Entscheidungsdatum: 11.07.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die international registrierte Marke IR 1 001 408
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 11. Juli 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, des Richters Metternich und der Richterin Grote-Bittner
beschlossen:
Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
I.
Die Bezeichnung
GOOD MORNING
ist am 16. Dezember 2008 unter der Nummer 1 001 408 für diverse Waren der Klassen 3, 5, 30 und 32 als Marke international registriert worden. Die Markeninhaberin begehrt Schutz für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach Beschränkung im Beschwerdeverfahren noch für folgende Waren der Klassen 30 und 32:
Klasse 03:
Soaps, perfumery, essential oils, products for personal hygiene and beauty care (included in this class), hair lotions, dentifrices; cosmetics;
Klasse 05:
Galenic preparations for medicinal use; glucose for medical purposes and medicated confectionery; pharmaceutical products; dietetic foods (for medical purposes); nutritional additives, primarily containing vitamins, mineral nutrients and trace elements;
Die Markenstelle für Klasse 30 Internationale Markenregistrierung des Deutschen Patent- und Markenamts hat der IR-Marke mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, den Schutz in der Bundesrepublik Deutschland versagt, und zwar auch insoweit, als die Markeninhaberin Waren der Klassen 30 und 32 beansprucht hatte.
Nach Auffassung der Markenstelle fehlt der angemeldeten Marke hinsichtlich aller beanspruchten Waren die erforderliche Unterscheidungskraft. Die angesprochenen inländischen Verkehrskreise in Form des Massenpublikums würden die feststehende Redewendung "GOOD MORNING", die aus einfachsten Bestandteilen des englischen Grundwortschatzes bestehe und vom inländischen Verkehr leicht mit "Guten Morgen" übersetzen werden könne, in ihrer Gesamtheit sofort und ohne jegliches Nachdenken nur als morgendlichen Willkommensgruß auffassen und hierin keinen individualisierenden Hinweis auf die betriebliche Herkunft der so gekennzeichneten Waren sehen. In der Bedeutung von "Guten Morgen" werde die angemeldete Marke von dem Konsumenten lediglich als ein produktbezogener Hinweis verstanden, dass die so bezeichneten Waren geeignet seien, für einen "Guten Morgen" im Sinne eines guten Starts in den Tag zu sorgen. Für die Waren aus dem Kosmetikbereich (Klasse 3), nämlich "Soaps, perfumery, essential oils, products for personal hygiene and beauty care (included in this class), hair lotions, dentifrices; cosmetics” könne die angemeldete Wortfolge einen Hinweis darauf geben, dass die Produkte eine anregende und erfrischende Wirkung hätten und auf diese Weise dem Konsumenten einen "guten Morgen” bereiten könnten. Gleichermaßen könne die angemeldete Marke für die Waren im Bereich der pharmazeutischen Produkte und Nahrungsergänzungsprodukte der Klasse 5 einen produktbezogenen Hinweis geben, dass diese – morgens eingenommen – positiven Einfluss auf das (morgendliche) Wohlbefinden haben könnten.
Hiergegen hat die Markeninhaberin, soweit der international registrierten Marke Schutz in der Bundesrepublik Deutschland für die Waren der Klassen 3 und 5 verweigert worden ist, Beschwerde erhoben.
Sie hält die angemeldete Marke in Bezug auf diese Waren weiterhin für schutzfähig. Die Anmeldemarke sei insoweit unterscheidungskräftig und nicht freihaltebedürftig. Entgegen der Auffassung der Markenstelle erkenne der inländische Verbraucher zwar in "guten Morgen" eine allgemein übliche Begrüßungsformel, nicht aber in "GOOD MORGING", da er in einem ersten gedanklichen Zwischenschritt diese englischsprachige Wortfolge übersetzen müsse. Da sich die englischsprachige Begrüßungsformel in den letzten zehn Jahren nicht verändert habe, sei kein Grund ersichtlich, weshalb Marken wie "Good Morning" bzw. "Guten Morgen", die in den letzten Jahren mit fast identischen Waren wie den vorliegenden in Deutschland eingetragen worden seien, heute als nicht schutzfähig angesehen würden. Soweit die Markenstelle als Argument anführe, dass das Zeichen einen guten Start in den Tag suggeriere, könne diese Begründung aus zweierlei Gründen nicht überzeugen. Zum einen seien auch Zeichen eintragungsfähig, die nur einen Anklang oder eine assoziative Wirkung hätten. Zudem seien die Waren der Klassen 3 und 5 nicht nur für die morgendliche Anwendung bestimmt, so dass der Verbraucher diesen Gedankenschritt gar nicht vornehme. Mithin könne nicht von einem engen beschreibenden Bezug des Zeichens ausgegangen werden, jedenfalls nicht zu den aktuell noch beanspruchten Waren der Klassen 3 und 5.
