Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 15.06.2010


BPatG 15.06.2010 - 24 W (pat) 96/08

Markenbeschwerdeverfahren - "printadvice" - keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
24. Senat
Entscheidungsdatum:
15.06.2010
Aktenzeichen:
24 W (pat) 96/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 307 62 969.4

hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Viereck und Eisenrauch in der Sitzung vom 15. Juni 2010

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 27. September 2007 angemeldete Wortmarke

2

printadvice

3

ist für folgende Dienstleistungen bestimmt:

4

„35: betriebswirtschaftliche Beratung bei der Leitung eines Industrie- oder Handelsunternehmens; betriebswirtschaftliche Beratung bei der Durchführung von Geschäftsführung eines Industrie- oder Handelsunternehmens;

5

Entwicklung von betriebswirtschaftlichen Nutzungskonzepten für Immobilien und von betriebswirtschaftlichen Nutzungskonzepten für Maschinen;

6

Vermittlung von Verträgen für Dritte über den An- und Verkauf von Waren;

7

Produktionsdatenerfassung (Büroarbeiten), Analyse, Optimierung und Produktionssteuerung in der Produktion und im Management eines Industrieunternehmens in betriebswirtschaftlicher Hinsicht;

8

Hilfe bei der Aufbau, Analyse und Optimierung der Personalstruktur eines Industrie- oder Handelsunternehmens (Personalmanagementberatung);

9

36: finanzielle Beratung; Entwicklung von finanzieller Nutzungskonzepten für Immobilien und von finanzieller Nutzungskonzepten für Maschinen;

10

Erteilung von Finanzauskünften;

11

Mergers- und Akquisitionsgeschäfte, nämlich finanzielle Beratung beim Kauf oder Verkauf von Unternehmen sowie Unternehmensbeteiligungen;

12

Vermittlung von finanziellem Know-How (Franchising);

13

41: Ausbildung; Ausbildungsberatung und Fortbildungsberatung; Personalentwicklung durch Aus- und Fortbildung;

14

42: technische Projektplanung;

15

technisches Projektmanagement im EDV-Bereich;

16

Erstellung, Vermietung, Installation und Wartung von Software für den Betrieb oder die Leitung eines Industrie- oder Handelsunternehmens, für die Durchführung von Geschäften oder Handelsverrichtungen eines Industrie- oder Handelsunternehmens, für die Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien und Maschinen in betriebswirtschaftlicher Hinsicht und für die Entwicklung von strategischen Gebäude- und Produktionsprozess-Konzepten als Basis für die Investitionsplanung oder Gebäudeplanung;

17

Erstellung, Vermietung, Installation und Wartung von Software für die Produktionsdatenerfassung, die Analyse, die Optimierung und die Produktionssteuerung in der Produktion und im Management eines Industrieunternehmens;

18

Erstellung, Vermietung, Installation und Wartung von EDV-Datenbanken (Software) für den Betrieb oder die Leitung eines Industrie- oder Handelsunternehmens, für die Durchführung von Geschäften oder Handelsverrichtungen eines Industrie- oder Handelsunternehmens, für die Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien und Maschinen in betriebswirtschaftlicher Hinsicht und für die Entwicklung von strategischen Gebäude- und Produktionsprozess-Konzepten als Basis für die Investitionsplanung oder Gebäudeplanung;

19

Erstellung, Vermietung, Installation und Wartung von Datenbanken für die Produktionsdatenerfassung, die Analyse, die Optimierung und die Produktionssteuerung in der Produktion und im Management eines Industrieunternehmens;

20

Beratung zu rechtlichen Bestimmungen, zu Vertragsgestaltung und zu Vertragsverhandlungen für Investitionsgüter und Software.“

21

Seitens der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts ist die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung (gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG) in einem ersten Beschluss vom 22. November 2007 wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zurückgewiesen worden. Die angemeldete Wortzusammensetzung könne mit „Druckberatung“ übersetzt werden. Es gebe Unternehmen, die auf diesem Sektor (Workflow-Optimierung) tätig seien. Die Angabe weise zu den beanspruchten Dienstleistungen einen engen beschreibenden Bezug (hinsichtlich des möglichen Inhalts, Zwecks, Ergebnisses, Themas) auf. Ungewöhnliche Veränderungen, z. B. syntaktischer und semantischer Art, welche eine schutzfähige Gesamtaussage begründen könnten, seien nicht vorhanden. Dem Beschluss waren einige Internet-Seiten (6 Blatt) beigefügt.

