Entscheidungsdatum: 30.06.2015
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2012 018 157.0
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. April 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Metternich sowie der Richter Heimen und Schmid
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die Bezeichnung
Aquaproof
wurde am 2. März 2012 als Wortmarke angemeldet für folgende Waren:
Klasse 11: Badinstallationen; Leitungen [Teile von sanitären Anlagen]; sanitäre Apparate und Anlagen; Trennwände für Badewannen und Duschen; Urinale [sanitäre Einrichtungen]; Waschbecken [Teile von Sanitäreinrichtungen]; Wasserkästen für Toilettenspülungen;
Klasse 17: Akrylharze [Halbfabrikate]; Armierungen für Druckluftleitungen, nicht aus Metall; Baumrinde für die Schallisolierung; Baumwolle zum Abdichten; chemische Leckdichtungsmittel; Dichtungen für Dehnungsfugen; Dichtungs-, Packungs- und Isoliermaterial; Dichtungsmassen; Dichtungsmittel; Dichtungsringe; Dichtungsstreifen; elastische Garne und Fäden, nicht für Textilzwecke; Feuchtigkeitsisoliermittel für Gebäude; feuerfestes Isoliermaterial; Filtermaterial [Kunststoff- oder Schaumstoffhalbfabrikate]; Folien aus regenerierter Zellulose, außer für Verpackungszwecke; Glasfasergewebe zur Isolierung; Glasfasern für Isolierzwecke; Glaswolle zur Isolierung; Gummidichtungen; Gummifäden, nicht für Textilzwecke; Gummiringe; Isolierband; Isolierfolien aus Metall; Isoliergewebe; Isolierhandschuhe; Isoliermaterial; Isoliermaterial für Kabel; Klebebänder, -streifen, außer für medizinische Zwecke; Kunststofffasern, nicht für Textilzwecke; Kunststofffolien, außer für Verpackungszwecke, Leitungsdichtungen; Rohrmuffen, nicht aus Metall; Rohrverbindungsstücke, nicht aus Metall; Schalldämmungsmittel; Schläuche aus textilem Material; Schläuche, nicht aus Metall; Selbstklebebänder, außer für medizinische Zwecke; wasserundurchlässige Dichtungen;
Klasse 19: Baumaterialien (nicht aus Metall); Rohre (nicht aus Metall) für Bauzwecke; Asphalt, Pech und Bitumen; transportable Bauten (nicht aus Metall); Denkmäler (nicht aus Metall).
Die Markenstelle für Klasse 17 des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) hat die Anmeldung mit zwei Beschlüssen vom 23. Juli 2013 und vom 9. Januar 2014, von denen der letztgenannte im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen, weil der Eintragung die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegenstünden.
Die Angabe sei aus den beiden Wortbestandteilen „Aqua“ (lat.: Wasser) und „proof“ (engl.: beständig, fest) zusammengesetzt und werde vom angesprochenen Verkehr i. S. v. „wasserbeständig, wasserfest“ verstanden. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren werde er „Aquaproof“ deshalb nicht als betrieblichen Hinweis, sondern als beschreibenden Hinweis auf die beanspruchten Waren bzw. Merkmale dieser Waren verstehen. Aus diesen Gründen fehle der Angabe auch die erforderliche Unterscheidungskraft.
Dagegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde.
Zur Begründung wiederholt und vertieft die Anmelderin ihren Vortrag aus dem patentamtlichen Verfahren. Insbesondere besitze die angemeldete Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft. Die Begründung der Markenstelle sei widersprüchlich, wenn die Angabe „Aquaproof“ angeblich einerseits die Wasserdichtigkeit bzw. Wasserbeständigkeit der Waren beschreiben solle, wenn andererseits die Waren aber keinesfalls wasserlöslich seien.
Die von der Markenstelle zugrunde gelegte Bedeutung der angemeldeten Bezeichnung werde der Verkehr nicht ohne analytische Schritte als beschreibenden Begriff auffassen, weil sie neu und unüblich sei, vielmehr werde stattdessen der Begriff „waterproof“ verwendet. Hersteller würden derartige Waren auch nicht als „wasserfest“, „water-proof“ oder gar „aquaproof“ bezeichnen. Die Wortbildung aus einem lateinischen und englischen Begriff sei auch ungewöhnlich, die von der Markenstelle herangezogenen Beispiele („aquabike“, “aquajogging“) seien nicht vergleichbar, schon weil es keine vorrangig verwendeten, gleichlautenden Begriffe gäbe. Es gebe auch keine Belege, dass die Angabe „Aquaproof“ aktuell oder zukünftig beschreibend verwendet werde.
