Entscheidungsdatum: 06.03.2012
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2009 023 156.7
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 6. März 2012 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Werner sowie der Richterin Dr. Schnurr und des Richters am Oberlandesgericht Heimen
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
In den Farben Dunkelgrün und Schwarz ist das Zeichen
angemeldet worden für die Waren
„Klasse 17: Isolier- und Dämmmaterial für die Wärme-, Schall- und Feuchtigkeitsisolierung von Gebäuden; vorgenannte Materialien insbesondere aus künstlichen Mineralfasern, insbesondere aus Steinwolle oder Steinwolleflocken;
Klasse 22: Polster- und Polsterfüllmaterial, ausgenommen aus Gummi oder Kunststoff, vorgenannte Materialien insbesondere aus künstlichen Mineralfasern, insbesondere aus Steinwolle oder Steinwolleflocken“
und hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Nr. 30 2009 023 156.7 erhalten.
Die Markenstelle für Klasse 17 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen mit der Begründung, dass einer Eintragung des Zeichens § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehe. Unter Vorlage von Belegen hat sie auf die beschreibende Qualität des Wortes "ECOFIBRE", welches gleichzusetzen sei mit dem deutschen Wort "Ökofaser", für die beanspruchten Waren hingewiesen. Die graphische und farbliche Ausgestaltung der Marke bewege sich im Rahmen des Werbeüblichen und vermöge das für den Wortbestandteil "ECOFIBRE" bestehende Freihaltungsbedürfnis nicht auszuräumen. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2001, 1153) „antiKalk“ hat die Markenstelle ausgeführt, dass an eine graphische und farbliche Ausgestaltung einer Marke, die zur Überwindung absoluter Schutzhindernis führen könne, um so größere Anforderungen zu stellen seien, je beschreibender die fragliche Angabe sei. An dem Ausdruck "ECOFIBRE" bestehe ein hohes Freihaltungsbedürfnis, weil damit eine Aussage über eine wesentliche Qualität der beanspruchten Waren getroffen und dem Betrachter mitgeteilt werde, dass die beanspruchten Isolier-, Dämm- und Polsterstoffe aus ökologischen Fasern hergestellt seien. Dies stelle eine wettbewerbsrelevante Aussage dar. Unter dieser Prämisse reiche die graphische Gestaltung des Buchstabens „O" in Form umlaufender Pfeile als Hinweis auf "Recycling" nicht aus, um die normative Wertung zu erschüttern, dass die Marke trotz ihrer graphischen Ausgestaltung „ausschließlich" aus einer beschreibenden Angabe bestehe. In ihrem Erstbeschluss sowie in einem vorangegangenen Beanstandungsbescheid hat die Markenstelle zusätzlich festgestellt, dass dem Anmeldezeichen jegliche Unterscheidungskraft fehle, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Gegen diese Entscheidungen wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde. Er hält sein Zeichen für eintragungsfähig, weil es fantasievoll sei, kein existierendes Wort ergebe und sich nicht auf einer handelsüblichen Schreibmaschine wiedergeben lasse. Dabei sieht der Anmelder sein Zeichen als eine Kombination der Buchstaben „EC FIBRE“ mit einem Bildelement an, das nur in einem graphischen, nicht dagegen in einem inhaltlichen Zusammenhang zu den Buchstaben steht. Zur Untermauerung dieses Ansatzes hatte der Anmelder im patentamtlichen Verfahren darauf hingewiesen, dass die Markenstelle in ihrer Empfangsbestätigung vom 11. Mai 2009 für den Eingang der - als Wort-Bild-Marke qualifizierten - Anmeldung den Wortbestandteil des angemeldeten Zeichens mit „EC FIBRE“ bezeichnet hatte und nicht mit „ECOFIBRE“.
Der Anmelder beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 17 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. Dezember 2009 und 8. September 2010 aufzuheben.
Ergänzend wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Wort-/Bildmarke 30 2009 023 156.7 erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, weil ihr die sogenannte Unterscheidungskraft fehlt, und kann deswegen nicht in das Register eingetragen werden.
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet nach ständiger Rechtsprechung, dass die Marke im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise geeignet sein muss, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und somit diese Produkte oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren (ständige Rechtsprechung; EuGH GRUR 2008, 608 ff. - Rn. 66, 67 - EUROHYPO; GRUR 2006, 229 - Rn. 27 ff. - BioID; BGH GRUR 2010, 935 - Rn. 8 - Die Vision; GRUR 2010, 825, 826 - Rn. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; BGH GRUR 2001, 1153, 1154 - antiKALK).
Als beteiligte Verkehrskreise sind alle Kreise zu verstehen, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dazu gehören auch die Fachkreise, das sind in erster Linie die Hersteller, der Handel und die be- und verarbeitenden Gewerbe (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 23 m. w. N.; vgl. z. B. EuGH GRUR 2006, 411, 413 - Rn. 24 - Matratzen Concord/Hukla). In diesen Fachkreisen gehört Englisch neben dem Deutschen zu den Fachsprachen, weil Englisch eine der wichtigsten Handelssprachen des internationalen Handels mit Sitz in Deutschland ist.
