Entscheidungsdatum: 17.04.2012
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2009 030 151.4
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 17. April 2012 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Werner sowie der Richterin Dr. Schnurr und des Richters am Oberlandesgericht Heimen
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Mit Beschluss vom 15. Dezember 2009 hat die Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts die Eintragung der für die Waren
„Klasse 6: Schwimmbecken (vorgefertigte Metallkonstruktionen)
Klasse 11: Umwälzpumpen für Schwimmbecken, Wasserfiltergeräte für Schwimmbecken; Schwimmbecken (vorgefertigt, nicht aus Metall),
Klasse 19: vorgefertigte Schwimmbeckenteile (nicht aus Metall), mit innenliegender Folienauskleidung, Schwimmbadabdeckungen (nicht aus Metall)“
angemeldeten Wortmarke 30 2009 030 151.4 / 11
123pool
durch eine Prüferin des gehobenen Dienstes mit der Begründung zurückgewiesen, dem Zeichen fehle für die beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die angemeldete Marke sei erkennbar aus der Zahlenfolge „123“, einem häufig verwendeten Hinweis auf eine schnelle, unkomplizierte Leistungserbringung „in drei Schritten“, und dem Begriff „pool“, einer Kurzform für Swimmingpool, zusammengesetzt. Sie vermittle in ihrer Gesamtheit lediglich einen schlagwortartigen Hinweis auf die Art und Qualität und der beanspruchten Waren. Mit deren Hilfe könnten Swimmingpools schnell, unkompliziert, in drei Schritten und ohne fachliche Hilfe errichtet werden. Die klar verständliche Angabe „123pool“ werde vom angesprochenen Verkehr nur in ihrem beschreibenden Sinn, jedoch nicht als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst.
Gegen diese Entscheidung wenden sich die Anmelder mit ihrer Beschwerde. Sie sind der Auffassung, die Zahl „123“, die der Zahlenfolge „1, 2, 3“ nicht entspreche, sei geeignet, dem Anmeldezeichen in seiner Gesamtheit zu dem zu einer Eintragung notwendigen Mindestmaß an Unterscheidungskraft zu verhelfen. Die Anmelder berufen sich auf eine Reihe ihrer Ansicht nach einschlägiger Voreintragungen.
Die Anmelder beantragen,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Dezember 2009 aufzuheben.
Ergänzend wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.
II.
Die gem. §§ 64 Abs. 1 u. 6, 66 Abs. 1 u. 2 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Einer Eintragung der Marke 30 2009 030 151 steht das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, weil ihrem Wortbestandteil „123“ im Zusammenhang mit der Kurzbezeichnung für „Swimmingpool“ sowohl der Begriffsgehalt „im Handumdrehen aufgebauter Swimmingpool“ als auch die Bedeutung einer Größen- oder Typenbezeichnung für eine durch sie bestimmte Art eines Bassins zum Schwimmen zukommen kann.
Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, 235, Rn. 45 - Standbeutel; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rn. 62 - Libertel). Die Eintragung als Marke kommt nur in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f., Rn. 51 - Arsenal Football Club; BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006, m. w. N.). Ist dies nicht der Fall, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. EuGH GRUR 2008, 608, 610, Rn. 59 - EUROHYPO; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rn. 26 - SAT.2; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rn. 60 - Libertel). Die erforderliche Unterscheidungskraft ist zum einen solchen Angaben und Zeichen abzusprechen, die einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt aufweisen. Aber auch anderen Angaben kann die Unterscheidungskraft fehlen, etwa wenn sie sich auf Umstände beziehen, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850, Rn. 28 - FUSSBALL WM 2006; BGH GRUR 2001, 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Hiernach fehlt der Wort-Ziffernkombination „123pool“ für die beanspruchten Waren der Klassen 6, 11 und 19 das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft.
Das angemeldete Markenwort verbindet die aus den ersten drei Grundzahlen bestehende Ziffernkombination „123“ mit dem Gattungsbegriff „Pool“, der Kurzbezeichnung für „Swimmingpool“ i. S. e. Schwimmbassins (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl. 2011, S. 1357).
Die Aufzählung der Grundzahlen eins, zwei und drei wird im übertragenen Sinne verwendet, um ein Startkommando oder eine schnelle Erledigung zu umschreiben. So wird „1, 2, 3“ in Zusammensetzungen im Sinne von „in leichten bzw. leicht handhabbaren Schritten zu erledigen“ bzw. im Sinne von „im Handumdrehen zu bewältigen“ verstanden, nämlich so schnell, wie „1, 2, 3“ abgezählt ist. So werden beispielsweise Zusammensetzungen wie „1, 2, 3 Erfolg“, „1, 2, 3 auf den Tisch“, „1, 2, 3 dabei“ „Eins, zwei, drei - leih!“ oder „Eins, zwei, drei - Auktion vorbei“ benutzt um zu beschreiben, wie einfach oder schnell eine bestimmte Tätigkeit erledigt oder eine gewünschte Wirkung oder ein bestimmter Erfolg erzielt werden kann (vgl. BPatG 30 W (pat) 280/03, Entsch. v. 19. September 2005 – 1-2-3 Success/SAXES; BPatG 30 W (pat) 7/08, Entsch. v. 24. November 2008 – 123soft/1-2-3, BPatG 33 W (pat) 113/06, Entsch. v. 23. September 2008 – 1 2 3 dabei).In Ergänzung dieser Benutzungsbeispiele kann es sich bei „123“ auch um den Beginn eines Abzählreims „Eins, zwei, drei, letzte Chance vorbei“/ „Eins, zwei, drei, alle sind dabei“ oder eines Sprichwortes (Wilhelm Busch: „Eins, zwei, drei im Sauseschritt, so läuft die Zeit, wir laufen mit“) handeln.
