Entscheidungsdatum: 12.07.2016
In der Beschwerdesache
…
betreffend die eingetragene Marke 30 2013 061 637
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juli 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Metternich, des Richters Schmid sowie der Richterin am Landgericht Lachenmayr-Nikolaou
beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Januar 2015 wird aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Marke 933 815 gegen die angegriffene Marke 30 2013 061 637 in Bezug auf die Waren „ätherische Öle; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Haarwässer; Zahnputzmittel; pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse, Hygienepräparate für medizinische Zwecke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Pflaster; Verbandmaterial; Desinfektionsmittel“ zurückgewiesen worden ist. In Bezug auf die vorgenannten Waren wird die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.
I.
Die am 29. November 2013 angemeldete Wortmarke
Diacaro Robugen
ist am 25. Februar 2014 unter der Nr. 30 2013 061 637 für die nachfolgend genannten Waren der Klassen 3 und 5
Parfümeriewaren; ätherische Öle; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Haarwässer; Zahnputzmittel;
Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Hygienepräparate für medizinische Zwecke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Pflaster; Verbandmaterial; Desinfektionsmittel
in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister eingetragen worden.
Dagegen hat die Inhaberin der am 8. September 1973 angemeldeten und am 28. Juli 1975 unter der Nr. 933 815 registrierten Wortmarke
Diacard
im Umfang ihrer Eintragung für die nachfolgend genannten Waren der Klasse 5, nämlich Arzneimittel,
Widerspruch erhoben.
Im Beschwerdeverfahren hat die Widersprechende ihren Widerspruch gegen die Eintragung der angegriffenen Marke in Bezug auf deren Registrierung für „Parfümeriewaren“ zurückgenommen.
Die Markenstelle für Klasse 3 des DPMA hat den Widerspruch durch Beschluss vom 23. Januar 2015 zurückgewiesen. Zwischen den Streitmarken bestehe keine Verwechslungsgefahr. Zwar könnten die für die Vergleichsmarken eingetragenen Waren im Bereich „pharmazeutische Erzeugnisse“ identisch sein. Ferner sei von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Die angegriffene Marke halte dennoch den bei Abwägung der erheblichen Umstände gebotenen deutlichen Zeichenabstand ein. Die Marke „Diacaro Robugen“ in der Gesamtheit sei im Hinblick auf ihren Bestandteil „Robugen“ ohne weiteres von der Widerspruchsmarke zu unterscheiden. Der Bestandteil „Diacaro“ als solcher könne dem Zeichenvergleich nicht isoliert zugrunde gelegt werden. Es lasse sich nämlich nicht feststellen, dass der Bestandteil „Robugen“ der angegriffenen Marke unter Endverbrauchern als Herstellerangabe erkannt und deswegen der Bestandteil „Diacaro“ als eigentliche Produktkennzeichnung wahrgenommen werde. Ferner hielte die angegriffene Marke einen ausreichenden Abstand zur Widerspruchsmarke „Diacard“ selbst dann ein, wenn das Publikum den Bestandteil „Diacaro“ als prägenden oder selbständig kennzeichnenden Bestandteil der angegriffenen Marke auffassen würde. Der abweichende Endlaut „o“ des Zeichenbestandteils, der in klanglicher Hinsicht auch eine andere Silbenartikulation nach sich ziehe, lasse in jeder Hinsicht eine hinreichende Unterscheidung der Marken zu. Dabei unterstütze die der Wortsilbe „-card“ der Widerspruchsmarke eigene Bedeutung im Sinn von „Herz“ die Unterscheidung der Marken durch das Publikum. In schriftbildlicher Hinsicht sei zudem vorrangig auf die Wahrnehmung der Zeichen durch den Fachverkehr, der über ein gehobenes Unterscheidungsvermögen verfüge, abzustellen.
