Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 19.07.2016


BPatG 19.07.2016 - 24 W (pat) 520/16

Markenbeschwerdeverfahren – "Unser BROT (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
24. Senat
Entscheidungsdatum:
19.07.2016
Aktenzeichen:
24 W (pat) 520/16
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2014 001 686.9

hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundepatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juli 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Metternich, des Richters Schmid und der Richterin am Landgericht Lachenmayr-Nikolaou

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das nachfolgend abgebildete Wort-/Bildzeichen

Abbildung

2

ist am 11. März 2014 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister für die nachfolgend genannten Waren der Klasse 30 angemeldet worden:

3

Brot, Brotwaren, Backwaren, Konditorwaren, Fertigteige zur Herstellung von Backwaren oder Konditorwaren, Pizza, Pizzaprodukte, Baguette, Flammkuchen, Snackprodukte zum Aufbacken.

4

Die Markenstelle für Klasse 30 des DPMA hat die Anmeldung mit Beschluss vom 12. August 2015 zurückgewiesen.

5

Sie hat unter Bezugnahme auf vorangegangene Beanstandungsbescheide die Zurückweisung hinsichtlich der Waren „Konditorwaren, Fertigteige zur Herstellung von Konditorwaren“ mit Täuschungsgefahr gem. § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG, hinsichtlich der übrigen beanspruchten Waren mit fehlender Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG begründet und hierzu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Verkehr in dem Gesamtzeichen ausschließlich einen beschreibenden Sachhinweis auf Brot, Brotwaren oder Gerichte, die Brot/Brotwaren enthielten bzw. aus Brotteig hergestellt seien, verstehe. Auch die graphische Ausgestaltung könne die Schutzfähigkeit nicht begründen. Die angesprochenen Verkehrskreise seien an einfache und gebräuchliche graphische Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbildes gewöhnt, die lediglich die Gesamtbezeichnung unterstreichen und hervorheben würden, ohne dieser etwas Neues hinzuzufügen. Bei dem angemeldeten Zeichen würden die Gestaltungsmittel lediglich als werbegraphisch gewöhnliche Ausschmückungs- und Blickfangmittel dienen.

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Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

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Sie beanstandet, dass die Markenstelle in ihrer Begründung nicht nur die Wortbestandteile von den Bildelementen getrennt habe, sondern zudem die einzelnen Begriffe des Wortelements „Unser Brot“ getrennt voneinander beurteilt habe. Selbst wenn man mit der Markenstelle den Wortbestandteil gesondert bewerte, so sei doch bereits das Markenelement „Unser Brot“ für sich genommen als unterscheidungskräftig anzusehen. Es handele sich insoweit um einen Gesamtbegriff mit eigenständiger Bedeutung, die über die isolierten Worte „Unser“ und „Brot“ hinausgehe. Das Amt habe die Tatsache übergangen, dass „Brot“ als Metapher verstanden werde für etwas von Grund auf Wesentliches, wie beispielsweise das „tägliche Brot“ etc. Dies werde der angesprochene Durchschnittsverbraucher auch verstehen, da Brot bereits in der Bibel als Grundnahrungsmittel beschrieben werde.

8

Zudem verleihe auch die aus Sicht der Anmelderin prägnante Bildwirkung dem angemeldeten Zeichen Unterscheidungskraft, weil diese eine eigenständige bildhafte Wirkung aufweise. Bei den Bildbestandteilen (weißer Kreis mit Blüte im oberen Teil sowie graphische Gestaltung des Wortbestandteils selber) spiele das angemeldete Zeichen mit Kontrasten in der Farbe und im Wechsel zwischen weichen und harten Formen sowie zugleich zwischen modernen und altmodischen Formen (weiß/schwarze Gestaltung der Kreise und der Blüte; unterschiedliche Schriftarten der beiden Worte: abgerundete altmodische Schreibschrift und kantige, modern nüchterne Blockschrift; Kontrast der kantigen Darstellung des Wortes „Brot“, das wie ein Rechteck wirke, zum weichen Kreis, sowie Schwarz-Weiß-Kontrast zwischen der Farbe des Wortes „Brot“ und der des umgebenden Kreises).

