Entscheidungsdatum: 18.10.2017
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2012 044 496
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 18. Oktober 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener und des Richters Dr. Nielsen
beschlossen:
Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
I.
Die am 14. August 2012 angemeldete Wort-/Bildgestaltung
ist am 11. Dezember 2012 unter der Nummer 30 2012 044 496 als Wort-/Bildmarke für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister eingetragen worden:
Klasse 1:
chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke und wissenschaftliche, nämlich biologische Immunmodulatoren (ausgenommen für medizinische Zwecke);
Klasse 5:
pharmazeutische Erzeugnisse, nämlich biologische Immunmodulatoren; Arzneimittel für humanmedizinische Zwecke; Arzneimittel für tierärztliche Zwecke; Adjuvantien für medizinische Zwecke;
Klasse 44:
Dienstleistungen eines medizinischen Labors; Durchführung medizinischer und klinischer Untersuchungen.
Gegen die Eintragung der am 11. Januar 2013 veröffentlichten Marke hat die Inhaberin der Widerspruchsmarke aus ihrer seit dem 31. März 1995 unter der Nummer 2 094 471 für die Waren der Klasse 5
Immunsuppression-Agentien zur Anwendung beim Menschen in Bezug auf Organtransplantationen
eingetragenen Wortmarke
RAPAMUNE
Widerspruch erhoben.
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit den Beschlüssen vom 20. Januar 2015 und vom 2. März 2016, von denen Letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die Gefahr der Verwechslung im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen den sich gegenüberstehenden Marken bejaht und die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.
Die Widerspruchsmarke verfüge von Haus aus über eine normale Kennzeichnungskraft. Selbst wenn mit der Inhaberin der angegriffenen Marke davon ausgegangen werde, dass das Wortelement „RAPA“ auf den Wirkstoff „Rapamycin“ und damit auf das Indikationsgebiet der Waren der Widerspruchsmarke hinweise, könne der Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit eine normale Kennzeichnungskraft nicht abgesprochen werden. Mit der angefügten Wortendung „MUNE“ weiche das Zeichen deutlich von der Wirkstoffbezeichnung „RAPA“ ab. Zwischen den Waren der Klasse 5 der angegriffenen jüngeren Marke und den Waren der Widerspruchsmarke bestehe eine hochgradige Ähnlichkeit bis hin zur Identität, da diese Vergleichswaren – mit Ausnahme der für tierärztliche Zwecke bestimmten Arzneimittel – hinsichtlich ihrer Indikation, der Art und Weise ihrer Verwendung sowie der stofflichen Beschaffenheit übereinstimmten; im Übrigen bestehe zwischen den „Arzneimitteln für tierärztliche Zwecke“ der angegriffenen Marke und den für Menschen bestimmten Waren der Widerspruchsmarke aufgrund der zum Teil übereinstimmenden Arzneimittelwirkstoffe eine mittlere Ähnlichkeit. Die Waren der Klasse 1 der angegriffenen jüngeren Marke hätten trotz gewisser Unterschiede in Bezug auf ihren Verwendungszweck die gleiche stoffliche Beschaffenheit und ergänzten sich teilweise mit den Waren der Widerspruchsmarke. Daher bestehe zwischen ihnen eine mittlere Ähnlichkeit. Die Dienstleistungen der Klasse 44 der angegriffenen jüngeren Marke seien zu den Waren der Widerspruchsmarke durchschnittlich ähnlich. Sie ergänzten einander, wobei die Hersteller von Arzneimitteln häufig auch die Dienstleistungen eines medizinischen Labors und die Durchführung medizinischer und klinischer Untersuchungen anbieten würden. Zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen bestehe die Gefahr schriftbildlicher Verwechslungen. Vom Schutzumfang der Widerspruchsmarke RAPAMUNE seien auch andere verkehrsübliche Wiedergabeformen, insbesondere auch gebräuchliche Schrifttypen, umfasst. Bis auf die Buchstaben R und P würde die angegriffene zweifarbige in der Standardschrift Arial gehaltene jüngere Marke gegenüber der