Die Markeninhaberin hatte mit der Beschwerdeerhebung hilfsweise Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt und hat sodann nach Ladung zur mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 26. Juni 2013 erklärt, an der für den 4. Juli 2013 bestimmten Termin zur mündlichen Verhandlung nicht teilzunehmen. Der Verhandlungstermin ist daraufhin aufgehoben worden.
Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 Internationale Registrierung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31. Januar 2011 und vom 27. September 2012 aufzuheben, soweit der Marke IR 1 001 408 der Schutz in der Bundesrepublik Deutschland für die inden Klassen 3 und 5 beanspruchten Waren verweigert worden ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Markeninhaberin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 66 Abs. 1 MarkenG zulässig, sie ist jedoch unbegründet. Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin steht der Erstreckung des Schutzes der international registrierten Marke IR 1 001 408 auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in Bezug auf die im Beschwerdeverfahren nur noch beanspruchten Waren der Klassen 3 und 5 das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegen, so dass die Markenstelle die Schutzerstreckung hinsichtlich dieser Waren zu Recht gemäß §§ 124, 113, 37 Abs. 1 MarkenG i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, Art. 5 Abs. 1 PMMA i.V.m. Art. 6 quinquies PVÜ verweigert hat.
1.
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 Henkel; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 18 FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Produkten lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH GRUR 2006, 850, Tz. 19 FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 86 Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u.a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (vgl. BGH - FUSSBALL WM 2006 a.a.O.). Zumindest in diesem Sinne fehlt der angemeldeten Marke in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren die Unterscheidungskraft.
Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an (Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8, Rdn. 29, 30). Die beanspruchten Waren der Klassen 3 und 5 sind an breite Kreise der inländischen Verbraucher und zugleich, soweit die Waren der Klasse 5 betroffen sind, auch an Fachleute (Ärzte, Apotheker usw.) gerichtet.
Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um eine Wortfolge, die der angesprochene inländische Verkehr in Bezug auf alle jetzt noch beanspruchten und zurückgewiesenen Waren der Klassen 3 und 5 ausschließlich als werblich anpreisenden Hinweis auf Bestimmung oder Eigenschaften der so bezeichneten Produkte auffasst. Der inländische Verbraucher und erst recht die in Bezug auf die Waren der Klasse 5 außerdem angesprochenen inländischen Fachleute wie Ärzte und Apotheker, die regelmäßig über sehr gute Englischkenntnisse verfügen, werden die englischsprachige Wortfolge "Good Morning" ohne weiteres und entgegen der Auffassung der Markeninhaberin, insbesondere auch ohne Übersetzungsaufwand und ohne gedankliche Zwischenschritte vollziehen zu müssen, im Sinne von "Guten Morgen" verstehen. Zum einen handelt es sich hierbei nämlich um eine im Englischen wie im Deutschen am Morgen verwendete Grußformel, gleich den zu späteren Tageszeiten genutzten Grußformeln, wie "Good afternoon" (Guten Tag) und "Good evening" (Guten Abend). Zum anderen sind Wortfolgen aus einfachsten englischen Wörtern wie "Good Morning" auch im Inland insbesondere in der Produktwerbung derart präsent, dass der inländische Verkehr mit der Bedeutung solcher Begriffe seit langem vertraut ist. Im Zusammenhang mit den beanspruchten und zurückgewiesenen Waren wird der Verkehr diese Grußformel für den "Morgen" als werblich anpreisende Angabe in dem Sinne auffassen, dass diese Produkte am Morgen verwendet und ihm einen "guten Morgen" bzw. einen guten Start in den Tag bescheren können.
