Entscheidungsdatum: 12.10.2010
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 307 81 364.9
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker, des Richters Viereck und der Richterin Dr. Mittenberger-Huber in der Sitzung vom 12. Oktober 2010
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. April 2008 und vom 28. August 2009 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen worden ist:
„09: Wissenschaftliche, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, Wäge-, Kontrollapparate und -instrumente; fotografische, Film- und optische Apparate und Instrumente, insbesondere Fotoapparate, Objektive, Ferngläser, Videokameras, Filmkameras, Videorecorder, Videoprinter, Projektoren, Belichtungsmesser, Blitzgeräte, Projektionsleinwände; Diarahmen, Stative, Fototaschen; Rechenmaschinen, Drucker für Computer, Scanner, Kopierer, Beamer, elektronische Terminkalender (Organizer), Computer-Peripheriegeräte sowie deren Zubehör, nämlich Tastaturen, Computermäuse, Joysticks, Steckplatinen; Telespiele (soweit in Klasse 9 enthalten); Spielesoftware für Computer; elektronische Spielkonsolen (soweit in Klasse 9 enthalten); elektrische Bügeleisen, Waagen, Uhrenradios; Trainingsanalysegeräte; Schrittzähler;
11: Dampferzeugungs-, Koch-, Trocken- und Wasserleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen; elektrisch betriebene Geräte für Haushalt und Küche (soweit in Klasse 11 enthalten), insbesondere Wäschetrockner, Haartrockner, Heizgeräte, Bräunungsgeräte, Klimageräte, Luftbefeuchter, Luftreinigungsgeräte, Desinfektionsgeräte, Warmwasserspeicher, Kaffeemaschinen, Ventilatoren zur Klimatisierung, Fußwärmgeräte, Eismaschinen, Spülen, Dunstabzugshauben; Kochgeräte, insbesondere Gasherde, Elektroherde, Kochplatten, Mikrowellengeräte; Toaster, Kühlschränke, Gefriergeräte, Wassererhitzer, Grillgeräte, elektrische Friteusen, Eierkocher, elektrische Fonduegeräte; Gaslampen;
14: Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte und damit plattierte Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Ziergegenstände, soweit in Klasse 14 enthalten;
16: Schilder und Modelle aus Papier und Pappe;
18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, Kleinlederwaren; Häute und Felle; Taschen, Dokumentenmappen;
35: Geschäftsführung für andere; Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen, insbesondere Entwicklung von Geschäftskonzepten; Beratung in Fragen der Geschäftsführung; betriebswirtschaftliche Beratung; Hilfe bei der Führung von gewerblichen oder Handelsbetrieben;
41: Dienstleistungen eines Ton- und Fernsehstudios, nämlich Produktion von Ton- und Bildaufzeichnungen auf Ton- und Bildträgern; Vorführung und Vermietung von Ton- und Bildaufzeichnungen; Produktion von Fernseh-, Handy-TV- und Rundfunksendungen; Zusammenstellen von Fernseh-, Handy-TV- und Rundfunkprogrammen.“
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I.
Die am 13. Dezember 2007 angemeldete Wortmarke
AUTO DER VERNUNFT
ist für zahlreiche Waren und Dienstleistungen in den Klassen 3, 9, 11, 12, 14, 16, 18, 21, 25, 26, 35, 38, 41 und 43 bestimmt.
