Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 09.10.2014


BPatG 09.10.2014 - 24 W (pat) 514/13

Markenbeschwerdeverfahren – "PAYLINE (IR-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
24. Senat
Entscheidungsdatum:
09.10.2014
Aktenzeichen:
24 W (pat) 514/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze
Art 5 MAbk Madrid
Art 6quinquies Abschn B PVÜ

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die IR-Marke 764 801

hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 9. Oktober 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Metternich sowie der Richterin Dr. Schnurr und des Richters Heimen

beschlossen:

Die Beschwerde der IR-Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Bezeichnung

2

PAYLINE

3

ist am 13. März 2001 auf der Grundlage einer französischen Basisregistrierung bei der Weltorganisation für Geistiges Eigentum für die folgenden Dienstleistungen registriert worden:

4

(Klasse 35): Computer data entry; assistance for industrial or commercial enterprises, assistance for individuals in business activities; Statistical and mechanical data processing tasks; implementation of management Systems and Information Systems

5

(Klasse 36): Financial Consulting in the Computing sector; banking and financial Services; electronic data processing in connection with banking and finance; Computer communication Services in the banking and financial sectors; telebanking

6

(Klasse 37): Services for installing, monitoring and maintaining electric and electronic devices and apparatus, especially apparatus, hardware, devices and equipment for calculating, entering, storing, Converting, processing and sending data, all kinds of Computers, peripheral devices for Computers, magnetic and perforated disks, stripes, tapes, cards and file cards and Computer programs

7

(Klasse 38): Services for monitoring, processing, sending and receiving data, Signals and Information processed by all kinds of Computers; teleprocessing Services; message sending; securement of online transactions and remote payments

8

(Klasse 41): Training and further training for data processing personnel or Computer literate personnel; education and further education by means of Computers, training in the field of programming, installing, operating, managing and maintaining all kinds of Computers, hardware and Software related to all kinds of Computers

9

(Klasse 42): Computer programming Services; studies for all work related to Computing; design of Computer Systems and telecommunication Systems; professional Consulting in the Computing sector; Services for Consulting and re-search in the field of analyzing, programming, and operating Computers; technical development (design) of handbooks in connection with operating and maintaining Computer hardware; design and development of all kinds of Computer programs; drafting of plans, selection of data processing personnel or Computer literate personnel, technical support in Computing; rental of Computer hardware; Computing Services, namely Consulting, Information and inquiries; development and implementation in the field of analyzing, programming and operating Computers, data processing, Information and programs on Computers; Computer data encryption; electronic programming; Provision and/or updating of files and programs; operating Services and management Services for electric and electronic devices and apparatus, especially apparatus, hardware, devices and equipment for calculating, entering, storing, Converting, processing and sending data, all kinds of Computers, peripheral devices for Computers, magnetic and perforated disks, stripes, tapes, cards and file cards and Computer programs.

10

Die Beschwerdeführerin hat als Inhaberin dieser international registrierten Wortmarke IR 764 801 „PAYLINE“ um Schutz in der Bundesrepublik Deutschland für die oben genannten Dienstleistungen nachgesucht.

11

Mit Beschluss vom 4. April 2013 hat die Markenstelle für Klasse 42 IR des Deutschen Patent- und Markenamts dieser international registrierten Marke durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes unter Bezugnahme auf §§ 119, 124, 113, 37, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG in Verbindung mit Art. 5 PMMA, Art, 6quinquies B PVÜ den Schutz in der Bundesrepublik Deutschland für diese Dienstleistungen wegen fehlender Unterscheidungskraft verweigert. In seiner Gesamtheit und in Bezug zu den mit der Schutzerstreckung beanspruchten Dienstleistungen weise die international registrierte Marke lediglich in Form eines Sachhinweises auf Leistungen rund um den Onlinezahlungsverkehr darauf hin, dass es sich bei diesen Dienstleistungen um einen Tätigkeitsbereich auf dem Gebiet des Zahlungsverkehrs handele, der ggf. auch über eine Telefon- oder Internetleitung abgewickelt werden könne.