22

Die Erinnerung der Anmelderin ist in einem zweiten Beschluss der Markenstelle - besetzt mit einer Beamtin des höheren Dienstes - vom 15. Oktober 2008 zurückgewiesen worden. Der Bestandteil „print“ finde sich in zahlreichen deutschen Wortzusammensetzungen. Das Wort „advice“ gehöre dem Grundwortschatz der englischen Sprache an (Hinweis auf „technical advice, financial advice, legal advice, money advice“). Die Begriffe „ printadvice “ (bzw. „print advice“) und „Druckberatung“ seien in den jeweiligen Sprachen gebräuchlich. Der Verkehr sehe hierin den Hinweis auf (umfassende) Beratungsdienstleistungen für Unternehmen der Druckindustrie, nicht aber auf deren betriebliche Herkunft. Dem Beschluss waren 16 Blatt Internet-Ausdrucke beigefügt.

23

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

24

Sie beantragt (sinngemäß),

25

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. November 2007 sowie vom 15. Oktober 2008 aufzuheben und die angemeldete Marke für sämtliche ursprünglich beanspruchten Waren und Dienstleistungen in das Markenregister einzutragen,

26

hilfsweise für folgende Waren und Dienstleistungen einzutragen:

27

„35 Entwicklung von betriebswirtschaftlichen Nutzungskonzepten für Immobilien und von betriebswirtschaftlichen Nutzungskonzepten für Maschinen; Vermittlung von Verträgen für Dritte über den An- und Verkauf von Waren; Produktionsdatenerfassung (Büroarbeiten), Analyse, Optimierung und Produktionssteuerung in der Produktion und im Management eines Industrieunternehmens in betriebswirtschaftlicher Hinsicht.

28

36 Entwicklung von finanzieller Nutzungskonzepten für Immobilien und von finanzieller Nutzungskonzepten für Maschinen; Vermittlung von finanziellem Know-How (Franchising).

29

41 Ausbildung; Personalentwicklung durch Aus- und Fortbildung.

30

42 Technische Projektplanung; technisches Projektmanagement im EDV-Bereich; Erstellung, Vermietung, Installation und Wartung von Software für den Betrieb oder die Leitung eines Industrie- oder Handelsunternehmens, für die Durchführung von Geschäften oder Handelsverrichtungen eines Industrie- oder Handelsunternehmens, für die Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien und Maschinen in betriebswirtschaftlicher Hinsicht und für die Entwicklung von strategischen Gebäude- und Produktionsprozess-Konzepten als Basis für die Investitionsplanung oder Gebäudeplanung; Erstellung, Vermietung, Installation und Wartung von Software für die Produktionsdatenerfassung, die Analyse, die Optimierung und die Produktionssteuerung in der Produktion und im Management eines Industrieunternehmens; Erstellung, Vermietung, Installation und Wartung von EDV-Datenbanken (Software) für den Betrieb oder die Leitung eines Industrie- oder Handelsunternehmens, für die Durchführung von Geschäften oder Handelsverrichtungen eines Industrie- oder Handelsunternehmens, für die Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien und Maschinen in betriebswirtschaftlicher Hinsicht und für die Entwicklung von strategischen Gebäude- und Produktionsprozess-Konzepten als Basis für die Investitionsplanung oder Gebäudeplanung; Erstellung, Vermietung, Installation und Wartung von Datenbanken für die Produktionsdatenerfassung, die Analyse, die Optimierung und die Produktionssteuerung in der Produktion und im Management eines Industrieunternehmens.“

31

Nach Ansicht der Anmelderin sind die übersandten Internet-Auszüge unbeachtlich, soweit sie sich auf andere Begriffe als die angemeldete Bezeichnung und auf - ihrer Ansicht nach zweifelhafte - Diskussionsbeiträge aus Chat- und Communityforen bezögen. Zudem sei eine beschreibende Bedeutung der Wortfolge „print advice“ bezüglich der beanspruchten Dienstleistungen aus unterschiedlichen Klassen nicht nachgewiesen. Es sei auch nicht belegt, dass dieser Begriff (bzw. „Druckberatung“) für sämtliche Dienstleistungen im Deutschen sprachüblich sei. Im hilfsweise geltenden Verzeichnis seien alle Bezugnahmen auf den Begriff „Beratung“ gestrichen. Für andere Dienstleistungen sei „ printadvice “ nicht beschreibend.

32

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

33

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, jedoch in der Sache - mit dem Hauptantrag ebenso wie mit dem Hilfsantrag - nicht begründet, weil der als Marke angemeldeten Bezeichnung „ printadvice “ für die jeweils beanspruchten Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

34

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Bestimmung ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Dienstleistungen (oder Waren) eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 2006, 229, 230, Nr. 27 - BioID; BGH GRUR 2006, 850, 854, Nr. 18 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2008, 710, Nr. 12 - VISAGE ; GRUR 2009, 411, Nr. 8 - STREETBALL ; GRUR 2009, 952, Nr. 9 - DeutschlandCard ).

