Entscheidungsdatum: 15.03.2011
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 306 65 771.6
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Werner sowie der Richter Viereck und Paetzold auf die mündliche Verhandlung vom 15. März 2011
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die am 2. Oktober 2006 angemeldete Wortmarke
Wir sind die Guten
ist für folgende Dienstleistungen in den Klassen 35, 38 und 42 bestimmt:
„35: Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen; Büroarbeiten; Dateienverwaltung mittels Computer; Nachforschung in Computerdaten [für Dritte]; organisatorisches Projektmanagement im EDV-Bereich; Outsourcing-Dienste [Hilfe bei Geschäftsangelegenheiten]; Pflege von Daten in Computerdatenbanken; Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken; Unternehmensberatung;
38: Bereitstellen des Zugriffs auf Computerprogramme in Datennetzen; Bereitstellen des Zugriffs auf Informationen im Internet; Bereitstellen von Internetzugängen (Software); Bereitstellen von Telekommunikationsverbindungen zu einem weltweiten Computernetzwerk; E-Mail-Dienste; Telekommunikation; Vermietung von Zugriffszeit auf globale Computernetzwerke;
42: Benutzer- und Rechteverwaltung in Computernetzwerken; Betrieb von Ausfallrechenzentren für Dritte; Computerberatungsdienste; Computersoftwareberatung; Computersystemanalysen; Datenverwaltung auf Servern in Computernetzwerken; Design von Computersoftware und -Systemen; Design von Internetwebseiten; Dienstleistungen einer Zertifizierungsstelle (Trust-Center), nämlich Ausgabe und Verwaltung von digitalen Schlüsseln und/oder digitalen Unterschriften; Dienstleistungen eines ED V-Programmierers; Dienstleistungen zum Schutz vor Computerviren; EDV-Beratung; elektronische Datensicherung; elektronische Datenspeicherung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Entwicklung, Beratung und Ausführung von vorbeugenden Tätigkeiten zur Aufrechterhaltung der Betriebssicherheit in Rechenzentren; Entwicklung, Beratung und Ausführung von Leistungen im Bereich der Sicherheit und Integrität gespeicherter Daten und im Bereich der Betriebssicherheit von Datennetzen; Implementierung von EDV-Programmen in Netzwerken; Installation, Wartung und Reparatur von Software für datentechnische Anlagen; Installieren von Computerprogrammen; Konfiguration von Computer-Netzwerken durch Software; Konvertieren von Computerprogrammen und Daten [ausgenommen physische Veränderung]; Konvertieren von Daten oder Dokumenten von physischen auf elektronische Medien; Leistungsüberwachung und Analyse des Netzwerkbetriebes; Pflege und Installation von Software; Serveradministration; Sicherheitsdienstleistungen zum Schutz vor illegalen Netzwerkzugriffen; technische Beratung; technische Projektplanungen; technisches Projektmanagement im EDV-Bereich; Überprüfung von digitalen Signaturen; Überwachungsdienste im Bereich des geistigen Eigentums; Vermietung und Wartung von Speicherplätzen zur Benutzung als Websites für Dritte (hosting); Vermietung von Computer-Software; Vermietung von Computern; Vermietung von Datenverarbeitungsgeräten; Vermietung von Web-Servern; Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken; Wartung von Computersoftware; Wiederherstellung von Computerdaten; Zertifizierungen; Zurverfügungstellung oder Vermietung von elektronischen Speicherplätzen (Webspace) im Internet.“
Seitens der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts ist die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung (gem. § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG) in einem ersten Beschluss vom 30. September 2008 wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zurückgewiesen worden.
Die angemeldete, aus jedermann verständlichen Begriffen zusammengesetzte Wortfolge werde auch in ihrer Gesamtheit in Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen stets nur als Sachinformation und nicht als Unterscheidungsmittel bezüglich der betrieblichen Herkunft verstanden. Der Verkehr entnehme ihr den Hinweis, dass es sich um einen Anbieter handele, der qualitativ besonders hochwertige Dienstleistungen erbringe und sich mit diesen identifiziere. Das mit den betreffenden Dienstleistungen verbundene Wertversprechen rücke in den Vordergrund. Bei sämtlichen beanspruchten Dienstleistungen seien sowohl die Qualität des Anbieters als auch der hohe Leistungsstandard der Dienstleistung selbst relevante Kriterien bei der Auswahlentscheidung der Kunden.
Die Erinnerung der Anmelderin ist in einem zweiten Beschluss der Markenstelle vom 8. April 2009 Beamter des höheren Dienstes zurückgewiesen worden.
Der angemeldeten Wortfolge werde ohne jegliches weiteres Nachdenken der sachbezogene beschreibende Hinweis entnommen, dass die Anbieter entsprechend gekennzeichneter Dienstleistungen keine "Schlechten", sondern eben "die Guten" seien, mithin die betreffenden Dienstleistungen von einem guten Anbieter stammten, dementsprechend von hoher Qualität seien und sich somit von den Dienstleistungen anderer (schlechterer) Anbieter unterschieden. Im Hinblick darauf, dass gerade bei Dienstleistungen die Qualifikation des Anbieters eine wichtige Rolle spiele, liege eine solche werbemäßige Anpreisung nahe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. September 2008 und vom 8. April 2009 aufzuheben.