12

Gegen diese Entscheidung wendet sich die IR-Markeninhaberin mit ihrer Beschwerde. Sie sieht in dem Markenwort eine phantasievolle Wortneuschöpfung und hält das schutzsuchende Zeichen für unterscheidungskräftig und nicht freihaltebedürftig. Der Begriff „payline" existiere in der englischen Sprache nicht, er kombiniere mit „pay" und „line" phantasievoll zwei Begriffe, die für sich genommen jeweils eine Vielzahl von Bedeutungen hätten. „Payline" könne im Deutschen die Bedeutungen „Zahllinie", „Gehaltslinie", Bezahllinie" und „Lohnlinie" haben. In Deutschland sei der Begriff „payline" allein im Kasinobereich und dort als Bezeichnung für die Linien gebräuchlich, in der sich Symbole aufreihten und auf die der Spieler wette. Diese zuletzt genannte Bedeutung stehe jedoch zu den beanspruchten Dienstleistungen in keinerlei Beziehung.

13

Die IR-Markeninhaberin beantragt zuletzt sinngemäß,

14

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 IR des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. April 2013 aufzuheben.

15

Ergänzend wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen. Mit Ladungszusatz vom 7. August 2014 hat der Senat auf Zweifel an den Erfolgsaussichten der Beschwerde hingewiesen. Daraufhin hat die IR-Markeninhaberin ihren auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gerichteten Antrag zurückgenommen und um eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren nachgesucht.

II.

16

Die zulässige, insbesondere nach §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 MarkenG statthafte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der international registrierten Marke IR 764 801 „PAYLINE“ ist auf der Grundlage der §§ 119, 124, 113, 37, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG in Verbindung mit Art. 5 PMMA, Art, 6quinquies B PVÜ der Schutz in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt zu verweigern, weil ihrer Eintragung für alle vom Schutzerstreckungsantrag umfassten Dienstleistungen der Klassen 35, 36, 37, 38, 41 und 42 das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht.

1.

17

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u.a. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 17 – FUSSBALL WM 2006). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 608 [Tz. 60] - Libertel). Hierbei wird das Allgemeininteresse nicht nur durch unmittelbare oder tatsächliche Behinderungen, sondern bereits durch eine bloße potentielle Beeinträchtigung der wettbewerblichen Grundfreiheiten tangiert (vgl. Alber, GRUR 2005, 127, 129 - Das Allgemeininteresse in der markenrechtlichen Entscheidungspraxis des EuGH mit weiteren Nachweisen). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, Tz. 19 -FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u.a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH – FUSSBALL WM 2006, a. a. O.).

18

Bei der Prüfung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d. h. jede noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2001, 1151 – marktfrisch). Allerdings darf die Prüfung dabei nicht auf ein Mindestmaß beschränkt werden, sondern sie muss gründlich und vollständig ausfallen (vgl. EuGH WRP 2003, 735 – Libertel-Orange; EuGH MarkenR 2004, 99 – Postkantoor).

19

Das Schutz suchende Zeichen erfüllt nach den oben genannten Grundsätzen selbst diese geringen Anforderungen nicht, das es eine Sachaussage beinhaltet, die sich ausschließlich in der Beschreibung der beanspruchten Dienstleistungen erschöpft.

20

Bei der Beurteilung des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen zeitigen kann. Hierbei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren bzw. Dienstleistungen an (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 8, Rdn. 29, 30). Entgegen der von der IR-Markeninhaberin geäußerten Ansicht kann für das Verständnis dieser Marke kann jedoch auch das Verständnis der am Handel beteiligten Fachkreise für die hier beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35, 36, 37, 38, 41 und 42 für sich gesehen allein von ausschlaggebender Bedeutung sein (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Auflage, § 8 Rdn. 100; Ströbele MarkenR 2006, 433, 435; EuGH GRUR 2006, 411, 413 (Rn. 24) - Matratzen Concord/Hukla).