Seitens der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts ist die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung (gemäß § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG) in einem ersten Beschluss vom 3. April 2008 teilweise, nämlich für folgende Waren und Dienstleistungen
„wissenschaftliche, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; elektrische und elektronische Apparate und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und/oder Bild und/oder elektronisch verarbeiteten Daten (soweit in Klasse 9 enthalten), insbesondere Fernsehgeräte, Radiogeräte, analoge und digitale Tonbandgeräte und Kassettenrecorder, analoge und digitale Schallplattenspieler, Lautsprecher, Telefongeräte, Telefonanlagen, GSM-Geräte, Mobiltelefone, Anrufbeantworter, Faxgeräte, Verstärker, Alarmgeräte, Wechselsprechgeräte, Babyphone, Antennen; vorgenannte Geräte auch für den mobilen Einsatz und den Einbau in Kfz; Mikrophone, Kopfhörer, elektrische Verbindungskabel, Batterien, Navigationsgeräte; fotografische, Film- und optische Apparate und Instrumente, insbesondere Fotoapparate, Objektive, Ferngläser, Videokameras, Filmkameras, Videorecorder, Videoprinter, Projektoren, Belichtungsmesser, Blitzgeräte, Projektionsleinwände; belichtete Filme, Diarahmen, Stative, Fototaschen; Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte, Computer, Bildschirme, Drucker für Computer, Scanner, Kopierer, Beamer, elektronische Terminkalender (Organizer), Computer-Peripheriegeräte sowie deren Zubehör, nämlich Tastaturen, Computermäuse, Joysticks, Steckplatinen; Datenträger zum Speichern von Informationen, Daten, Bildern und Ton (soweit in Klasse 9 enthalten), insbesondere Audio- und Videobänder, Disketten, CDs, CD-ROMs, DVDs, Speicherkarten; Computerprogramme; bespielte Aufzeichnungsträger, insbesondere Ton- und Videobänder, Schallplatten; CDs; DVDs; Ton-, Musik-, Bild-, Video- und Spieledateien (herunterladbar), insbesondere als Internetdownloads für Mobiltelefone; Telespiele (soweit in Klasse 9 enthalten); Spielesoftware für Computer; elektronische Spielkonsolen (soweit in Klasse 9 enthalten); Satellitenempfangsanlagen einschließlich Satellitenantennen; elektrische Bügeleisen, Waagen, Uhrenradios; Kfz-Zubehör, nämlich Starthilfekabel, Feuerlöscher, Warndreiecke, elektrische und elektronische Schließanlagen, elektrische Anzeige-Instrumente für Motorfunktionen, insbesondere Öldruckanzeiger, Batteriespannungsanzeiger und Wassertemperaturanzeiger, elektronische Geräte zur aktiven Regelung der Fahrgeschwindigkeit, elektronische Geräte zur Steuerung des Betriebszustandes des Motors bei Ampelstopps, Batterien, Batterie-Ladegeräte, elektrische Zentralverriegelungen, Schalter, Relais, Sicherungen, Kleinanzeigeinstrumente für äußere Bedingungen, insbesondere Höhenmesser, Außentemperaturmesser, GPS-Geräte; Trainingsanalysegeräte; Schrittzähler, auf Datenträgern aufgezeichnete Daten- und Informationssammlungen (herunterladbar); Software (herunterladbar); Computer-Software, insbesondere für die Abfrage, Darstellung, Bearbeitung und Ausgabe multimedialer Daten in Computernetzwerken einschließlich des Internets und auf mobilen Endgeräten; Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen; elektrisch betriebene Geräte für Haushalt und Küche (soweit in Klasse 11 enthalten), insbesondere Wäschetrockner, Haartrockner, Heizgeräte, Bräunungsgeräte, Klimageräte, Luftbefeuchter, Luftreinigungsgeräte, Desinfektionsgeräte, Warmwasserspeicher, Kaffeemaschinen, Ventilatoren zur Klimatisierung, Fußwärmgeräte, Eismaschinen, Spülen, Dunstabzugshauben; Kochgeräte, insbesondere Gasherde, Elektroherde, Kochplatten, Mikrowellengeräte; Toaster, Kühlschränke, Gefriergeräte, Wassererhitzer, Grillgeräte, elektrische Friteusen, Eierkocher, elektrische Fonduegeräte; elektrische Lampen, Gaslampen, Glühbirnen; Kfz-Zubehör, nämlich Beleuchtungsgeräte für Kraftfahrzeuge, Lüfter (Klimatisierung), Fernscheinwerfer, Nebelscheinwerfer, Arbeitslampen, Leselampen, Cockpitleuchten, Stablampen, Ersatzlampen, Reflektoren für Lampen; Kraftfahrzeuge und deren Teile soweit in Klasse 12 enthalten; Campingzubehör soweit in Klasse 12 enthalten; Reiseboxen für Fahrzeuge, Dachgepäckträger für Fahrzeuge; Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Uhren und andere Zeitmessinstrumente; Ziergegenstände, soweit in Klasse 14 enthalten; Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Druckereierzeugnisse, Druckschriften, Zeitschriften, Zeitungen, Bücher, Broschüren; Messezeitschriften; Poster, Aufkleber; Kalender; Schilder und Modelle aus Papier und Pappe; Fotografien und Lichtbilderzeugnisse; Papier und Pappe, soweit in Klasse 16 enthalten; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Promotionartikel, nämlich Plakate, Kugelschreiber, Tüten (Plastik); Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, Kleinlederwaren; Häute und Felle; Taschen, Dokumentenmappen, Kartentaschen, Schlüsseltaschen, Lederriemen, jeweils soweit in Klasse 18 enthalten; Werbung, insbesondere Fernsehwerbung, Onlinewerbung in einem Computernetzwerk, Rundfunkwerbung, Versandwerbung, Plakatanschlagwerbung, Print- und Internetwerbung; Werbung über Mobilfunknetze; Werbung durch Handy-TV; Dienstleistungen einer Werbeagentur; Vermietung von Werbeflächen im Internet; Marketing, auch für Dritte in digitalen Netzen (Webvertising); Marktforschung und -analyse; Werbung im Internet für Dritte; Planung und Gestaltung von Werbemaßnahmen, Marketing; Telemarketing; Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien; Verteilen von Waren zu Werbezwecken; Verkaufsförderung (Sales Promotion), Öffentlichkeitsarbeit; Dienstleistungen einer PR-Agentur; Durchführung von Werbeveranstaltungen; Dienstleistungen einer Multimediaagentur, nämlich Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien; Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Veranstaltung von Messen zu gewerblichen oder zu Werbezwecken; Geschäftsführung für andere; Beratung in Bezug auf Werbung und Marketing, insbesondere Entwicklung von Geschäftskonzepten; Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen, insbesondere Entwicklung von Geschäftskonzepten; Beratung in Fragen der Geschäftsführung; betriebswirtschaftliche Beratung; Unternehmensberatung; Hilfe bei der Führung von gewerblichen oder Handelsbetrieben; Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten, auch über das Internet; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über die Erbringung von Dienstleistungen; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über den An- und Verkauf von Waren; Vermittlung von Handelsgeschäften für Dritte, auch im Rahmen von e-Commerce; Dienstleistungen einer Merchandising-Agentur, soweit in Klasse 35 enthalten; Durchführung von Auktionen und Versteigerungen auch im Internet; Vermietung von Werbeflächen (Bannerexchange); Vermittlung von Verträgen über den An- und Verkauf von Waren für Dritte; Vermittlung von Verträgen über die Inanspruchnahme von Dienstleistungen für Dritte, soweit in Klasse 35 enthalten; Vorführung von Waren für Werbezwecke; Waren- und Dienstleistungspräsentationen; Telekommunikation, insbesondere Mobiltelefondienste, Telefondienste, Telefaxdienste, Funkdienste, Pagingdienste, Telexdienste, Telegrammdienste, E-Mail-Datendienste, Bereitstellung eines Telekommunikationsnetzes, insbesondere eines Mobilfunknetzes oder satellitengestützten Telekommunikationsnetzes; Bereitstellung von Mobiltelefondiensten; Dienstleistungen von Mobiltelekommunikationsnetzen, soweit in Klasse 38 enthalten; mobile Kommunikationsdienste, soweit in Klasse 38 enthalten; Mobilfunkdienste; Fernseh- und Rundfunkübertragung; Ausstrahlung von Handy-Fernsehsendungen; Bereitstellung des Zugriffs auf Informationen im Internet sowie im mobilen Internet; Telekommunikationsdienste über das Internet, Intranet, Extranet; Bereitstellung von Zugangsmöglichkeiten zu Datenbanken und zum Internet mittels Telekommunikation; Dienstleistungen