Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 22.07.2015


BPatG 22.07.2015 - 24 W (pat) 510/15

Markenbeschwerdeverfahren – "Knetmonster" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
24. Senat
Entscheidungsdatum:
22.07.2015
Aktenzeichen:
24 W (pat) 510/15
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2013 060 067.3

hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 22. Juli 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Metternich sowie der Richter Heimen und Schmid

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Bezeichnung

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Knetmonster

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ist am 13. November 2013 zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister für die nachfolgend genannten Waren der Klassen 16 und 28 angemeldet worden:

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Klasse 16: Knetmasse; Modellierton;

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Klasse 28: Spiele; Spielzeug.

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Die Markenstelle für Klasse 28 des DPMA, besetzt mit einem Beamten des gehobenen Dienstes, hat diese unter der Nummer 30 2013 060 067.3 geführte Anmeldung nach entsprechender Beanstandung mit Beschluss vom 12. Januar 2015 zurückgewiesen.

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Aus Sicht der Markenstelle fehlt der angemeldeten Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Sie sei aus den Wortbestandteil „Knet“, welcher für „Knete, Knetmasse“ stehe, und „Monster“ zusammengesetzt und stelle im konkreten Warenzusammenhang lediglich einen Sachhinweis auf Monsterfiguren, die man kneten könne, oder dahingehend dar, dass aus den Waren Monsterfiguren aus Knetmasse hergestellt werden könnten. Es handele sich nicht um einen phantasievollen Begriff, sondern um einen klaren und sachbezogenen Hinweis auf die Thematik der so gekennzeichneten Waren. Der Verkehr werde der angemeldeten Bezeichnung nur einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt entnehmen und sie nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen.

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Dagegen wendet sich die Beschwerde der Anmelderin.

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Sie ist der Auffassung, dass der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung keine Schutzhindernisse entgegenstünden. Sie sei weder lexikalisch nachweisbar, noch in der deutschen Sprache existent, bis die Anmelderin die angemeldete Bezeichnung in Benutzung genommen habe. Daraufhin hätten Dritte diese Bezeichnung ebenfalls in Benutzung genommen, was aber nicht zu Lasten der Anmelderin gehen könne. Es handele sich hierbei auch nicht um eine Sachbezeichnung oder Bestimmungsangabe, da die Bezeichnung „Knetmonster“ aus sich heraus keinen klaren Begriffsinhalt habe. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der Waren „Knetmasse“ oder „Modellierton“. Die angemeldete Bezeichnung sei vergleichbar mit Marken wie „Goldbären“ oder „Goldhase“.

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Die Anmelderin beantragt (sinngemäß),

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 28 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. Januar 2015 aufzuheben.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und den weiteren Akteninhalt verwiesen.

II.

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Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 MarkenG statthaft, jedoch unbegründet. Entgegen der Auffassung der Anmelderin weist die angemeldete Bezeichnung i. V. m. den beanspruchten Waren der Klassen 16 und 28 keine Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

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1. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 17 - FUSSBALL WM 2006). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 608 [Tz. 60] - Libertel). Hierbei wird das Allgemeininteresse nicht nur durch unmittelbare oder tatsächliche Behinderungen, sondern bereits durch eine bloße potentielle Beeinträchtigung der wettbewerblichen Grundfreiheiten tangiert (vgl. Alber, GRUR 2005, 127, 129 - Das Allgemeininteresse in der markenrechtlichen Entscheidungspraxis des EuGH mit weiteren Nachweisen). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, Tz. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006, a. a. O.).

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Bei der Beurteilung des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kann es neben dem Verständnis der beteiligten Fachkreise auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen ankommen (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 8, Rdn. 40 – 43 m. w. N.). Bei der Beurteilung des Schutzhindernisses fehlender Unterscheidungskraft ist ferner das Verkehrsverständnis zum Zeitpunkt der Anmeldung des jeweiligen Zeichens maßgebend (BGH GRUR 2013, 1143, Tz. 15 – Aus Akten werden Fakten). Im vorliegenden Fall werden Waren beansprucht, die sowohl für künstlerische Zwecke als auch zum Spielen insbesondere mit Kindern verwendet werden können und sich an breite Verkehrskreise richten.

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2. Gemessen an den o. g. Voraussetzungen fehlt der angemeldeten Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Waren gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG jegliche Unterscheidungskraft.