21

Die hier Schutz suchende IR-Marke richtet sich an den Fachverkehr im Bereich im Bereich der Informationstechnologie und hier insbesondere der IT-basierten Finanzdienstleistungen und/oder an diejenigen, welche derartige Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Beide Verkehrskreise, jedenfalls aber die genannten Fachkreise, verfügen über hinreichende Kenntnisse der Welthandelssprache Englisch, um die Bezeichnung „PAYLINE“, die aus den zum Grundwortschatz der englischen Sprache gehörenden Wörtern „pay“ und „line“ gebildet wurde, i. S. v. „Zahlungslinie“, „Zahlungsgrenze“ oder auch „Leitung für Bezahlvorgänge“ zu verstehen:

22

„Pay“ bedeutet u. a. als Substantiv „Bezahlung, Lohn, Besoldung, Entgelt", als Adjektiv „gewinnbringend, ertragreich" und als Verb „zahlen, bezahlen, Zahlung leisten". Es ist Bestandteil zahlreicher, auch zusammengeschriebener Kombinationen, wie z. B. „payback" (Rückzahlung), „payout" (Auszahlung), „payroll" (Gehaltsliste) oder „paymaster" (Zahlmeister) (vgl. BPatG 30 W (pat) 223/03, B. v. 14. Februar 2005 – Telepay GMbH; HABM R0611/00-3 - PaySmart). Der ebenfalls englische Begriff „line" weist auf einen bestimmten Geschäfts- oder Tätigkeitsbereich bzw. bei Waren auf eine Produktsparte hin (vgl. EuGH GRUR Int. 2003, 56 - COMPANYLINE; BGH GRUR 1998, 394 - Active Line; BPatG 25 W (pat) 134/01, B. v. 11. März 2003 - c@r-line). Im Übrigen ist „line" ein Hauptwort, das verschiedene Bedeutungen haben kann. Als Bestandteil des englischen Grundwortschatzes kann es in Deutschland als englischer Ausdruck für „Linie", „Strecke", „Leine", „Reihe", „Branche" als bekannt vorausgesetzt werden (vgl. BPatG 24 W (pat) 514/10, B. v. 13. Dezember 2011 - WORLDLINE). In der Telekommunikation bedeutet „line" „(Telefon)Leitung" (vgl. BPatG a. a. O. - WORLDLINE). Bei sprachüblicher Zusammensetzung dieser beiden Wortbestandteile ergibt sich hieraus der ohne weiteres Nachdenken verständliche Bedeutungsgehalt des Begriffs „PAYLINE“ i. S. v. „Zahlungslinie“, „Zahlungsgrenze“ oder auch „Leitung für Bezahlvorgänge“.

23

Die angemeldete, wie ausgeführt im Inland zumindest Fachverkehrskreisen ohne weiteres verständliche Bezeichnung „PAYLINE“ kommt in Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen entgegen der von der IR-Markeninhaberin geäußerten Auffassung ein ohne weiteres verständlicher, konkret definierter bzw. zumindest ohne weiteres definierbarer Bedeutungsinhalt zu, der die beanspruchten Dienstleistungen entweder glatt beschreibt oder in einem engen sachlichen beschreibenden Bezug zu ihnen steht und in beiden Fällen verhindert, dass der Verkehr das Zeichen als Hinweis auf einen bestimmten Erbringer dieser Dienstleistungen auffasst. Im Einzelnen:

24

In Bezug auf die hier beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 35 kann eine „Payline“ i. S. v. „Leitung für Bezahlvorgänge“ als Bestimmungsangabe dienen.

