Entscheidungsdatum: 06.03.2012
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 306 26 165.0
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 6. März 2012 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Werner sowie der Richterin Dr. Schnurr und des Richters am Oberlandesgericht Heimen
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung der Wortmarke 306 26 165.0
Studien zur Sachsenforschung
für die in den folgenden Klassen angemeldeten Waren und Dienstleistungen
„Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere Zeitschriften,
Klasse 41: Magazine; Herausgabe einer wissenschaftlichen Buchreihe, insbesondere zur Archäologie des ersten nachchristlichen Jahrtausends mit dem Schwerpunkt „Sachsenforschung“; öffentliche Präsentation von Werken der bildenden Kunst oder Literatur für kulturelle oder erzieherische Zwecke, insbesondere zu geschichtlichen Themen, Archäologie des ersten nachchristlichen Jahrtausends mit dem Schwerpunkt „Sachsenforschung“,
Klasse 42: wissenschaftliche Forschung zu geschichtlichen Themen, insbesondere die Archäologie des ersten nachchristlichen Jahrtausends mit dem Schwerpunkt „Sachsenforschung“
zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dem Zeichen fehle jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen vermittle „Studien zur Sachsenforschung“ ausschließlich einen Sachhinweis auf Studien zur Forschung über das Volk der Sachsen als deren thematischen Schwerpunkt. Wie sich aus den vorgelegten Nachweisen ergebe, werde insbesondere der Begriff „Sachsenforschung“ von den angesprochenen Historikern und interessierten Laien als Sachbezeichnung verwendet und verstanden.
Gegen diese Entscheidungen wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde. „Studien zur Sachsenforschung“ komme als Gesamtbezeichnung eine eigenständige, über den Sinngehalt der einzelnen Bestandteile hinausgehende Bedeutung zu. Die Bezeichnung werde in Fachkreisen lediglich vom Anmelder selbst oder von anderen Historikern im Zusammenhang mit dem Anmelder verwendet und lasse sich diesem eindeutig zuordnen. Hilfsweise beruft sich der Anmelder auf Verkehrsdurchsetzung i. S. d. § 8 Abs. 3 MarkenG. Als Beleg hat er einen Ausdruck aus der Umschreibung des Bereichs „Archäologische Landesgeschichtsforschung am Landesmuseum Hannover“ mit dem Untertitel „Der Arbeitsbereich Sachsenforschung“ und in Kopie zur Akte gereichte Auszüge aus verschiedenen, in den Jahren 1977 - 2004 erschienenen Bänden eine Schriftenreihe mit dem Titel „Studien zur Sachsenforschung“ vorgelegt, deren Druckkosten u. a. mit Forschungsmitteln des Anmelders finanziert worden sind. Ergänzend hat er darauf hingewiesen, dass er zur Vorlage eidesstattlicher Versicherungen oder weiterer Belege nicht in der Lage sei; Herausgeber der genannten Schriftenreihe sei ein Bediensteter des Niedersächsischen Landesmuseums Hannover gewesen.
Der Anmelder beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. November 2006 und 4. März 2009 aufzuheben.
Ergänzend wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.
II.
Die gem. § 66 Abs. 1 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts der Wortmarke „Studien zur Sachsenforschung“ die Eintragung für die von ihr beanspruchten Waren und Dienstleistungen versagt. Ihrer Eintragungsfähigkeit steht insoweit ein Freihaltebedürfnis i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Dieses Schutzhindernis ist nicht gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG dadurch überwunden worden, dass sich das Zeichen in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hätte. Denn die zur Geltendmachung einer Verkehrsdurchsetzung erforderlichen Anknüpfungstatsachen hat der Anmelder im Beschwerdeverfahren nicht i. S. d. § 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemacht.
1.
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können.
Innerhalb der angemeldeten Wortkombination setzt das Bestimmungswort „zur“, die Kombination einer Präposition mit einem Artikel, die weiteren Wortbestandteile "Studien" und „Sachsenforschung“ dergestalt sprachüblich zueinander in Beziehung, dass der Oberbegriff „Studien“ durch den Zusatz „zur Sachsenforschung“ thematisch konkretisiert wird. „Studien“, der Plural von „Studie“, beschreibt u. a. wissenschaftliche Untersuchungen einer Einzelfrage (vgl. DUDEN, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl. 2011, S. 1703). Der Begriff „Sachsen“ bezeichnet neben einem deutschen Bundesland und dessen Einwohnern einen deutschen Stamm, der ursprünglich als westgermanischer Stammesverband nördlich der Elbe in Holstein im 2. Jh. n. Chr. sesshaft war und sich ab dem 3. /4. Jh. nach Süden in das Elbe-Weser-Dreieck als Kerngebiet ausbreitete, und von welchem ein Teil zusammen mit Angeln und Jüten im 5. Jh. England eroberte (vgl. Der Brockhaus in fünf Bänden, 9. Aufl. 2000, Bd. 4, Seite 3978). Der ebenfalls sprachüblich gebildete Begriff „Sachsenforschung“ beschreibt die mit diesem Stamm befasste Forschung. „Studien zur Sachsenforschung“ bezeichnen mithin u. a. „wissenschaftliche Untersuchungen auf dem Gebiet der den Stamm bzw. die Stämme der Sachsen betreffenden Forschung“.