Keine Unterscheidungskraft kommt Bezeichnungen zu, die einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Marke versteht, also als Unterscheidungsmittel für die betriebliche Herkunft bestimmter Waren (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). So verhält es sich mit dem angemeldeten Zeichen.
Hier sind die maßgeblichen Fachverkehrskreise die Hersteller und Händler sowie die verarbeitenden Gewerbe, die sich mit Isolier-, Dämm-, Polster- und Füllmaterialien befassen, für die das angemeldete Zeichen eingetragen werden soll. Diese Fachleute werden das angemeldete Zeichen ohne weiteres als einen Ausdruck für das englische Wort „ecofibre“ (vgl. Duden Oxford, Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl. 2005, Stw. „eco“, „fibre“ S. 1092, 1133) bzw. für den entsprechenden deutschen Begriff „Öko-Faser“ auffassen. Bei dieser Beurteilung geht der Senat davon aus, dass der einzelne durchaus erkennen wird, dass der Laut „O“ eine graphische Gestaltung hat, die deutlich von der sprachregelmäßigen Schreibweise abweicht, indem er aus zwei im Kreis umlaufende Pfeile besteht, die sich nicht überschneiden und auf ihrer „Umlaufbahn“ auch nicht berühren, sodass die Kreislinie an zwei einander gegenüberliegenden Stellen unterbrochen ist. Gleichwohl wird der Verkehr bei einer Gesamtbetrachtung des angemeldeten Zeichens dieses Bild als den Buchstaben „O“ lesen. Wie dieser ist das Bild kreisrund, die Unterbrechung in der Umlauflinie verändert noch nicht den allgemeinen äußeren Umriß des Bildes und die Abmessungen dieses Bildelements entsprechen denen der Buchstaben „EC FIBRE“. Nicht ganz zuletzt ist dieses „O“ wie ein weiterer Buchstabe in die Buchstabenfolgen eingefügt und vervollständigt diese zu den Begriff „ECOFIBRE“, der in Bezug auf die Waren, für die das Zeichen angemeldet worden ist, eine wichtige Beschaffenheitsangabe macht. Denn Isolier- und Dämmmaterial sowie Polster- und Polsterfüllmaterial aus Öko-Fasern können unter ökologischen Gesichtspunkten hergestellte Fasern oder zumindest ökologisch abbaubar sein.
Im übrigen entsprechen die Pfeile in dem Bildelement, das in der Gesamtheit des angemeldeten Zeichens nur als der Buchstabe O aufgefaßt werden kann, der typischen Darstellung eines Piktogramms, mit dem auf einen Kreislauf hingewiesen wird. Dem Verkehr ist eine solche Darstellung beispielsweise aus dem Zeichen „Der Grüne Punkt“ und dadurch bekannt, dass es, wie die von der Markenstelle zur Akte gereichten Nachweise belegen, als Piktogramm für Recycling oder zur Verdeutlichung eines Kreislaufs allgemeinverständlich verwendet wird.
Die Sachaussage „Ecofibre“ des angemeldeten Zeichens entsteht also gleich auf den ersten Blick durch den Bildbestandteil des Zeichens und wird durch diesen Bildbestandteil gerade nicht zur Unverständlichkeit verfremdet (vgl. BPatG, Entsch. v. 22. Dezember 2009, 25 W (pat) 101/09 - Homepage Easy).
Die angesprochenen Fachverkehrskreise können daher in dem angemeldeten Zeichen lediglich eine Sachangabe zur Beschaffenheit der unter diesem Zeichen angebotenen Waren erkennen, nicht dagegen eine Marke, die auf die Herkunft dieser Waren aus einem bestimmten Unternehmen im Unterschied zu anderen Unternehmen hinweisen würde. Darum fehlt dem angemeldeten Zeichen die von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG geforderte Unterscheidungskraft.
Dem steht die von dem Anmelder zutreffend ins Feld geführte Tatsache nicht entgegen, dass sich das Anmeldezeichen auf einer handelsüblichen Schreibmaschine nicht wiedergeben läßt. Die Kombination von Wörtern und solchen Bildbestandteilen, die sich typischer Weise nicht auf einer Schreibmaschine wiedergeben lassen, ist typisch für die Marken-Kategorie der Wort-Bild-Marken. Welche begriffliche Aussage sich diesen Zeichen zuordnen läßt, bestimmt sich nicht etwa allein nach den Wortbestandteilen, sondern kann nur im Wege einer Beurteilung der Gesamtheit des Zeichens mit allen seinen Bestandteilen festgestellt werden. Das angemeldete Zeichen ist ein typisches Beispiel dafür, dass auch ein Bildbestandteil die Funktion eines Buchstabens annehmen und so eine bestehende Buchstabenfolge zu einem leicht verständlichen Begriff vervollständigen kann.
Aus diesen Gründen war die Beschwerde zurückzuweisen.