25

Die in Klasse 36 beanspruchte Dienstleistung „telebanking“ kann mittels einer „Leitung für Bezahlvorgänge“ erbracht werden. Die übrigen in Klasse 36 beanspruchten Dienstleistungen, die in den Klassen 37 und 38 beanspruchten Dienstleistungen und die in der Klasse 42 beanspruchten Programmierungs-, Beratungs- und Forschungsdienstleistungen und weiteren Dienstleistungen im Bereich EDV-Entwicklung und –service können der Einrichtung, dem Betrieb und dem Ausbau einer solchen „Payline“ dienen.

26

Die in Klasse 41 beanspruchten, IT-gestützten Dienstleistungen zur Erziehung, Aus- und Fortbildung, die in Klasse 42 beanspruchten Dienstleistungen „selection of data processing personnel or computer literate personnel“ und „technical development (design) of handbooks in connection with operating and maintaining computer hardware“ können sich, falls sie nicht bereits bei der Einrichtung und beim Betrieb einer „Payline“ zum Einsatz kommen, zumindest thematisch mit einer „Leitung für Bezahlvorgänge“ befassen. Auch zu der in Klasse 42 beanspruchten Dienstleistung „rental of computer hardware“ kann ein enger sachlicher Bezug zu einer „payline“ bestehen, denn die Vermietung von entsprechender Hardware kann zum Leistungsangebot eines Unternehmens gehören, welches die Installation und Nutzung einer „Leitung für Bezahlvorgänge“ anbietet.

27

Dies führt zu der Feststellung, dass der inländische, hier angesprochene Verkehr, zumindest aber der angesprochene Fachverkehr, das Schutz suchende Zeichen „PAYLINE“ für sämtliche beanspruchten Dienstleistungen ausschließlich als beschreibende Angabe in Bezug auf Eigenschaften bzw. Merkmale oder den Bestimmungszweck dieser Dienstleistungen, mithin aber nicht als betrieblichen Herkunftshinweis aufgefasst (vgl. hierzu BPatG 29 W (pat 209/96, B. v. 17. Juni 1998 – Salesline; BPatG 28 W (pat) 626/11; BPatG 28 W (pat) 626/11, B. v. 15. November 2012 – MULTILINE; BPatG 30 W (pat) 515/10, B. v. 17. November 2011 – nanoLine; BPatG 24 W (pat) 69/09, B. v. 12. Oktober 2010 – serverline; BPatG 24 W (pat) 514/10, B. v. 13. Dezember 2011 – WORLDLINE).

28

Entgegen der von der IR-Markeninhaberin geäußerten Auffassung führt die Tatsache, dass den im Zeichen „PAYLINE“ eingebundenen Bestandteilen „Pay“ und „Line“, wie dargelegt, noch weitere Bedeutungsgehalte zukommen können, nicht zur Schutzfähigkeit des Gesamtzeichens. Für eine Schutzversagung reicht es nämlich bereits aus, wenn ein Wortzeichen in seiner Gesamtheit in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der beanspruchten Dienstleistungen bezeichnen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 59 (Rdn. 21) - Companyline; MarkenR 2003, 450, 453 (Rdn. 32) - Doublemint, MarkenR 2004, 99, 109 (Rdn. 97) - Postkantoor; MarkenR 2004, 111, 115 (Rdn. 38) - Biomild). Dies ist hier, wie ausgeführt, der Fall.