Dagegen wendet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Zwischen den Vergleichsmarken sei Verwechslungsgefahr gegeben. Nach der maßgeblichen Registerlage sei im Hinblick auf Überschneidungen in der Anwendung und im Vertrieb von einer engen Ähnlichkeit der Waren auch in Bezug auf die in Klasse 3 registrierten Waren der angegriffenen Marke auszugehen. Im Rahmen des Zeichenvergleichs sei auf Seiten der angegriffenen Marke auch auf den Markenbestandteil „Diacaro“ als solchen abzustellen. Denn der Markenbestandteil „Robugen“ werde jedenfalls durch den angesprochenen Fachverkehr als eine Herstellerangabe begriffen, so dass der Markenbestandteil „Diacaro“ eine den Gesamteindruck der angegriffenen Marke prägende oder in der angegriffenen Marke wenigstens eine selbständig kennzeichnende Stellung einnehme. Der Bestandteil „Diacaro“ der angegriffenen Marke und die Widerspruchsmarke „Diacard“ seien einander jedenfalls in schriftbildlicher Hinsicht hochgradig ähnlich, insbesondere bei einer Darstellung in Großbuchstaben.
Die Widersprechende hat beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Januar 2015 aufzuheben, soweit der Widerspruch aus der Marke 933 815 gegen die angegriffene Marke 30 2013 061 637 in Bezug auf die Waren „ätherische Öle; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Haarwässer; Zahnputzmittel; pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse, Hygienepräparate für medizinische Zwecke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Pflaster; Verbandmaterial; Desinfektionsmittel“ zurückgewiesen worden ist, und in Bezug auf die vorgenannten Waren die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke, die ankündigungsgemäß nicht an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, hat in ihrer schriftsätzlichen Erwiderung auf die Beschwerde sinngemäß beantragt,
die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.
Sie führt unter Bezugnahme auf die Ausführungen im angegriffenen Beschluss der Markenstelle aus, dass eine Verwechslungsgefahr zwischen den Streitmarken nicht gegeben sei. Insbesondere weise auch der Bestandteil „Diacaro“ als solcher einen ausreichenden Zeichenabstand zur Widerspruchsmarke auf.
Ergänzend wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat auch in der Sache Erfolg. Im nach Teilrücknahme des Widerspruchs noch beschwerdegegenständlichen Umfang besteht zwischen den Vergleichsmarken Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, so dass der Beschluss der Markenstelle insoweit aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen war, §§ 43 Abs. 2 Satz 1, 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. In Bezug auf die Eintragung der angegriffen Marke für „Parfümeriewaren“ hat sich das Beschwerdeverfahren durch die Rücknahme des Widerspruchs erledigt.
Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. hierzu z. B. EuGH GRUR 2010, 933, Tz. 32 – BARBARA BECKER; GRUR 2010, 1098, Tz. 44 – Calvin Klein/HABM; BGH GRUR 2012, 64, Tz. 9 – Maalox/Melox–GRY; BGH GRUR 2012, 1040, Tz. 25 – pjur/pure; BGH GRUR 2013, 833, Tz. 30 – Culinaria/Villa Culinaria). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der Waren, die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. dazu EuGH GRUR 2008, 343, Tz. 48 – Il Ponte Finanziaria Spa/HABM; BGH GRUR 2012, 64, Tz. 9 - Maalox/Melox–GRY; GRUR 2012, 1040, Tz. 25 – pjur/pure; siehe auch Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl. 2015, § 9 Rn. 41 ff. m. w. N.). Darüber hinaus können für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren relevant sein, wie u. a. etwa die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.
1. Die für die angegriffene Marke eingetragenen Waren der Klassen 3 und 5, auf die der Widerspruch sich noch erstreckt, und die für die Widerspruchsmarke nach der hier maßgeblichen Registerlage unabhängig von einer Rezeptpflicht und von einer bestimmten Indikation zu berücksichtigende Ware „Arzneimittel“ sind teilweise identisch und im Übrigen zumindest überdurchschnittlich ähnlich.