Mit dieser Bedeutung vermag „Studien zu Sachsenforschung“ objektiv ein Produktmerkmal, nämlich das Thema der in Klasse 16 beanspruchten Druckereierzeugnisse, sowie die Bestimmung der Dienstleistungen zur „Herausgabe einer wissenschaftlichen Buchreihe“ und zur „Präsentation von Werken der bildenden Kunst oder Literatur“ zu beschreiben. Bei den in Klasse 42 beanspruchten wissenschaftlichen Forschungsdienstleistungen kann es sich um „Studien zu Sachsenforschung“ handeln. In seinem zur Akte gereichten Waren- und Dienstleistungsverzeichnis hat der Anmelder den Begriff „Sachsenforschung“ zur Bezeichnung eines thematischen Schwerpunkts der beanspruchten Dienstleistungen selbst verwendet.
Ein objektiv schutzbegründender Überschuss, durch welchen die Verbindung der genannten Wortbestandteile einen eigenständigen Gesamteindruck bewirkte, der über die Zusammenfügung beschreibender Elemente hinausginge und sich nicht in deren bloßer Summenwirkung erschöpfte (vgl. EuGH GRUR 2004, 678, Rn. 98 – 100 - Postkantoor; GRUR 2006, 229, 230, Rn. 31 - BioID; EuGH GRUR-RR 2008, 47, Tz. 43 - 47 - Map & Guide; EuGH GRUR 20010, 534, Tz. 43, 44 - PRANAHAUS; BGH GRUR 1998, 394, 396 - Active Line; Ströbele, in Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., Rn. 415 zu § 8) kommt „Studien zur Sachsenforschung“ entgegen der vom Anmelder geäußerten, jedoch nicht näher begründeten Rechtsansicht nicht zu.
Für eine Schutzversagung i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG reicht es bereits aus, dass ein Wortzeichen in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen beschreiben kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 59 (Rdn. 21) - Companyline; MarkenR 2003, 450, 453 (Rdn. 32) - Doublemint, MarkenR 2004, 99, 109 (Rdn. 97) - Postkantoor; MarkenR 2004, 111, 115 (Rdn. 38) - Biomild; Ströbele, Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Auflage, Rn. 301 zu § 8).
Da es auch Wettbewerbern des Anmelders unbenommen bleiben muss, „Studien zur Sachsenforschung“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen als Sachhinweis auf „wissenschaftliche Untersuchungen auf dem Gebiet der den Stamm bzw. die Stämme der Sachsen betreffenden Forschung“ zu verwenden, ist das Anmeldezeichen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen freihaltebedürftig im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
2.
Dass dieses einer Eintragung entgegenstehende Schutzhindernis im Wege der Verkehrsdurchsetzung überwunden worden sein könnte, § 8 Abs. 3 MarkenG, hat der Anmelder auch auf einen vom 15. Dezember 2010 datierenden Hinweis des Senats hin weder schlüssig dargelegt, noch durch entsprechendes Tatsachenmaterial belegt (vgl. BGH GRUR 2003, 521, 523 - Farbige Arzneimittelkapsel; BPatG GRUR 428, 431 - Farbmarke gelb/schwarz) und damit nicht i. S. d. § 294 ZPO glaubhaft gemacht.
Die Frage, ob sich eine Marke in den beteiligten Verkehrskreisen i. S. d.§ 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt hat, ist auf Grund einer Gesamtschau der Gesichtspunkte zu beantworten, die zeigen können, dass die Marke die Eignung erlangt hat, die fraglichen Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese damit von den Waren und Dienstleistungen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH, GRUR 1999, 723, Tz. 54 - Chiemsee zu Art. 3 III MarkenRL; BGH GRUR 2008, 710,Tz. 26 - VISAGE). Maßgebliche Kriterien sind dabei insbesondere der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer der Benutzung dieser Marke, der Werbeaufwand für die Marke, der Anteil der angesprochenen Verkehrskreise, der die Ware oder Dienstleistung aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt, sowie Erklärungen von Industrie- und Handelskammern oder anderen Berufsverbänden (vgl. EuGH GRUR 2006, 1022, Rn. 75 - Wicklerform; EuGH GRUR 2002, 804, Rn. 60 - Philips; EuGH GRUR 1999, 723, Rn. 51 - Chiemsee). Ein demoskopisches Gutachten, durch welches sich Erkenntnisse zur durchschnittlichen Bekanntheit der angemeldeten Marke in den angesprochenen Verkehrskreisen gewinnen lassen könnten, hat der Anmelder nicht vorgelegt.
Seine tatsächlichen Behauptungen, die er nicht durch entsprechende eidesstattliche Versicherungen gestützt hat, beschränken sich auf die Verwendung des Anmeldezeichens als Titel einer Schriftenreihe. Auf dieser Grundlage lässt sich weder eine Aussage über die Bekanntheit dieses Werktitels in den angesprochenen Historikerkreisen und unter historisch interessierten Laien treffen, noch auf dessen markenrechtliche Herkunftsfunktion schließen. Zudem ergibt sich aus dem Vortrag des Anmelders nicht, dass er die beanspruchten Dienstleistungen für Dritte, also nicht lediglich im Rahmen eigener Forschungsaktivitäten des Niedersächsischen Landesmuseums erbracht hat.
Für eine Zurückverweisung an das Deutsche Patent- und Markenamt gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG zum Zwecke der Prüfung der behaupteten Verkehrsdurchsetzung besteht daher kein Anlass.
Nachdem der Anmelder eine Verkehrsdurchsetzung seiner originär für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen schutzunfähigen Wortkombination „Studien zur Sachsenforschung“ weder schlüssig dargelegt noch durch entsprechendes Tatsachenmaterial belegt hat, war die Beschwerde aus diesen Gründen zurückzuweisen.