Entscheidungsdatum: 27.09.2016
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2013 049 499.7
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung am 27. September 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Metternich, des Richters Schmid sowie der Richterin Lachenmayr-Nikolaou
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin zurückgewiesen.
I.
Die Anmelderin hat am 5. September 2013 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) beantragt, die Bezeichnung
NEATpack
als Wortmarke für diverse Waren und Dienstleistungen der Klassen 6, 9, 16, 20, 21, 35, 38 und 42 in das beim DPMA geführte Markenregister einzutragen, darunter:
Klasse 9:
Computer-Software;
Klasse 35:
Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken; Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken; Aktualisierung und Pflege von Daten in Computerdatenbanken;
Klasse 42:
Bereitstellung von wissenschaftlichen und sonstigen Informationen und Beratung zum Thema ganzheitliche Verpackungsentwicklung; Lieferung von Auswahlkriterien zum Thema ganzheitliche Verpackungsentwicklung; Dienstleistungen, die sich mit Bewertungen, Schätzungen, Untersuchungen und Gutachten im Bereich der Wissenschaft und Technologie bzgl. Verpackungen befassen; Dienstleistungen eines Verpackungsdesigners; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Nachforschungen, Recherchen in Datenbanken und im Internet für Wissenschaft und Forschung bzgl. Verpackungen.
In der mündlichen Verhandlung am 27. September 2016 hat die Anmelderin erklärt, dass sie die Anmeldung in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienst-leistungen der Klassen 6, 16, 20 und 21 bzw. der Klasse 38 sowie in Klasse 42 hinsichtlich der Dienstleistungen „Entwurf und Entwicklung von Computer-Software“ zurücknehme. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind damit noch die vorgenannten Waren bzw. Dienstleistungen der Klassen 9, 35 und 42.
Die Markenstelle für Kl. 42 des DPMA hat die Anmeldung in der ursprünglichen Fassung durch Beschlüsse vom 23. Oktober 2013, und - im Erinnerungsverfahren - vom 18. August 2015 wegen fehlender Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 37 Abs. 1 MarkenG sowie wegen eines Freihaltebedürfnisses der Mitbewerber gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen. Sie hat zur Begründung ausgeführt, die englischsprachige Angabe „NEATpack“ bedeute „hübsche, ordentliche Verpackung“. In Bezug auf die noch beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen erschöpfe sich das angemeldete Zeichen damit in einem Hinweis auf deren Gegenstand. Die in Klasse 9 beanspruchte Ware „Computer-Software“ und die angemeldeten Dienstleistungen der Klassen 9, 35 und 42 (ausgenommen: Entwurf und Entwicklung von Computer-Software) könnten sich nämlich aus Sicht des angesprochenen Fachverkehrs auf die Entwicklung und Konstruktion von gegenüber Standardausführungen gefälligeren Verpackungen beziehen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Der Wortbestandteil „NEAT“ sei eine ungebräuchliche und dem Publikum nicht aus sich heraus nicht verständliche Abkürzung der Wortkombination „Nestle Environmental Assessment Toolkit“. Eine Anlehnung an das englische Wort „NEAT“ sei nicht beabsichtigt. Es erscheine fernliegend, die ungebräuchliche Bezeichnung „NEATpack“ mit dem deutschen Wort Geschenkverpackung oder einer ähnlichen generischen Bezeichnung gleichzusetzen. Der Wortbestandteil „NEAT“ sei kein gängiges und eindeutig verständliches Wort des englischen Grundwortschatzes. Die Schreibweise dieses Zeichenbestandteils in Großbuchstaben deute darauf hin, dass es sich um ein Akronym handele. Jedenfalls in Bezug auf die nach Teilrücknahme der Anmeldung noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen werde das Zeichen durch das Publikum nicht unmittelbar als Sachangabe wahrgenommen.
Die Anmelderin beantragt,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Oktober 2013 und vom 18. August 2015 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Eingaben der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der angemeldeten Bezeichnung „NEATpack“ fehlt in Bezug auf die noch beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft, so dass die Markenstelle die Anmeldung gem. § 37 Abs. 1 MarkenG jedenfalls im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen hat.
Unterscheidungskraft im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden und so diese Waren bzw. Dienstleistungen von denen an-derer Unternehmen zu unterscheiden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH, GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 – Henkel; BGH, GRUR 2006, 850, Tz. 17 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2014, 569, Tz. 10 - HOT). Das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH, GRUR 2003, 604, 608, Tz. 60 – Libertel; BGH, GRUR 2014, 565, Tz. 17 - smartbook). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Produkten lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH, GRUR 2006, 850, Tz. 19 – FUSSBALL WM 2006; EuGH, GRUR 2004, 674, Tz. 86 – Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (vgl. BGH - FUSSBALL WM 2006, a. a. O.).