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren kommt es darauf an, ob diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen - insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte und Leistungen und anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe – so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (vgl. z. B. EuGH GRUR 2006, 582, Tz. 85 – VITAFRUIT; BGH GRUR 2009, 484, Tz. 25 – Metrobus; BGH GRUR 2015, 16, Tz. 16 – ZOOM; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl. 2015, § 9 Rn. 59 m. w. N.).
a) Die für die angegriffene Marke in Klasse 5 eingetragenen „pharmazeutische“ und „veterinärmedizinische Erzeugnisse“ (vgl. § 2 Abs. 1 Arzneimittelgesetz) sind mit den für die Widerspruchsmarke eingetragenen „Arzneimitteln“ identisch.
b) Die ferner in Klasse 5 für die angegriffene Marke eingetragenen „Hygienepräparate für medizinische Zwecke; Pflaster; Verbandmaterial; Desinfektionsmittel“ können insbesondere im Bereich der Behandlung von Wunden Überschneidungen oder jedenfalls deutliche Berührungspunkte zur „Arzneimitteln“ aufweisen. Daher kann der Verkehr bei unterstellter identischer Kennzeichnung naheliegend annehmen, dass die Produkte aus dem gleichen Betrieb stammen.
„Pflaster“ und „Verbandstoffe“ können dazu dienen, auf die Haut aufgebrachte oder über die Haut aufzunehmende Wirkstoffe abzudecken bzw. zu fixieren, um den Heilungsprozess zu fördern, so dass sich diese Waren insofern ergänzen können. Darüber hinaus können die von den Warenoberbegriffen der angegriffenen Marke umfassten „Pflaster und Verbandstoffe“ sogar selbst pharmazeutische Wirkstoffe enthalten, die zur kontrollierten Freisetzung und Aufnahme über die Haut bestimmt sind (vgl. BPatG, Beschl. v. 20.10.2005, 25 W (pat) 140/03 - verfügbar in PAVIS PROMA).
„Desinfektionsmittel“ und „Hygienepräparate für medizinische Zwecke“ einerseits und andererseits „Arzneimittel“ ergänzen sich bei der Behandlung von Wunden und können dabei im Hinblick auf bakterizide Eigenschaften jedenfalls teilweise sogar dieselbe Funktion erfüllen (st. Rspr., vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 16. Aufl., S. 66).
c) Zwischen "diätetischen Erzeugnissen für medizinische Zwecke" und „Arzneimitteln“ besteht ebenfalls eine überdurchschnittliche Warenähnlichkeit (vgl. Richter/Stoppel, a. a. O., S. 67). Denn „diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke“ können, obwohl sie zugleich der Ernährung dienen, insbesondere auch der Vorbeugung, Linderung und Heilung von Krankheitszuständen dienen. Ferner bestehen deutliche Überschneidungen mit pharmazeutischen Erzeugnissen bei den tatsächlichen Herstellerbetrieben, den Vertriebswegen und insbesondere bei den Abgabeformen und Aufmachungen der Produkte sowie der stofflichen Beschaffenheit.
d) Auch die beschwerdegegenständlichen, in Klasse 3 registrierten Waren der angegriffenen Marke „Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; ätherische Öle; Haarwässer; Zahnputzmittel“ weisen eine überdurchschnittliche Ähnlichkeit gegenüber den für die Widerspruchsmarke eingetragenen „Arzneimitteln“ auf.
„Mittel und Körper- und Schönheitspflege“, zu denen auch hautpflegende Produkte rechnen, können über eine zumindest weitgehend übereinstimmende Wirkstoffzusammensetzung wie Dermatika verfügen, so dass sie sich in der Verwendungsweise sehr nahestehen und ggf. sogar substituierbar sind. Die Rechtsprechung geht daher seit langem von einer engen wirtschaftlichen Nähe dieser Waren aus (vgl. BGH GRUR 1965, 670, 671 - Basoderm; BPatGE 38, 105, 109 - Lindora/Linola).