9

Soweit die Markenstelle in Bezug auf einzelne Waren von einer Täuschungsgefahr ausgehe, sei dies nicht weiter begründet worden. Die Markenstelle habe auch übersehen, dass es Rezepte für Kuchen gebe, deren Böden aus Brot bzw. Semmelbröseln bestünden. Zudem müsse eine Eignung zur Täuschung „ersichtlich“ sein, um das Schutzhindernis gem. § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG zu bejahen, was hier nicht der Fall sei.

10

Die Anmelderin beantragt,

11

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. August 2015 aufzuheben.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

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Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Entgegen der Auffassung der Anmelderin fehlt dem angemeldeten Zeichen in Bezug auf die im vorliegenden Fall  beanspruchten Waren der Klasse 30 jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

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1. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 17 - FUSSBALL WM 2006). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 608 [Tz. 60] - Libertel; BGH GRUR 2014, 565, Tz. 17 - smartbook). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, Tz. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 86 - Postkantoor).

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Bei der Beurteilung des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 8, Rn. 40). Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 8, Rn. 42). Bei der Beurteilung des Schutzhindernisses fehlender Unterscheidungskraft kommt es auf das Verkehrsverständnis zum Zeitpunkt der Anmeldung des jeweiligen Zeichens an (BGH GRUR 2013, 1143, Tz. 15 – Aus Akten werden Fakten).

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Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den beanspruchten Waren um Nahrungsmittel des täglichen Konsums bzw. Fertigprodukte zur Zubereitung solcher Nahrungsmittel, von denen breite Verkehrskreise angesprochen werden.

17

Ist ein angemeldetes Zeichen grafisch ausgestaltet und besteht es somit aus mehreren Elementen, ist bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von der Gesamtheit des Zeichens auszugehen (BGH vom 10. Juli 2014, I ZB 18/13, Tz. 13 m. w. N. – Gute Laune Drops, verfügbar über PAVIS PROMA). Dabei hat sich die Prüfung darauf zu erstrecken, ob das Zeichen als solches, jedenfalls mit einem seiner Elemente, den Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt (BGH, a. a. O.).

18

2. Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen ist das angemeldete Zeichen im konkreten Warenzusammenhang nicht geeignet, von den o. g. breiten Verkehrskreisen als betrieblicher Herkunftshinweis wahrgenommen zu werden.

19

a) Die angesprochenen Verkehrskreise werden das Wortelement „Unser Brot“, wenn es ihnen i. V. m. den vorliegend beanspruchten Waren begegnet, als einen Sachhinweis auf die Ware selber mit dem werblichen Zusatz „unser“, der auf ein an individuelle Kundenbedürfnisse zugeschnittenes Angebot (vgl. den als Anlage 1 zum Ladungszusatz vom 21./22. Juni 2016 im Parallelverfahren 24 W (pat) 516/16 übersendeten Beleg, Bl. 28 d. A.) oder als herstellerneutraler Hinweis auf irgendeinen Anbieter der vorgenannten Waren hindeuten kann, auffassen. Dies trifft vorliegend auf alle beanspruchten Waren zu. Die Waren „Brot, Brotwaren, Backwaren, Fertigteige zur Herstellung von Backwaren, Pizza, Pizzaprodukte, Baguette, Flammkuchen, Snackprodukte zum Aufbacken“ sind entweder das Produkt „Brot“ unmittelbar selbst oder umfassen – wie „Backwaren“ – dieses Produkt begrifflich oder können brothaltige Produkte darstellen. Dies trifft auch auf die weiteren beanspruchten Waren „Konditorwaren, Fertigteige zur Herstellung von Konditorwaren“ zu. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass „Brotkuchen“ angeboten werden, bei denen Brot oder Brötchen etc. als Zutat verwendet werden können (vgl. die als Anlagen 2 und 3 zum Ladungszusatz vom 21./22. Juni 2016 im Parallelverfahren 24 W (pat) 516/16 übersendeten Belege, Bl. 29 - 32 d. A.). Der Verkehr wird daher das Wortelement „Unser Brot“ ohne weiteres als eine Merkmale der so gekennzeichneten Waren unmittelbar beschreibende Sachaussage auffassen.