Sie verweist darauf, dass für eine Registrierung bereits eine geringe Unterscheidungskraft ausreichend sei. Der Sinngehalt der angemeldeten Wortfolge sei nicht eindeutig. Namentlich in der Werbung seien Mehrdeutigkeit, "heitere Ambiguität" und Ironie häufig verbreitet. Die Werbewirksamkeit einer Bezeichnung schließe nicht aus, dass diese auch als Unterscheidungsmittel geeignet sei. Kein mit den betreffenden Dienstleistungen angesprochener, normal informierter und verständiger Marktteilnehmer werde dem betreffenden Slogan einen sachbezogenen Hinweis entnehmen. Von einem engen beschreibenden Bezug zu Dienstleistungen könne nur dann ausgegangen werden, wenn der Verkehr diesen ohne weiteres als solchen erfasse. Beworben werde die Qualität der Dienstleistungen der Anmelderin nicht etwa durch eine unmittelbar verbalisierte Abgrenzung zu den qualitativ "schlechten" Konkurrenzanbietern, sondern durch die Mehrdeutigkeit des eingesetzten Stilmittels selbst.
In der mündlichen Verhandlung wurden einige Internet-Ausdrucke (6 Bl.) zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht und mit dem Vertreter der Anmelderin erörtert.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil einer Eintragung der angemeldeten Bezeichnung als Marke das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) entgegensteht.
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift hat nach ständiger Rechtsprechung zur Voraussetzung, dass die Marke im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise geeignet sein muss, die Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und somit diese Angebote von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Dienstleistungen und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 2008, 608, Nr. 66, 67 EUROHYPO; GRUR 2006, 229, Nr. 27 BioID; GRUR Int. 2005, 135, Nr. 19 Maglite; GRUR 2004, 673, Nr. 34 Postkantoor; BGH GRUR 2010, 935, Nr. 8 Die Vision; GRUR 2009, 952, Nr. 9 DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, Nr. 18 FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050 Cityservice). Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittskunden der fraglichen Dienstleistungen abzustellen (st. Rspr.; vgl. z. B. EuGH GRUR 2004, 943, Nr. 24 SAT2).
Keine Unterscheidungskraft kommt zunächst solchen Bezeichnungen zu, die einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen, der für die in Frage stehenden Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel in Bezug auf die betriebliche Herkunft versteht (BGH GRUR 2001, 1051 marktfrisch; GRUR 2005, 417 BerlinCard). Darüber hinaus fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die betreffenden Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2009, 411, Nr. 9 STREETBALL; GRUR 2006, 850, Nr. 19 FUSSBALL WM 2006; GRUR 1998, 465, 468 BONUS). Ein solcher enger beschreibender Bezug kann sich insbesondere daraus ergeben, dass die betreffenden Dienstleistungen in engem sachlichen Zusammenhang mit Produkten oder Angeboten stehen, für welche die zur Beurteilung stehende Bezeichnung einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt aufweist (BGH GRUR 2009, 949, Nr. 20 My World). Die Eignung, Dienstleistungen ihrer Herkunft nach zu unterscheiden, kommt schließlich auch solchen Angaben nicht zu, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2010, 935, Nr. 11 Die Vision; GRUR 2006, 850, Nr. 19 FUSSBALL WM 2006; GRUR 2001, 1042 REICH UND SCHOEN).
Ist wie hier die Unterscheidungskraft einer Wortfolge zu beurteilen, so bestehen grundsätzlich keine abweichenden Anforderungen gegenüber anderen Wortmarken. Bei einer aus mehreren Teilelementen bestehenden Marke, z. B. - wie hier - aus Wörtern, die im Aussagegehalt aufeinander bezogen sind, ist auf die Bezeichnung in der Gesamtheit abzustellen (vgl. z. B. BGH GRUR 2001, 162 RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).
Auch Werbeslogans, Qualitätshinweise oder Aufforderungen zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen können, jedenfalls in bestimmten Fällen, zugleich einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft so gekennzeichneter Dienstleistungsangebote geben. Voraussetzung für eine Registrierung ist aber in jedem Fall, dass einer Bezeichnung (auch) der Hinweis auf die Herkunft derart gekennzeichneter Dienstleistungen aus einem (einzigen) Betrieb entnommen wird (EuGH GRUR Int. 2011, 255, Nr. 52 BEST BUY). Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
Dass die Begriffe "gut" und "die Guten" ein Qualitätsversprechen enthalten und diesen somit die grundsätzliche Eignung fehlt, betriebskennzeichnend zu wirken, kann nicht fraglich sein. Der Sinngehalt der angemeldeten Wortfolge weist allerdings insoweit in Übereinstimmung mit der Auffassung der Anmelderin über den der Einzelbegriffe hinaus. Es kann jedoch dahinstehen, ob die mit dem angemeldeten Slogan angesprochenen Interessenten in einem noch entscheidungserheblichen Umfang zu der Annahme gelangen werden, es handele sich um fachlich qualifizierte Anbieter betreffender Dienstleistungen bzw. die Dienstleistungen selbst seien von guter Qualität. Denn selbst wenn man davon ausgeht, dass der leicht selbstironische Charakter der angemeldeten Wortfolge ganz überwiegend erkannt werden wird, fehlt diesem bereits vielfach verwendeten und in den sprachlichen Gebrauch der Allgemeinheit eingegangenen Spruch vgl. die mit dem Vertreter der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung erörterten zahlreichen Belegstellen aus dem Internet die Eignung, auf einen ganz bestimmten (individuellen) Anbieter von Dienstleistungen jeglicher Art, somit auch solcher in den hier betroffenen Klassen 35, 38 und 42, hinzuweisen. Denn die betreffende, fast schon sprichwortartig gewordene Redensart wird von ganz unterschiedlichen Personen, Unternehmen und Institutionen, und zwar durchaus auch produktbezogen, auf den verschiedensten Waren- und Dienstleistungssektoren (ebenso wie als Werktitel) tatsächlich verwendet.
Von daher kann mit der gebotenen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Verkehr die beanspruchte Wortfolge einem (einzigen) Unternehmen und dessen Dienstleistungsangeboten zuordnet.
Nach allem ist die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.