älteren Widerspruchsmarke keine abweichenden Besonderheiten aufweisen. Klanglich stünden sich die Wörter REPAMUN und RAPAMUNE gegenüber. Die Zeichen seien auch klanglich angenähert. Der am Ende der Widerspruchsmarke befindliche Vokal „E“ werde häufig verschluckt und deshalb klanglich kaum wahrgenommen, die Zeichen würden beidseitig dreisilbig wiedergegeben (RA-PA-MUN und RE-PA-MUN) und seien klanglich identisch in ihrem Wortanfangskonsonanten „R“ und der Buchstabenfolge „PA-MUN“. Die Betonung und der Sprachrhythmus der Zeichen stimmten überein. Abweichungen bestünden nur in dem Vokal in der ersten Silbe, wobei auch hier gewisse klangliche Annäherungen zwischen dem Vokal „A“ als dem am hellsten klingenden der dunklen Vokale und zwischen dem Vokal „E“ dem am dunkelsten klingenden der hellen Vokale festzustellen seien. Wegen des beschreibenden Anklangs des Wortanfangs der Widerspruchsmarke würde sich der Verkehr stärker an den Zeichenendungen, die klanglich übereinstimmten, orientieren. Insgesamt sei unter Berücksichtigung der erhöhten Aufmerksamkeit der angesprochenen Verkehrskreise von einer mittleren klanglichen Ähnlichkeit auszugehen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie ist der Auffassung, dass bei einer unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, wovon angesichts des beschreibenden Gehalts des Kurzwortes RAPA als Abkürzung für den Wirkstoff Rapamycin auszugehen sei, ausreichende Unterschiede der sich gegenüberstehenden Zeichen vorhanden seien. In dem relevanten Waren- und Dienstleistungsbereich sei von einer erhöhten Aufmerksamkeit der angesprochenen üblicherweise sehr sorgfältigen Fachkreise der Ärzte und Apotheker auszugehen. Die Auswahl verschreibungspflichtiger Arzneimittel sei von einem Arzt oder Apotheker zu verantworten, der erfahrungsgemäß im Umgang mit Arzneimitteln sorgfältiger sei und deshalb seltener Markenverwechslungen unterliege. Ausschlaggebend für den markenrechtlichen Vergleich sei der Gesamteindruck der Zeichen. Dabei fielen in schriftbildlicher Hinsicht beim Vergleich der Zeichen bereits zwei Unterschiede an exponierter Stelle auf, beim zweiten Buchstaben und am Wortende. Die Zeichen seien zudem unterschiedlich lang. Auch sei die farbliche Gestaltung der angegriffenen Marke durch die Markenstelle nicht hinreichend gewürdigt worden, durch die sich die jüngere Marke deutlich von der reinen Wortmarke der Widersprechenden unterscheide. Auch klanglich sei nicht so ohne weiteres von einem Verschlucken des zusätzlich vorhandenen Vokals „E“ bei der Wiedergabe der Widerspruchsmarke auszugehen. In der deutschen Sprache sei es nicht üblich, Endungen zu verschlucken, auch sei nicht ersichtlich, warum das Wort „RAPAMUNE“ nach den englischen oder französischen Ausspracheregeln verkürzt wiedergegeben werde und nicht nach einer buchstabengetreuen viersilbigen, den deutschen Regeln entsprechenden Artikulation. Selbst wenn aber von einem Verschlucken der Endung der Widerspruchsmarke und der Wiedergabe als RAPAMUN ausgegangen werde, sei eine Verwechslungsgefahr deswegen zu verneinen, weil dann der Anklang an das beschreibende Wort „immun“ hervortrete. Bei den von der Widerspruchsmarke geschützten Waren handle es sich gerade um ein immunologisches Medikament und die angesichts der bestehenden Rezeptpflicht insoweit angesprochenen Verkehrskreise der das Präparat verschreibenden Ärzte würden den beschreibenden Anklang erkennen. Unter Berücksichtigung der unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke seien die schriftbildlichen und klanglichen Unterschiede der Vergleichsmarken ausreichend, um die Verwechslungsgefahr der Zeichen zu verneinen.
Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß,
die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. Januar 2015 und vom 2. März 2016 in der Hauptsache aufzuheben und den Widerspruch aus der Marke 2 094 471 RAPAMUNE zurückzuweisen.