eines Online-Anbieters, nämlich Bereitstellung des Zugriffs auf Daten in Computernetzwerken, nämlich auf Informationen, Texte, Zeichnungen und Bilder über Waren und Dienstleistungen; Bereitstellung des Zugriffs auf Daten im Internet sowie im mobilen Internet, nämlich auf Informationen und Nachrichten in Ton und Bild; Bereitstellung des Zugriffs auf Software in Datennetzen für Internetzugänge, insbesondere zu herunterladbaren Dateien, nämlich zu Ton-, Bild-, Musik- und Videoaufzeichnungen, elektronischen Spielen, alle vorgenannten Dateien insbesondere zum Herunterladen für Mobiltelefone; Bereitstellung des Zugriffs auf Informationen im Internet sowie im mobilen Internet; Bereitstellung von Internet-Chatrooms; Bereitstellung von Plattformen im Internet sowie im mobilen Internet; Bereitstellung von Portalen im Internet sowie im mobilen Internet; Bereitstellung von Telekommunikationskanälen für Teleshopping-Dienste; Bereitstellung von Chatlines, Chatrooms und Foren, auch im mobilen Internet; E-Mail-Dienste; Übertragung und Verbreitung von Informationen und Daten über Computernetze und das Internet; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen (ausgenommen für Werbezwecke), insbesondere von Zeitungen, Zeitschriften und Büchern sowie von Lehr- und Informationsmaterial, jeweils einschließlich gespeicherter Ton- und Bildinformationen, auch in elektronischer Form und auch im Internet (soweit in Klasse 41 enthalten); Online-Publikationen, insbesondere von elektronischen Büchern und Zeitschriften (nicht herunterladbar); Dienstleistungen eines Ton- und Fernsehstudios, nämlich Produktion von Ton- und Bildaufzeichnungen auf Ton- und Bildträgern; Vorführung und Vermietung von Ton- und Bildaufzeichnungen; Produktion von Fernseh-, Handy-TV- und Rundfunksendungen; Zusammenstellen von Fernseh-, Hand-TV- und Rundfunkprogrammen; Unterhaltung, insbesondere Rundfunk- und Fernsehunterhaltung; Durchführung von Unterhaltungsveranstaltungen, kulturellen und sportlichen Live-Events, Schulungsveranstaltungen, Bildungsveranstaltungen sowie kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, soweit in Klasse 41 enthalten; Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, Kongressen, Konzerten und Symposien; Durchführung von Preisverleihungen; Veranstaltungen von Ausstellungen für kulturelle Zwecke; Veranstaltung von Unterhaltungsshows; Unterhaltung durch IP-TV; Unterhaltung durch Handy-TV; Durchführung von Spielen im Internet und über Handys; redaktionelle Betreuung von (mobilen) Internetauftritten“
wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen worden.
Die Bezeichnung „AUTO DER VERNUNFT“ stelle eine sprachüblich gebildete Wortkombination dar, die unbeschadet einer gewissen begrifflichen Unbestimmtheit keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der versagten Waren und Dienstleistungen vermittele. Bei der Beurteilung eines Autos spielten Wirtschaftlichkeit, Sicherheit, Umweltfreundlichkeit und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis eine große Rolle; sofern diese Aspekte erfüllt seien, spreche man von einem „vernünftigen“ Auto bzw. einem „Auto der Vernunft“. Sämtliche Waren und Dienstleistungen, für welche die Anmeldung zurückgewiesen worden sei, könnten einen unmittelbaren Bezug zu einem derartigen Auto der Vernunft haben. Die Kraftfahrzeuge selbst könnten ein solches Auto sein, Kraftfahrzeugteile und -zubehör, elektrische und elektronische Geräte, Instrumente, Uhren, Lampen, Lüfter, Software, Häute, Lederwaren usw. könnten dazu bestimmt sein, unmittelbar in/an ein solches Auto (wobei es sich auch um ein Campmobil handeln könne) ein- oder ausgebaut zu werden oder zur unmittelbaren Ausstattung zu gehören. Datenträger, Druckereierzeugnisse, Zeitungen usw. sowie Werbe-, Telekommunikations-, Internet-, Messe-, Veröffentlichungs-, Informations-, Unterhaltungsdienstleistungen usw. könnten sich inhaltlich mit solch einem Auto beschäftigen oder einen Bezug zu diesem aufweisen.