Alle beanspruchten Waren der Klasse 3, bei denen es sich im weitesten Sinne um Produkte für den täglichen Körperpflege- und Hygienebedarf handelt, nämlich Seifen, Parfüm, Hygiene- und Schönheitsprodukte, Zahnputzmittel, Kosmetika, Haarpflegeprodukte etc. (Soaps, perfumery, essential oils, products for personal hygiene and beauty care [included in this class], hair lotions, dentifrices; cosmetics) werden auch bzw. gerade am Morgen zur Morgentoilette eingesetzt. Daher wird der inländische Verkehr bei der Bezeichnung "GOOD MORNING" im Zusammenhang mit den Waren der Klasse 3 einen entsprechenden Sachbezug ohne weiteres herstellen bzw. ein solcher wird sich ihm geradezu aufdrängen. Der Umstand, dass diese Waren allesamt nicht nur am Morgen verwendet werden können, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn gerade auch im Körperpflege- und Kosmetikbereich bestehen Marketingstrategien, Produkte speziell für bestimmte Tageszeiten bzw. als Produkte für Tageszeiten und Nachtzeiten (Tagescreme/Nachtcreme, u.ä.) zu konzipieren und entsprechend am Markt zu platzieren, unabhängig von ihrer Eignung, auch zu anderen Tageszeiten verwendet werden zu können. So werden auf dem Markt Produkte mit Bezeichnungen wie beispielsweise "Guten-Morgen-Seife", eine Pflegeserie "Guten Morgen!", "Guten morgen haarwasser zwitsal", "Guten Morgen Shampoo" uÄm. angeboten (s. hierzu die der Markeninhaberin mit Ladungsverfügung vom 10./11. Juni 2013 als Anlage 1 übersandten Unterlagen, Bl. 23 – 34 d.A.). Dabei können diese Waren selbstverständlich z.B. auch am Abend genutzt werden.
Ebenfalls werden die angesprochenen inländischen Verkehrskreise der Bezeichnung "GOOD MORNING" im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren der Klasse 5 einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen, so dass auch insoweit die Unterscheidungskraft zu verneinen ist. Der Verzehr von diätetischen Nahrungsmitteln oder die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln wie auch die von pharmazeutischen Erzeugnissen können als das Wohlbefinden bzw. die Gesundheit fördernde Produkte dem Verbraucher zu einem guten Start in den Morgen verhelfen bzw. ihm das Gefühl verschaffen, für einen "guten Morgen" zu sorgen. Dies gilt insbesondere auch für "Dermatika", die unter die "pharmazeutischen Produkte" fallen und eine große Nähe zu den Hautpflegeprodukten aufweisen können. Die anpreisende, beschreibende Sachaussage der Schutz suchenden Marke wird dem Verkehr dabei durch die Wortfolge "Good Morning" werbewirksam vermittelt. Der Verkehr wird die Wortfolge deshalb rein beschreibend und nicht betriebskennzeichnend verstehen, zumal die Bewerbung eines guten Morgens inzwischen bei sehr vielen im Alltag genutzten Produkten üblich ist, wie z.B. bei Tee und Kaffee (vgl. dazu die der Markeninhaberin als Anlage 2 zum Ladungshinweis vom 10./11. Juni 2013 übersandten Unterlagen, Bl. 35-36 d.A.). Soweit neben den Fachleuten auch auf den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, darf dessen Verständnisfähigkeit nicht zu gering veranschlagt werden, wobei auch er durchaus in der Lage ist, überaus naheliegende Schlussfolgerungen zu ziehen.
Soweit die Markeninhaberin auf Voreintragungen von aus ihrer Sicht vergleichbarer auch deutschsprachiger Anmeldemarken verweist, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung, zumal auch gegenteilige Entscheidungen zu solchen Anmeldezeichen gibt, wie beispielsweise "GUTEN MORGEN", "GUTEN MORGEN FRUCHT" (s. Beschlüsse des Senats vom 23. Mai 2013, 25 W (pat) 580/12, 25 W (pat) 594/12 zu finden in PAVIS PROMA). Bestehende Eintragungen sind zwar zu berücksichtigen, vermögen aber keine für den zu entscheidenden Fall rechtlich bindende Wirkung zu entfalten. Dies hat der EuGH mehrfach entschieden (ständige Rspr., vgl. EuGH GRUR 2009, 667 - Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u.a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229, Tz 47-51 - BioID; GRUR 2004, 674, Tz. 42-44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428 Tz. 63 - Henkel). Dies entspricht auch ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundespatentgerichts (vgl. BGH GRUR 2011, 230, Tz. 12 – SUPERgirl; GRUR 2008, 1093 Tz. 18 - Marlene-Dietrich-Bildnis; BPatG MarkenR 2010, 145 – Linuxwerkstatt; GRUR 2007, 333 – Papaya). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein auf der Grundlage des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist. Aus dem Gebot rechtmäßigen Handelns folgt, dass sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann, um eine identische Entscheidung zu erlangen.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
2.
Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung getroffen werden. Die Markeninhaberin hat ihren hilfsweise gestellten Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung (§ 69 Nr. 1 MarkenG) zurückgenommen. Ihre Erklärung, an der für den 4. Juli 2013 bestimmten mündlichen Verhandlung nicht teilzunehmen, war als dahingehende Rücknahme auszulegen.