Nach diesen Grundsätzen fehlte der angemeldeten Bezeichnung „NEATpack“ in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen „Computer-Software“ bzw. „Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken; Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken; Aktualisierung und Pflege von Daten in Computerdatenbanken“ und „Bereitstellung von wissenschaftlichen und sonstigen Informationen und Beratung zum Thema ganzheitliche Verpackungsentwicklung; Lieferung von Auswahlkriterien zum Thema ganzheitliche Verpackungsentwicklung; Dienstleistungen, die sich mit Bewertungen, Schätzungen, Untersuchungen und Gutachten im Bereich der Wissenschaft und Technologie bzgl. Verpackungen befassen; Dienstleistungen eines Verpackungsdesigners; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Nachforschungen, Recherchen in Datenbanken und im Internet für Wissenschaft und Forschung bzgl. Verpackungen“ zum maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung am 5. September 2013 jegliche Unterscheidungskraft.
Die angesprochenen Waren und Dienstleistungen sind oder umfassen jedenfalls Produkte für professionelle Anwender insbesondere auf dem Gebiet der Verpackungstechnik. Die damit angesprochenen inländischen Fachverkehrskreise sind angesichts der internationalen Ausrichtung der Branche an die Verwendung englischsprachiger Produktangaben gewöhnt und verfügen daher regelmäßig über insofern erforderliche Sprachkenntnisse. Hiervon zeugt auch der der Hinweis der Anmelderin auf die von ihr dem angemeldeten Zeichen beigelegte Bedeutung „Nestle Environmental Assessment Toolkit for Packaging“.
Die angemeldete Wortfolge „NEATpack“ ist ersichtlich aus den in Groß- bzw. andererseits in Kleinschreibung gehaltenen englischsprachigen Wortbestandteilen „NEAT“ (u. a. „ordentlich, hübsch“, „großartig, prima, treffend“, s. dict.cc, Anlage 1 zum Ladungszusatz vom 28. Juli 2016) und „pack“ (u. a. „Bündel, Pack“, „Packung“, dict.cc, vgl. Anlagen 2 bzw. 3 zum vorgenannten Ladungszusatz) zusammengesetzt. In Bezug auf die noch beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen entnimmt der hier angesprochene Fachverkehr dem Zeichen unmittelbar einen anpreisenden Sachhinweis auf ein „rundes, in sich stimmiges Leistungspaket“. Diese Bedeutung liegt hinsichtlich der noch beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen nahe, da Softwareprodukte wie auch die beanspruchten Dienstleistungen typischerweise aus mehreren aufeinander abgestimmten oder in anderer Weise zusammenhängenden Komponenten bzw. Teilleistungen bestehen, etwa die Zusammenstellung, Pflege, Forschung oder Beratung in Bezug auf Informationen bzw. Fragestellungen, die verschiedene Aspekte einer ganzheitlichen Verpackungsentwicklung betreffen. In der vorgenannten Bedeutung wird das angemeldete Zeichen auch tatsächlich verwendet (vgl. zu einem Softwareprodukt Anlage 5 zum Ladungszusatz vom 28. Juli 2016).
Angesichts des auch für den inländischen Verkehr verständlichen Bedeutungsgehalts der angemeldeten Wortkombination besteht kein Raum für das von der An-melderin angenommene Verständnis im Sinn eines aus Initialen einer Wortfolge gebildeten Kunstworts. Insbesondere entspricht auch die der Anmeldung zugrunde gelegte Wiedergabe als einheitliches Wort mit einem groß- und einem kleingeschriebenen Bestandteil einer werbeüblichen Gestaltung von Sachangaben und lässt das Publikum für sich nicht auf das Vorliegen einer Phantasieangabe schließen.
Ob der angemeldeten Bezeichnung in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren oder Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft auch deswegen abzusprechen ist, weil das Zeichen in der Bedeutung „ordentliche Verpackung“ insoweit als Sachhinweis auf den Inhalt eines Softwareprodukts bzw. auf den Gegenstand u. a. von Pflegeleistungen in Datenbanken oder von Analysedienstleistungen verstanden wird, kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben. Aus einer zusätzlichen sachbezogenen Wortbedeutung der Wortfolge „NEATpack“ würde sich auch keine schutzbegründende Mehrdeutigkeit oder Interpretationsbedürftigkeit des Zeichens ergeben. Denn der Interpretationsaufwand, den das Vorhandensein verschiedener sachlicher Deutungsmöglichkeiten hervorrufen kann, ist für die Annahme der erforderlichen Unterscheidungskraft nicht ausreichend (vgl. BGH, GRUR 2014, 569, Tz. 20 – HOT).
Die Beschwerde der Anmelderin war daher zurückzuweisen.