35

Keine Unterscheidungskraft kommt zunächst Bezeichnungen zu, die einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen, der für die in Frage stehenden Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel der betrieblichen Herkunft nach versteht (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2009, 952, 953, Nr. 10 - DeutschlandCard ). Darüber hinaus fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (BGH GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 411, Nr. 9 - STREETBALL ). Ein solcher enger beschreibender Bezug kann sich insbesondere daraus ergeben, dass die betreffenden Dienstleistungen in engem sachlichen Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen stehen, für welche die zur Beurteilung stehende Bezeichnung einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt aufweist (BGH GRUR 2009, 949, 951, Nr. 20 - My World). Die Eignung, Dienstleistungsangebote ihrer Herkunft nach zu unterscheiden, kommt schließlich auch solchen Angaben nicht zu, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 952, 953, Nr. 10 - DeutschlandCard ).

36

Die Unterscheidungskraft einer Marke ist im Hinblick auf die konkret beanspruchten Dienstleistungen zu beurteilen, wobei es auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise ankommt (EuGH GRUR Int. 2005, 135, Nr. 19 - Maglite; GRUR 2005, 763, Nr. 25 - Nestlé/Mars; BGH GRUR 2009, 952, Nr. 9 - DeutschlandCard ). Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsabnehmers der fraglichen Dienstleistungen abzustellen (st. Rspr.; vgl. z. B. EuGH GRUR 2004, 943, Nr. 24 - SAT 2).

37

Den Sinngehalt der Wortbildung „ printadvice “ (= Druckberatung) hat die Markenstelle zutreffend aufgezeigt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Die Wortfolge „print advice“ ist im englischen Sprachbereich üblich und verbreitet, wie die Markenstelle ausreichend belegt hat (ebenso wie die mit diesem Begriff in einem engen Zusammenhang stehenden und von daher vorliegend bedeutsamen Bezeichnungen „printing advice“ und „print advisor“). Die zusammengeschriebene Form, wie sie Gegenstand der Anmeldung ist, mag zwar für einen Interessenten mit englischer Muttersprache auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen; für das hier maßgebliche inländische (Fach-)Publikum gilt dies aber nicht, da im deutschen Sprachbereich die Zusammenschreibung von Wörtern, auch solchen fremdsprachlichen Ursprungs, allgemein verbreitet ist.

38

Die neutrale - also nicht speziell auf die Druckbranche abstellende - Fassung des Dienstleistungsverzeichnisses (in der ursprünglichen ebenso wie in der hilfsweise eingeschränkten Form) vermag nichts daran zu ändern, dass sich die beanspruchten Dienstleistungen auch an Verkehrskreise aus dem Druckgewerbe richten können, es also um Angebote in Bezug auf Gebäude, Maschinen, EDV-Anlagen, Personal, Finanzbedarf usw. auf diesem Dienstleistungssegment gehen kann. Für Druckereibetriebe und dort tätiges Personal (auf drucktechnischem ebenso wie auf kaufmännischem Gebiet) erschließt sich angesichts der weltweiten Verbreitung des Englischen als Fachsprache der Sinngehalt der Bezeichnung „ printadvice “, auch in der konkreten Schreibweise, auf Anhieb. Niemand wird dort den angemeldeten Begriff von Haus aus, d. h. vor und unabhängig von jeder Benutzung, als Marke im Sinne eines Hinweises auf die betriebliche Herkunft der betreffenden Dienstleistungen verstehen. Diese Beurteilung gilt auch dann, wenn im Einzelfall der Bezug zum Druckereiwesen nicht (oder jedenfalls nicht sofort) auf der Hand liegen sollte.

39

Von daher vermag sich auch die hilfsweise Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses, d. h. im Wesentlichen die Eliminierung des Begriffs „Beratung“, nicht zu Gunsten der Anmelderin auszuwirken. Die angemeldete Bezeichnung, die eben den Begriff „advice“ (= Beratung) enthält, wird auf den betreffenden Dienstleistungssektoren in keinem Verwendungszusammenhang als individueller betrieblicher Herkunftshinweis verstanden.

40

Das - auch bei Prüfung der Unterscheidungskraft zu berücksichtigende - Allgemeininteresse, den Verkehr vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. Ströbele in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 43 m. w. Nachw.), verbietet daher im vorliegenden Fall die Registrierung der angemeldeten Bezeichnung zu Gunsten eines einzigen Unternehmens.

41

Mithin ist der Beschwerde der Anmelderin der Erfolg insgesamt zu versagen.