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a) Die angemeldete Bezeichnung ist in einer sprachüblichen und auch für die genannten breiten Verkehrskreise ohne weiteres ersichtlichen Weise aus den beiden Wortelementen „Knet-“ und „Monster“ zusammengesetzt. Das Wortelement „Knet-“ wird insbesondere i. V. m. Substantiven verwendet, um darauf hinzuweisen, dass es sich um einen Gegenstand handelt, der durch Kneten geformt oder gestaltet werden kann oder um etwas, das durch Kneten formbar ist, wobei auch der Kurzbegriff „Knete“ als Bezeichnung für eine Knetmasse verwendet wird (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl. 2011, S. 1009, der Anmelderin als Anlage 1 zu den Ladungshinweisen vom 24. Juni 2015 übersendet). Das Wortelement „Monster“ hat in der Bedeutung „furchterregendes, hässliches Fabelwesen, Ungeheuer von fantastischer, meist riesenhafter Gestalt“ Eingang in den deutschen Sprachgebrauch gefunden (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl. 2011, S. 1211, der Anmelderin als Anlage 2 zu den Ladungshinweisen vom 24. Juni 2015 übersendet). Wie die Anmelderin selbst vorträgt, dürfte die angemeldete Bezeichnung in ihrer Gesamtheit u. a. im Sinne von „Monster aus Knete“ oder „Monster zum Kneten“ verstanden werden.

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Dann aber fassen die o. g. angesprochenen Verkehrskreise die angemeldete Bezeichnung als Ganzes ohne weiteres in Bezug auf die beanspruchten Waren als merkmalsbeschreibenden Sachhinweis auf. Denn die in der Klasse 16 beanspruchten Waren können dazu bestimmt sein, eine entsprechende Fabelfigur herzustellen („Monster aus Knete“), während die beanspruchten Waren der Klasse 28 eine entsprechend formbare Figur in Gestalt eines Monsters sein können. Für das vorgenannte Verkehrsverständnis spricht auch, dass im Spielzeugbereich fantasievolle Figuren, die gedehnt oder verformt werden können, oder auch Knetmassen, aus denen gerade auch Fantasiefiguren gefertigt werden können, angeboten werden (vgl. die der Anmelderin als Anlagen 3 und 4 zu den Ladungshinweisen vom 24. Juni 2015 übersendeten Belege) und es am Spielwarenmarkt auch Knetsets im Fantasybereich gibt wie z. B. ein „Knetset Monster/Alien“ in einem oder für ein „Universe of Imagination“ (vgl. den der Anmelderin als Anlage 5 zu den Ladungshinweisen vom 24. Juni 2015 übersendeten Beleg).

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b) Eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit liegt in Bezug auf die angemeldete Bezeichnung im hier einschlägigen Warenbereich nicht vor, zumal es für die Bejahung des genannten Schutzhindernisses bereits ausreicht, wenn das Schutzhindernis hinsichtlich einer von mehreren Bedeutungen zu bejahen ist, was nach den o. g. Ausführungen der Fall ist. Unerheblich ist auch, ob es sich bei der angemeldeten Bezeichnung um eine lexikalisch nicht nachweisbare, sprachliche Neuschöpfung handelt, da der Verkehr gewohnt ist, im Geschäftsleben ständig mit neuen Wortschöpfungen konfrontiert zu werden und die genannten angesprochenen Verkehrskreise keine mehrere Gedankenschritte erfordernde analysierende Betrachtungsweise benötigen, um den o. g. beschreibenden Sinngehalt der angemeldeten Bezeichnung zu erfassen, wenn sie ihm i. V. m. den beanspruchten Waren begegnet (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 8, Rdn. 178 - 181 m. w. N.).

20

c) Soweit sich der Anmelder auf aus seiner Sicht vergleichbare Voreintragungen beruft, rechtfertigt auch dies keine andere Beurteilung. Bestehende Eintragungen sind zwar zu berücksichtigen, vermögen aber keine für den zu entscheidenden Fall rechtlich bindende Wirkung zu entfalten (vgl. EuGH GRUR 2009, 667; EuGH GRUR 2008, 229; BGH, GRUR 2008, 1093 - Marlene-Dietrich-Bildnis; BGH GRUR 2010, 230 - SUPERgirl). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein auf der Grundlage des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist. Aus dem Gebot rechtmäßigen Handelns folgt, dass sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann, um eine identische Entscheidung zu erlangen. Insbesondere ist es dem Senat verwehrt, außerhalb der gesetzlich dafür vorgesehenen Verfahren die Rechtmäßigkeit solcher Voreintragungen erneut zu prüfen.

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3. Aufgrund der o. g. Ausführungen dürfte einiges dafür sprechen, dass auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllt sein dürfte, was aber letztlich dahingestellt bleiben kann.

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4. Der Senat konnte den vorliegenden Beschluss ohne mündliche Verhandlung fassen. Die Anmelderin hat den von ihr hilfsweise nach § 69 Nr. 1 MarkenG gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 13. Juli 2013 zurückgenommen. Es waren auch keine rechtlichen oder tatsächlichen Fragen entscheidungserheblich, die nach § 69 Nr. 3 MarkenG der Erörterung in einer mündlichen Verhandlung bedurft hätten.