Die Erinnerung der Anmelderin hat nur in einem geringen Umfang Erfolg gehabt, nämlich bezüglich der Waren
„Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Papier und Pappe, soweit in Klasse 16 enthalten“.
Im Übrigen wurde die Erinnerung mit Beschluss derselben Markenstelle - besetzt mit einer Beamtin des höheren Dienstes - vom 28. August 2009 zurückgewiesen.
Die vorliegende Wortkombination sei für die angesprochenen breiten Verkehrskreise ohne weiteres verständlich als Hinweis auf ein Auto, das wirtschaftlich, sicher, umweltfreundlich oder mit neuester Technik ausgestattet sei. Sämtliche weiterhin versagten Waren und Dienstleistungen könnten einen Bezug zu einem solchen Auto haben. Vergleichbare Begriffe würden - teilweise auch in Verbindung mit Autos - bereits tatsächlich verwendet.
Beiden Beschlüssen der Markenstelle waren einige Internet-Ausdrucke beigefügt (zu den Bezeichnungen „Wagen der Vernunft, Haus der Vernunft, Medien der Vernunft, Bündnis der Vernunft, Innovation der Vernunft, Linie der Vernunft, Revolution der Vernunft, Sommer der Vernunft, Geländegänger der Vernunft“).
Gegen diese Entscheidung, soweit die Anmeldung weiterhin teilweise zurückgewiesen wird, richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie stellt den (sinngemäßen) Antrag,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. April 2008 und vom 28. August 2009 im Umfang der Versagung aufzuheben und die angemeldete Marke insgesamt in das Markenregister einzutragen.
Zur Begründung verweist sie auf ihr Vorbringen im patentamtlichen Verfahren. Die Beurteilung der Markenstelle entspreche nicht der neueren Rechtsprechung. Es sei nicht nachvollziehbar, worin die angeblichen Unterschiede zwischen den Wortmarken „FREUNDIN“ und „AUTO DER VERNUNFT“ liegen sollen. Dass letztere Bezeichnung sprachüblich gebildet sei, werde nicht hinreichend belegt.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amts- und Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig (§ 66 MarkenG) und teilweise - im Umfang der in der Beschlussformel genannten Waren und Dienstleistungen - auch begründet. Insoweit verfügt die angemeldete Bezeichnung über das erforderliche Maß an Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, hinsichtlich der sonstigen weiterhin verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen (d. h. der nicht im Tenor genannten) aber nicht.
1. a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG hat nach ständiger Rechtsprechung zur Voraussetzung, dass die Marke im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise geeignet sein muss, die Waren und Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und somit diese Produkte und Angebote von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 2008, 608, Nr. 66, 67 - EUROHYPO; GRUR 2006, 229, Nr. 27 - BioID; GRUR Int. 2005, 135, Nr. 19 - Maglite; GRUR 2005, 763, Nr. 25 - Nestlé/Mars; GRUR 2004, 674, Nr. 34 - Postkantoor; BGH GRUR 2010, 935, Nr. 8 - Die Vision; GRUR 2009, 952, Nr. 9 - DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, Nr. 18 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050 - Cityservice). Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsabnehmers der fraglichen Waren und Dienstleistungen abzustellen (st. Rspr.; vgl. z. B. EuGH GRUR 2004, 943, Nr. 24 - SAT2).
