Entscheidungsdatum: 18.12.2014
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2013 040 774.1
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 18. Dezember 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Metternich sowie der Richterin Schnurr und des Richters Heimen
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die Wortfolge
sei gut zu Dir
ist am 10. Juli 2013 zur Eintragung als Wortmarke für Waren und Dienstleistungen der Klassen 1, 3, 5, 8, 9, 11, 14, 16, 18, 20, 21, 24, 36, 41 und 44 angemeldet worden, u. a. für folgende Waren und Dienstleistungen:
Klasse 3: Parfümerien, Seifen, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheits- und Haarpflege; Haarwässer; Zahnputzmittel; Haarpflege- und -verschönerungsmittel, chemische Haarpflege- und Behandlungsmittel;
Klasse 5: Pharmazeutische Erzeugnisse, Präparate für die Gesundheitspflege; Nahrungsergänzungsmittel (soweit in Klasse 5 enthalten) wie Vitamin- und/oder Mineralstoffkombinationen und/ oder Pflanzenextrakte zur Pflege von Haut, Haaren und Nägeln;
Klasse 8: Handbetätigte Schergeräte, elektrische und nichtelektrische Nagelscheren, Nagelfeilen, Maniküre- und Pediküregeräte, elektrische und nichtelektrische Haarentfernungsgeräte, Haarschneidescheren;
Klasse 9: Elektrische Lockenwickler; optische Instrumente, insbesondere Brillen, Sonnenbrillen; codierte Servicekarten aus Plastik;
Klasse 11: Haartrockner, Haarbrausen;
Klasse 14: Juwelierwaren; echte und unechte Schmuckwaren auch aus verschiedenen Materialien; Schlüsselanhänger;
Klasse 16: Druckereierzeugnisse;
Klasse 18: An die aufzunehmenden Waren nicht angepasste Etuis, nämlich Etuis für Kosmetikartikel, Etuis für Maniküre, Brillen-Etuis, Brillenfutterale, Uhren- und Schmucketuis; Waren aus Leder und Lederimitationen, nämlich Taschen und andere, nicht an die aufzunehmenden Gegenstände angepasste Behältnisse sowie Kleinlederwaren, nämlich Geldbeutel, Brieftaschen, Schlüsseltaschen, Reise- und Handtaschen; Regenschirme, Sonnenschirme, Taschner-Waren;
Klasse 20: Spiegel;
Klasse 21: Geräte zur Körper- und Schönheitspflege, nämlich Kämme, Schwämme, Bürsten, Puderpinsel, Staub- und Rasierpinsel, Zahnbürsten, Mundduschen; Waren aus Porzellan und Steingut für Haushalt, Bad und Küche;
Klasse 24: Haushaltswäsche, nämlich Handtücher, Waschlappen, Badetücher, Abschminktücher;
Klasse 36: Entwicklung von Konzepten zur Zahlungsabwicklung in Verbindung mit Kreditkarten, Scheckkarten sowie Identifikationskarten zur Bezahlung von Waren und/oder Dienstleistungen;
Klasse 41: Schulungs- und Trainingsveranstaltungen; organisatorische Planung und Durchführung von Ausstellungen; Ausbildung und Fortbildung auf dem Gebiet der Gesundheits- und Schönheitspflege, insbesondere kosmetische Schulung, Schulung hinsichtlich Stil-, Farb- und Typanalyse und Imageschulung; Fortbildung und Ausbildung von Dritten auf dem Gebiet der Schönheitspflege und Kosmetik, insbesondere theoretische und praktische Unterweisung hinsichtlich der Anwendung der pflegenden und dekorativen Kosmetik und des Haarstylings; Veranstaltung und Organisation von sportlichen Wettbewerben;
Klasse 44: Dienstleistungen eines Figur- und Schönheitsstudios und Gesundheitszentrums mit insbesondere kosmetischen Behandlungen, Verabreichung von Bädern und Massagen sowie Durchführung von Kuren, Betrieb von Solarien und Saunen, Bewegungstherapien sowie Entspannungstraining; Dienstleistungen eines Friseur- und Schönheitssalons, Ernährungsberatung.