Die Tatsache, dass das Markenwort einem Gattungsbegriff wie „Pool“ gerade die ersten drei Grundzahlen in numerischer Reihenfolge aufsteigend voranstellt, führt dazu, dass zumindest ein erheblicher Teil der durch die beanspruchten Waren angesprochenen Verkehrskreise, allgemeine Interessenten für Schwimmbecken und deren Zubehör sowie der Fachverkehr für Schwimmbecken und Schwimmbadtechnik, die Ziffernkombination „123“ innerhalb des Anmeldezeichens auch als Aufzählung der Grundzahlen i. S. v. „eins, zwei, drei“ auffassen wird. Entgegen der von den Anmeldern geäußerten Ansicht erschöpft sich die Bedeutung dieses Markenbestandteils nicht in der Zahl „Hundertdreiundzwanzig“. Wie bei anderen Markenanmeldungen auch, ist zur Beurteilung des Unterscheidungskraft von Zahlen ein Verständnis als Sachhinweis einzelfallabhängig und in Bezug auf die beanspruchten Waren zu prüfen (vgl. EuGH GRUR Int. 2011, 400, Rn. 29 - Zahl 1000; BGH GRUR 2002, 970, 971 - Zahl 1; BGH Mit. 2002, 423, 424 - Zahl 6; Ströbele, Ströbele/Hacker, Markenrecht, 10. Aufl., Rn. 165 f. zu § 8 m. w. N.). Ziffern und Zahlen, die, wie hier, als Synonyme zur Beschreibung bestimmter Eigenschaften oder Vorgänge dienen können, fehlt insoweit die Unterscheidungskraft (vgl. BPatG 33 W (pat) 113/06, Entsch. v. 23. September 2008 – 1 2 3 dabei). Für das Verständnis des Verkehrs, der an werbeübliche Zusammenschreibungen und andere einfache und gebräuchliche Gestaltungen des Schriftbilds gewöhnt ist, ist insoweit unerheblich, dass die hier in numerischer Reihenfolge aufsteigend verwendeten Grundzahlen weder untereinander noch vom nachfolgenden Wortbestandteil „pool“ räumlich abgesetzt oder durch Kommata getrennt dargestellt werden ( vgl. Ströbele, a. a. O., Rn. 165 f. zu § 8 m. w. N.). Denn im Zusammenhang mit den hier beanspruchten Waren, Schwimmbecken, deren Teile, Schwimmbadzubehör und Geräte der Schwimmbadtechnik, vermag das Gesamtzeichen „123pool“ in werbeüblicher Weise darauf hinzuweisen, dass es sich bei diesen Waren um einen Swimmingpool handeln kann, der „eins, zwei, drei“, quasi im Nu, erworben und aufgebaut werden kann und kinderleicht zu benutzen bzw. zu reinigen ist. Ein erheblicher Teil der durch die beanspruchten Waren angesprochenen Verkehrskreise wird angesichts dessen in „123pool“ auch ohne nähere analysierende Betrachtungsweise nur einen Hinweis auf einen schnell und einfach in Betrieb zu nehmenden und zu nutzenden Pool, jedoch keinen betrieblichen Herkunftshinweis sehen, wenn die beanspruchten Waren, die sämtlich dem Schwimmbeckenbau oder deren Ausstattung dienen, mit „123pool“ gekennzeichnet werden.
Zahlenkombinationen, zu denen auch die Ziffernkombination „123“ gehört, begegnen dem Verkehr darüber hinaus regelmäßig als Typen-, Mengen-, Größen- oder Preisangaben (vgl. BPatG GRUR 1998, 403-404 - 442). Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren der Klassen 6, 11 und 19 kann es sich bei dieser Zahlenkombination zugleich um die Bezeichnung der schwimmbadgerechten Tiefe eines Pools von 123 cm oder um eine kombinierte Größenangabe für einen Pool von 3m Länge, 2m Breite und 1m Tiefe handeln.
Für eine Schutzversagung reicht es bereits aus, dass ein Wortzeichen in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 59, Rn. 21 - Companyline; MarkenR 2003, 450, 453, Rn. 32 - Doublemint, MarkenR 2004, 99, 109, Rn. 97 - Postkantoor; MarkenR 2004, 111, 115, Rn. 38 - Biomild).
Da dem Markenwort mithin für sämtliche beanspruchten Waren das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, entgegensteht, kommt es auf die von den Anmeldern aufgeworfene Frage, ob „123pool" für die beanspruchten Waren im Interesse von Mitbewerbern zusätzlich einem Freihaltebedürfnis i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unterliegt, nicht mehr an.
Soweit sich die Anmelder auf die Eintragung ihrer Ansicht nach vergleichbarer Drittmarken berufen, ändert dies nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit für die hier zu beurteilende Anmeldemarke. Aus der Schutzgewährung für andere Marken kann ein Anmelder keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Voreintragungen führen weder für sich genommen noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben, denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage (vgl. EuGH MarkenR 2008, 163, 167 , Rn. 39 - Terranus; GRUR 2004, 674, Rn. 43, 44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, Nr. 63 - Henkel; BPatG MarkenR 2007,351, 352 f. - Topline; GRUR 2007, 333, 335 ff. - Papaya; GRUR 2010, 423 amazing discoveries; GRUR 2010, 425 - Volksflat).
Aus diesen Gründen war die Beschwerde zurückzuweisen.