Keine Unterscheidungskraft kommt zunächst solchen Bezeichnungen zu, die einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel in Bezug auf die betriebliche Herkunft versteht (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Darüber hinaus fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2009, 411, Nr. 9 - STREETBALL; GRUR 2006, 850, Nr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 1998, 465, 468 - BONUS). Die Eignung, Produkte und Angebote ihrer Herkunft nach zu unterscheiden, kommt schließlich auch solchen Angaben nicht zu, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2010, 935, Nr. 11 - Die Vision; GRUR 2006, 850, Nr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2001, 1042 - REICH UND SCHOEN; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten).
b) Die Begriffsbildung „AUTO DER VERNUNFT“ entspricht als solche den Regeln der deutschen Sprache, wie die Markenstelle anhand zahlreicher Beispiele - auch solcher auf dem Automobilsektor - ausreichend nachgewiesen hat. Wie bereits im Erstbeschluss zutreffend dargelegt wurde, sind für die Kaufentscheidung beim Erwerb eines Kraftfahrzeugs in Zeiten intensiver Diskussionen über die Wirtschaftlichkeit, Sicherheit und Umweltverträglichkeit von Autos sowie unter dem Aspekt von CO 2 -Emissionen und hohen Kraftstoffpreisen günstige Parameter in den genannten Bereichen von großer Bedeutung. Die Schlussfolgerung, dass die angemeldete Wortfolge „AUTO DER VERNUNFT“ als anpreisender Hinweis auf Art, Gegenstand, Inhalt und Bestimmung so gekennzeichneter Waren und Dienstleistungen verstanden wird - jedenfalls soweit diese einen naheliegenden Bezug zu Automobilen haben können -, nicht aber als Hinweis auf deren betriebliche Herkunft, ist auch nach Überzeugung des Senats zwingend.
Die Bezeichnung „AUTO DER VERNUNFT“ ist daher nicht unterscheidungskräftig für sämtliche noch verfahrensgegenständlichen Waren in den Klassen 9, 11, 12, 14 und 18, die sich auf Automobile und deren Bestandteile, einschließlich des üblichen Zubehörs, beziehen können. Entsprechendes gilt für solche Waren in Klasse 16 und Dienstleistungen in den Klassen 35, 38 und 41, die - unabhängig vom Medium - Informationen über Autos vermitteln können. Daher ist die angemeldete Bezeichnung auch für Werbemaßnahmen aller Art schutzunfähig.
c) Die Anmelderin vermag auch aus der Eintragung einer anderen - ihrer Ansicht nach vergleichbaren - Marke (wobei für den Senat allerdings in keiner Weise ersichtlich ist, inwieweit die Bezeichnung „FREUNDIN“ Ähnlichkeiten mit der hier verfahrensgegenständlichen Marke aufweisen soll) keinen Anspruch auf Registrierung im vorliegenden Fall herzuleiten. Voreintragungen - selbst identischer Marken - führen weder für sich, noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben. Denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar. Die Schutzfähigkeit einer neu angemeldeten Marke ist bezogen auf den konkreten Einzelfall ausschließlich anhand der gesetzlichen Bestimmungen zu prüfen; einer vorgängigen Amtspraxis kommt damit keine entscheidende Bedeutung zu (st. Rspr.; vgl. z. B. EuGH GRUR 2004, 428, Nr. 63 - Henkel; GRUR 2004, 674, Nr. 43, 44 - Postkantoor; GRUR 2009, 676, Nr. 19 - SCHWABENPOST u. a.; MarkenR 2009, 478, Nr. 57 - American Clothing; BGH BlPMZ 1998, 248 - Today; GRUR 2008, 1093, Nr. 18 - Marlene-Dietrich-Bildnis; BPatG GRUR 2007, 333 - Papaya).
2. Für die im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen liegen keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG vor, insbesondere verfügt die angemeldete Bezeichnung insoweit mangels eines offenkundigen Bezugs zu Automobilen auch über das für eine Registrierung notwendige Maß an betriebskennzeichnender Hinweiskraft. Dass einige der betreffenden Waren u. U. auch in Spezial-Kraftfahrzeugen (z. B. Campingmobilen) eingebaut sein können, kann für sich gesehen die Schutzversagung nicht rechtfertigen.
Der Beschwerde ist daher (nur) in diesem Umfang stattzugeben.
3. Die Markenstelle ist nicht gehindert, vor einer endgültigen Registrierung auf eine Klärung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses, sofern dieses noch Unklarheiten enthalten sollte, hinzuwirken.