Mit Beschluss vom 2. April 2014 hat die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) die unter der Nr. 30 2013 040 774.1 geführte Anmeldung teilweise, nämlich im Umfang der vorgenannten Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, die Angabe „sei gut zu Dir“ werde vom Verkehr dahingehend verstanden, dass es sich um Waren und Dienstleistungen handele, mit deren Erwerb oder Inanspruchnahme man sich etwas Gutes tue. Die Wortkombination sei sprachüblich aus Wörtern der deutschen Alltagssprache zusammengesetzt und werde daher von den ebenfalls angesprochenen breiten Verkehrskreisen unmittelbar im oben genannten Sinne verstanden werden. Alle in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen könnten dazu dienen, sich etwas Gutes zu tun, so dass die Angabe direkt, in glatt beschreibender und sloganartiger Form, auf Art, Thema und Zweckbestimmung der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen hinweise, nämlich dass sie durch ihre Anwendung oder Inanspruchnahme ein gutes Gefühl hervorrufen würden.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde.
Sie ist der Auffassung, die angemeldete Wortfolge besitze auch für die von der Zurückweisung umfassten Waren und Dienstleistungen Unterscheidungskraft. Dafür spreche auch, dass die Anmelderin unter dem Slogan eine bekannte Online-Parfümerie mit über 27.000 Parfümerieartikeln betreibe, für die sie mit einem Aufwand von über 200.000 Euro einen Werbespot produziert habe, der auch im Internet verfügbar sei und von der Anmelderin näher spezifizierte Zugriffspotentiale und Kennziffern habe, insbesondere sei er allein bei einem bekannten Internetanbieter fast 600.000mal angesehen worden.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 2. April 2014 aufzuheben.
Einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin nicht gestellt. Ergänzend wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil einer Eintragung der angemeldeten Marke für sämtliche beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht nach § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen.
1. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Haupt-funktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH, GRUR 2004, 428, 429 f., Rn. 30, 31 - Henkel; BGH, GRUR 2012, 1143 (Rn. 7) - Starsat). Werbeslogans und sonstige spruchartige Wortfolgen sind bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft wie andere Wortmarken zu behandeln. Sie unterliegen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen und müssen insbesondere keine zusätzliche Originalität aufweisen. Allein die Tatsache, dass ein Zeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen als Werbeslogan verstanden wird, reicht - für sich gesehen - nicht aus, um die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft zu verneinen (vgl. EuGH GRUR 2010, 228 (Rn. 44) - VORSPRUNG DURCH TECHNIK). Entscheidend ist, ob die Marke zugleich auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen wahrgenommen wird (EuGH GRUR 2010, 228 (Rn. 45) - VORSPRUNG DURCH TECHNIK, GRUR Int. 2011, 255, 257 (Rn. 52) - BEST BUY, GRUR Int. 2012, 914, 916 (Rn. 29) - Wir machen das Besondere einfach).
Wie bei anderen Markenkategorien auch, ist bei sloganartigen Wortfolgen die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft allerdings zu verneinen, sofern der Verkehr einer Bezeichnung im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (BGH 2006, 850, 854, Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, 678, Rn. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu ihnen hergestellt wird (BGH GRUR 2012, 1143, 1144 (Rn. 9) - Starsat, GRUR 2006, 850, 854, Rn. 17 - FUSSBALL WM 2006).
Gemessen an diesen Voraussetzungen hat die Wortfolge „sei gut zu Dir“ für die Waren und Dienstleistungen, die Gegenstand der Beschwerde sind, keine Unterscheidungskraft, weil die Marke hinsichtlich dieser Waren und Dienstleistungen vom Verkehr als rein sachbezogene Aussage, nicht aber als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst wird. Die Wortfolge vermittelt den angesprochenen, breiten Verkehrskreisen die unmittelbar verständliche Aussage, sich selbst etwas Gutes zu tun, bzw. sich etwas Gutes zu gönnen, etwa, um das eigene Wohlbefinden positiv zu beeinflussen. In Verbindung mit den konkret beanspruchten Waren handelt es sich nach dem maßgeblichen Verkehrsverständnis somit um eine anpreisende Sachangabe mit der Bedeutung, dass die so gekennzeichneten Waren dafür geeignet sind, das Wohlbefinden des Verwenders zu fördern. Dies gilt nicht nur für die Waren aus dem engeren Bereich der Körper- und Gesundheitspflege, hier den Waren der Klassen 3 und 5, sondern ebenfalls für alle Waren, die dazu dienen, das Äußere oder das persönliche Umfeld – vorteilhaft – zu verändern. Dazu dienen auch sämtliche beschwerdegegenständlichen Waren der Klassen 8, 9, 11, 14, 20, 21 und 24 und deren Zubehör (Klasse 18). Die Wortfolge „sei gut zu Dir“ ist auch nicht unterscheidungkräftig für die in den Klassen 41 und 44 beanspruchten schönheits- und gesundheitsbezogenen Dienstleistungen, weil die angemeldete Wortfolge hier lediglich die rein sachbezogene Aussage beinhaltet, sich selbst durch Inanspruchnahme dieser Dienste ein Wohlgefühl oder andere Vorteile zu verschaffen oder (z. B. durch Schulungen oder Beratungen) in die Lage zu versetzen, sich in einer Weise zu verhalten, dass ein Wohlgefühl eintritt.
Hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Waren der Klasse 16 und der übrigen Dienstleistungen der Klasse 41 handelt es sich bei der angemeldeten Bezeichnung um eine thematische Angabe, die den Inhalt der beanspruchten Druckschriften bzw. den Gegenstand der Dienstleistungen im Sinne einer allgemeinen oder auf bestimmte Bereiche (z. B. Aussehen, Fitness) beschränkten Lebensberatung beschreibt.
Auch im Zusammenhang mit den Waren „codierte Servicekarten aus Plastik“ in Klasse 9, die eine geldersetzende Funktion haben (können), und den in Klasse 36 beanspruchten Dienstleistungen wird die Wortfolge „sei gut zu Dir“ beschreibend verstanden. Auch diese können dazu bestimmt oder geeignet sein, das persönliche Wohlbefinden positiv zu beeinflussen, etwa in Form von Wertgutscheinen es in finanzieller Hinsicht zu ermöglichen, sich selbst besondere Wünsche zu erfüllen.
Die vorgenannte Bedeutung erschließt sich dem angesprochenen Verkehr im Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen auch ohne analysierende Betrachtung oder mehrerer Gedankenschritte, da sie jeweils ohne Weiteres zur Verwirklichung seiner jeweiligen Absichten verwendet werden können, damit es ihm „gut geht“.
2. Soweit die Anmelderin auf die vor ihr vorgetragene Bekanntheit ihrer Online-Parfümerie und der diesbezüglichen Werbung abstellt, kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass das vorgenannte Schutzhindernis im Wege der Verkehrsdurchsetzung (§ 8 Abs. 3 MarkenG) überwunden wurde. Es ist schon nicht ersichtlich, welche der beanspruchten Waren und/ oder Dienstleistungen unter der angemeldeten Angabe im Einzelnen beworben wurden, denn die Verkehrsdurchsetzung ist gerade für die Waren und Dienstleistungen nachzuweisen, die in der jeweiligen Anmeldung konkret beansprucht werden (vgl. EuGH GRUR Int. 2002, 804, Tz. 59 – Philips; BGH GRUR 2001, 1042, Tz. 25 - Reich und Schoen). Die Verwendung der Wortfolge „sei gut zu Dir“ im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Online-Parfümerie legt zudem nicht nahe, dass die Wortfolge auch für die über diese Internetseite vertriebenen Waren und Dienstleistungen die Bedeutung eines betrieblichen Herkunfthinweises erlangt hat. Es sind zwar für die Feststellung der Verkehrsdurchsetzung alle Umstände des Einzelfalles heranzuziehen, demoskopische Verbraucherbefragungen stellen aber den einfachsten und sichersten Nachweis dar, neben denen auch weitere, hinreichend objektive Umstände wie z. B. Marktanteil (d. h. insoweit nicht nur die Vorlage der eigenen Kundenzahlen) und aufgewendete Werbemittel herangezogen werden können (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 8, Rdn. 642 – 647 ff. m. w. N.). Die von der insoweit beibringungspflichtigen Anmelderin vorgetragen Umstände genügen diesen Vorgaben nicht. Allein der Vortrag, dass eine TV-Werbung eine bestimmte Reichweite oder Internetwerbung eine bestimmte Anzahl an Aufrufen hat, reicht für sich genommen nicht aus, um daraus den Schluss ziehen zu können, dass die angemeldete Wortfolge bei den maßgeblichen Verkehrskreisen sich als betrieblicher Herkunftshinweis durchgesetzt hat, zumal die Wahrnehmung dieser Verkehrskreise bezogen auf das Internet wie auf TV oft flüchtig und wenig nachhaltig ist (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 8, Rdn. 645 f.). Die vorgetragene Höhe der Werbeaufwendungen legt angesichts der in der kosmetischen und/ oder pharmazeutischen Industrie üblichen Werbeetats, die dem Senat aus anderen Verfahren bekannt sind, eine Verkehrsdurchsetzung ebenfalls nicht nahe.
Aus diesen Gründen hatte die Beschwerde der Anmelderin keinen Erfolg.