Die Widersprechende beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Weiter hat die Widersprechende – anders als die Markeninhaberin, die einen solchen Antrag nicht gestellt hat – hilfsweise die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Zutreffend sei die Markenstelle von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen. Denn maßgebend komme es auf die Marke in der Gesamtheit an, nicht aber auf die einzelnen Bestandteile oder Wortelemente. In der Gesamtheit weiche die Widerspruchsbezeichnung RAPAMUNE deutlich von der Wirkstoffbezeichnung „Rapamyzin“ ab, die Widerspruchsmarke sei daher hinreichend phantasievoll. Auch sei der Markeninhaberin nicht der Nachweis gelungen, dass der Bestandteil „RAPA“ in den relevanten Verkehrskreisen tatsächlich als Abkürzung der Wirkstoffbezeichnung „Rapamycin“ wahrgenommen werde. Zudem sei der Name des Wirkstoffs des mit der Widerspruchsmarke gekennzeichneten Arzneimittels der Stoff „Sirolismus“ und nicht Rapamycin, was die Widersprechende auch durch die Vorlage entsprechender Unterlagen im Verfahren nachgewiesen habe. Die Widersprechende widerspricht ebenso dem Vortrag der Markeninhaberin, wonach die angesprochenen relevanten Fachkreise seltener Verwechslungen unterlägen. Dass gerade auch der Fachverkehr häufig Medikamentennamen verwechsle, habe die Widersprechende durch die bereits in das Verfahren eingeführten Abhandlungen zum Thema Medikamentenverwechslung dargelegt. Insgesamt sei die Markenstelle zutreffend von einer bestehenden Verwechslungsgefahr der Vergleichszeichen ausgegangen. Diese Bewertung stehe auch im Einklang mit der gefestigten Rechtsprechung des EuGH und BGH.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die nach § 66 Abs. 1 MarkenG zulässige Beschwerde der Markeninhaberin ist nicht begründet. Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin und Beschwerdeführerin besteht zwischen den Vergleichsmarken eine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle auf den Widerspruch der Widersprechenden hin zutreffend die Löschung der angegriffenen Marke gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG angeordnet hat. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. hierzu z. B. EuGH GRUR 2010, 933 Rn. 32 – BARBARA BECKER; GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein/HABM; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 9– Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure; GRUR 2013, 833 Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der relevanten Vergleichsprodukte (Waren und/oder Dienstleistungen), die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. dazu EuGH GRUR 2008, 343 Rn. 48 – Il Ponte Finanziaria Spa/HABM; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 9 – Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure; siehe auch Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 9 Rn. 40 ff. m. w. N.). Darüber hinaus können sich für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren entscheidungserheblich auswirken, wie u. a. etwa die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.
Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht zwischen der angegriffenen Wort-/ Bildmarke und der älteren Wortmarke RAPAMUNE Verwechslungsgefahr.
1. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klasse 5 „Immunsuppression-Agentien zur Anwendung beim Menschen in Bezug auf Organtransplantationen“ als durchschnittlich anzusehen. Die originäre Kennzeichnungskraft wird durch die Eignung einer Marke bestimmt, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer zu unterscheiden (vgl. BGH, GRUR 2016, 382 Rn. 31 – BioGourmet).