29

Der Tatsache, dass die Wortkombination „PAYLINE“ ohne Verbindung zu Spielkasinos in ihrer Gesamtheit bislang nicht lexikalisch nachweisbar ist, wird der angesprochene Verkehr keine solche betriebskennzeichnende Eigentümlichkeit bzw. Wirkung zuordnen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die angesprochenen Verkehrskreise Kennzeichen erfahrungsgemäß so aufnehmen, wie sie ihnen entgegentreten und sie keiner näheren analysierenden Betrachtung unterziehen. Dass die beanspruchte Wortkombination als solche der üblichen Art und Weise bekannter Bezeichnungen der beanspruchten Waren und Dienstleistungen entspricht (EuGH GRUR 1999, 723 (Rn. 29) - Chiemsee) oder in ihrer Gesamtheit bereits in enzyklopädische Werke eingegangen ist, wird zur Verneinung der Schutzfähigkeit eines Zeichens nicht vorausgesetzt. Das gilt umso mehr, als der Verkehr daran gewöhnt ist, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen und Abbildungen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen lediglich in einprägsamer Form übermittelt werden sollen (vgl. Fezer, Markenrecht, 4. Aufl. 2009, § 8, Rn. 379). Dementsprechend ist für die Annahme des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auch unerheblich, ob die Bezeichnung „PAYLINE“ in Verbindung mit den hier beanspruchten Waren bereits im Internet durch eine Suchmaschine feststellbar ist oder nicht (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 139).

30

Ein objektiv schutzbegründender Überschuss, durch welchen die Verbindung der Zeichenbestandteile „PAY“ und „LINE“ einen eigenständigen Gesamteindruck bewirken könnte, der sich nicht in der bloßen Summenwirkung seiner Elemente erschöpft (vgl. EuGH GRUR 2004, 678, Rn. 98-100 - Postkantoor; GRUR 2006, 229, 230, Rn. 31 - BioID; EuGH GRUR-RR 2008, 47, Tz. 43 - 47 - Map & Guide; EuGH GRUR 2010, 534, Tz. 43, 44 - PRANAHAUS; BGH GRUR 1998, 394, 396 - Active Line; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 8, Rdn. 415) kommt der Wortkombination „PAYLINE“ in Verbindung mit den in den Klassen 35, 36, 37, 38, 41 und 42 beanspruchten Dienstleistungen nicht zu.

31

Soweit der IR-Marke inzwischen in anderen Staaten Schutz gewährt worden ist, haben nach höchstrichterlicher Rechtsprechung diese Entscheidungen für das vorliegende Verfahren keine Bindungswirkung und auch keine Indizwirkung. Für die Entscheidung über die Schutzerstreckung eines Zeichens auf das Territorium der Bundesrepublik Deutschland sind stets das Verständnis der angesprochenen inländischen Verkehrskreise und die nationale Rechtslage maßgeblich (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 Tz. 63 – Henkel; BGH GRUR 2008, 1093 (Nr. 18 c - Marlene-Dietrich-Bildnis). Und auch insoweit gilt: Bestehende Eintragungen sind zwar zu berücksichtigen, vermögen aber keine für den zu entscheidenden Fall rechtlich bindende Wirkung zu entfalten (ständige Rspr., vgl. EuGH GRUR 2009, 667 - Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u.a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229, Tz. 47-51 - BioID; GRUR 2004, 674, Tz. 42-44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428 Tz. 63 – Henkel; BGH, GRUR 2008, 1093 (Nr. 18 c - Marlene-Dietrich-Bildnis; GRUR 2010, 230 (Nr. 10) - SUPERgirl). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein auf der Grundlage des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist. Aus dem Gebot rechtmäßigen Handelns folgt, dass sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann, um eine identische Entscheidung zu erlangen. Insbesondere ist es dem Senat verwehrt, außerhalb der gesetzlich dafür vorgesehenen Verfahren die Rechtmäßigkeit solcher Voreintragungen erneut zu prüfen.

32

Die Markenstelle hat den Antrag auf Schutzerstreckung also gem. § 37 Abs. 1 MarkenG zu Recht zurückgewiesen, so dass die Beschwerde insoweit keinen Erfolg hat und daher ebenfalls zurückzuweisen ist.

2.

33

Ob der begehrten Schutzerstreckung für das Territorium der Bundesrepublik Deutschland darüber hinaus auch das Schutzhindernis eines bestehenden Freihaltebedürfnisses gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann angesichts dessen dahinstehen.