Der Sammelbegriff "ätherische Öle" bezeichnet aus Pflanzen gewonnene Konzentrate, die zwar hauptsächlich in der Lebensmittelindustrie und in der Parfümindustrie eingesetzt, aber im Hinblick auf antiseptische, desinfizierende und entzündungshemmende Wirkungen auch für pharmazeutische Präparate verwendet werden (vgl. Hunnius, Pharmazeutisches Wörterbuch, 8. Aufl., S. 992 f.). Diese Waren können daher den auf Seiten der Widerspruchsmarke zu berücksichtigenden „Arzneimitteln" jedenfalls sehr ähnlich sein (vgl. auch Richter/Stoppel, a. a. O., S. 17).
Zwischen „Zahnputzmitteln“, die der Eindämmung gesundheitsbeeinträchtigender Bakterien dienen, und Mund- und Rachenarzneien mit therapeutischer oder vorbeugender Funktion, vgl. nur medizinische Kaugummis zur Kariesprophylaxe, ist ein enger sachlicher Zusammenhang gegeben.
„Haarwässer“ dienen häufig jedenfalls auch der Einwirkung auf die Kopfhaut und weisen damit nach Zweckbestimmung und Anwendungsweise eine deutliche Nähe zu Dermatika auf. Häufig handelt es sich dabei um Pflegemittel, die nach medizinischen Gesichtspunkten konzipiert sind, die über Vertriebswege und Verkaufsstätte angeboten werden, über die auch Dermatika bezogen werden können, so dass insoweit deutliche Anhaltspunkte für eine gemeinsame unternehmerische Verantwortung bestehen.
2. Die Widerspruchsmarke verfügt mangels anderer Anhaltspunkte über eine durchschnittliche originäre Kennzeichnungskraft. Die Widersprechende hat eine auf Benutzung beruhende Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke weder geltend gemacht noch sind entsprechende Tatsachen gerichtsbekannt.
3. Im Rahmen der bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr erforderlichen Gesamtabwägung hält die angegriffene Marke mit Blick auf die vorgenannten Umstände den gebotenen Abstand zur Widerspruchsmarke im beschwerdegegenständlichen Umfang nicht ein.
a) Eine für das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr relevante Markenähnlichkeit kann in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht bestehen, wobei es für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig ausreicht, wenn zwischen den jeweiligen Vergleichsmarken nur in einer dieser Kategorien ausreichende Übereinstimmungen festzustellen sind (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl. 2015, § 9 Rn. 254 m. w. N.).
Zwar weisen die gegenüberstehenden Marken in ihrer Gesamtheit aufgrund des Bestandteils "Robugen“ der angegriffenen Marke klanglich und schriftbildlich gravierende Unterschiede auf.
Allerdings kann eine Verwechslungsgefahr auch gegeben sein, wenn eine ältere Marke, die identisch oder in hochgradig ähnlicher Weise als Bestandteil in eine zusammengesetzte jüngere Marke aufgenommen wird, in dieser jüngeren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung hat (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042, Tz. 30 – THOMSON LIFE; BGHZ 167, 322, Tz. 18 – Malteserkreuz I; GRUR 2012, 635, Tz. 22 – METRO/ROLLER's Metro; BPatG, Beschluss vom 7. Mai 2010 - 25 W (pat) 52/09 – Nimm 2 Fruchtpops/fruitpop, verfügbar in PAVIS PROMA). Dies ist vorliegend für den Bestandteil „Diacaro“ der angegriffenen Marke zu bejahen, so dass das Publikum die ältere Marke „Diacard“ dem Inhaber des Unternehmenskennzeichens „Robugen“ zuordnen und meinen kann, sie bezeichne dessen Produkte, oder dass es wenigstens annehmen kann, die beschwerdegegenständlichen Waren stammten von wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen. Es ist hierbei auch nicht zu fordern, dass sich die Vergleichsmarken auf identischen Waren begegnen. Eine im Bereich der noch angegriffenen Waren der jüngeren Marke gegebene hochgradige Warenähnlichkeit ist insofern ausreichend (vgl. BPatG, Beschluss vom 7. Mai 2010 - 25 W (pat) 52/09 –, Rn. 32 – nimm 2).