Die Anmelderin hat beantragt,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 17 des DPMA vom 23. Juli 2013 und vom 9. Januar 2014 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil einer Eintragung der angemeldeten Angabe „Aquaproof“ das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zutreffend als nicht unterscheidungskräftig nach § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen.
1. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 – Henkel; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 17 – FUSSBALL WM 2006). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 608 [Tz. 60] – Libertel; BGH GRUR 2014, 872, Az. I ZB 18/13 [Rz. 41] – Gute Laune Drops). Hierbei wird das Allgemeininteresse nicht nur durch unmittelbare oder tatsächliche Behinderungen, sondern bereits durch eine bloße potentielle Beeinträchtigung der wettbewerblichen Grundfreiheiten tangiert (vgl. Alber, GRUR 2005, 127, 129 – Das Allgemeininteresse in der markenrechtlichen Entscheidungspraxis des EuGH mit weiteren Nachweisen). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, Tz. 19 – FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 86 – Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH – FUSSBALL WM 2006, a. a. O.).
Für eine Schutzversagung reicht es dabei bereits aus, dass ein Wortzeichen in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 59, Rn. 21 - Companyline; MarkenR 2003, 450, 453, Rn. 32 – Doublemint, MarkenR 2004, 99, 109, Rn. 97 – Postkantoor; MarkenR 2004, 111, 115, Rn. 38 – Biomild).
Bei der Beurteilung des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist ferner maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 8, Rdn. 41f.). Bei der Beurteilung des Schutzhindernisses fehlender Unterscheidungskraft kommt es auf das Verkehrsverständnis zum Zeitpunkt der Anmeldung des jeweiligen Zeichens an (BGH GRUR 2013, 1143, Tz. 15 – Aus Akten werden Fakten).
Ausgehend von diesen Grundsätzen werden die hier maßgeblichen Verkehrskreise, die sowohl die Endverbraucher der beanspruchten Waren als auch Fachkreise (Handel/ Industrie) umfassen, die angemeldete Bezeichnung, wenn sie ihnen i. V. m. den hier betroffenen Waren begegnet, nicht als betrieblichen Herkunftshinweis, sondern ausschließlich als Sachhinweis auffassen.
Die angemeldete Bezeichnung setzt sich ohne weiteres ersichtlich aus den Wortelementen „Aqua“ und „proof“ zusammen. Das lateinische Wort für Wasser „Aqua“ wird in der deutschen Sprache, worauf bereits die Markenstelle hingewiesen hat (vgl. Anlagen zum Erstbeschluss der Markenstelle vom 23. Juli 2013), in zahlreichen Wortkombinationen, die im Zusammenhang mit Wasser stehen, gebraucht und ist dem Verkehr daher gut bekannt (z. B. „Aquakultur, aquatisch“). Das aus der englischen Sprache stammende Wortelement „proof“ hat als Adjektiv u. a. die Bedeutung „dicht, undurchlässig, beständig“ (vgl. Langenscheidt Muret-Sanders, Großwörterbuch Englisch, Teil 1, Neubearb. 2010, S. 762, der Anm. als Anlage 1 mit Ladungsvfg. vom 12.1.2015 übersandt). Der Verkehr wird der angemeldeten Bezeichnung in ihrer Gesamtheit die Bedeutung „wasserdicht“ bzw. „wasserundurchlässig“ beimessen. Auch wenn eine sprachliche Neuschöpfung vorläge, handelt es sich nicht um eine semantisch ungewöhnliche Wortbildung (vgl. z. B. die vielfältigen Wortkombinationen mit dem für „Wasser“ stehenden Wortelement „Aqua“ gemäß Anlage zum Erstbeschluss der Markenstelle vom 23. Juli 2013). Vor allem sind auch Kombinationen des Begriffes „Aqua“ mit Worten der englischen Sprache dem allgemeinen Endverbraucher bekannt (z. B. „Aquaplaning, Aquabike, Aquajogging“).