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b) Die grafische Gestaltung des angemeldeten Zeichens ist nicht geeignet, das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft zu überwinden. Zwar können grafische Ausgestaltungen von Zeichen einen schutzfähigen Gesamteindruck bewirken, wenn sie herkunftshinweisende Merkmale aufweisen, die sich nicht nur in einfachen und gebräuchlichen Gestaltungen und Verzierungen erschöpfen, wobei geringe verändernde Gestaltungen umso weniger zur Unterscheidungskraft beizutragen vermögen, je deutlicher ein sachlicher Bezug eines entsprechend ausgestalteten Wortelements festzustellen ist (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 8, Rn. 190, 191 m. w. N.).

21

Sowohl die kreisförmige Gestaltung mit farblich inversem Rand als auch die unterschiedlichen Schriftarten bei der Darstellung des vorgenannten Wortelements stellen jedoch einfache Gestaltungselemente im Bereich des Werbeüblichen dar. Das weitere, über dem Schriftzug „Unser Brot“ eingefügte grafische Element weist, was auch die Anmelderin selbst nicht in Abrede stellt, eine blütenartige Form auf. Dies kann aber zum einen, wie in der mündlichen Verhandlung vom 19. Juli 2016 erörtert, von den angesprochenen Verkehrskreisen als ein Hinweis auf ein natürliches Produkt mit natürlichen Zutaten aufgefasst werden. Zum anderen tritt dieses grafische Element innerhalb des Gesamtzeichens insbesondere im Verhältnis zu dem Wortelement „Unser Brot“ deutlich zurück und erscheint insoweit als eine ornamentale Zierde ohne die Funktion eines Herkunftshinweises. Ob dieses blütenähnliche Ornament im hier vorliegenden Warenzusammenhang als stilisierter Hinweis auf eine Ähre aufgefasst werden könnte, kann letztlich dahingestellt bleiben, da bereits aus den vorgenannten Ausführungen folgt, dass dieses Element zur Erfüllung einer Herkunftsfunktion des angemeldeten Zeichens nichts beizutragen vermag. Das gleiche gilt, soweit die Anmelderin in der mündlichen Verhandlung vom 19. Juli 2016 vorgetragen hat, dass dieses Element auch als „Strichmännchen“ angesehen werden könnte. Dies ändert nichts daran, dass die konkrete Ausführung dieses Elements mit blattförmigen „Armen“ bzw. „Beinen“ erfolgt ist, bei denen der Schluss auf eine Blüte und damit auf ein so gekennzeichnetes „natürliches“ Produkt im vorliegenden Warenzusammenhang oder ein rein dekoratives Gestaltungsmittel naheliegt, und bereits aus diesem Grund nicht geeignet ist, das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft zu überwinden.

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Angesichts des eindeutigen, für den Verkehr sich ohne Weiteres ergebenden, ja geradezu aufdrängenden beschreibenden Bedeutungsgehalts des den Gesamteindruck des angemeldeten Zeichens dominierenden Wortelements „Unser Brot“ sind die weiteren, nach den o. g. Ausführungen im Bereich des Werbeüblichen liegenden und vom beschreibenden Gehalt des Wortelements nicht wegführenden weiteren Gestaltungselemente nicht ausreichend, um das angemeldete Zeichen in seiner Gesamtheit als betrieblichen Herkunftshinweis erachten zu können.

23

3. Da, wie sich aus den o. g. Ausführungen ergibt, das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft in Bezug auf alle beanspruchten Waren gegeben ist, kommt es hinsichtlich der Waren „Konditorwaren, Fertigteige zur Herstellung von Konditorwaren“ auf das Vorliegen des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG nicht an.