Zwar mag es sich, wie die Markeninhaberin der jüngeren Marke vorträgt, bei dem Kurzwort RAPA, das auch im Anfangsteil der Widerspruchsmarke enthalten ist, um die gelegentlich verwendete Abkürzung des als „Rapamycin“ bezeichneten Naturstoffs handeln, einem Stoff, der ein Enzym beeinflusst, das an Stoffwechselvorgängen, am Wachstum von Zellen und bei den Zyklen der Zellteilung beteiligt ist („Rapa“ nach dem Fundort und „Myzin“ wegen seiner Wirksamkeit gegen Pilze). „Rapamycin“ (bzw. Sirolismus) wird nach Organtransplantationen zur Unterdrückung von Immunreaktionen eingesetzt um die Abstoßung fremden Zellgewebes zu verhindern (vgl. die als Anlagen zum Schriftsatz der Markeninhaberin vom 22. Januar 2014 im Verfahren vor dem DPMA eingereichten Unterlagen). Im einschlägigen Bereich der Arzneimittel werden häufig die Anfangssilben von Wirkstoffbezeichnungen als deutlich sprechender Hinweis auf die vollständige Wirkstoffbezeichnung verwendet. Solche „Abkürzungen“, denen bei isolierter Betrachtungsweise aufgrund der Annäherung an eine warenbeschreibende Angabe nur ein geringer Schutzumfang zukommt, können aber regelmäßig schon nicht mit der vollständigen Wirkstoffbezeichnung gleichgesetzt werden (vgl. insoweit BGH GRUR 2008, 905 – Pantohexal; keine Gleichsetzung von „Panto“ für den Wirkstoff „Pantoprazol“) und erst Recht nicht mit einer davon abweichenden Kennzeichnung, die neben dem sprechenden Hinweis auf die Wirkstoffbezeichnung, weitere Zeichenbestandteile innerhalb eines Gesamtzeichens bzw. eines Wortes enthält. Und selbst wenn zugunsten der Markeninhaberin davon ausgegangen wird, dass die angesprochenen Fachkreise eine mögliche Anlehnung von RAPAMUNE an den Wirkstoff „Rapamycin“ zum Teil erkennen, so führt dies vorliegend nicht zu einer Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke insgesamt. Denn der angesprochene Verkehr nimmt erfahrungsgemäß eine Marke so auf, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen, in ihre Bestandteile zu zerlegen und einzelne Markenelemente nach einer eventuellen Bedeutung zu untersuchen (vgl. BPatG GRUR 2010, 441, 444 f. – printnet/ PRINECT). Bei RAPAMUNE handelt es sich insgesamt nicht um eine deutliche und enge Anlehnung an die Wirkstoffbezeichnung „Rapamycin“, die zu einer Schwächung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke führt (GRUR 2012, 67 – Panprazol/PANTOZOL). Insoweit kann auch dahingestellt bleiben, ob die Wirkstoffbezeichnung Rapamycin für den Warenbereich überhaupt von Relevanz ist.
2. Da Benutzungsfragen nicht aufgeworfen sind, ist auf Seiten der Widerspruchsmarke von der Registerlage auszugehen. Die Vergleichsmarken können sich auf teilweise identischen, hochgradig ähnlichen oder durchschnittlich ähnlichen Waren und Dienstleistungen begegnen.
Eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren besteht, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder anderer, für die Frage der Warenähnlichkeit wesentlicher Gründe, so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten regelmäßig aus denselben oder gegebenenfalls wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 9 Rn. 59, vgl. z. B. BGH GRUR 2004, 241, 243 – GeDIOS; GRUR 2015, 176 Rn. 16 – ZOOM/ZOOM).
Hinsichtlich der sich gegenüberstehenden Waren der Klasse 5 besteht Identität bzw. hochgradige Ähnlichkeit zwischen den „pharmazeutische Erzeugnisse, nämlich biologische Immunmodulatoren; Arzneimittel für humanmedizinische Zwecke; Adjuvantien für medizinische Zwecke“ der angegriffenen Marke und den unter den Oberbegriff der humanmedizinischen Arzneimittel fallenden „Immunsuppression-Agentien zur Anwendung beim Menschen in Bezug auf Organtransplantationen“ der Widerspruchsmarke. Soweit nicht von Warenidentität auszugehen ist, bestehen weitestgehende Übereinstimmungen hinsichtlich der möglichen Indikationen, der Art und Weise der Verwendung sowie der stofflichen Beschaffenheit der Waren und nicht zuletzt in Bezug auf ihre regelmäßige betriebliche Herkunft aus Pharmaunternehmen. Ein Teil dieser Faktoren gilt auch im Verhältnis von Arzneimitteln für tierärztliche Zwecke und Arzneimitteln für die Humanmedizin (vgl. auch Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 17. Auflage 2017, Stichwort: Tierarzneimittel, mit Verweis auf BPatG 95, 25 W (pat) 153/93; BPatG 97, 25 W (pat) 150/95; BPatG 06, 30 W (pat) 245/03). Zwischen den „chemischen Erzeugnissen für gewerbliche Zwecke und wissenschaftliche, nämlich biologische Immunmodulatoren (ausgenommen für medizinische Zwecke)“ der Klasse 1 der angegriffenen Marke und dem Arzneipräparat der Widerspruchsmarke besteht angesichts der Überschneidungen in der jeweiligen stofflichen Beschaffenheit und ähnlicher Herstellungs- und Entstehungsprozesse bei jeweils anderem Verwendungszweck jedenfalls eine mittlere Ähnlichkeit.
