechts wirtschaftlich betätigen und Inhaber von Marken sein, wie dies schon das öffentlich zugängliche Markenregister und die Realität zeigt (z. B. gibt es zahlreiche eingetragene Marken für die bayerische Landeshauptstadt München). Anhaltspunkte, die darüber hinaus dafür sprechen, dass die Markeninhaberin mit Behinderungsabsicht, d. h. ohne ernsthaften eigenen Benutzungswillen die angegriffene Marke nur angemeldet hat, um andere an der Benutzung der Marke zu hindern, fehlen völlig. Da es sich bei der Bezeichnung "Kö-Bogen" im Zusammenhang mit einer Vielzahl von denkbaren Waren und Dienstleistungen um eine beschreibende Angabe handelt, stehen der Markeninhaberin Verbietungsrechte hinsichtlich dieser Sachangabe insoweit ohnehin nicht zu.

45

Anhaltspunkte dafür, dass die Markeninhaberin die Antragstellerin nach der Markenanmeldung aus der für sie registrierten Marke oder der Bezeichnung "Kö-Bogen" in Anspruch genommen hat oder Versuche unternommen, sie von der Verwendung der Bezeichnung "Kö-Bogen" auszuschließen, fehlen.

46

Dass es der Markeninhaberin zum Anmeldezeitpunkt ausschließlich oder vorwiegend um die rechtsmissbräuchliche Störung eines schutzwürdigen Besitzstandes der Antragstellerin ging, kann nicht festgestellt werden.

47

c. Auch der weitere Vortrag der Beschwerdeführerin und Antragstellerin, wonach ihre Urheberrechte an der Bezeichnung "Kö-Bogen" verletzt worden seien, führt zu keiner anderen Beurteilung der Beschwerde, insbesondere nicht dazu, dass das Verhalten der Inhaberin der angegriffenen Marke als bösgläubig angesehen werden kann.

48

Abgesehen davon, dass die originär schutzunfähige Bezeichnung "Kö-Bogen" keine Schöpfungshöhe aufweist und damit kein Werk im Sinne des Urheberrechts ist, dient das markenrechtliche Löschungsverfahren nicht dem Schutz von Urheberrechten. In Bezug auf Rechtsverletzungen in diesem Bereich ist der Weg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet gemäß den Vorschriften des Urhebergesetzes bzw. der ZPO (siehe zu den Urheberrechten im markenrechtlichen Löschungsverfahren auch den Senatsbeschluss 25 W (pat) 92/14 vom 23. Februar 2017 unter Gliederungspunkt II. 2. e., Seiten 11, 12 der Entscheidung, die über die Homepage des BPatG zugänglich ist).

49

Die Beschwerde war nach alledem zurückzuweisen.

50

3. Zur Auferlegung von Kosten auf einen Beteiligten aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG besteht kein Anlass.

51

4. Über die Beschwerde konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. Eine solche war zunächst hilfsweise von den beiden Beteiligten beantragt worden. Die unterliegende Beschwerdeführerin und Antragstellerin hat auf die Ladung nebst ausführlichem Ladungszusatz des Senats vom 26. Juni 2017 den Antrag auf mündliche Verhandlung am 13. Juli 2017 zurückgenommen. Eine mündliche Verhandlung war auch nicht aus Gründen der Sachdienlichkeit veranlasst, § 69 Nr. 1 und Nr. 3 MarkenG.