In der angegriffenen Marke kommt dem kennzeichnungskräftigen Bestandteil "Diacaro" im Hinblick auf die dem Publikum erkennbare Funktion des Elements „Robugen“ als Unternehmenshinweis eine hinreichend eigenständige Stellung als Produktkennzeichen zu. Denn jedenfalls dem mit den in Rede stehenden Waren befassten medizinischen Fachpublikum, das mit Rücksicht auf seine qualifizierten Fach- und Marktkenntnisse als für sich erheblicher Teil des Verkehrs zu berücksichtigen ist (vgl. BGH GRUR 2012, 64, Rn. 29 – Maalox/Melox-GRY), wird der Bestandteil "Robugen“ der jüngeren Marke in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren als Unternehmenshinweis bekannt oder wenigstens erkennbar sein. Das Unternehmen „Robugen“ verfügt nämlich angesichts seiner - wie aus den in der mündlichen Verhandlung angesprochenen Angaben seiner Homepage hervorgeht - fast 90-jährigen Geschäftstätigkeit über eine nicht unerhebliche Marktpräsenz, insbesondere hält es auch Markenrechte an dem Wort „Robugen“ (Nr. 340 873, angemeldet 1925) und an einer Reihe weiterer, teilweise auch in die Rote Liste aufgenommener Marken mit dem Bestandteil „Robugen“ (vgl. Rote Liste 2013, S. 1938).
Ausgehend von einer hochgradigen schriftbildlichen Ähnlichkeit zwischen dem Bestandteil „Diacaro“ der jüngeren Wortmarke Marke und der älteren Wortmarke „Diacard“ kann das medizinische Fachpublikum bei einem Zeichenvergleich nach dem Erinnerungsbild den Eindruck gewinnen, die ältere Marke sei ergänzend zu einem Unternehmenshinweis in das jüngere Kombinationszeichen aufgenommen worden. Die Prüfung der schriftbildlichen Ähnlichkeit von Wortmarken erstreckt sich neben der registrierten Markenform auch auf andere verkehrsübliche Schreibweisen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 9 Rn. 282). Bei Großschreibung der Marken unterscheiden sich der Bestandteil „DIACARO“ der angegriffenen Marke und andererseits die Widerspruchsmarke „DIACARD“ lediglich hinsichtlich der Endlaute „O“ / „D“, zwischen denen im Hinblick auf ihre jeweils geschlossene und zumindest teilweise ovale Gestalt auch erhebliche Annäherung besteht, so dass ungeachtet der durch Fachverkehr regelmäßig beobachteten Sorgfalt insoweit eine hochgradige Zeichenähnlichkeit gegeben ist. Der Gefahr, dass das angesprochene Fachpublikum von einer Übernahme der Marke „Diacard“ in die angegriffene Marke ausgeht, vermag auch der von der Markenstelle angenommene Bedeutungsgehalt der Wortsilbe “-card“ im Sinne von „Herz“ nicht entscheidend entgegenzuwirken. Insofern kann bereits nicht angenommen werden, dass das angesprochene Fachpublikum die Wortsilbe „-card“ der älteren Marke „Diacard“ unmittelbar in der genannten Bedeutung erfassen würde. Jedenfalls in Bezug auf die im Rahmen der Ähnlichkeit der eingetragenen Waren auf Seiten der Widerspruchsmarke in erster Linie relevanten Dermatika und anderen Arzneimittel, die in keinem Zusammenhang zu einer kardiologischen Indikation stehen, liegt dies fern. Im Übrigen kann auch eine begriffliche Unterscheidungshilfe nicht die Gefahr ausräumen, dass das angesprochene Publikum sich ungeachtet eines Wortsinns bei hochgradiger Schriftähnlichkeit verlesen kann (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 9 Rn. 295).
Eine Abweichung von der nach § 71 Abs. 1 MarkenG vorgesehenen eigenen Kostentragung der Beteiligten ist nicht veranlasst.