Ebenso ist zwischen den Dienstleistungen eines medizinischen Labors und der Durchführung medizinischer und klinischer Untersuchungen in der Klasse 44 der angegriffenen jüngeren Marke und dem Arzneipräparat der Widersprechenden eine jedenfalls noch durchschnittliche Ähnlichkeit gegeben. Zwar bestehen zwischen der Erbringung einer unkörperlichen Dienstleistung und dem Vertrieb von Waren grundlegende Unterschiede. Gleichwohl können besondere Umstände vorliegen, die die Feststellung einer Ähnlichkeit nahelegen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die angesprochenen Verkehrskreise annehmen könnten, das Dienstleistungsunternehmen befasse sich selbständig auch mit der Herstellung bzw. dem Vertrieb der Ware bzw. umgekehrt betätige sich der Warenhersteller im entsprechenden Dienstleistungsbereich. In den (medizinisch ausgerichteten) Laboratorien werden Medikamente sowohl entwickelt, erforscht und hergestellt und auch in der Anwendung – wenn es zum Beispiel um Medikamentenunverträglichkeiten, Weiterentwicklungen der Arzneien oder auch um die Wirkung bzw. Wirksamkeit der Medikamente oder Nebenwirkungen dieser geht – erforscht und überprüft. Insoweit ist ein Labor auch über das Entwickeln und Herstellen eines Arzneimittels hinaus in das Feld der Anwendung der medizinischen Produkte mit eingebunden, so dass ein enger funktioneller Zusammenhang zwischen den Dienstleistungen eines medizinischen Labors und eines Arzneimittelprodukts besteht, der den Gedanken an einen gemeinsamen betrieblichen Verantwortungsbereich nahelegt. Entsprechendes gilt für das Verhältnis der Durchführung medizinischer und klinischer Untersuchungen der Klasse 44 und dem Arzneipräparat der Widerspruchsmarke. Solche Untersuchungen können (vor allem im Rahmen der Einführung eines Arzneimittels auf dem Markt) eng mit der Medikamentengabe, also der Verwendung der Arznei, verbunden sein, zusammenspielen und Rückschlüsse auf den Herstellungsprozess zulassen, so dass die Dienstleistungen und Waren insoweit eng miteinander verwoben bzw. aufeinander abgestimmt sind.
3. Den bei dieser Ausgangslage teilweise strengen und teilweise in Bezug auf die durchschnittlich ähnlichen Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke mittleren Anforderungen an den Markenabstand, wird die jüngere Marke nicht gerecht. Denn ein ausreichender Zeichenabstand ist nach Auffassung des Senats auch unter Berücksichtigung eines im einschlägigen Gesundheitsbereich und Bereich der rezeptpflichtigen Arzneimittel (Widerspruchsware) erhöhten Aufmerksamkeitsgrads der angesprochenen Fachkreise wie auch der allgemeinen Verbraucher jedenfalls in klanglicher Hinsicht nicht eingehalten (vgl. dazu st. Rspr. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 9 Rn. 252 m. w. N.).
Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im (Schrift-)Bild, im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche. Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Abzustellen ist dabei auf die Wahrnehmung des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers, der eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (so zuletzt BGH in GRUR 2016, 283 Rn. 37 – BioGourmet m. w. N.).