In Verbindung mit den beanspruchten Waren, die alle im Zusammenhang mit Wasser, z. B. für wasserführende Anlagen, verwendet werden können, wird der angesprochene Verkehr die angemeldete Bezeichnung lediglich als Sachhinweis auf Eigenschaften der so gekennzeichneten Waren auffassen, nämlich als „wasserfest“ oder „wasserbeständig“, nicht aber als betrieblichen Herkunftshinweis. Hinsichtlich der Waren „Badinstallationen; Leitungen [Teile von sanitären Anlagen]; sanitäre Apparate und Anlagen; Trennwände für Badewannen und Duschen; Urinale [sanitäre Einrichtungen]; Waschbecken [Teile von Sanitäreinrichtungen]; Wasserkästen für Toilettenspülungen“ der Klasse 11, Klasse 17: Baumwolle zum Abdichten; chemische Leckdichtungsmittel; Dichtungen für Dehnungsfugen; Dichtungs-, Packungs- und Isoliermaterial; Dichtungsmassen; Dichtungsmittel; Dichtungsringe; Dichtungsstreifen; elastische Garne und Fäden, nicht für Textilzwecke; Feuchtigkeitsisoliermittel für Gebäude; feuerfestes Isoliermaterial; Glasfasergewebe zur Isolierung; Glasfasern für Isolierzwecke; Glaswolle zur Isolierung; Gummidichtungen; Gummifäden, nicht für Textilzwecke; Gummiringe; Isolierband; Isolierfolien aus Metall; Isoliergewebe; Isoliermaterial; Isoliermaterial für Kabel; Klebebänder, -streifen, außer für medizinische Zwecke; Kunststofffasern, nicht für Textilzwecke; Kunststofffolien, außer für Verpackungszwecke, Leitungsdichtungen; Rohrmuffen, nicht aus Metall; Rohrverbindungsstücke, nicht aus Metall; Schalldämmungsmittel; Schläuche aus textilem Material; Schläuche, nicht aus Metall; Selbstklebebänder, außer für medizinische Zwecke; wasserundurchlässige Dichtungen“ der Klasse 17 sowie „Baumaterialien (nicht aus Metall); Rohre (nicht aus Metall) für Bauzwecke“ der Klasse 19 liegt es auf der Hand, dass diese Bestandteile von wasserführenden Anlagen sein können. Der Einwand der Anmelderin, bei derartigen Waren sei die Wasserbeständigkeit die Regel und werde von den Herstellern gewöhnlich nicht gekennzeichnet, führt nicht dazu, dass der Verkehr die Angabe „Aquaproof“ als betrieblichen Herkunftshinweis ansieht, sondern gleichwohl als – möglichweise überflüssigen – Hinweis auf eine selbstverständliche und darüber hinaus auch wesentliche Wareneigenschaft.
Auch die übrigen beanspruchten Waren können zu Abdichtungszwecken verwendet werden (z. B. Acrylharze, Baumrinde kann ebenfalls als wasserdichtes Material eingesetzt werden, ebenso z. B. auch Baumwolle (vgl. die der Anm. als Anlagen 2, 3, 4, mit Ladungsvfg. übersandten Belege) oder können in wasserfester Ausführung dazu dienen, vor den Gefahren von (Wasser-) Feuchtigkeit zu schützen (z. B. im Zusammenhang mit elektr. Strom). Schließlich sind auch „Denkmäler (nicht aus Metall)“ in unterschiedlichsten Formen denkbar, so z. B. auch als Brunnen (vgl. die der Anm. als Anlage 5 mit Ladungsvfg. übersandten Belege), so dass auch insoweit die angemeldete Bezeichnung zur Beschreibung von Merkmalen der letztgenannten Waren geeignet ist.
In den maßgebenden Verkehrskreisen wird sich die vorgenannte Bedeutung in Bezug auf alle beanspruchten Waren auch ohne eine mehrere Gedankenschritte erfordernde, analysierende Betrachtungsweise erschließen.
Es ist unerheblich, ob die von der Angabe beschriebene Wareneigenschaft durch andere Begriffe gleich oder besser beschrieben werden kann oder andere Begriffe (z. B. water-proof) bereits gebräuchlich sind.
Der angemeldeten Bezeichnung fehlt daher insgesamt die gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft.
Ob daneben auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllt ist, kann offenbleiben.