Die angegriffene Wort-/Bildmarke wird erfahrungsgemäß mit dem Wortbestandteil REPAMUN wiedergegeben, weil er die einfachste Möglichkeit bietet, die Marke zu benennen (st. Rspr. vgl. z. B. BGH, GRUR 2014, 378 – Rn. 30 – OTTO CAP). Somit stehen sich in klanglicher Hinsicht die Wörter „REPAMUN“ und „RAPAMUNE“ bzw. bei einer insbesondere in der medizinisch-pharmazeutischen Wissenschaft (nicht aber in der Kommunikation der Ärzte und Apotheker mit den Patienten) im Bereich der Wahrscheinlichkeit liegenden englischen Aussprache „RAPAMUN“ gegenüber. Dabei stimmen die Zeichen klanglich in der Lautfolge „PAMUN“ identisch überein und weichen lediglich in der ersten Silbe mit „RE“ bei der angegriffenen und „RA“ bei der Widerspruchsmarke sowie – bei regelmäßig anzunehmender buchstabengetreuer (deutschen) Aussprache – in der Endsilbe durch den bei der Widerspruchsmarke zusätzlich vorhandenen Vokal „E“ voneinander ab. Hinsichtlich des zusätzlichen am Ende der Widerspruchsmarke vorhandenen unbetonten Vokals E ist in entscheidungserheblichem Umfang – auch bei einem Mitsprechen desselben – davon auszugehen, dass dieser Unterschied in der Endung der Wörter weniger beachtet wird und deshalb seltener eine Verwechslung verhindert (vgl. auch BGH GRUR 2011, 826 Rn. 25, 26 – Enzymax/Enzimix), wobei das unbetonte Endungs-E häufig auch den Sprechrhythmus kaum beeinflusst und auch die abweichende Silbenzahl weniger auffällig hervortreten lässt. Die Abweichung in dem zweiten Vokal der Wörter REPAMUN und RAPAMUNE fällt zwar durchaus auf, weil gerade die Wortanfänge im Allgemeinen stärker beachtet werden als die übrigen Markenteile. Angesichts der aber ansonsten vorhandenen Übereinstimmungen durch den identischen klangstarken Anfangskonsonanten R und die identische übrige Konsonantenfolge PAMUN und damit erheblicher und überwiegender Übereinstimmungen der Wörter reichen allein der unterschiedliche zweite Buchstabe der Zeichen und der zusätzliche Vokal am Wortende der Widerspruchsmarke insgesamt nicht aus, einen ausreichenden klanglichen Abstand herzustellen.
Vor dem Hintergrund einer identischen bis (noch) durchschnittlichen Ähnlichkeit der Waren bzw. Waren und Dienstleistungen und einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sind die Vergleichsmarken klanglich zu weit angenähert, als dass ein verwechslungsfreies Nebeneinander – selbst bei erhöhter Aufmerksamkeit der angesprochenen Fach- und Endverbraucherkreise (Patienten, Ärzte, Apotheker bzw. in dem Bereich Beschäftigte) – gewährleistet ist.
Auch in schriftbildlicher Hinsicht bestehen zwischen den Zeichen gewisse Ähnlichkeiten.
Denn bei einer Wiedergabe der Widerspruchsmarke in der eingetragenen Form mit Großbuchstaben stehen sich mit und RAPAMUNE (Wiedergabe in Arial narrow) auch schriftbildlich weitgehend ähnliche Zeichen gegenüber. Abweichungen sind im zweiten Buchstaben E bei der angegriffenen jüngeren Marke anstelle A bei der Widerspruchsmarke, dem fehlenden zusätzlichen Bogen im oberen Teil des Buchstaben P und dem zusätzlichen Buchstaben E bei der Widerspruchsmarke vorhanden. Diese fallen aber im Schriftbild insgesamt angesichts der überwiegenden Gemeinsamkeiten in weiten Teilen der Wörter weniger stark auf, insbesondere auch weil sich die Schriftbilder der Buchstaben E und A mit den übereinstimmenden geraden Linien gleichen. Angesichts der bejahten klanglichen Verwechslungsgefahr kann die Frage der schriftbildlichen Verwechslungsgefahr aber letztlich als nicht entscheidungserheblich dahinstehen.
Der Beschwerde der Markeninhaberin war daher zurückzuweisen.
Zur Auferlegung der Kosten aus Gründen der Billigkeit gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG besteht bei der vorliegenden Sachlage keine Veranlassung.
Über die Beschwerde konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. Eine solche war nur von der obsiegenden Widersprechenden hilfsweise beantragt worden, nicht aber von der insoweit unterliegenden Markeninhaberin. Eine mündliche Verhandlung war auch nicht aus Gründen der Sachdienlichkeit veranlasst, § 69 Nr. 1 und Nr. 3 MarkenG.